BT-Drucksache 17/10718

Bauarbeiten am Störkanal entlang des Europäischen Vogelschutzgebiets Lewitz

Vom 17. September 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10718
17. Wahlperiode 17. 09. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Dr. Harald Terpe, Undine Kurth (Quedlinburg),
Harald Ebner, Bettina Herlitzius, Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn,
Daniela Wagner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bauarbeiten am Störkanal entlang des Europäischen Vogelschutzgebiets Lewitz

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS),
vertreten durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV),
plant einen baulichen Eingriff im Europäischen Vogelschutzgebiet entlang der
Bundeswasserstraße Störkanal in Mecklenburg-Vorpommern als Teil der Bun-
deswasserstraße Müritz-Elde. Dabei sollen am Störkanal Dämme saniert und
verbreitert werden. Im Zuge der geplanten Arbeiten sollen rund 270 ökologisch
wertvolle Bäume am Außenrand der Dämme, im wesentlichen mehrere hundert
Jahre alte Eichen, gefällt werden, um die gegenüber dem vorhandenen Damm
geplante größere Dammbreite realisieren zu können.

Für die Baumaßnahme liegt eine Prüfung vor, darin enthalten sind jedoch keine
Alternativen, die eine Lösung ohne Baumfällungen und mit geringeren Auswir-
kungen für das Europäische Vogelschutzgebiet Lewitz vorsieht. Eine weitere
Prüfung des Sachverhalts scheint daher notwendig. Die Landschaft ist einmalig
und dadurch auch nicht nur ein Lebensraum für seltene Vogelarten, sondern
auch ein touristisch wertvolles Gebiet zwischen Parchim und Schwerin im
Landkreis Ludwigslust-Parchim. Viele Fragen im Vorfeld der Erhaltungs- und
Baumaßnahme sind unbeantwortet geblieben und erfordern daher weiterer Klä-
rung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Aus welchen Gründen müssen die Dämme entlang des Störkanals auf bis
zu 6 Meter verbreitert und bis zu 1,50 Meter erhöht werden?

b) Sind auch andere Lösungen als Standardlösungen für die Dammgestal-
tung angesichts des örtlichen Gefährdungspotenzials geprüft worden, und
wenn ja, mit welchem Ergebnis?

2. Können die geplanten Erhaltungs- und Baumaßnahmen nicht auch von der
Wasserseite her erfolgen, um den Baumbestand entlang der Wasserstraße so-
wie das Landschaftsbild nicht zu beschädigen, und wenn nein, warum nicht?
3. Gibt es außer dem vorhandenen Gutachten noch weitere Fachgutachten, und
wenn ja, zu welchem Bereich und mit welchen Alternativvarianten für die
Baumaßnahme?

4. Für welchen Zeitraum sind die Bau- und Erhaltungsmaßnahmen vorgese-
hen?

Drucksache 17/10718 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Welches Nutzen-Kosten-Verhältnis wurde im Rahmen der Planungen für
die o. g. Baumaßnahme ermittelt?

6. Sind die geplanten Baumaßnahmen im Entwurf des Bundeshaushalts 2013
enthalten, bzw. für wann sind sie vorgesehen, und wurden der Bundesrech-
nungshof bzw. das Bundesamt für Naturschutz um Stellungnahmen gebeten,
und wenn ja, jeweils bitte begründen und Ergebnis angeben?

7. Besteht zum jetzigen Zeitpunkt noch die Möglichkeit zur Aussetzung der
Bau- und Erhaltungsmaßnahme?

8. Hat das BMVBS die geplante Bau- und Erhaltungsmaßnahme auf Alterna-
tiven geprüft, und wenn ja, welche Alternativen mit welchem Ergebnis,
und aus welchen Gründen hat man sich von Seiten des BMVBS für diese
Lösung entschieden?

9. Wie werden sich die Verantwortungen zwischen Bund und Land Mecklen-
burg-Vorpommern bzgl. der entsprechenden Kanalabschnitte nach Ab-
schluss der o. g. Sanierungsmaßnahmen darstellen, auch in Bezug auf die
neue Netzkategorisierung der Bundeswasserstraßen im Rahmen der ge-
planten WSV-Reform?

10. Aus welchen Gründen ist für die o. g. Baumaßnahme kein Mediationsver-
fahren analog zu den Baumaßnahmen am Landwehrkanal vorgesehen, um
andere als die Standardlösungen zu finden?

11. Von wem und mit welchen Ergebnissen wurde die Baumaßnahme darauf-
hin geprüft, ob sie mit der Europäischen Vogelschutzrichtlinie, der Fauna-
Flora-Habitat-Richtlinie, der Verordnung über das Europäische Vogel-
schutzgebiet Lewitz, der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, dem Bun-
desnaturschutzgesetz bzw. dem Landesnaturschutzgesetz Mecklenburg-
Vorpommern vereinbar ist?

12. Welches sind die Erhaltungsziele des Europäischen Vogelschutzgebietes
und der Schutzzweck des angrenzenden Naturschutzgebietes, und schließt
die Bundesregierung aus, dass der geplante Eingriff in diese Gebiete diese
in ihrer naturschutzfachlichen Qualität erheblich beeinträchtigen wird?

Worauf gründet die Bundesregierung ihre Annahme?

13. Wie würden sich die geplanten Baumaßnahmen konkret auf die im Europä-
ischen Vogelschutzgebiet Lewitz brütende Vogelwelt (insbesondere Rot-
milan und Schwarzmilan) sowie auf die dort ebenfalls vorkommenden
Fischotter und Biber auswirken?

14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zum Sachverhalt, dass für
diesen Eingriff keine zumutbare Alternative mit geringerer Beeinträchti-
gung für das wertvolle Europäische Vogelschutzgebiet Lewitz geprüft
wurde?

Teilt sie die Auffassung, dass eine solche Prüfung im Sinne des § 34 Ab-
satz 3 Nummer 2 Bundesnaturschutzgesetz zwingend durchzuführen ist?

15. Gab es in den vergangenen 100 Jahren Überschwemmungen, Dammbrüche
etc. in dem Gebiet, bzw. mit welchen Überschwemmungen, Flutwellen etc.
ist in den nächsten Jahrzehnten statistisch zu rechnen?

16. a) Inwieweit existieren in der direkten Umgebung der Wasserstraße Ab-
flussmöglichkeiten (Polder etc.) für sich eventuell bildendes Hochwas-
ser, und mit welchem Gefährdungspotenzial ist nach Auffassung der
Bundesregierung bei einem auftretenden Hochwasser zu rechnen?

b) Ist der Hochwasserschutz bereits heute gewährleistet?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10718

17. Ist entlang des Störkanals im Hinblick auf den Hochwasserschutz als Lan-
desaufgabe und die Erhaltung der Wasserstraße als Bundesaufgabe eine
Abstimmung erfolgt, und wie sieht die genaue Kostenaufteilung zwischen
Bund und Land aus?

18. Inwieweit steht die o. g. Baumaßnahme in Konkurrenz zur regionalen tou-
ristischen Entwicklung, und mit welchen Konsequenzen für den Tourismus
wird gerechnet?

19. Steht die Bundesregierung bzgl. möglicher negativer touristischer Folgen
aufgrund der Sanierungsmaßnahmen in Kontakt mit den Städten, Gemein-
den und dem Landkreis vor Ort, und wenn ja, mit wem, und mit welchen
Ergebnissen?

Berlin, den 17. September 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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