BT-Drucksache 17/1063

Unzureichende Freizügigkeit im Reiseleitergewerbe

Vom 16. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1063
17. Wahlperiode 16. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrea Nahles, Iris Gleicke, Hans-Joachim Hacker, Hubertus
Heil (Peine), Gabriele Hiller-Ohm, Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Heinz Paula,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Unzureichende Freizügigkeit im Reiseleitergewerbe

Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistun-
gen im Binnenmarkt vom 12. Dezember 2006 (Richtlinie 2006/123/EG) dient
der Schaffung eines gemeinsamen Marktes in Europa und soll die freie grenz-
überschreitende Erbringung von Dienstleistungen ermöglichen und fördern. Seit
2007 gilt zudem die EU-Richtlinie 2005/36/EG zur gegenseitigen Anerken-
nung von Berufsqualifikationen. Demnach darf die Reiseleitertätigkeit im EU-
Ausland auch ohne Nachweis einer entsprechenden Berufsausbildung durchge-
führt werden. Jedoch haben viele EU-Länder die Richtlinie nicht umgesetzt, so
dass Behinderungen von Fremdenführern noch immer ein ernst zu nehmendes
Problem darstellen. Gerade in beliebten Reiseländern wie Italien oder Spanien
werden Reiseleiter regelmäßig an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert. Die
Umsetzung der Richtlinie in das jeweilige nationale Recht wird häufig von
jenen Ländern nicht befolgt, in denen das Berufsbild des Reiseleiters reglemen-
tiert ist.

Service und Qualität touristischer Angebote bleiben dabei auf der Strecke.

So kommt es in der Praxis durchaus vor, dass deutsche Reiseleiter z. B. in Italien
vor verschiedenen Sehenswürdigkeiten von der Polizei abgefangen wurden. Im
konkreten Fall verboten Polizisten einer deutschen Reiseleiterin das jeweilige
Gebäude zu betreten, weil sie dann ja als Führerin tätig sei, oder ein Wort darüber
gegenüber der Reisegruppe zu verlieren.

Der Reiseleiterin wurde lediglich gestattet, das Gebäude zu betreten, um den Ein-
tritt für die Gruppe zu zahlen. Sie selber musste außerhalb des Gebäudes warten.

Diese Willkür im Umgang mit deutschen Reiseleitern kann nicht im Interesse der
Bundesregierung sein. Sie geht zu Lasten der Touristen, der Reiseveranstalter
und der Reiseleiter. Insbesondere Veranstaltern von Gruppen- und Studienreisen,
die für die herausragende Qualifikation ihrer Reiseleiter garantieren müssen,
droht ein gefährlicher Imageverlust mit wirtschaftlichen Konsequenzen.

Mit Italien konnte mittlerweile ein Kompromiss erzielt werden. In trilateralen
Gesprächen mit Regierungsvertretern und der Europäischen Kommission wurde

Freizügigkeit für einen Teil der deutschen Reiseleiter erwirkt, indem die Parteien
sich auf zusätzliche Qualifikationsnachweise verständigten. Jedoch sind die
Nachweise mit hohem bürokratischen Aufwand und unnötigen Kosten für Über-
setzungen verbunden.

Drucksache 17/1063 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Was sind nach aktuellem Kenntnisstand der Bundesregierung die euro-
päischen Reiseländer, in denen die Richtlinie noch nicht in nationales Recht
umgesetzt wurde?

2. In welchen Ländern ist das Berufsbild des Reiseleiters staatlich reglemen-
tiert?

3. Wie hoch war im Jahr 2009 die Anzahl deutscher Besucher in den Urlaubs-
ländern, welche die EU-Richtlinie noch nicht in nationales Recht überführt
haben?

4. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie sich diese Zahlen im Laufe
der letzten Jahre entwickelt haben?

5. Welche Einflussmöglichkeiten hat die Bundesregierung, auf die neue EU-
Kommission in dieser Sache tätig zu werden?

6. Wie gedenkt die Bundesregierung, ihren Einfluss auf die EU-Kommission im
Sinne der Durchsetzung der Freizügigkeit zu nutzen?

7. Gibt es seitens der Bundesregierung nach der Einigung mit Italien konkrete
Pläne, weitere Länder einem trilateralen Gespräch zu unterziehen, um zu einer
Verständigung zu kommen?

8. Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die Über-
setzungskosten und den bürokratischen Aufwand im Falle benötigter zusätz-
licher Qualifikationsnachweise für die betroffenen Reiseleiter gering zu hal-
ten?

Berlin, den 16. März 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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