BT-Drucksache 17/10591

Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes

Vom 3. September 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10591
17. Wahlperiode 03. 09. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Bettina
Herlitzius, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Undine Kurth
(Quedlinburg), Dorothea Steiner, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes

Mitte Juli 2012 hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV) den Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Än-
derung des Arzneimittelgesetzes verschickt. Damit soll nach monatelangem
Verzögern und Blockieren der Bundesregierung endlich gegen den Antibiotika-
missbrauch in der Tierhaltung vorgegangen werden. Der vorliegende Entwurf
erfüllt jedoch keinesfalls den selbst formulierten Anspruch eines Reduktions-
plans. Aufgrund des massiven Drucks aus der Gesellschaft bietet der Entwurf
einige Verbesserungen, was die Transparenz und Dokumentation von eingesetz-
ten Antibiotika angeht. Die strukturellen Ursachen der massiven Antibiotika-
vergabe in der industriellen Massentierhaltung lässt man weiterhin unberück-
sichtigt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Warum ist der „Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Arz-
neimittelgesetzes“ nicht bereits im Kabinett beschlossen worden?

2. Gibt es zum Entwurf innerhalb der Bundesregierung noch unterschiedliche
Einschätzungen und Klärungsbedarf, und wenn ja, in welchen Punkten?

3. Wann wird die Bundesregierung den Entwurf im Kabinett verabschieden,
und wie schätzt die Bundesregierung den Zeitplan für das parlamentarische
Verfahren ein?

4. Hält die Bundesregierung eine endgültige Verabschiedung des Entwurfs
vor dem 31. Dezember 2012 für realistisch?

5. Wird die Bundesregierung die Verordnungsentwürfe zur praktischen Um-
setzung des vorliegenden Gesetzentwurfs zeitgleich zum Gesetzgebungsver-
fahren vorlegen, und wenn nein, warum nicht?

6. Warum beschränkt sich die Bundesregierung bei Maßnahmen zur Reduktion

des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung auf Regelungen im Arzneimittel-
gesetz (AMG), anstatt einen integrierten Reduktionsplan vorzulegen, der den
Handlungsbedarf an allen relevanten Stellen (z. B. Haltungsverordnungen)
verdeutlicht und diesem mit entsprechenden Maßnahmen begegnet?

7. Warum sollen nach § 58a Absatz 1 des Entwurfs nur die Daten von Mast-
tieren erhoben werden, und warum wird bei Fischen eine Ausnahme ge-
macht?

Drucksache 17/10591 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

8. Wird der Antibiotikaverbrauch von Tieren, die in vorgelagerten Bereichen
der Masttierhaltung (Zucht und Aufzucht) gehalten werden, auch erfasst,
wenn nein, warum nicht, wenn ja, wird die Bundesregierung das im Gesetz
noch klarer definieren?

9. Sollen nach den Plänen der Bundesregierung weiterhin pharmazeutische
Unternehmer und Großhändler die Daten zur abgegebenen Menge von
Medikamenten an das DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Doku-
mentation und Information) zum 31. März jeden Jahres übermitteln?

10. Wann wird die Auswertung der DIMDI-Daten aus dem Jahr 2011 durch das
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ab-
geschlossen sein?

11. Warum kam es zu den großen Verzögerungen bei der Datenübermittlung
in diesem Jahr?

12. Plant die Bundesregierung anhand der DIMDI-Daten 2011 bereits eine
„Kennzahl“ (vergleiche § 58a Absatz 4 des Entwurfs) zu ermitteln, und
wenn nein, warum nicht?

13. Wann wird nach Schätzung der Bundesregierung die erste „Kennzahl“
gemäß § 58a ermittelt werden können, und wann werden die ersten Reduk-
tionspläne angeordnet werden können, die auf diesen Kennzahlen basieren?

14. Warum hält die Bundesregierung laut Entwurf in Teil A der Begründung
(I. Gründe für die Gesetzesänderung) an dem Prinzip fest, dass Daten über
die Abgabenmengenerfassung von Arzneimitteln nur zu Monitoring-
zwecken von den Landesbehörden erhoben werden dürfen?

15. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung dagegen, eine
risikoorientierte Datenerfassung ausdrücklich als Zweck zu definieren?

16. Kann die zuständige Landesbehörde nach Auffassung der Bundesregierung
auf Grundlage des vorliegenden Entwurfs ermittelnd tätig werden, wenn sie
unmittelbar nach Eingang der vom Tierhalter monatlich zu übermittelnden
Daten nach § 58a Absatz 2 AMG einen auffällig hohen Antibiotikaeinsatz
feststellt (bitte mit Begründung)?

17. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung dagegen, den
Einsatz von Antibiotika sofort nach der Verschreibung in einer Datenbank
zu erfassen?

18. Warum sieht die Bundesregierung nicht den Aufbau einer zentralen Daten-
bank vor, so dass die Daten nach gleichen Standards erhoben werden kön-
nen?

19. Wie begründet die Bundesregierung, dass sie zukünftig nach § 58b AMG
nur dann Reduktionsmaßnahmen hinsichtlich der Vergabe von antimikro-
biell wirksamen Stoffen vorsieht, wenn die jährliche Kennzahl – also der
Durchschnittswert – überschritten wird, angesichts des unter Abschnitt A.
genannten Ziels der Bundesregierung, „den Einsatz von Antibiotika bei der
Haltung von Tieren zu reduzieren“?

20. Warum wird in § 58b Absatz 2 AMG unter Berücksichtigung der „not-
wendigen arzneilichen Versorgung“ kein verbindliches Reduktionsziel ver-
ankert, dessen Nichterreichung in begründeten Fällen zu Sanktionen führen
kann?

21. Warum wird im Entwurf nicht generell verfügt, dass ein fortgesetztes Über-
schreiten der „Kennzahl“ nach Durchführung eines Reduktionsplans zur
Folge hat, dass Antibiotika zumindest für einen definierten Zeitraum nur

durch den Tierarzt verabreicht werden können?

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22. Warum ist im vorliegenden Entwurf weiterhin nicht vorgesehen, die „Leit-
linien für den sorgfältigen Umgang mit antimikrobiell wirksamen Tier-
arzneimitteln“ rechtsverbindlich zu machen?

23. Plant die Bundesregierung, eine Tierarzneimittelanwendungskommission
entsprechend § 56a Absatz 5 AMG einzurichten, um so die Grundlage für
eine Rechtsverbindlichkeit von Leitlinien zur Vergabe von Antibiotika zu
schaffen, und wenn nein, warum nicht?

24. Wie muss nach Auffassung der Bundesregierung eine Untersuchung von
Tieren oder Tierbeständen aussehen, auf deren Grundlage eine Behandlung
mit antimikrobiellen Wirkstoffen erfolgen darf (vgl. § 56 Absatz 1 Satz 2)?

25. Warum ist weder im AMG noch in der Verordnung über tierärztliche Haus-
apotheken (TÄHAV) definiert, wann ein Tier oder ein Bestand „in ange-
messenem Umfang untersucht worden“ (§ 12 TÄHAV) ist, und plant die
Bundesregierung eine solche Definition vorzusehen?

26. Warum wird im Entwurf in § 58a Absatz 2 nicht vorgesehen, dass Tier-
halter auch mitteilen müssen, welche Wirkstoffe in welcher Dosis ver-
abreicht wurden?

27. Warum sieht die Bundesregierung im Entwurf z. B. bei der Anpassung der
Bußgeldvorschriften (§ 97 AMG) keine Sanktionen vor, wenn Reduktions-
ziele vom Tierhalter nicht erreicht wurden, mindestens dann, wenn keine
nachvollziehbare Begründung für den hohen Antibiotikaeinsatz gegeben
wird?

Berlin, den 3. September 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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