BT-Drucksache 17/10561

Zwischenbilanz der Charta für Holz

Vom 28. August 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10561
17. Wahlperiode 28. 08. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Bettina Herlitzius, Bärbel
Höhn, Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg), Friedrich Ostendorff,
Dorothea Steiner, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zwischenbilanz der Charta für Holz

Die im Jahr 2004 von der Bundesregierung beschlossene Charta für Holz
verfolgte als Hauptziel die Steigerung des Pro-Kopf-Verbrauchs von Holz
und Holzprodukten in Deutschland um 20 Prozent. Dabei ging es vor allem um
die stoffliche Verwertung von Holz, insbesondere im Baubereich.

Seither haben sowohl die Holzeinschläge in Deutschland als auch der Holz-
verbrauch, insbesondere zur Erzeugung von Wärme und Strom, erheblich zu-
genommen. Laut Inventurstudie 2008 sind im Zeitraum von 2002 bis 2008
bereits 93 Prozent des Zuwachses durch Holzeinschlag und natürlichen Abgang
abgeschöpft worden. Spätestens die Bundeswaldinventur III wird zeigen, in-
wieweit dieser Anteil weiter gestiegen ist und ob womöglich bereits eine Trend-
wende zum Vorratsabbau stattgefunden hat. Experten haben prognostiziert, dass
im Jahr 2020 die Holzbereitstellung in Deutschland jährlich mehr als 30 Millio-
nen Kubikmeter unter dem Bedarf liegen könnte (sog. Holzlücke).

Acht Jahre nach Verabschiedung der Charta für Holz durch die Bundesregie-
rung ist daher eine Zwischenbilanz überfällig, um zu überprüfen, welche der
gesetzten Ziele erreicht, welche Maßnahmen in welchem Maße umgesetzt
wurden, und ob und welche Ungleichgewichte es bei der Entwicklung des
Holzverbrauchs gegeben hat. Vor allem aber ist es nötig zu überprüfen, welche
der Ziele heute noch aktuell sind, welche Ziele durch die Entwicklungen der
letzten Jahre nicht mehr weiterverfolgt werden sollten, um einer Übernutzung
und nichtnachhaltigen Nutzung der Wälder rechtzeitig entgegenwirken zu kön-
nen, und wo gegebenenfalls weiter an der Umsetzung gearbeitet werden sollte.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Gesamtbilanz zieht die Bundesregierung acht Jahre nach Verab-
schiedung der Charta für Holz?

2. Welche der quantitativen und der qualitativen Ziele konnten im Wesentlichen
erreicht bzw. welche Maßnahmen im Großen und Ganzen umgesetzt werden,

und welche nicht?

3. Welche der nicht erreichten Ziele und nicht umgesetzten Maßnahmen hält
die Bundesregierung in Anbetracht der Entwicklung der letzten Jahre nicht
mehr für zeitgemäß bzw. ihre Umsetzung nicht mehr für erforderlich?

4. An welchen nicht erreichten Zielen und nicht umgesetzten Maßnahmen
sollte aus ihrer Sicht festgehalten werden?

Drucksache 17/10561 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Welche wesentlichen Ziele und Maßnahmen fehlen aus heutiger Sicht in
der Charta für Holz, die man bei einer heute zu formulierenden Charta auf-
nehmen sollte?

Erstes Teilziel: Nachfrage nach heimischem Holz steigern

6. In welchem Maß wurde das erste Teilziel, den Pro-Kopf-Verbrauch von
Holz und Holzprodukten aus nachhaltiger Erzeugung in Deutschland um
20 Prozent von 1,1 Kubikmetern auf 1,3 Kubikmeter zu steigern, erreicht?

7. Wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung angesichts der aktu-
ellen Diskussion über den knapper werdenden Rohstoff Holz und von
Prognosen, dass im Jahr 2020 die Holzbereitstellung in Deutschland jähr-
lich mehr als 30 Millionen Kubikmeter unter dem Bedarf liegen könnte?

8. In welchen Verwendungsbereichen (Energie, Holzbau und sonstige stoff-
liche Verwertung) ist der Holzverbrauch nach Kenntnis der Bundesregie-
rung in welchem Maß gestiegen?

9. Wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung?

Sieht sie darin ein Ungleichgewicht?

Wenn nein, warum nicht?

10. In welchem Maß haben Bund und nach Kenntnis der Bundesregierung
Länder und Gemeinden mit dem Bau repräsentativer, holzbetonter öffent-
licher Bauten Signale gesetzt?

11. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen haben Bund und nach
Kenntnis der Bundesregierung Länder und Gemeinden durch öffentlich-
keitswirksames Eintreten für eine stärkere Holzverwendung Vorbildfunk-
tion entfaltet?

12. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen haben Bund und nach
Kenntnis der Bundesregierung Länder und Gemeinden die Beschaffungs-
regeln so ausgestaltet, dass eine präferierte Verwendung von Holz unter
Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit im konkreten Fall er-
reicht wird?

13. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen konnten bestehende
Hemmnisse im Bereich Bauen mit Holz durch den Bund und nach Kenntnis
der Bundesregierung die Länder und die Kommunen abgebaut und zukünf-
tige verhindert werden?

14. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen konnten bestehende
Hemmnisse im Bereich Heizen mit Holz durch den Bund und nach Kennt-
nis der Bundesregierung die Länder und die Kommunen abgebaut und zu-
künftig verhindert werden?

15. Konnte der Abschluss einer freiwilligen Selbstverpflichtungserklärung des
Holzhandels zum Ausschluss illegal eingeschlagenen Holzes erreicht wer-
den?

16. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen haben nach Kenntnis der
Bundesregierung die umfassenden Vorteile von Holz als moderner, nach-
haltiger Rohstoff stärker Eingang in die Öffentlichkeitsarbeit der Länder,
der beteiligten holz- und forstwirtschaftlichen Verbände und der Holz- und
Forstwirtschaft gefunden?

17. In welchem Maß konnte nach Kenntnis der Bundesregierung die verstärkte
Einbindung bzw. Schaffung von unabhängigen Beratungseinrichtungen
(z. B. Verbraucherzentralen, Holzkompetenzzentren) auf regionaler Ebene

erreicht werden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10561

18. In welchem Maß wurden überzeugende Referenzobjekte zum Bauen mit
Holz stärker in die Öffentlichkeitsarbeit für eine verstärke Holzverwendung
eingebunden?

Zweites Teilziel: Holzangebot qualitativ und quantitativ optimieren

19. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen konnte das zweite Teilziel,
das Holzangebot qualitativ und quantitativ zu optimieren, insgesamt er-
reicht werden?

20. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen konnten die Bereit-
stellungskosten für Holz gesenkt werden?

21. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen konnte die Kooperation
zwischen Forst- und Holzwirtschaft verbessert werden?

22. In welchem Umfang und durch wen wurde dazu eine Analyse der regiona-
len Ressourcen und Kapazitäten (Clusteranalyse) vorgenommen?

23. In welchem Umfang wurde darauf aufbauend ein Clustermanagement für
Modellregionen entwickelt?

24. In welchem Maß und mit welchen Maßnahmen wurde der Prozess der Stan-
dardisierung und Qualitätssicherung fortgeführt, um mit dem Roh- und
Werkstoff Holz breitere und neue Märkte zu erschließen?

25. In welchem Maß und mit welchen Maßnahmen wurde die Holznormung
z. B. im Bereich des konstruktiven und chemischen Holzschutzes an den
Stand von Wissenschaft und Technik angepasst?

26. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen konnten zur Qualitäts-
sicherung vorhandene Zeichen stärker genutzt und durch weitere Informa-
tionselemente angereichert werden?

27. Konnten zur Verbesserung der Logistik ein Navigations- und Routing-
system „Forst“ (Geodat) fertiggestellt und die Anwender entsprechend
geschult werden?

28. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen konnte eine europaweite
Angleichung der Transportbedingungen für Holz erreicht werden?

29. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen konnten zur Optimierung
der Holzbereitstellung die Organisationseinheiten im Kleinprivatwald nach
Kenntnis der Bundesregierung vergrößert werden?

30. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen konnte die Holzver-
marktung durch forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse nach Kenntnis der
Bundesregierung erleichtert werden?

31. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen konnte das Betriebs-
management in der Forstwirtschaft zur Optimierung der Holzbereitstellung
nach Kenntnis der Bundesregierung professionalisiert werden?

32. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen wurden zur Optimierung
der Holzbereitstellung selbstständige Existenzen z. B. im Rahmen der Ge-
meinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschut-
zes“ gefördert (bitte nach Jahren, Fördermitteln, Projekten aufschlüsseln)?

33. Welche gemeinsamen Anstrengungen zur Motivation und Schulung der
privaten Waldbesitzer mit dem Ziel der Optimierung der Holzbereitstellung
gab es nach Kenntnis der Bundesregierung?

Mit welchem Ergebnis?

Drucksache 17/10561 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
34. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen wurde nach Kenntnis der
Bundesregierung die Forsttechnik zur bedarfsgerechten und kostengüns-
tigen Holzbereitstellung weiterentwickelt und ihre Akzeptanz verbessert?

Drittes Teilziel: Forschung, Entwicklung und Bildung

35. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen ist das Ziel insgesamt er-
reicht worden, Forschung und Entwicklung im Forst-, Holz- und Holz-
produktbereich zu intensivieren?

36. In welchem Maß ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Forschung zu
Ökobilanzen und zur CO2-Bilanzierung verstärkt worden?

37. Wie viele spezielle Lehrstühle für den Holzbau sind nach Kenntnis der
Bundesregierung eingerichtet worden?

38. Welche Maßnahmen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich
der Aus- und Fortbildung für Architekten ergriffen worden?

39. Welche Maßnahmen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich
der Aus- und Fortbildung im Bereich der Bioenergie ergriffen worden?

40. Welche Maßnahmen sind nach Kenntnis der Bundesregierung für den Lern-
ort Wald ergriffen worden?

Mit welchem Ergebnis?

41. In welchem Maß und durch welche Maßnahmen ist das Ziel erreicht wor-
den, innovative Einkommensquellen für die Forstwirtschaft zu erschließen?

Umsetzung (Charta-Management)

42. Hat die Steuerungsgruppe, die zur Umsetzung der Charta für Holz ein-
gesetzt werden sollte, wie geplant die Mitglieder der Managementgruppen
für die einzelnen Maßnahmenblöcke und den jeweiligen hauptverantwort-
lichen Akteur benannt?

Wenn nein, warum nicht?

43. In welchem Maß haben die Managementgruppen wie geplant die Umset-
zung der Maßnahmen gemeinsam organisiert und vorangebracht und ziel-
orientierte Umsetzungskonzepte mit entsprechenden Zeitplänen erarbeitet
und die konkrete Umsetzung bis zum Abschluss begleitet?

44. Hat die Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft mindestens
alle zwei Jahre den Pro-Kopf-Verbrauch von nachhaltig erzeugtem Holz
und von nachhaltig erzeugten Holzprodukten in Deutschland berechnet und
der Steuerungsgruppe vorgelegt, und wenn ja, wie lauteten diese Zwischen-
ergebnisse?

Wenn nein, warum nicht?

45. Hat die Steuerungsgruppe die vorgelegten Daten bewertet und gegebenen-
falls über Anpassungen entschieden?

Wenn ja, wie wurden diese Daten bewertet, und welche Anpassungen
wurden beschlossen?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 28. August 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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