BT-Drucksache 17/10180

Strategien für die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners

Vom 27. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10180
17. Wahlperiode 27. 06. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Petra Crone, Gustav Herzog, Willi Brase, Petra Ernstberger,
Elvira Drobinski-Weiß, Iris Gleicke, Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Holger Ortel,
Heinz Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Rita Schwarzelühr-Sutter, Kerstin Tack,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Strategien für die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners

Die Folgen des Klimawandels begünstigen das Auftreten wärmeliebender
Schadinsekten. Wie schon im Vorjahr werden die ökologischen und die gesund-
heitlichen Belastungen durch den Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea
processionea) nach Untersuchungen des Julius Kühn-Instituts (JKI) auch 2012
außergewöhnlich stark sein. Die Bekämpfung des Schädlings wird im Interesse
des Waldschutzes und aus Gründen des Gesundheitsschutzes immer notwen-
diger. Die wiederholten Fraßschäden über Jahre schädigen und schwächen die
Eichen, bis es im schlimmsten Fall zum Absterben ganzer Waldbestände
kommt. Zwar ist der Eichenprozessionsspinner an sich harmlos, doch seine
Larven tragen Gifthaare. Diese können auf der Haut und an den Schleimhäuten
der Menschen allergische Reaktionen hervorrufen und im schlimmsten Fall
Asthmaanfälle verursachen.

Der Eichenprozessionsspinner ist in ganz Europa verbreitet. Infolge der aus-
gesprochenen Massenvermehrungen der auf die Baumart Eiche spezialisierten
Schmetterlingsart sind mittlerweile alle Bundesländer betroffen, am stärksten
Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Nordrhein-West-
falen und Bayern. Vorkommen werden jüngst in Mecklenburg-Vorpommern,
Schleswig-Holstein und Niedersachsen gemeldet.

Der Eichenprozessionsspinner ist einerseits ein Pflanzenschädling. Damit kann
er in Wäldern auf der Grundlage des Pflanzenschutzrechts grundsätzlich mit
Insektiziden bekämpft werden. Andererseits ist er ein Gesundheitsschädling,
und Bekämpfungsmaßnahmen unterliegen damit dem Biozidgesetz.

Das Gefahrenpotential des Eichenprozessionsspinners sowohl in Bezug auf die
menschliche Gesundheit als auch als Schaderreger der Eichenbestände verlangt
nach einer effektiven Bekämpfungsstrategie, die jedoch durch die derzeit gel-
tende Rechtslage nicht ausreichend dargestellt werden kann. Nicht nur, dass eine
Auswahl zugelassener Pflanzenschutzmittel oder Biozide nicht zur Verfügung
steht, auch die Anwendung im Wald und vor allem in urbanen Grünanlagen er-

schweren eine Bekämpfung erheblich.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Ursachen des ver-
stärkten Auftretens des Eichenprozessionsspinners und der hohen Popula-
tionsdynamik vor?

Drucksache 17/10180 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die weitere
Verbreitung des Eichenprozessionsspinners einzudämmen und die Bürger
vor Gesundheitsbeeinträchtigungen zu schützen?

3. Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, die Bevöl-
kerung über die gesundheitlichen Gefahren zu unterrichten, die von einem
Kontakt mit den Larven des Eichenprozessionsspinners ausgehen können,
und in welcher Form hat die Bundesregierung mögliche Vorsorge- und
Schutzmaßnahmen mitgeteilt?

4. Welche Flächen sind in den Bundesländern befallen, und in welcher Intensi-
tät (bitte einzeln nach Bundesländern aufschlüsseln)?

5. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zur Befalls- und Be-
kämpfungssituation an den Bundesstraßen vor, und wie gestaltet sich die
organisatorische und finanzielle Zusammenarbeit mit den anderen Trägern
der Straßenbaulast, insbesondere den Ländern?

6. Auf welche fundierte Datengrundlage stützen sich die Aussagen der Bun-
desregierung zu Befallsflächen und -intensität in den Bundesländern?

7. Wie schätzt die Bundesregierung das Schad- und Gefahrenpotential des
Eichenprozessionsspinners sowohl für das Jahr 2012 als auch für die Fol-
gejahre ein hinsichtlich

a) der ökologischen Folgen für Eichen und Eichenwälder und

b) der Gefährdung für die menschliche Gesundheit?

8. Welchen Beitrag leistet die Bundesregierung bei der Erarbeitung einer ge-
meinsamen Strategie zur Bekämpfung des Schädlings, wie nach einem
Fachgespräch im März 2012 durch das JKI und das Bundesinstitut für
Risikobewertung angekündigt?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Zulassungssituation nach Pflanzen-
schutzrecht im Hinblick auf die Bekämpfung des Eichenprozessionsspin-
ners und anderer Prozessionsspinner?

10. Welche Pflanzenschutzmittel sind für die Luftanwendung gegen freifres-
sende Schmetterlingsraupen nach § 18 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 des
Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG) zugelassen?

11. Welche Pflanzenschutzmittel sind für die Luftanwendung gegen freifres-
sende Schmetterlingsraupen nach § 18 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 PflSchG
zugelassen?

12. Welche Pflanzenschutzmittel stehen gemäß Artikel 53 der Verordnung
(EG) Nr. 1107/2009 im Rahmen von Notfallsituationen für eine Bekämp-
fung zur Verfügung?

13. Welche Zulassungen stehen in diesem Zusammenhang noch aus?

14. Existiert nach Auffassung der Bundesregierung durch das gehäufte Auftre-
ten des Eichenprozessionsspinners eine Notfallsituation im Pflanzenschutz
gemäß Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 über das Inverkehr-
bringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/
117/EWG und 91/414/EWG des Rates (bitte begründen)?

15. Wie bewertet die Bundesregierung die Zulassungssituation nach Biozid-
recht in Deutschland?

16. Welche Biozidprodukte sind laut Chemikaliengesetz gegen den Eichenpro-
zessionsspinner zugelassen?

17. Welche Zulassungen stehen in diesem Zusammenhang noch aus?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10180

18. Welche Probleme ergeben sich für die Bundesregierung aus der Zulas-
sungssituation in Deutschland hinsichtlich des Pflanzenschutzes und des
Gesundheitsschutzes, und wo sieht sie Handlungsbedarf?

19. Welche Probleme sieht die Bundesregierung auf europäischer Ebene bei
der Zulassung von Wirkstoffen gegen den Schädling?

20. Welche alternativen Maßnahmen oder praxisorientierten Forschungen zur
Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners im Forst und im urbanen Be-
reich werden durch die Bundesregierung gefördert?

21. Wann und in welcher Form hat die Bundesregierung ein bundesweites Moni-
toring veranlasst, und welche Potentiale sieht sie in auf pheromonbasierten
Bekämpfungsstrategien, wie sie beispielsweise erfolgreich im Weinbau
praktiziert werden?

22. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die Kommunen und Privatwald-
besitzer in ihren Bemühungen zur Bekämpfung des Eichenprozessions-
spinners sowohl finanziell als auch organisatorisch zu unterstützen?

Berlin, den 27. Juni 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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