BT-Drucksache 17/10166

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 17/9369, 17/9669, 17/10157 - Entwurf eines Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG)

Vom 27. Juni 2012


Bericht der Abgeordneten Otto Fricke, Alois Karl, Ewald Schurer, Michael Leutert
und Katja Dörner

Mit dem Gesetzentwurf soll den großen Herausforderungen
an die Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgung und
an ihre Finanzierung Rechnung getragen werden.

Die finanziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfs unter
Berücksichtigung der vom federführenden Gesundheits-
ausschuss beschlossenen Änderungen auf die öffentlichen
Haushalte stellen sich wie folgt dar:

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

1. Bund, Länder und Gemeinden

Für die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Ge-
meinden ergeben sich im Bereich der Beihilfe bei einer
Übernahme der leistungsrechtlichen Änderungen im Jahr
2012 Mehrausgaben von rund 1,5 Mio. Euro und für das Jahr
2013 von rund 29 Mio. Euro. In den Folgejahren steigen die

jährlich. Die steuerliche Wirkung der Anhebung des Bei-
tragssatzes um 0,1 Beitragssatzpunkte führt zu Steuermin-
dereinnahmen von etwa 60 Mio. Euro beim Bund, 55 Mio.
Euro bei den Ländern und 20 Mio. Euro bei den Gemeinden.
Für die Träger der Sozialhilfe und die Träger der Kriegs-
opferfürsorge ergeben sich durch die Anhebung der Leis-
tungsbeträge und die Förderung von Wohngruppen Entlas-
tungen gegenüber dem geltenden Recht, die allerdings nicht
exakt beziffert werden können. Dem stehen ebenfalls nicht
exakt bezifferbare Mehrausgaben aus der Beitragssatzanhe-
bung für versicherte Leistungsberechtigte gegenüber; für
Leistungsberechtigte in der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung sind diese Mehraufwendungen aufgrund
der ab dem Jahr 2014 vorgesehenen vollständigen Erstattung
der Nettoausgaben vom Bund zu übernehmen. Für die Län-
der oder die jeweiligen kommunalen Gebietskörperschaften
können sich aus einer Erhöhung der von der Pflegeversiche-
Deutscher Bundestag Drucksache 17/10166
17. Wahlperiode 27. 06. 2012

Bericht
des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)
gemäß § 96 der Geschäftsordnung

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 17/9369, 17/9669, 17/10157 –

Entwurf eines Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung
(Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG)
Mehrausgaben proportional zur Entwicklung der Mehraus-
gaben der sozialen Pflegeversicherung. Bund, Länder und
Gemeinden sind aufgrund der Beitragssatzerhöhung in ihrer
Funktion als Arbeitgeber ab dem 1. Januar 2013 mit rund
35 Mio. Euro jährlich belastet. Zusätzlich entstehen dem
Bund für die Übernahme der Beiträge für Bezieher von
Grundsicherung für Arbeitsuchende durch die Beitrags-
satzerhöhung Mehrausgaben in Höhe von rund 40 Mio. Euro

rung zur Hälfte kofinanzierten Fördermittel im Bereich der
Selbsthilfe Mehrausgaben von bis zu 8 Mio. Euro ergeben,
wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

Pflege-Vorsorgeförderung

Für die Zulage entstehen dem Bund Kosten in Höhe von
60 Mio. Euro je 1 Million Antragsteller. Bei 1,5 Millionen
Anträgen im ersten Jahr würde dies eine Belastung von

Drucksache 17/10166 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

maximal 90 Mio. Euro bedeuten. Die Zulage wird nach Ab-
lauf eines jeden Beitragsjahres ausbezahlt, das heißt erst-
mals im Jahr 2014.

Hinsichtlich der Verwaltung der Zulage kann eine detail-
lierte Kostenschätzung erst nach Vorlage der Rechtsverord-
nung, die die Details des Verwaltungsverfahrens regelt, vor-
genommen werden. Getragen werden die Verwaltungskos-
ten durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG),
sie werden nach Ablauf eines jeden Beitragsjahres erstattet.
Ab dem Jahr 2014 werden monatliche Abschläge gezahlt.
Eine Verwaltungsvereinbarung zwischen BMG und der
Deutschen Rentenversicherung Bund wird das Nähere zur
Verwaltungskostenerstattung regeln. Beim Bundesversiche-
rungsamt entsteht durch die Gesetzesänderung ein säch-
licher und personeller Mehraufwand. Insgesamt erscheint es
möglich, die Verwaltungskosten auf unter 10 Mio. Euro
jährlich zu begrenzen.

2. Soziale Pflegeversicherung

Die Anhebung des Beitragssatzes ab dem 1. Januar 2013 um
0,1 Beitragssatzpunkte führt im Jahr 2013 zu Mehreinnah-
men von rund 1,14 Mrd. Euro in der sozialen Pflegeversiche-
rung. 2014 ergeben sich Mehreinnahmen von rund 1,18 Mrd.
Euro und 2015 Mehreinnahmen von rund 1,22 Mrd. Euro.

Im Jahr 2012 entstehen Mehrausgaben von rund 50 Mio.
Euro durch die gleichzeitige Gewährung von hälftigem
Pflegegeld bei Kurzzeit- beziehungsweise Verhinderungs-
pflege, die zusätzlichen Leistungen für Pflegebedürftige
in ambulant betreuten Wohngruppen, die Ermöglichung
einer gleichzeitigen Kurzzeitpflege für den Pflegebedürfti-
gen in der Nähe des pflegenden Angehörigen während der
Dauer der Rehabilitationsmaßnahme, die Bereitstellung von
Finanzmitteln für Selbsthilfegruppen, die Addition von
Pflegezeiten bei der Zahlung von Rentenversicherungs-
beiträgen für Pflegepersonen sowie die Abschaffung der
Eigenbeteiligung bei Maßnahmen zur Wohnumfeldverbes-
serung. Im Jahr 2013 ergeben sich Mehrausgaben von rund
0,98 Mrd. Euro infolge der zum Jahresanfang einsetzenden
Gewährung von zusätzlichen Leistungen für Menschen mit
erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, der Möglich-
keit der Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen im
Rahmen der Übergangsregelung zur häuslichen Betreuung
und der Erstreckung der Regelung für die zusätzlichen
Betreuungskräfte auf Einrichtungen der teilstationären
Pflege. Bis 2015 steigen die jährlichen Mehrausgaben auf
circa 1,28 Mrd. Euro. Diese Mehrausgaben sind durch die
Mehreinnahmen für den Gesamtzeitraum 2012 bis 2015 ab-
gedeckt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der im Laufe
des Gesetzgebungsverfahrens neu geregelten Zusammenle-
gung von Ansprüchen auf Wohnumfeldverbesserungsmaß-
nahmen bei in einem Haushalt zusammenlebenden Pflege-
bedürftigen, die zu Mehrausgaben von rd. 4 Mio. Euro im
Jahr 2013 und jeweils 2 Mio. Euro in den Folgejahren füh-
ren. Hinzu kommen Mehrausgaben von rd. 19 Mio. Euro
jährlich durch die vorgesehene Absenkung des Betreuungs-
schlüssels für die zusätzlichen Betreuungskräfte in stationä-
ren Pflegeeinrichtungen.

3. Gesetzliche Krankenversicherung

Die gesetzliche Klarstellung zur Inanspruchnahme von Vor-

Jahr 2012 zu Mehrausgaben in Höhe von rund 10 Mio.
Euro. Steigt die Zahl der pflegenden Angehörigen, die
Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch nehmen, so werden
die Mehrausgaben im Laufe der Jahre steigen. Den Mehr-
ausgaben stehen Minderausgaben aufgrund der verbesserten
gesundheitlichen Situation der pflegenden Angehörigen ge-
genüber. Steigt im Zuge der verbesserten Information der
Pflegebedürftigen über Rehabilitationsmaßnahmen die Zahl
der Pflegebedürftigen, die an Rehabilitationsmaßnahmen
teilnehmen, werden die entstehenden Kosten durch Reha-
bilitationserfolge in der Zukunft in etwa kompensiert.

Durch Förderzuschläge für Ärzte, insbesondere für kontinu-
ierliche vertragsärztliche „Besuche“ der Pflegeheimbewoh-
ner, entstehen den gesetzlichen Krankenkassen geschätzte
jährliche Mehraufwendungen von insgesamt rund 77 Mio.
Euro. Dem stehen höhere Einsparungen durch verringerte
Kosten infolge vermeidbarer Krankenhauseinweisungen in
einer geschätzten Größenordnung von 120 Mio. Euro gegen-
über.

Durch zusätzliche Vergütungen für das Aufsuchen von
Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen durch Ver-
tragszahnärzte sowie für die Ausweitung des Personenkrei-
ses der aufsuchenden zahnärztlichen Versorgung auf Men-
schen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz er-
geben sich für die gesetzliche Krankenversicherung jähr-
liche Mehrausgaben in Höhe von circa 3,5 Mio. Euro, denen
nicht bezifferbare Einsparungen durch eine Verbesserung
der Mundgesundheit, die Stärkung der Prophylaxe und
Zahnerhaltung sowie die Vermeidung von Komplikationen
bei pflegebedürftigen Menschen gegenüberstehen.

Bei den Maßnahmen und Änderungen zur Überführung der
Regelungen zu Mutterschaft und Schwangerschaft aus der
Reichsversicherungsordnung (RVO) in das Fünfte Buch
Sozialgesetzbuch (SGB V) handelt es sich in Summe um
ausgabenneutrale Überführungen und Klarstellungen von
Leistungsansprüchen im Sinne der Versicherten. Die Rege-
lungen zu Hilfsmitteln und häuslicher Krankenpflege dienen
der Vereinfachung und Entbürokratisierung und führen ten-
denziell zu Einsparungen in nicht quantifizierbarer Höhe.
Mit der erleichterten Einbeziehung der Einrichtungen des
Müttergenesungswerkes oder gleichartiger Einrichtungen in
die Erbringung von Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen
für pflegende Angehörige sind keine finanziellen Auswir-
kungen verbunden.

4. Arbeitslosenversicherung

Für die Bundesagentur für Arbeit entstehen durch die Bei-
tragssatzerhöhung Mehrausgaben von rund 16 Mio. Euro
jährlich.

Erfüllungsaufwand

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht ein einmaliger Erfül-
lungsaufwand in Höhe von rund 6 400 Stunden und rund
20 000 Euro sowie ein jährlicher Erfüllungsaufwand von
rund 5 000 Stunden und rund 16 000 Euro. Dem steht eine
jährliche Entlastung von rund 5 800 Stunden und rund
109 000 Euro gegenüber.

Für die Verwaltung entstehen durch die Änderung beste-
hender Vorgaben einmalige Belastungen in Höhe von rund
sorge- und Rehabilitationsmaßnahmen für pflegende Ange-
hörige führt in der gesetzlichen Krankenversicherung im

1,4 Mio. Euro sowie jährliche Belastungen in Höhe von
rund 445 000 Euro. Durch neue Vorgaben entstehen einma-

Berichterstatter Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10166

lige Belastungen in Höhe von rund 4 Mio. Euro sowie jähr-
liche Belastungen in Höhe von rund 15,3 Mio. Euro, wobei
ein jährlicher Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 210 000
Euro nur für drei Jahre anfallen wird. Durch die Streichung
einer Vorgabe reduziert sich der Erfüllungsaufwand um
rund 372 000 Euro jährlich.

Für die Wirtschaft entstehen durch die Änderung bestehen-
der Vorgaben einmalige Belastungen in Höhe von rund
377 000 Euro sowie jährliche Belastungen in Höhe von
rund 3,6 Mio. Euro. Durch neue Vorgaben entstehen ein-
malige Belastungen in Höhe von rund 2 Mio. Euro sowie
jährliche Belastungen in Höhe von rund 1 Mio. Euro. Durch
die Streichung einer Vorgabe reduziert sich der Erfül-
lungsaufwand um rund 24 000 Euro jährlich. Es werden
drei Informationspflichten eingeführt (§ 7b Absatz 4, § 114
Absatz 1, § 120 Absatz 3), die insgesamt zu einer Belastung
in Höhe von rund 4 Mio. Euro führen (im Erfüllungsauf-
wand enthalten).

Weitere Kosten

Für die private Pflege-Pflichtversicherung ergeben sich aus
den auch für sie geltenden leistungsrechtlichen Änderungen

im Jahr 2012 Mehraufwendungen von rund 2,5 Mio. Euro
und für das Jahr 2013 von rund 30 Mio. Euro. In den Folge-
jahren steigen die Mehrausgaben proportional zur Entwick-
lung der Mehrausgaben der sozialen Pflegeversicherung.

Die Mehrbelastung der Arbeitgeber aufgrund der Anhebung
des Beitragssatzes beträgt etwa 325 Mio. Euro im Jahr 2013
und verändert sich anschließend entsprechend der Lohn-
und Beschäftigungsentwicklung.

Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau werden
nicht erwartet.

Der Haushaltsausschuss hält den Gesetzentwurf mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für mit der Haushaltslage
des Bundes vereinbar.

Die Finanzplanung des Bundes für die Folgejahre ist ent-
sprechend fortzuschreiben.

Dieser Bericht beruht auf der vom federführenden Aus-
schuss für Gesundheit vorgelegten Beschlussempfehlung.

Berlin, den 27. Juni 2012

Der Haushaltsausschuss

Petra Merkel (Berlin)
Vorsitzende

Otto Fricke
Berichterstatter

Alois Karl
Berichterstatter

Ewald Schurer
Berichterstatter

Michael Leutert Katja Dörner

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.