BT-Drucksache 17/10082

zu dem Antrag der Abgeordneten Anette Hübinger, Albert Rupprecht (Weiden), Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Peter Röhlinger, Dr. Martin Neumann (Lausitz), Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP - Drucksache 17/8788 - Forschung und Produktentwicklung für vernachlässigte und armutsassoziierte Erkrankungen stärken

Vom 26. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10082
17. Wahlperiode 26. 06. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Anette Hübinger, Albert Rupprecht (Weiden),
Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Peter Röhlinger, Dr. Martin Neumann (Lausitz),
Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 17/8788 –

Forschung und Produktentwicklung für vernachlässigte und armutsassoziierte
Erkrankungen stärken

A. Problem

Über eine Milliarde Menschen, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellen-
ländern, leiden an sogenannten vernachlässigten tropischen und armutsassozi-
ierten Krankheiten. Dazu gehören die „Großen Drei“ HIV/AIDS, Malaria und
Tuberkulose sowie die afrikanische Schlafkrankheit, lymphatische Filariose,
Chagas, Dengue-Fieber und Leishmaniose. Bis auf die „Großen Drei“ werden
die Krankheiten immer noch unzureichend erforscht und bekämpft. Folgen
chronischer gesundheitlicher Beeinträchtigungen reichen bis hin zu schweren
Behinderungen, Arbeitsunfähigkeit und damit zusammenhängenden menschen-
unwürdigen Lebensverhältnissen für den Einzelnen und zur Verschlechterung
sozioökonomischer Verhältnisse in den betroffenen Ländern.

B. Lösung

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre Vorreiterrolle im Bemühen um
eine Verbesserung der Gesundheitssituation der Menschen in Schwellen- und
Entwicklungsländern weiter auszubauen. Sie soll insbesondere die Forschung
und Produktentwicklung für vernachlässigte und armutsassoziierte Erkrankun-
gen stärken.

Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU

und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Drucksache 17/10082 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/8788.

D. Haushaltsausgaben

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10082

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/8788 anzunehmen.

Berlin, den 9. Mai 2012

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulla Burchardt
Vorsitzende

Anette Hübinger
Berichterstatterin

René Röspel
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Dr. Peter Röhlinger
Berichterstatter

Krista Sager
Berichterstatterin

III. Stellungnahmen der mitberatenden Aus- und Forschung, Dr. Helge Braun, besonderen Dank für die

schüsse

Der Auswärtige Ausschuss, der Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie, der Ausschuss für Gesundheit
sowie der Ausschuss für Menschenrechte und humani-

Unterstützung der Bemühungen der Fraktion der CDU/CSU
aussprechen. So hätten etwa die Produktentwicklungspart-
nerschaften neu eingeführt werden können.

Es könne zwar von Seiten der Opposition bezweifelt wer-
Drucksache 17/10082 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Anette Hübinger, René Röspel, Dr. Petra Sitte, Dr. Peter
Röhlinger und Krista Sager

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/8788 in seiner 165. Sitzung am 8. März 2012 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Auswärtigen Ausschuss, den Haushaltsausschuss, den Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss für
Gesundheit, den Ausschuss für Menschenrechte und huma-
nitäre Hilfe sowie den Ausschuss für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung zur Mitberatung überwie-
sen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP stellen fest, dass
über eine Milliarde Menschen insbesondere in Entwick-
lungs- und Schwellenländern an sogenannten vernachlässig-
ten tropischen und armutsassoziierten Krankheiten leiden.
Dazu gehörten die „Großen Drei“ HIV/AIDS, Malaria und
Tuberkulose sowie die afrikanische Schlafkrankheit, lym-
phatische Filariose, Chagas, Dengue-Fieber und Leishma-
niose. Bis auf die „Großen Drei“ würden diese Krankheiten
immer noch unzureichend erforscht und bekämpft. Folgen
chronischer gesundheitlicher Beeinträchtigungen reichten
bis hin zu schweren Behinderungen, Arbeitsunfähigkeit und
damit zusammenhängenden menschenunwürdigen Lebens-
verhältnissen für den Einzelnen und die Verschlechterung
sozioökonomischer Verhältnisse in den betroffenen Län-
dern.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre Vorreiterrolle
im Bemühen um eine Verbesserung der Gesundheitssitua-
tion der Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern
weiter auszubauen. Sie soll insbesondere die Grundlagen-
und anwendungsorientierte Forschung sowie die Produkt-
entwicklung für vernachlässigte und armutsassoziierte
Erkrankungen stärken, vor Ort die Ausbildung von Wissen-
schaftlern und medizinischem Personal sowie den Wissens-
transfer und die Verbesserung der Forschungsinfrastruk-
turen fördern. Die Bundesregierung solle ferner Produktent-
wicklungspartnerschaften (PDP) für die Entwicklung von
Präventions-, Diagnose- und Behandlungsprodukten unter-
stützen.

Schließlich solle sie sich bei den aktuellen Planungen des
neuen europäischen Rahmenprogramms für Forschung und
Innovation „Horizont 2020“ dafür einsetzen, dass For-
schung und Produktentwicklung für vernachlässigte und
armutsassoziierte angemessen berücksichtigt werden.

gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. empfohlen, den Antrag auf Drucksache 17/8788
anzunehmen.

Der Haushaltsausschuss sowie der Ausschuss für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben je-
weils in ihren Sitzungen am 9. Mai 2012 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 17/8788
anzunehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat die Vorlage in seiner 73. Sitzung am
9. Mai 2012 beraten und empfiehlt:

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/8788 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Gegenstände der Ausschussberatung waren über den Antrag
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/
8788 hinaus der Antrag der Fraktion der SPD auf Druck-
sache 17/8183 „Millennium-Entwicklungsziele ernst neh-
men – Infektionskrankheiten wirksam durch eine nationale
und europäische Förderung von Product Development Part-
nerships bekämpfen“ und der Fraktion DIE LINKE. auf
Drucksache 17/7372 „Forschungsförderung zur Bekämp-
fung vernachlässigter Krankheiten ausbauen – Zugang zu
Medikamenten für arme Regionen ermöglichen“.

Beide Anträge werden auf Wunsch der Fraktionen SPD und
DIE LINKE. am 28. Juni 2012 nicht abschließend im Ple-
num beraten, sondern sollen zu einem späteren Zeitpunkt
mit einer gesonderten Beschlussempfehlung dem Plenum
zur Beratung vorgelegt werden.

Die Fraktion der CDU/CSU hebt anerkennend hervor,
dass das wichtige Thema der armutsbedingten Krankheiten
in Entwicklungs- und Schwellenländern auch in Deutsch-
land immer mehr in den Fokus gerückt sei und somit neue
Perspektiven für die betroffenen Menschen aufgezeigt wer-
den könnten. Vor diesem Hintergrund würde auch das För-
derkonzept der Bundesregierung in der Fach-Community
sehr positiv aufgenommen.

In diesem Zusammenhang wolle man dem Parlamentari-
schen Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung
täre Hilfe haben jeweils in ihren Sitzungen am 9. Mai 2012
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

den, ob die insgesamt 22 Mio. Euro für die PDP-Förderung
ausreichten, aber die Community habe zum Ausdruck ge-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/10082

bracht, dass diese Summe zunächst durchaus genüge. Es
gehe um ein für Deutschland neues Instrument, und man
müsse auch die Bereitstellung der Mittel immer im Verhält-
nis zu den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen
Union sehen, die ebenfalls ihrer Verantwortung nachkom-
men sollten. Dessen ungeachtet wolle man unterstreichen,
dass in der sich globalisierenden Welt mehr getan werden
müsste.

Daher sollten die Grundlagenforschung, aber auch die Pro-
duktentwicklungspartnerschaften gestärkt werden. Es werde
aber empfohlen, erst eine Evaluierung abzuwarten.

Die Fraktion der CDU/CSU werbe dafür, die drei großen
„Killer“, HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria in die Förde-
rung einzubeziehen. Gerade in den Entwicklungs- und
Schwellenländern könnten Forschungsergebnisse und vor-
handene Medikamente teilweise aufgrund mangelhafter In-
frastrukturen wie fehlender Kühlmöglichkeiten nicht ge-
nutzt werden. Daher sei zu prüfen, ob modifizierte Produkte
für diese Regionen entwickelt werden sollten.

Zudem werde ein Capacity Building unter Einbeziehung der
Forscherinnen und Forscher in den Entwicklungs- und
Schwellenländern gefordert, damit gemeinsam Lösungsan-
sätze gefunden werden und Gesundheitsstrukturen entste-
hen könnten.

Hinsichtlich des Antrags der Fraktion DIE LINKE. wird er-
klärt, dass die geforderte Zwangslizensierung mit dem poli-
tischen Grundverständnis der Fraktion der CDU/CSU nicht
vereinbar sei. Man sehe zwar viele gemeinsame Ansätze in
den vorliegenden Anträgen, eine Aufstockung der Mittel für
die PDP auf 100 Mio. Euro sei aktuell aber nicht realisitsch.

Die Fraktion der SPD stellt eingangs anerkennend fest,
dass es in den letzten Jahren viele Gemeinsamkeiten bei den
Aktivitäten der Fraktionen im Hinblick auf das heute debat-
tierte Thema gegeben habe. Man sei aber dennoch der Auf-
fassung, das Thema werde seitens der Bundesregierung und
der Koalitionsfraktionen noch zu zaghaft angegangen. Die
veranschlagten 20 oder 22 Mio. Euro für vier oder fünf
Jahre seien nicht ausreichend. Die Fraktion der SPD emp-
fehle daher eine kontinuierliche Steigerung der Finanzmittel
auf 100 Mio. Euro für vier Jahre.

Darüber hinaus werde gefordert, dass die Bundesregierung
ihre Aufgaben im Zusammenhang des europäischen Rah-
menprogramms „Horizont 2020“ erfülle und dass das
Thema dort auch entsprechend berücksichtigt werde.

Es sei an die Fraktion der SPD herangetragen worden, dass
Deutschland zu wenig internationale Verantwortung in Gre-
mien der WHO (World Health Organisation) übernehme.
Die deutsche Beteiligung solle erkennbar stärker werden.

Ein wichtiges Thema sei die Nachwuchsförderung. Viele
junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seien sehr
motiviert und interessiert, auf dem Feld der armutsbeding-
ten und vernachlässigten Krankheiten zu arbeiten, aber sie
bräuchten auch eine Anschlussperspektive. Um diese zu er-
öffnen, seien entsprechende Initiativen erforderlich.

Zu dem zur Mitberatung vorliegenden Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/8493 wird
erklärt, er enthalte viele tragfähige Ansätze, aber da die

Zum Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP wird
erklärt, dass er sinnvolle Aspekte enthalte, aber insgesamt
nicht „ausgegoren“ sei, sodass man ihm nicht zustimmen
könne. Die Forderung, das Modell „Produktentwicklungs-
partnerschaften (PDP)“, zu fördern, sei nicht sonderlich ori-
ginell; denn dies geschehe bereits. Ferner werde ein ausge-
wogenes Verhältnis zwischen Grundlagenforschung und
produktorientierter Forschung angemahnt. Dies sei prinzi-
piell bereits schwierig; aber wenn die Koalitionsfraktionen
gleichzeitig forderten, dass im Vordergrund die bedarfs-
orientierte, kostengünstige und zeitnahe Entwicklung von
Methoden und Medikamenten stehen sollten, dann passten
beide Forderungen nicht zueinander. Die Koalitionsfrak-
tionen müssten sich entscheiden: Ein ausgewogenes Ver-
hältnis zwischen Grundlagenforschung und Produktfor-
schung oder aber doch eine Schwerpunktsetzung auf die
Produktforschung.

Darüber hinaus werde gefordert, dass die nationale Förde-
rung der Grundlagenforschung fortzusetzen sei. Dies werfe
die Frage auf, ob denn deren Ende drohe.

Die Fraktion der SPD erklärt, sie werde dem Antrag der
Fraktion DIE LINKE. nicht zustimmen. Man erachte es als
unangemessen, wenn der Industrie pauschal in einer Art
„Klassenkampf“ vorgeworfen werde, sie investiere auf-
grund fehlender Gewinnerwartungen nicht in Medikamente
für vernachlässigte Krankheiten.

Man lehne auch die Forderung als unrealistisch ab, dass die
in Deutschland forschenden Arzneimittelhersteller, die die
geistigen Eigentumsrechte an den Wirkstoffen inne hätten,
verpflichtet werden sollten, ihre Patente in einen Patentpool
abzugeben. Die Fraktion der SPD halte es aber für sinnvoll,
die nichtkommerzielle klinische Forschung deutlicher zu
stärken; diesbezüglich habe die damalige Große Koalition
bereits einen gemeinsamen Antrag vorgelegt. Aber die ge-
forderten 500 Millionen könnten nicht als realisierbar ange-
sehen werden. Die Forderung der Fraktion DIE LINKE., die
in Deutschland ansässigen Forscher und Pharmahersteller
zu verpflichten, Produkte für Gesundheitsbedürfnisse in
Entwicklungsländern herzustellen, erscheine nicht einmal
im Ansatz realisierbar.

Abschließend stellt die Fraktion der SPD viele Gemeinsam-
keiten der Fraktionen auf dem Weg zur Stärkung der For-
schung für armutsassoziierte Krankheiten fest. Man erkenne
auch das große Engagement des Parlamentarischen Staats-
sekretärs Dr. Helge Braun an.

Von Seiten der Fraktion der FDP wird darauf hingewiesen,
dass der Antragstitel „Forschung und Produktentwicklung
für vernachlässigte und armutsassoziierte Erkrankungen
stärken.“ die Gefahr berge, sich nur auf Forschung und Pro-
dukte zu konzentrieren. Man müsse vielmehr die Gesamt-
zusammenhänge erkennen, insbesondere bei dem Aspekt
„Armut“ das Klima, das Wasser und die hygienischen Be-
dingungen einbeziehen.

Man nehme zur Kenntnis, dass der Deutsche Bundestag in
diesem speziellen Fall die wirtschaftlichen Interessen von
Pharmaunternehmen nicht verfolge. Zudem wisse man, dass
sich die Pharmaunternehmen aus diesem Bereich zurück-
Fraktion der SPD einen eigenen Antrag vorgelegt habe,
werde man sich der Stimme enthalten.

zögen. Vor diesem Hintergrund plädiere man für mehr En-
gagement und Förderung. Die Fraktion der FDP gehe davon
Drucksache 17/10082 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

aus, dass Deutschland im internationalen Vergleich weiter-
hin eine Vorreiterrolle spielen werde.

Der Bedeutung von Präventionsmaßnahmen sowie der För-
derung von Hygiene und Insektenschutz, insbesondere aber
auch der Aufklärung und der gesundheitlichen Infrastruktur
sei man sich bewusst. Die Fraktion der FDP gehe auch da-
von aus, dass das zur Verfügung gestellte Geld nicht reichen
werde. Man werte aber die Bemühungen als einen Prozess
und sei mit der gegenwärtigen Situation durchaus zufrieden.

In Bezug auf die Fragestellung „Grundlagenforschung und
produktbezogene Forschung“ sei man der Meinung, dass
auf ein ausgewogenes Verhältnis hingewirkt werden solle.
Als Beispiel könne man die vielen Einrichtungen der Max-
Planck-Gesellschaft in Afrika nennen, die aufgrund von In-
vestitionen auch Grundlagenforschung betrieben.

Es werde gewarnt, „keine Luftschlösser zu bauen“, viel-
mehr sollte der eingeleitete Prozess mit dem gebotenen Au-
genmaß konsequent auch unter Berücksichtigung der in
Deutschland und im Ausland bereits gemachten Erfahrun-
gen fortgesetzt werden.

Von Seiten der Fraktion DIE LINKE. wird eine Analyse
der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ zum Thema „Ver-
nachlässigte und armutsbedingte Krankheiten“ angespro-
chen, die ergeben habe, dass Deutschland trotz seiner Poten-
tiale und seines Know-hows diesbezüglich eher ein „For-
schungszwerg“ sei. Es werde dennoch anerkannt, dass die
Bundesregierung in den letzten Jahren durchaus aktiv, z. B.
in Form von Veranstaltungen und Initiativen – etwa zur För-
derung von Produktentwicklungspartnerschaften mit Nicht-
regierungsorganisationen und der Industrie –, gewesen sei.
Entscheidend sei jedoch, dass die dort angestrebten Ergeb-
nisse auch tatsächlich den betroffenen Ländern zugute
kämen. Bedauerlicherweise würden Pharmakonzerne das
Marktpotential von Entwicklungsländern als zu gering ein-
schätzen mit der Folge, dass ihr Engagement dann aus-
bliebe, falls es ausschließlich kommerziell bedingt sei.

Deutschland bleibe im Verhältnis der Forschungsausgaben
zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) hinter dem Engagement
anderer Länder, etwa den Niederlanden, den USA oder
Großbritannien zurück. Die Fraktion DIE LINKE. gehe aber
davon aus, dass die Bundesregierung bei der Förderung der
Entwicklungszusammenarbeit auf einen Anteil von 0,7 Pro-
zent des BIP kommen wolle. Mit ihrem Antrag wolle sie
den dafür notwendigen Mittelaufwuchs unterstützen.

Hinsichtlich des Themas „Umgang mit Patenten und ande-
ren Wissensgütern“ wird darauf hingewiesen, dass man ge-
rade in der letzten Woche auf der „re:publica“ über Open
Innovation gesprochen habe, unter anderem wie man mit
Global Innovation Commons umgehen könne. Die Frage
sei, wie man mit Patenten, die entweder abgelaufen seien
oder nur einen eingeschränkten Geltungsbereich hätten, um-
gehe. Auch darauf habe die Fraktion DIE LINKE. mit dem
Antrag aufmerksam machen wollen. Zudem unterstütze sie
internationale Patentpools sowie die Nutzung offener Lizen-
zen. Dies sollte auch eine verbindliche Voraussetzung für
öffentliche Förderungen sein.

Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) werde
als kontraproduktiv in Bezug auf die Unterstützung der är-

unterstützt werden als bisher. Der Antrag setze ebenso wie
der Antrag der Koalitionsfraktionen an dieser Problemstel-
lung an. Zu wünschen sei aber, dass sich die Fraktionen im
Sinne dieses wichtigen Themas noch stärker zusammen-
schlössen. Vor diesem Hintergrund werde sich die Fraktion
DIE LINKE. bei dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU
der Stimme enthalten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sieht einen
Konsens der Fraktionen dahingehend, dass bei den vernach-
lässigten und armutsassoziierten Krankheiten zwei Pro-
blemfelder gleichzeitig ins Auge gefasst werden müssten:
Die Krankheiten träten nicht in den Ländern mit großen
Forschungskapazitäten auf, und die Frage sei, wie könne die
Versorgung sichergestellt werden, wenn die Ergebnisse der
Forschung, Medikamente und Prävention nicht automatisch
gerade in den Ländern zur Verfügung stünden, in denen die
Menschen von diesen Krankheiten besonders betroffen
seien.

Ein wichtiges Instrument, dieser Problematik zu begegnen,
seien die Produktionsentwicklungspartnerschaften. In die-
sem Zusammenhang wolle man von der Bundesregierung
wissen, wie die Evaluation der Produktentwicklungspart-
nerschaften gestaltet werden solle und wer sie durchführen
werde. Ferner werde gefragt, wann die Bundesregierung be-
stätigen könne, dass eine zweite Förderrunde der Produkt-
entwicklungspartnerschaften unter Einbeziehung von HIV-
AIDS und Tuberkulose gestartet werde.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, sie sei
wie die Fraktion der SPD der Auffassung, dass die Finanz-
ausstattung des Förderprogramms für vernachlässigte und
armutsassoziierte Krankheiten von 2013 bis 2016 erhöht
werden sollte.

Es werde auch der Fraktion der SPD darin zugestimmt, dass
die Fraktion DIE LINKE. mit einem Teil ihres Forderungs-
katalogs über das Ziel hinausschieße. Solche Forderungen
könne man nur stellen, wenn man nie selber in die Situation
komme, diese auch umsetzen zu müssen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fragt die Bun-
desregierung, ob das Thema „vernachlässigte Krankheiten“
auch in dem neuen europäischen Forschungsrahmenpro-
gramm „Horizont 2020“ berücksichtigt werde. Auch sei in
einer Rede am 8. März ausgeführt worden, dass das Deut-
sche Zentrum für Infektionskrankheiten in diesem Kontext
eine Rolle übernehmen könne.

Ein sehr wichtiges Thema sei die Versorgungsforschung in
den betroffenen Ländern. Die Frage laute, ob sich die Bun-
desregierung bereits mit diesem Thema beschäftigt habe
und ob man staatliche Forschungsförderung mit einer ge-
rechten Lizenzpolitik verbinden könne.

Abschließend erklärt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, es sei wichtig, dass man über dieses Thema in
einen Dialog mit den großen Forschungseinrichtungen der
Gesundheitsforschung wie der Max-Planck-Gesellschaft,
der Helmholtz- und der Deutschen Forschungsgemeinschaft
eintrete. Man wolle von der Bundesregierung wissen, ob sie
in diese Richtung bereits Schritte unternommen habe.

Von Seiten der Bundesregierung wird erklärt, dass man in-

meren und ärmsten Länder dieser Welt erachtet. Ärmere
Länder sollten zudem bei der Generika-Produktion stärker

tensive Gespräche mit „Ärzten ohne Grenzen“ darüber ge-
führt habe, ob bisher genug im Sinne des heutigen Themas

krankt, und die Infektionen träten zu 70 Prozent sogar koin-
zident auf.

Eine Evaluation der PDP-Förderung könne durchaus hilf-
reich sein, auch wenn sie bei einem dreijährigen Förderzeit-
raum relativ kompliziert sei. Es könne lediglich geprüft
werden, ob Förderrichtlinien eingehalten worden seien. Es
werde aber dennoch davon ausgegangen, dass sich die Bun-
desregierung für die Fortsetzung und ggf. auch eine Aus-
weitung dieses Instrumentes entscheiden werde. Mit dem
PDP könne der „Gap“ zur Wirtschaftlichkeit überwunden
werden. In Bezug auf die Frage nach einer gerechten Li-
zenzpolitik sei nach Einschätzung der Bundesregierung die
Konstruktion der PDP mithin das derzeit beste Instrument.
Man müsse sich aber fragen, ob eine Unterstützung der PDP
im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit der deutschen For-
schungslandschaft auch perspektivisch das zentrale Ziel
bleiben solle oder ob nicht an anderer Stelle mit gleichem
Mitteleinsatz mehr geleistet werden könnte.

Deshalb werde auch ein Gesundheitsforschungsnetzwerk im
südlichen, östlichen und westlichen Afrika aufgebaut, um
die Forschung nach Afrika zu bringen. Mit anderen For-
schungsorganisationen sei man im Gespräch, ob dem guten
Beispiel des Max-Planck-Partnerinstitutes noch weitere fol-
gen könnten.

die Entwicklung von Wirkstoffen stiegen deshalb so enorm
an, weil eine nach ethischen Standards durchgeführte, drei
Studien umfassende klinische Phase sehr teuer sei. Wenn
somit das kommerzielle Verfahren nicht wirtschaftlich sei,
dann bräuchte man eine nichtkommerzielle Phase der drei
Studien; dies sei das „Nadelöhr“ für neue Medikamente.
Das gegenwärtig dafür unter dem Dach des Forschungs-
rahmenprogramms zur Verfügung stehende Instrument sei
das europäisch-afrikanische Entwicklungsprogramm „The
European and Developing Countries Clinical Trials Partner-
ship (EDCTP)“. Eine wichtige Voraussetzung für dieses
Programm sei aber, dass innerhalb Europas deutlich mehr
Geld mobilisiert werde. Darum sei die Größenordnung von
500 Millionen bis zu einer Milliarde Euro, die von europäi-
scher Seite zur Verfügung gestellt werden sollte, durchaus
realistisch.

Die Äußerungen zur WHO nehme die Bundesregierung zur
Kenntnis. Es liege diesbezüglich die gleichbleibende Rück-
meldung vor, dass die Leitungs- und Operationsebenen der
WHO stark von den Entwicklungsländern getrieben wür-
den. Auch wenn sich die Bundesregierung deshalb dort zu-
rückgehalten habe, sei der Eindruck eines Desinteresses
falsch. Das Interesse der Bundesregierung, sich in diesem
Rahmen zu beteiligen, sei grundsätzlich sehr groß.

Berlin, den 9. Mai 2012

Anette Hübinger
Berichterstatterin

René Röspel
Berichterstatter

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Dr. Peter Röhlinger
Berichterstatter

Krista Sager
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/10082

getan worden sei. Über das PDP-Programm hinaus inves-
tiere die Bundesregierung über 80 Mio. Euro in diesen For-
schungs- und Entwicklungsbereich.

Es werde darauf hingewiesen, dass die meisten Produkt-
linien und Wirkstoffe der PDP aus der Grundlagen-
forschung amerikanischer Arbeitsgruppen resultierten; an
zweiter Stelle stünde die deutsche Forschung. Daran er-
kenne man, dass Deutschland noch nicht lange das Instru-
ment PDP entdeckt habe und der Beitrag der deutschen
Wissenschaft dementsprechend nicht so groß sei.

Bezogen auf die Förderung vernachlässigter Erkrankungen
in Afrika sei die Tuberkuloseforschung des Max-Planck-
Partnerinstituts in Durban das „Flaggschiff“ der Bundes-
regierung. In den dortigen Townships spiele sich derzeit
eine der größten humanitären Katastrophen ab. Über 60
Prozent der Menschen seien an HIV oder Tuberkulose er-

Das alte Prinzip, Proben in Afrika nehmen und in Europa zu
forschen, scheitere immer öfter auch am Selbstbewusstsein
der betroffenen Länder. Deshalb sei ein offenes Zugehen auf
diese sowie ein Aufbau von Forschungskapazitäten in
Afrika notwendig. Die bereits durchgeführten Gespräche
hätten allerdings gezeigt, dass es lange dauern werde, bis
sich konkrete Erfolge einstellten. Ein positives Beispiel sei
die Klinik in Lambaréné, mit der das Deutsche Zentrum für
Infektionsforschung eine klinische Partnerschaft eingehen
wolle. Dadurch könne erreicht werden, dass klinische Stu-
dien in Afrika nach deutschen sachlichen und ethischen
Standards durchgeführt würden.

Hinsichtlich der von der Fraktion DIE LINKE. geforderten
500 Mio. Euro für die nichtkommerzielle klinische For-
schung seien sich alle einig, dass das schwer zu realisieren
sei, hier liege aber auch das Problem. Die Grenzkosten für

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