BT-Drucksache 16/9809

Endlager Asse sofort dem Betreiber entziehen und unter atomrechtliche Bundesaufsicht stellen

Vom 25. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9809
16. Wahlperiode 25. 06. 2008

Antrag
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Cornelia Behm, Winfried Hermann,
Bärbel Höhn, Bettina Herlitzius, Ulrike Höfken, Dr. Anton Hofreiter, Undine Kurth
(Quedlinburg), Nicole Maisch, Brigitte Pothmer, Renate Künast, Fritz Kuhn
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Endlager Asse sofort dem Betreiber entziehen und unter atomrechtliche
Bundesaufsicht stellen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Zustände im sogenannten Forschungsendlager Asse II sind nicht länger hin-
nehmbar. Obwohl als Forschungsendlager konzipiert, wurden in dem ehemali-
gen Bergwerk Asse II zwischen 1965 und 1978 125.787 Fässer mit leicht- und
mittelradioaktivem Atommüll unterschiedlicher Herkunft verbracht. Seit min-
destens 20 Jahren sickert eine Salzlösung in das Endlager. Herkunft und exakter
Verbleib der Flüssigkeit sind bislang ungeklärt.

Durch Akteneinsicht und parlamentarische Befragungen im Niedersächsischen
Landtag musste der Betreiber des Atommülllagers, das Helmholtz Zentrum
München (HZM) nun zugeben, dass Teile der eindringenden Lauge radioaktiv
verseucht sind. Cäsium 137 ist mehrfach festgestellt worden, die Strahlenwerte
lagen um bis zum Neunfachen über dem zulässigen Grenzwert. Anstatt die kon-
taminierte Lauge entsprechend der Strahlenschutzverordnung ordnungsgemäß
zu entsorgen, wurde sie in die tiefste Ebene des ehemaligen Bergwerks gepumpt.
Die Rückholung ist nach Auskunft des Betreibers nicht möglich.

Rechtliche Grundlage für diese mit dem Atomrecht in krassem Widerspruch
stehende Maßnahme ist ein Sonderbetriebsplan nach Bergrecht, der durch die
niedersächsischen Behörden genehmigt wurde. Nach Berichten der Presse
wurde die Bundesbehörde weder vom Betreiber noch von den niedersächsischen
Behörden über die Strahlenfunde informiert.

Außerdem haben Bewertungen im Rahmen des Optionenvergleichs ergeben,
dass unter Annahme ungünstiger Bedingungen bereits in 150 Jahren Radioak-
tivität aus dem Endlager entweichen könnte, wenn am von uns bereits mehrfach
kritisierten Schließungskonzept festgehalten würde. Danach könnten Radio-
nuklide ins Grundwasser gelangen und zu weitreichenden Kontaminationen

führen.

Es ist offensichtlich, dass die im vergangenen Jahr getroffene Vereinbarung zwi-
schen dem formal zuständigen Bundesministerium für Bildung und Forschung
und dem Landesumweltministerium mit dem Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit über den vollständigen Austausch von In-
formationen und Daten nicht eingehalten worden ist. Bundesumweltminister
Sigmar Gabriel konnte somit seiner Zusage aus dem vergangenen Jahr an die

Drucksache 16/9809 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des
Deutschen Bundestages nicht Folge leisten, wonach alle geplanten und durchzu-
führenden Maßnahmen im so genannten Forschungsendlager Asse II nur noch
nach atomrechtlichen Maßgaben vorgenommen und vorab bundesaufsichtlich
geprüft und bewertet werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. dafür Sorge zu tragen, dass alle geplanten Maßnahmen zur Vorbereitung des
Flutungskonzepts sofort gestoppt und Alternativen zum Flutungskonzept
erarbeiten werden;

2. alle nötigen Schritte einzuleiten um die Verantwortlichen zur Rechenschaft
zu ziehen, die die radioaktive Kontamination verheimlicht und entgegen den
atomrechtlichen und strahlenschutzrechtlichen Vorgaben gehandelt haben;

3. Asse II dem Betreiber zu entziehen und unter Atomrecht zu stellen;

4. Lehren aus dem Forschungsansatz Asse II zu ziehen und Alternativen zum
Wirtsgestein Salz aufzuzeigen.

Berlin, den 25. Juni 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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