BT-Drucksache 16/9789

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, Dr. Dagmar Enkelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/7533- Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Arbeitnehmermitbestimmung bei Betriebsänderungen

Vom 25. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9789
16. Wahlperiode 25. 06. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll,
Dr. Dagmar Enkelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/7533 –

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Arbeitnehmermitbestimmung
bei Betriebsänderungen

A. Problem

Nach Ansicht der Antragsteller beteiligen sich in zunehmendem Maße Finanz-
investoren mit kurzfristigen Interessen an Unternehmen in der Bundesrepublik
Deutschland. Vor allem Private Equity Fonds verfolgten bei ihren Unter-
nehmensbeteiligungen häufig Anlagestrategien, die darauf abzielten, in mög-
lichst kurzer Zeit extrem hohe Renditen auf das angelegte Kapital zu erzielen.
Dabei spiele die langfristige Perspektive der Unternehmen als solche keine
Rolle für die Finanzinvestoren – die Innovations- und Zukunftsfähigkeit eines
Unternehmens werde kurzfristigen Renditeinteressen geopfert.

In besonderem Maße davon betroffen seien die Beschäftigten eines Unter-
nehmens, die durch die Geschäftsstrategien von Private Equity ihren Arbeits-
platz verlören oder deren Beschäftigungsbedingungen sich verschlechterten
und deren Unternehmen nachhaltig geschädigt werde. Dennoch bestehe für die
Arbeitnehmer kaum die Möglichkeit, auf die Vorgehensweise der Investoren
Einfluss zu nehmen. Weder die Betriebsräte noch die Arbeitnehmervertreterin-
nen und -vertreter im Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften hätten die Mög-
lichkeit, langfristig schädigende Geschäfte, die auf Betreiben kurzfristig orien-
tierter Anlegerinnen und Anleger vorgenommen würden, zu verhindern oder zu
kontrollieren.

B. Lösung

Nach den Vorstellungen der Antragsteller sollen die Organe des Betriebsver-
fassungsgesetzes dahingehend gestärkt werden, dass die Mitbestimmungs-,

Beratungs- und Informationspflichten ihnen gegenüber ausgeweitet und kon-
kretisiert werden. Aktiengesellschaften sollen bestimmte, besonders riskante
und auf kurzfristige Rendite abzielende Geschäfte nur mit der Zustimmung des
Aufsichtsrates ermöglicht werden.

Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 16/9789 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

C. Alternativen

Annahme des Gesetzentwurfs.

D. Kosten

Kosten wurden nicht ermittelt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9789

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/7533 abzulehnen.

Berlin, den 25. Juni 2008

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Vorsitzender

Paul Lehrieder
Berichterstatter

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Gesetz- nalabbau nur dann eine Betriebsänderung, wenn eine grö-

entwurf auf Drucksache 16/7533 in seiner 94. Sitzung am
25. Juni 2008 abschließend beraten.
Mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und

ßere Zahl von Arbeitnehmern betroffen ist. Man lehne auch
deshalb den Antrag ab.

Die Mitglieder der Fraktion der FDP betonten, dass man
Drucksache 16/9789 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Paul Lehrieder

I.
Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. auf Druck-
sache 16/7533 wurde in der 157. Sitzung des Deutschen
Bundestages am 24. April 2008 an den Ausschuss für Arbeit
und Soziales zur federführenden Beratung und an den
Rechtsausschuss, den Finanzausschuss sowie den Ausschuss
für Wirtschaft und Technologie zur Mitberatung überwiesen.
Der Finanzausschuss und der Rechtsausschuss haben in
ihren Sitzungen am 25. Juni 2008 den Gesetzentwurf be-
raten und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stim-
men der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung empfohlen.
Bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN hat der Ausschuss für Wirtschaft und Technolo-
gie ebenfalls die Ablehnung empfohlen.

II.
Nach Ansicht der Antragsteller beteiligen sich in zuneh-
mendem Maße Finanzinvestoren mit kurzfristigen Interes-
sen an Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland.
Vor allem Private Equity Fonds verfolgten bei ihren Unter-
nehmensbeteiligungen häufig Anlagestrategien, die darauf
abzielten, in möglichst kurzer Zeit extrem hohe Renditen
auf das angelegte Kapital zu erzielen. Dabei spiele die lang-
fristige Perspektive der Unternehmen als solche keine Rolle
für die Finanzinvestoren – die Innovations- und Zukunfts-
fähigkeit eines Unternehmens werde kurzfristigen Rendite-
interessen geopfert.
In besonderem Maße davon betroffen seien die Beschäftig-
ten eines Unternehmens, die durch die Geschäftsstrategien
von Private Equity ihren Arbeitsplatz verlören oder deren
Beschäftigungsbedingungen sich verschlechterten und de-
ren Unternehmen nachhaltig geschädigt werde. Dennoch
bestehe für die Arbeitnehmer kaum die Möglichkeit, auf die
Vorgehensweise der Investoren Einfluss zu nehmen. Weder
die Betriebsräte noch die Arbeitnehmervertreterinnen und
- vertreter im Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften hätten
die Möglichkeit, langfristig schädigende Geschäfte, die auf
Betreiben kurzfristig orientierter Anlegerinnen und Anleger
vorgenommen würden, zu verhindern oder zu kontrollieren.
Nach den Vorstellungen der Antragsteller sollen die Organe
des Betriebsverfassungsgesetzes dahingehend gestärkt wer-
den, dass die Mitbestimmungs-, Beratungs- und Informa-
tionspflichten ihnen gegenüber ausgeweitet und konkreti-
siert werden. Aktiengesellschaften sollen bestimmte, beson-
ders riskante und auf kurzfristige Rendite abzielende Ge-
schäfte nur mit der Zustimmung des Aufsichtsrates
ermöglicht werden.

III.

wurde dem Bundestag die Ablehnung des Gesetzentwurfs
auf Drucksache 16/7533 empfohlen.

Die Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU stellten klar,
dass sie den Gesetzentwurf ablehnen würden, denn in vielen
Bereichen handele es sich nur um eine verkürzte Wiedergabe
bereits bestehender gesetzlicher Schutzvorschriften. So sei
die frühzeitige Information des Wirtschaftsausschusses über
geplante Unternehmensübernahmen bereits durch das Risi-
kobegrenzungsgesetz sichergestellt. Die Aufnahme der Un-
ternehmensübernahme in den Katalog der Betriebsände-
rungen widerspräche der Rechtssystematik des § 111 des
Betriebsverfassungsgesetzes, da es sich gerade nicht um eine
betriebsorganisatorische Änderung handele, sondern nur um
einen Betriebsübergang. Schon die Ergänzung der Informa-
tionspflichten des Wirtschaftsausschusses führe zu zuneh-
mender Verwischung von rein arbeitsrechtlichen und gesell-
schaftsrechtlichen Vorgängen. Entsprechende Ausweitung
der Betriebsänderungstatbestände würde diese Grenze nach
Meinung der Fraktion der CDU/CSU vollständig aufheben.
Die Unterrichtungs- und Beratungspflicht bei Betriebsände-
rungen nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes bestehe
bereits. Die Aufhebung des Schwellenwertes für die Hinzu-
ziehung eines Beraters des Betriebsrates für Betriebsände-
rungen sei zudem abzulehnen, weil dadurch mehr Bürokratie
und unnötige Belastung – gerade von Kleinunternehmen –
geschaffen würden. Die Aufnahme der Auslagerung von
Arbeit in Betriebsänderungstatbestände würde die Systema-
tik des § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes durchbrechen.
Vorschläge zur Änderung des Aktiengesetzes seien ebenfalls
abzulehnen. Bereits nach geltendem Recht müsse der Auf-
sichtsrat oder die Satzung bestimmen, dass bestimmte Arten
von Geschäften nur mit der Zustimmung des Aufsichtsrates
vorgenommen werden dürften.

Die Mitglieder der Fraktion der SPD wiesen darauf hin,
dass der Betriebsrat Berater bei Interessenausgleichen und
Sozialplänen ohne Einverständnis des Arbeitgebers auch in
Betrieben von unter 300 Beschäftigten heranziehen könne.
In Betrieben mit mehr als 300 Beschäftigten sei es schon
gang und gäbe, dass Sachverständige eingeschaltet würden.
Man gebe zu, dass es in Betrieben mit unter 300 Beschäftig-
ten teilweise etwas schwierig sei. Doch hier müssten andere
Regelungsmechanismen geschaffen werden als die von der
Fraktion DIE LINKE. benannten. Man kritisierte weiterhin,
dass die Auslagerung von einzelnen Arbeitsplätzen im An-
trag als Betriebsänderung definiert werde. Das hieße, wenn
Outsourcing betrieben werde – beispielsweise des fünfköp-
figen Reinigungspersonals – müssten tatsächlich Interessen-
ausgleich- und Sozialplanverhandlung geführt werden. Er-
forderlich für die Interessenausgleichspflicht einer Maß-
nahme sei aber stets, dass es sich um eine Betriebsänderung
handele, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft als
Ganzes zur Folge haben könnte. Deshalb sei der Perso-
FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

keinen Anlass für eine Stärkung der Arbeitnehmermit-
bestimmung bei Betriebsänderungen sehe.

Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/9789

Die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. führten aus, dass
mit dem Gesetzentwurf zwei Änderungen vorgeschlagen
würden, mit denen vor allem auf die Zunahme von Finanz-
investoren regiert werden solle. Die eine beziehe sich auf
die Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer im Rahmen der Betriebsverfassung. Dort habe man
eine letzte Novellierung der Betriebsverfassung im Jahre
2001 erlebt. Die zwischenzeitlich eingetretene Entwicklung
mache es notwendig, die speziellen Wirkungen der Unter-
nehmensübernahmen durch Finanzinvestoren auch zum
Gegenstand der Informations-, Beratungs- und Mitbestim-
mungsrechte der Betriebsräte zu machen. Zweitens stärke
und verändere man mit diesem Gesetzentwurf die Aufgaben
des Aufsichtsrates. Hier gehe es im Wesentlichen darum,
nach § 111 des Aktiengesetzes einen Katalog zustimmungs-
pflichtiger Geschäfte für den Aufsichtsrat einzuführen.

Die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
konstatierten, dass der Gesetzentwurf lediglich die tatsäch-
liche Gesetzeslage wiedergebe und an ein paar Stellen Vor-
schläge entwickelt würden, die unter der letzten Regierung
schon angegangen worden seien. Der Gesetzentwurf würde
auch nicht dem vom Finanzmarkt getriebenen Kapitalismus
entgegenwirken. Die Mitglieder der Fraktion hielten den Ge-
setzentwurf für richtig, man glaube jedoch nicht, dass er sehr
viel verändern werde. Insofern werde man sich bei diesem
Gesetzentwurf enthalten.

Berlin, den 25. Juni 2008

Paul Lehrieder

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.