BT-Drucksache 16/9522

Flächenverbrauch als ernstzunehmendes Problem - Am Beispiel der Firmenübersiedlung der Firma Vögele von Mannheim nach Ludwigshafen

Vom 6. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9522
16. Wahlperiode 06. 06. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulrike Höfken, Peter Hettlich und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Flächenverbrauch als ernstzunehmendes Problem – Am Beispiel
der Firmenübersiedlung der Firma Vögele von Mannheim nach Ludwigshafen

Der Flächenverbrauch und damit die Versiegelung von kostbarer landwirtschaft-
licher Fläche ist als ernstzunehmendes Problem zu sehen. Ankündigungen der
Bundesregierung, den Flächenverbrauch zu verringern, werden gegenläufig am
Beispiel der Firma Vögele AG widerlegt.

Im Januar 2008 hat die Firma Vögele AG – Weltmarktführer bei der Herstellung
von Straßenfertigern, einer Baumaschine im Straßenbau – in einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit dem Wirtschaftsminister des Landes Rheinland-Pfalz,
Hendrik Hering, und der Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen, Dr. Eva
Lohse, mitgeteilt, sie werde in Ludwigshafen auf einem Areal von 35 Hektar
eine neue Produktionsstätte errichten und gleichzeitig die Produktion in Mann-
heim aufgeben. Die Firma hatte mit Unterstützung der Stadtspitze in Ludwigs-
hafen zu einem Preis von 14 Euro pro Quadratmeter 41 Hektar Ackerfläche er-
worben – das sind 75 Fußballfelder –, die teilweise im regionalen Grünzug des
Raumordnungsplanes liegen. Gleichzeitig bietet die Stadt Mannheim der Firma
für den Umzug ein 35 Hektar großes militärisches Konversionsgelände an. Die
Städte Ludwigshafen und Mannheim gehören derselben Planungsgemeinschaft
an. Eine Abstimmung der Planung fand offensichtlich nicht statt. Die Stadt hat
ein Zielabweichungsverfahren zur Änderung des Regionalen Raumordnungs-
planes bei der Landesbehörde beantragt. In einer Bürgerversammlung wurde
diese Tatsache verschwiegen.

Zurzeit stellt die Stadt Ludwigshafen für den Außenbereich gemäß § 35 Bauge-
setzbuch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan auf und betreibt dazu im
Parallelverfahren die Änderung des Flächennutzungsplanes. Detaillierte Pla-
nungen beispielsweise über Gebäude im beplanten Gebiet liegen weder dem Rat
noch den Behörden vor. Die Offenlage wurde am 28. April abgeschlossen.

Das Land fördert die anfallenden Infrastrukturmaßnahmen mit 60 Prozent, die
Stadt mit 10 Prozent. Für einen Gleisanschluss soll der Bund Fördermittel in
Aussicht gestellt haben. Diese Förderungen sollen zwischen 2 und 3 Mio. Euro
betragen. Zusammen mit dem Kauf des günstigen Ackerlandes würde der Vor-

teil, den die Firma Vögele erlangt, eine zweistellige Millionensumme ausma-
chen. Die Gewerbesteuer in Ludwigshafen liegt aufgrund einer Vereinbarung
mit der BASF SE bei 360 Punkten.

Drucksache 16/9522 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit der tägliche
Flächenverbrauch in Deutschland?

2. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um ihr Ziel zu erreichen,
den Flächenverbrauch in Deutschland bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar pro
Tag zu verringern?

3. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass für Industrieansiedlungen
– soweit verfügbar – Konversionsflächen und nicht neue, unbelastete Flä-
chen genutzt werden sollten?

4. Nach welchem Verfahren werden Firmenanbindungen an IC-Strecken be-
antragt respektive genehmigt?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Firma Vögele eine Anbindung an
eine IC-Strecke beantragt hat, und wenn ja, was beinhaltet der Antrag?

6. a) Ist es richtig, dass der Bund Fördermittel für einen Gleisanschluss der
Firma Vögele in Aussicht gestellt hat?

b) Wenn ja, in welcher Höhe, und aus welchem Förderprogramm?

7. Wer ist mit der Prüfung eines entsprechenden Antrages beauftragt (gewe-
sen), und wovon wird gegebenenfalls abhängig gemacht, ob diese Mittel
tatsächlich bereitgestellt werden?

8. Ist ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach Auffassung der Bundes-
regierung das angemessene Planungsinstrument für die Ansiedlung einer
Maschinenbaufabrik auf 41 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche?

Wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, das Gemeindefinanz-
system so zu gestalten, dass für Kommunen, Unternehmen und private
Eigentümer Anreize für eine sparsame und effiziente Nutzung von Flächen
entstehen?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung Flächenverbrauch vor dem Hintergrund
der Zielsetzung der UN Konferenz zur Biologischen Vielfalt (COP 9) in
Bonn?

11. Was gedenkt die Bundesregierung bezüglich der Rheinbrücke bei Altrip zu
tun, und wird diese Rheinüberquerung wieder in den Bundesverkehrswege-
plan aufgenommen?

Berlin, den 3. Juni 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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