BT-Drucksache 16/9512

zu Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/9310- Mehr Netto für alle

Vom 6. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9512
16. Wahlperiode 06. 06. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele,
Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/9310 –

Mehr Netto für alle

A. Problem

Die OECD kommt in ihrer jüngsten Studie zur Steuer- und Abgabenbelastung
zu dem Ergebnis, dass diese in Deutschland insbesondere für Gering- und
Durchschnittsverdiener weiter auf vergleichsweise hohem Niveau liege. Die
Antragsteller weisen darauf hin, dass das aktuelle Gutachten der führenden
Wirtschaftsforschungsinstitute zur Lage der Weltwirtschaft und der deutschen
Wirtschaft empfehle, die Steuerbelastungen zu verringern und zumindest die
„heimlichen“ Steuererhöhungen zu vermeiden. Im Jahre 2008 sei mit Steuerein-
nahmen von Bund, Ländern und Gemeinden zu rechnen, die um über 100 Mrd.
Euro höher als im Jahr 2005 lägen. Es sei angemessen, einen Teil der Mehrein-
nahmen bei den Steuerzahlern zu belassen.

B. Lösung

Mit dem Antrag wird angestrebt, die Bundesregierung zur Vorlage von Gesetz-
entwürfen aufzufordern, in denen zum einen Kindergeld und Kinderfreibeträge
zum 1. Januar 2009 erhöht werden. Ferner soll die Pendlerpauschale in der bis
zum Jahre 2006 geltenden Form wieder eingeführt werden. Zum 1. Januar 2010
sei zudem der Grundfreibetrag von 7 764 Euro auf 8 004 Euro zu erhöhen und
der Eingangssteuersatz von 15 Prozent auf 13 Prozent abzusenken. Der Einkom-
mensteuertarif soll darüber hinaus dergestalt abgeflacht werden, dass bei einem
Einkommen von 14 000 Euro ein Steuersatz von 23,35 Prozent Anwendung fin-
det.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP

C. Alternativen

Keine

Drucksache 16/9512 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

D. Kosten

Die Höhe der finanziellen Auswirkung auf die öffentlichen Haushalte des Bun-
des und der Länder wird von dem Antrag nicht beziffert.

E. Bürokratiekosten

Auf Informationspflichten für Unternehmen, Bürger und Verwaltung wird in der
Vorlage nicht eingegangen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9512

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/9310 abzulehnen.

Berlin, den 4. Juni 2008

Der Finanzausschuss

Eduard Oswald Olav Gutting Dr. Volker Wissing
Vorsitzender Berichterstatter Berichterstatter

Berlin, den 4. Juni 2008

Olav Gutting Dr. Volker Wissing
I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/9310 in seiner 163. Sitzung am 29. Mai 2008 dem Finanz-
ausschuss federführend sowie dem Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie und dem Haushaltsausschuss zur Mitbera-
tung überwiesen. Die Ausschüsse haben die Vorlage in ihren
Sitzungen am 4. Juni 2008 abschließend behandelt.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
In dem Antrag wird darauf hingewiesen, dass der wirtschaft-
liche Aufschwung in Deutschland die Mehrheit der Bevölke-
rung, insbesondere Familien, Arbeitnehmer und Mittelstand,
nicht fühlbar erreiche. Preissteigerungen zehrten vielfach die
Lohnerhöhungen auf. Um Bezieher kleiner und mittlerer
Einkommen zu entlasten, seien deutliche Senkungen bei
Steuern und Abgaben erforderlich, ohne dass die erforderli-
che Abflachung des Einkommensteuertarifs über den Abbau
von steuerlichen Abzugsmöglichkeiten finanziert werden
dürften. Es ständen hinreichende haushaltspolitische Spiel-
räume zur Verfügung, um eine namhafte Entlastung der
Bürger ohne Gegenfinanzierung der Steuerausfälle zu be-
wirken. Vor diesem Hintergrund sei die Bundesregierung
aufzufordern, einen Gesetzentwurf für eine ab 1. Januar
2009 wirkende Erhöhung des Kindergeldes und der Kinder-
freibeträge vorzulegen. Ferner sei die Pendlerpauschale in
der bis zum Jahre 2006 geltenden Form wieder einzuführen.
Zum 1. Januar 2010 sei zudem der Grundfreibetrag von
7 764 Euro auf 8 004 Euro zu erhöhen und der Eingangssteu-
ersatz von 15 Prozent auf 13 Prozent abzusenken. Der Ein-
kommensteuertarif soll dergestalt abgeflacht werden, dass
bei einem Einkommen von 14 000 Euro ein Steuersatz von
23,35 Prozent Anwendung findet.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den An-
trag in seiner 65. Sitzung beraten. Er hat mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der antragstellenden
Fraktion der FDP dessen Ablehnung empfohlen.

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 70. Sitzung mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der an-
tragstellenden Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrags
empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

In der Ausschussberatung haben die Koalitionsfraktionen
der CDU/CSU und SPD deutlich gemacht, dass sie die Vor-

lage der mit dem Antrag angestrebten Gesetzentwürfe der
Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt ablehnen. Sie ha-
ben dargelegt, derzeit werde von den die Koalitionsfrak-
tionen bildenden Parteien jeweils intern an Steuerent-
lastungskonzepten gearbeitet oder solche lägen seit kurzer
Zeit vor. Der Prozess der politischen Willensbildung inner-
halb der Koalitionsfraktionen könne erst auf der Grundlage
der förmlich innerhalb der jeweiligen Parteien abgestimmten
Konzeptionen fortgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund
sei zum jetzigen Zeitpunkt aus Gründen koalitionstreuen
Verhaltens nur die Ablehnung des Antrags in Betracht zu zie-
hen.

Die Fraktion der FDP legte dar, der Antrag werde zum jetzi-
gen Zeitpunkt zur abschließenden Beratung im Ausschuss
gestellt, um – nachdem von Teilen der Koalition entspre-
chende steuerpolitische Vorschläge vorlägen – einen ersten
greifbaren Schritt zu unternehmen, um eine möglichst rasche
Steuerentlastung der Bürger zu erreichen. Es sei nicht ernst-
lich zu bezweifeln, dass eine Steuerentlastung der Bevölke-
rung seit geraumer Zeit erforderlich sei. Sie müsse nun kurz-
fristig angestoßen werden.

Die Fraktion DIE LINKE. stellte fest, dass der wirtschaftli-
che Aufschwung die Mehrheit der Bevölkerung nicht errei-
che. Teile der mit dem Antrag aufgestellten Forderungen wie
die Anhebung der steuerlichen Kinderfreibeträge oder die
Abschaffung der Entfernungspauschale seien auch aus ihrer
Sicht unterstützenswert. Indes überzeugten nicht die zur Ge-
genfinanzierung vorgeschlagenen Maßnahmen. Zudem feh-
le es dem Antrag an einer Festlegung zur Frage des Spitzen-
steuersatzes, so dass keine Klarheit über den konkreten
Tarifverlauf bei der Einkommensteuer bestehe und zu ver-
muten sei, dass eine Senkung des Spitzensatzes angestrebt
werde. Jegliche Tarifabsenkung bedürfe aber der aufkom-
mensneutralen Gegenfinanzierung, die das Gesamtsteuer-
aufkommen in Deutschland absichere.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beurteilte das
vorgelegte Finanzierungskonzept ebenfalls als nicht über-
zeugend. Insbesondere im unteren und mittleren Einkom-
mensbereich sei die Abgabenbelastung besonders hoch ein-
zuschätzen und müsse vermindert werden. Zudem könne den
vorgeschlagenen Maßnahmen in ihrer Beschränkung auf den
steuerlichen Bereich nicht gefolgt werden. Vielmehr sei über
die Anhebung des Grundfreibetrages hinaus die Anpassung
des sozialrechtlichen Existenzminimums in die Erörterun-
gen einzubeziehen.

Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP emp-
fohlen, den Antrag abzulehnen.
Drucksache 16/9512 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Olav Gutting und Dr. Volker Wissing
Berichterstatter Berichterstatter

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.