BT-Drucksache 16/938

Arbeitsmarktzugang von Migrantinnen und Migranten

Vom 14. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/938
16. Wahlperiode 14. 03. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dagdelen, Ulla Jelpke, Petra Pau, Jan Korte, Kersten
Naumann und der Fraktion DIE LINKE.

Arbeitsmarktzugang von Migrantinnen und Migranten

Anlässlich der Präsentation der Studie mit dem Titel „Arbeitsmarktintegration
von Zuwanderern in Deutschland“ der Organisation für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (OECD) erklärte der Parlamentarische Staats-
sekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Gerd Andres, in seiner
Rede am 2. Dezember 2005, die Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und
Migranten sei von zentraler Bedeutung (http://www.gerd-andres.de/content/
05332.php?a=&b=). Er wies darauf hin, dass die Arbeitslosenquote der Migran-
tinnen und Migranten inzwischen mehr als doppelt so hoch ist wie die der Er-
werbslosen insgesamt. Sie lag im Jahresdurchschnitt 2004 bei 24,5 Prozent im
Vergleich zur Gesamtquote von 11,5 Prozent. Auch im Jahresdurchschnitt 2005
hat sich laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit an der hohen Arbeitslosen-
quote bei Migrantinnen und Migranten nichts geändert.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren 2003 24 Prozent der auslän-
dischen Beschäftigten sozialversicherungspflichtig beschäftigt, während die
Quote bei den Deutschen 33 Prozent betrug („Sechster Bericht über die Lage der
Ausländerinnen und Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland“, Juni 2005,
Bundestagsdrucksache 15/5826). Das Gutachten des Sachverständigenrats für
Zuwanderung und Integration aus dem Jahr 2004 belegt, dass lediglich 3,6 Pro-
zent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Migrantinnen und Migranten wa-
ren („Migration und Integration – Erfahrungen nutzen, Neues wagen“, Jahres-
gutachten 2004 des Sachverständigenrates für Zuwanderung und Integration).
Ihr Anteil im produzierenden Gewerbe hingegen lag bei 10,5 Prozent (Bundes-
tagsdrucksache 15/5826).

Auch die neue Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und
Integration, Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer, brachte bei der Vorstel-
lung der zitierten OECD-Studie am Tag ihres Amtsantritts zum Ausdruck, wie
wichtig eine Verbesserung der Beschäftigungschancen für Zuwanderer sei (Pe-
riodische Berichte vom 13. Dezember 2005). Im Rahmen einer Unterrichtung
über die Migrationsberichte 2003 und 2004 und den Sechsten Bericht über die
Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland in der 9. Sitzung des
Innenausschusses am 8. März 2006 hat die Staatsministerin Prof. Dr. Maria

Böhmer erneut den Zugang von Migrantinnen und Migranten in den Arbeits-
markt als eine wesentliche Voraussetzung für die Integration bezeichnet. Eine
im Gemeinsamen Beschäftigungsbericht vorgenommene Analyse der EU-Leit-
linien und der Empfehlungen des Rates 2003 (Bundesratsdrucksache 299/04)
zeigen, dass Deutschland Maßnahmen, die zur Verstärkung der Anstrengungen
zur Integration der Zuwanderer dienen, Vorrang einräumen sollte.

Drucksache 16/938 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Personen fielen in den Jahren 1998 bis 2005 unter das so genannte
Vorrangprinzip („Blüm-Arbeitsverbotserlass“) und hatten infolgedessen kei-
nen Zugang zum Arbeitsmarkt?

a) Wie viele davon waren EU-Bürgerinnen und -Bürger?

b) Wie viele davon waren Staatsangehörige aus Staaten außerhalb der EU?

2. Plant die Bundesregierung, das System der für Unionsbürger geltenden ge-
genseitigen Anerkennung von Abschlüssen auf bestimmte Drittstaaten – ge-
gebenenfalls modifiziert – zu übertragen (s. a. „Sechster Bericht über die
Lage der Ausländerinnen und Ausländer in der Bundesrepublik Deutsch-
land“ vom Juni 2005, Bundestagsdrucksache 15/5826, Seite 47) und damit
für einzelne Personengruppen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern?

Falls nein, warum nicht?

3. Welche Maßnahmen sind geplant, um

a) den überproportionalen Rückgang sozialversicherungspflichtiger Be-
schäftigung von Migrantinnen und Migranten zu stoppen?

Falls keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht?

b) dem überproportionalen Anstieg der Zahl von Migrantinnen und Migran-
ten, die geringfügig entlohnt beschäftigt sind, entgegenzuwirken?

Falls keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht?

4. Welche konkreten Maßnahmen wurden ergriffen, um bei sozialversiche-
rungspflichtig beschäftigten Migrantinnen und Migranten die Konzentration
auf wenige Wirtschaftssektoren und Wirtschaftszweige zu überwinden?

Falls keine Maßnahmen ergriffen wurden, warum nicht?

5. a) Welche konkreten Maßnahmen wurden seit dem Beschluss des Rates der
Europäischen Union vom 22. Juli 2003 über die Leitlinien für Beschäfti-
gungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten ergriffen, um die Diffe-
renz zwischen den Arbeitslosenquoten von Unionsbürgern und Drittstaa-
tenangehörigen erheblich zu verringern?

5. b) Welche konkreten Maßnahmen sind geplant, damit die Zielvorgabe der
EU-Richtlinien erreicht wird, bis 2010 diese Differenz um die Hälfte zu
reduzieren?

Falls keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht?

Berlin, den 10. März 2006

Sevim Dagdelen
Ulla Jelpke
Petra Pau
Jan Korte
Kersten Naumann
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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