BT-Drucksache 16/9371

zu der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung -16/8455 Nr. A.16, 16/9334- Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des EU-Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (inkl. 5862/08 ADD 1 bis 5862/08 ADD 3) KOM (2008) 16 endg.; Ratsdok Nr. 5862/08

Vom 28. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9371
16. Wahlperiode 28. 05. 2008

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, Winfried
Hermann, Peter Hettlich, Bettina Herlitzius, Nicole Maisch und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksachen 16/8455 Nr. A. 16, 16/9334 –

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur
Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des
EU-Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (inkl.
5862/08 ADD 1 bis 5862/08 ADD 3)
KOM (2008) 16 endg.; Ratsdok. 5862/08

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Wenn eine langfristige Begrenzung der Klimaerwärmung um 2 Grad Celsius ge-
lingen soll, müssen die Industriestaaten nach den Berechnungen des Weltklima-
rates ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens 25 bis 40 Prozent
gegenüber dem Stand des Jahres 1990 senken. Deshalb ist das Ziel einer 20-pro-
zentigen Reduktion bis 2020, das dem Vorschlag der Europäischen Kommission
zur Weiterentwicklung des Emissionshandels in der dritten Handelsperiode zu-
grunde liegt, nicht ausreichend. Stattdessen muss sich die Europäische Union
ohne Wenn und Aber zu einer mindestens 30-prozentigen Emissionssenkung bis
2020 bekennen und auch für darüber hinausgehende Anstrengungen im Rahmen
eines internationalen Kyoto-Folgeabkommens bereit sein. Entsprechend ambi-
tioniert sind auch die Ziele des Emissionshandels in der Europäischen Union
festzulegen.

Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die Europäische Kommission den Emis-
sionshandel als eines der wichtigsten Instrumente der europäischen Klima-
schutzpolitik in der dritten Handelsperiode ausweiten und noch bestehende
Schwächen abbauen will. Nachdem das Problem des Überangebots an Emis-
sionszertifikaten, das den Emissionshandel in der ersten Handelsperiode belastet
hat, schon in der zweiten Handelsperiode beseitigt wurde, wird die weitere Ver-
knappung der Emissionszertifikate ab 2012 die Effektivität des Emissionshan-
dels weiter steigern. Auch durch die Einbeziehung weiterer Sektoren und Treib-
hausgase wird der Emissionshandel gestärkt. Ein besonders wichtiger Schritt zur
Verbesserung des Emissionshandels ist schließlich die von der Europäischen
Kommission vorgesehene vollständige Versteigerung der Emissionshandels-

Drucksache 16/9371 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zertifikate für die Energiewirtschaft. Dadurch wird der Skandal beendet, dass
den Energieversorgungsunternehmen durch die Einpreisung kostenlos zugeteil-
ter Zertifikate sog. windfall profits in Milliardenhöhe entstehen.

Auch für energieintensive Unternehmen sollte die Zuteilung der Emissions-
zertifikate grundsätzlich auf dem Wege der Versteigerung erfolgen. Um Wett-
bewerbsnachteile für die betroffenen europäischen Unternehmen zu vermeiden,
muss sich die Europäische Union für ein ambitioniertes Kyoto-Nachfolge-
abkommen stark machen, das international faire Wettbewerbsbedingungen
schafft. Nur wenn dies nicht gelingen sollte, sind Sonderregeln und Schutzmaß-
nahmen für besonders energieintensive Branchen gerechtfertigt. Auf jeden Fall
sollten entsprechende Regeln so ausgestaltet werden, dass auch für energieinten-
sive Unternehmen ein wirtschaftlicher Anreiz zur Emissionsminderung besteht.

Die Erlöse aus dem Emissionshandel sollten in der Bundesrepublik Deutschland
vollständig für den nationalen und internationalen Klimaschutz sowie zur so-
zialen Abfederung der steigenden Energiepreise eingesetzt werden.

Ein fortbestehendes Problem des Emissionshandels liegt im Bereich der flexib-
len Instrumente CDM und JI. Durch diese projektbasierten Mechanismen sollen
die Kosteneffizienz von Klimaschutzmaßnahmen erhöht und die klimapolitische
Kooperation zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländen gefördert wer-
den. In der Praxis droht aber, wie Umweltverbände zu Recht kritisieren, die An-
erkennung zahlreicher zweifelhafter Projekte zu einer Aushöhlung der für den
Emissionshandel maßgeblichen Emissionsobergrenzen zu führen und so die
Klimaschutzziele zu unterminieren. Deshalb muss die Europäische Union im
Rahmen der Verhandlungen über das Kyoto-Nachfolgeprotokoll Regelungen
durchsetzen, durch die die ökologische Integrität und Zusätzlichkeit von CDM-
und JI-Projekten zuverlässig gewährleistet wird. Solange das nicht erfolgt, ist
eine weitere Ausdehnung der Anerkennung derartiger Projekte nicht zu recht-
fertigen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

sich in der Europäischen Union bezüglich der Ausgestaltung der Emissions-
handelsrichtlinie in der dritten Emissionshandelsperiode dafür einzusetzen,

1. dass die Europäische Union sich ohne Vorbedingungen zu einer Treibhaus-
gasreduktion bis 2020 von mindestens 30 Prozent gegenüber dem Basisjahr
1990 verpflichtet und die für die Jahre 2013 bis 2020 vorgesehenen EU-wei-
ten Emissionsobergrenzen entsprechend absenkt,

2. dass die Zuteilung der Emissionszertifikate für die Energiewirtschaft ent-
sprechend dem Vorschlag der Europäischen Kommission ab dem Jahr 2013
vollständig auf dem Weg der Versteigerung erfolgt und die Versteigerung
auch in den übrigen Bereichen sukzessive ausgedehnt wird,

3. dass sich die EU mit Blick auf besonders energieintensive Unternehmen für
ein anspruchsvolles Kyoto-Nachfolgeabkommen stark macht, das internatio-
nal vergleichbare Wettbewerbsbedingungen schafft und auf diese Weise
Sonderregelungen für energieintensive Unternehmen im Rahmen des Emis-
sionshandels überflüssig macht und

falls dies nicht gelingt, Sonderregelungen für energieintensive Unternehmen
EU-weit einheitlich zu fassen und so auszugestalten, dass den betroffenen
Unternehmen wirtschaftliche Anreize zur Reduzierung ihrer Treibhausgas-
emissionen verbleiben,

4. dass die Bundesrepublik Deutschland den ihr zustehenden Teil der Ein-
nahmen aus der Versteigerung der Emissionszertifikate vollständig für den
nationalen und internationalen Klimaschutz und zur Abfederung steigender
Energiepreise verwenden kann,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9371

5. dass der internationale Flugverkehr und der Schiffsverkehr in den Emissions-
handel einbezogen werden,

6. dass die Anerkennung von CDM- und JI-Projekten nicht ausgeweitet wird,
solange die gravierenden Probleme hinsichtlich der Zusätzlichkeit und Nach-
haltigkeit derartiger Projekte nicht gelöst sind, und dass der Großteil der not-
wendigen Emissionsminderungen auch in Zukunft in der Europäischen
Union selbst erbracht werden muss.

Berlin, den 28. Mai 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.