BT-Drucksache 16/9292

Kontakte zwischen Bundeswehr und Anzeigenkunden der im rechtsextremistischen Spektrum angesiedelten Deutschen Militärzeitschrift

Vom 27. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9292
16. Wahlperiode 27. 05. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Inge Höger, Petra Pau, Paul Schäfer (Köln)
und der Fraktion DIE LINKE.

Kontakte zwischen Bundeswehr und Anzeigenkunden der im
rechtsextremistischen Spektrum angesiedelten Deutschen Militärzeitschrift

Zu den Publikationen des rechtsextremen Spektrums gehört unter anderem die
Deutsche Militärzeitschrift (DMZ). Wie die Bundesregierung in der Antwort auf
die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Traditionsverbände, Kamerad-
schaftsvereine und der Rechtsextremismus“ (Bundestagsdrucksache 16/1282)
ausführte, steht die DMZ dem rechtsextremistischen Arndt-Verlag nahe.

In der zweimonatlich erscheinenden Zeitschrift werden der Nationalsozialis-
mus beschönigt und die Verbrechen der Wehrmacht verharmlost bzw. geleug-
net. Höchste SS-Offiziere werden als die „tapfersten Söhne unseres Volkes“
glorifiziert, beispielsweise der wegen Kriegsverbrechen in Nürnberg verurteilte
General der Waffen-SS Josef Dietrich (DMZ 50, S. 40).

Obwohl bereits die äußerliche Aufmachung des Heftes kaum einen Zweifel an
rechtsextremer und militaristischer Gesinnung lässt, gewinnt die DMZ immer
wieder Interviewpartner von außerhalb des offen rechtsextremen Spektrums,
darunter mehrere frühere Verteidigungsminister (Rupert Scholz, Hans Apel,
Georg Leber, aber auch andere Politiker aus den Reihen von CDU/CSU und
SPD wie etwa die Präsidentin des Bunds der Vertriebenen, Erika Steinbach).
Immer wieder stehen auch ehemalige Angehörige der Bundeswehr als Inter-
viewpartner zur Verfügung. All dies deutet darauf hin, dass die DMZ mit ihren
Themen bis in die sogenannte Mitte der Gesellschaft hinein und insbesondere in
der Bundeswehr auf einiges Interesse stößt. Wahrscheinlich hierdurch ermutigt,
hieß es in der DMZ Nummer 49: „Wir haben daher in diesem Jahr begonnen auf
Militärmessen, vor Militärmuseen, bei Tagen der offenen Tür der Bundeswehr
usw. ältere Hefte der DMZ kostenlos zu verteilen und die DMZ dadurch bekannt
zu machen.“

In der erwähnten Antwort der Bundesregierung heißt es weiter, die DMZ „ver-
öffentlicht regelmäßig Werbeanzeigen für Druckerzeugnisse des ‚Arndt-Ver-
lages‘ und anderer rechtsextremistischer Verlage“, hierzu gehört auch der
Deutsche Stimme Verlag, der Hausverlag der NPD.

Allerdings erhält die DMZ auch Anzeigengelder von Kunden, die in enger

Verbindung zur Bundeswehr stehen. Zu nennen ist unter anderem das Deut-
sche Panzermuseum Munster, das sich selbst als „gemeinsame Einrichtung der
Stadt Munster und des Ausbildungszentrums Munster der Bundeswehr“ be-
zeichnet. Der zweite Vorsitzende des Trägervereins (Verein der Freunde und
Förderer des Panzermuseums Munster e. V.) ist ein Brigadegeneral der Panzer-
truppenschule.

Drucksache 16/9292 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ein weiterer Anzeigenkunde ist der Verlag B. & G. Dieser gibt unter anderem
das „Handbuch der Bundeswehr und der Verteidigungsindustrie“ heraus, das
auch von der Bundeswehr selbst als zentrales Nachschlagewerk geschätzt wird
(aktuell, 12. Januar 2004).

Der Verlag gehört zu einer Verlagsgesellschaft, über die es in der Broschüre
„Der deutsche Militarismus ist nicht tot, er riecht nur streng“ der Vereinigung
der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschis-
ten (VVN-BdA) heißt: „Unter den [in] Mönch-Katalogen angebotenen Buch-
autoren finden sich „Altnazis wie Otto Kumm, ehemals Regimentskomman-
deur der 2. SS-Division „Das Reich“, zuletzt Ehrenvorsitzender der „HIAG“,
der frühere SS-Regimentskommandeur Hubert Meyer, noch Ende der 80er
Jahre Sprecher der HIAG“, außerdem gebe die Mönch-Gruppe „Bücher über
Rudolf Hess“ heraus“ (http://www.nrw.vvn-bda.de/bilder/Militarismus.pdf).

Die Mönch-Gruppe arbeitet eng mit dem Bundesministerium der Verteidigung
und der Rüstungsindustrie zusammen. Unter anderem gibt die Mönch Verlags-
gesellschaft die Zeitschrift „wehrtechnik“ heraus, in deren Redaktionsbeirat
mehrere Vertreter der Bundeswehr sitzen. In der Zeitschrift publizieren zahl-
reiche aktive Bundeswehrangehörige.

B. & G. hat nach einer Auswertung des Arbeitskreises „Braunzone Bundes-
wehr“ bei der Informationsstelle Militarisierung (IMI) in Tübingen alleine im
Zeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2006 zehn Anzeigen geschaltet und
somit zur Finanzierung einer Zeitschrift beigetragen, von der sich die Bundes-
regierung zumindest in der erwähnten Antwort distanziert hat.

Dies wirft die Frage auf, ob die Bundeswehr die institutionalisierte Zusammen-
arbeit mit der Mönch Verlagsgesellschaft beenden sollte.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung
seit April 2006 über die DMZ hinsichtlich ihrer rechtsextremen und ge-
schichtsrevisionistischen Ausrichtung gewonnen?

2. Welche weiteren verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundes-
regierung seit diesem Zeitpunkt über eine Zusammenarbeit der DMZ mit
Autoren aus dem rechtsextremen Spektrum gewonnen (bitte ggf. detailliert
angeben)?

3. Welche weiteren verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundes-
regierung seit diesem Zeitpunkt über eine Zusammenarbeit der DMZ mit
rechtsextremen Gruppen und Verlagen gewonnen?

4. Hat die Bundesregierung außer den im Februar 2007 auf Bundestagsdruck-
sache 16/4306 genannten Konsequenzen für die Bundeswehr im Umgang
mit der DMZ inzwischen noch weitere Konsequenzen gezogen (bitte ggf.
anführen)?

5. Warum wird die DMZ nicht im Verfassungsschutzbericht des Bundes 2006
aufgeführt?

6. Sind der Bundesregierung die in der Vorbemerkung enthaltenen Umstände
bekannt, und wenn ja, seit wann?

7. Hat die Bundesregierung weitere Erkenntnisse über die Zusammenarbeit der
Bundeswehr mit Anzeigenkunden der DMZ, und wenn ja, welche?

8. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass offizielle Stellen
keine geschäftlichen Verbindungen zu Verlagen haben sollten, die Anzeigen

in der DMZ schalten, um eine glaubwürdige Distanzierung vom Rechts-
extremismus zu bekunden, und wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9292

9. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Umstand, dass
die Mönch Verlagsgesellschaft über ihre Anzeigen zur Finanzierung der
DMZ beiträgt?

Gehört dazu der Versuch, die Zeitschrift „wehrtechnik“ künftig in einem
anderen Verlag erscheinen zu lassen oder ansonsten die Bundeswehrvertre-
ter aus dem Redaktionsbeirat abzuziehen, und wenn nein, warum nicht?

10. Welche Bedeutung hat die Zeitschrift „wehrtechnik“ für die Bundeswehr
sowie die Militärpolitik der Bundesrepublik Deutschland?

11. Wie viel Geld erhielt die Mönch-Verlagsgruppe von der Bundesregierung
bzw. dem Bundesministerium der Verteidigung und untergeordneten Stel-
len (bitte genau benennen) in den letzten fünf Jahren für den Abdruck von
Anzeigen und die Abnahme von Ausgaben einzelner Zeitschriften (bitte
aufgeschlüsselt nach Jahren und Publikationen), und welche sonstigen Ver-
günstigungen wurden der Mönch-Verlagsgruppe gewährt?

12. Ist die Bundesregierung bzw. die Bundeswehr in irgendeiner Form unter-
stützend oder beratend am „Handbuch der Bundeswehr und der Verteidi-
gungsindustrie“ beteiligt, das ebenfalls im B. & G. Verlag erscheint (bitte
ggf. ausführen)?

13. Falls Frage 12 bejaht wird: Beabsichtigt die Bundesregierung, diese Unter-
stützung einzustellen, und wenn nein, warum nicht?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung den Umstand, dass das Panzermuseum
Munster zu den Anzeigenkunden der DMZ gehört, und ist sie der Ansicht,
dass die Leserinnen und Leser der DMZ zum Zielpublikum des Panzer-
museums gehören?

15. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Vertreter der Bundeswehr aus dem
Förderverein des Panzermuseums abzuziehen und die Zusammenarbeit mit
diesem einzustellen, wenn weiterhin Anzeigen in der DMZ geschaltet wer-
den sollten, und wenn nein, warum nicht?

16. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, inwiefern bzw. mit welcher
Resonanz die DMZ ihre Ankündigung, vor Militärausstellungen, Militär-
museen und Tagen der offenen Tür der Bundeswehr oder gar während und
innerhalb dieser Veranstaltungen Werbemaßnahmen zu entfalten, umge-
setzt, hat und wie hat die Bundeswehr darauf reagiert (bitte ggf. ausfüh-
ren)?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie sich die Auf-
lage der DMZ in den letzten Jahren entwickelt hat?

18. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Leserschaft der
DMZ, insbesondere über ihre Verbreitung unter Bundeswehrangehörigen?

19. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, um sicher-
zustellen, dass Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr über den rechts-
extremen Hintergrund der DMZ informiert sind, um dadurch zu verhin-
dern, dass sie weiterhin mit dieser zusammenarbeiten, wie das beispiels-
weise bei der Überlassung einer Foto-CD durch die Bildstelle der Bundes-
wehr der Fall gewesen ist, als „übersehen“ wurde, dass die DMZ dem
rechtsextremen Spektrum angehört?

Berlin, den 27. Mai 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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