BT-Drucksache 16/9100

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD -16/8744- Entwurf eines Gesetzes zur Rentenanpassung 2008

Vom 7. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9100
16. Wahlperiode 07. 05. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksache 16/8744 –

Entwurf eines Gesetzes zur Rentenanpassung 2008

A. Problem

Die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung werden jährlich an die Ent-
wicklung der Löhne und Gehälter angepasst. Außerdem wird mit dem Faktor für
die Veränderung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung und für die Verän-
derung des Altersvorsorgeanteils sichergestellt, dass die steigenden Aufwen-
dungen der Jüngeren für ihre Altersvorsorge – einschließlich ihrer privaten zu-
sätzlichen Vorsorge – bei der Anpassung berücksichtigt werden. Des Weiteren
erfasst der Nachhaltigkeitsfaktor die Veränderungen beim zahlenmäßigen Ver-
hältnis von Rentnern zu Beitragszahlern.

Der geringe Anstieg der Löhne und Gehälter im vergangenen Jahr von nur
1,4 Prozent reicht nach geltendem Recht nicht aus, um zum 1. Juli 2008 mehr
als eine geringe Rentenerhöhung in Höhe von 0,46 Prozent zu bewirken. Dies
beruht vor allem auf der Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils in der
Rentenanpassungsformel. Dieses Formelelement, das den Anstieg der Aufwen-
dungen für die zusätzliche Vorsorge bis 2011 in gleichmäßigen Stufen unabhän-
gig von der Lohnentwicklung berücksichtigt, mindert die Rentenanpassung im
Jahr 2008 um 0,64 Prozentpunkte. Eine Rentenerhöhung um 0,46 Prozent ist
aber – nach Auffassung der den Gesetzentwurf einbringenden Fraktionen – zu
gering, um auch die Rentnerinnen und Rentner angemessen am Wirtschafts-
aufschwung zu beteiligen.

B. Lösung

Die in den Jahren 2008 und 2009 bei der Rentenanpassung zu berücksichtigende
Veränderung des Altersvorsorgeanteils soll auf die Jahre 2012 und 2013 ver-
schoben werden. Dadurch ergibt sich im Jahr 2008 eine um 0,64 Prozentpunkte
und im Jahr 2009 eine um 0,63 Prozentpunkte höhere Rentenanpassung. Dies
kann ohne Beitragssatzanhebung finanziert werden, weil aufgrund der verbes-
serten Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation eine Stabilisierung der Renten-
finanzen eingetreten ist. Da es sich um eine zeitliche Verschiebung und nicht um
die Abschaffung eines Elements der Anpassungsformel handelt, werden auch
die langfristigen gesetzlichen Beitragssatzobergrenzen von 20 Prozent bis 2020
und 22 Prozent bis 2030 eingehalten. Für 2008 ergibt sich auf der Grundlage der

Drucksache 16/9100 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Verschiebung des Altersvorsorgeanteils eine Anpassung um 1,1 Prozent. Die
Bestimmung der aktuellen Rentenwerte zum 1. Juli 2008 erfolgt mit dem vor-
liegenden Gesetzentwurf.

Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Die in diesem Gesetzentwurf festgelegte Rentenanpassung zum 1. Juli 2008 be-
trägt 1,1 Prozent. Davon entfallen 0,64 Prozentpunkte auf das Verschieben des
bei der Rentenanpassung 2008 zu berücksichtigenden Altersvorsorgeanteils.
Aufgrund der Verschiebung des bei der Rentenanpassung 2009 zu berücksichti-
genden Altersvorsorgeanteils wird die Rentenanpassung zum 1. Juli 2009 um
0,63 Prozentpunkte höher ausfallen. Die Berücksichtigung des Altersvorsor-
geanteils in den Jahren 2012 und 2013 führt zu ausgleichenden Dämpfungen der
Rentenanpassungen.

Höhere Rentenanpassungen führen zu höheren Ausgaben in der gesetzlichen
Rentenversicherung, der Alterssicherung der Landwirte und der gesetzlichen
Unfallversicherung, die auch mit Mehrausgaben des Bundes verbunden sind.
Zusätzliche Ausgaben des Bundes werden durch die Erhöhung des Regelsatzes
in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und für Länder und Kommunen im
Bereich des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) (u. a. Grundsiche-
rung im Alter und bei Erwerbsminderung) verursacht, der ebenfalls durch die
höhere Rentenanpassung bedingt ist. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung
und der sozialen Pflegeversicherung steigen die Beitragseinnahmen aufgrund
der höheren Rentenanpassungen dagegen an.

Infolge der höheren Rentenanpassungen in den Jahren 2008 und 2009 wird die
sich ansonsten rechnerisch ergebende Beitragssatzabsenkung im Jahr 2011 ver-
schoben. Der höhere Beitragssatz im Jahr 2011 zieht höhere Beitragszahlungen
der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der
Arbeitsförderung an die gesetzliche Rentenversicherung nach sich. Ebenso er-
geben sich vergleichsweise höhere Leistungen des Bundes an die allgemeine
Rentenversicherung über den allgemeinen Bundeszuschuss und die Beiträge des
Bundes für Kindererziehungszeiten.

Die mit dem Entwurf des Gesetzes zur Rentenanpassung 2008 verbundenen
Mehrausgaben werden bis einschließlich 2010 im Einzelplan 11 erwirtschaftet,
für das Jahr 2011 im Einzelplan 11 (globale Minderausgaben von 1 Mrd. Euro)
und im Gesamthaushalt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9100

Finanzielle Auswirkungen des Verschiebens des Altersvorsorgeanteils im Mittel-
fristzeitraum – zusätzliche Ausgaben (+) und Einnahmen (–) in Mio. Euro

Differenzen in der Summenbildung aufgrund von Rundungen

Langfristig ergeben sich aufgrund der Verschiebung des zu berücksichtigenden Al-
tersvorsorgeanteils keine unmittelbaren finanziellen Belastungen, weil der Anstieg
des Altersvorsorgeanteils nur zeitlich verzögert wird, nicht aber unterbleibt. Der ak-
tuelle Rentenwert fällt in der Übergangszeit zwar höher aus, ab dem Jahr 2013
kommt die Dämpfungswirkung des Altersvorsorgeanteils in der Rentenanpassungs-
formel jedoch vollständig zum Tragen. Die sich nach bisherigem Recht rechne-
risch ergebende Beitragssatzabsenkung im Jahr 2011 unterbleibt. Der Beitragssatz
sinkt erst im Jahr 2012 zunächst auf 19,5 Prozent und erreicht im Jahr 2013 mit 19,1
Prozent die Höhe, die sich auch nach bisherigem Recht ergeben hätte. Die Rückwir-
kungen der unterschiedlichen Beitragssatzentwicklung auf die Rentenanpassung
führen allerdings dazu, dass die langfristige Entwicklung des Beitragssatzes und des
aktuellen Rentenwerts nicht exakt derjenigen entspricht, die sich ohne diesen
Gesetzentwurf ergeben würde.

2008 2009 2010 2011

allgemeine Rentenversicherung 709 2 147 2 928 3 056
knappschaftliche Rentenversicherung 27 82 109 110
Alterssicherung der Landwirte 9 27 37 37
gesetzliche Unfallversicherung 19 57 77 78
Zusatz- und Sonderversorgungssysteme 12 35 48 48
Soziales Entschädigungsrecht 5 15 20 18
im Bereich SGB II 82 223 283 336
im Bereich SGB III 0 0 0 96
im Bereich SGB XII 19 49 61 61
gesetzliche Krankenversicherung – 94 – 287 – 392 – 353
soziale Pflegeversicherung – 13 – 38 – 52 – 19

insgesamt 776 2 310 3 119 3 469

Leistungen des Bundes
darunter
allgemeine Rentenversicherung

127

– 2

362

– 2

474

1

1 899

1 464
knappschaftliche Rentenversicherung 27 82 109 20
gesetzliche Unfallversicherung 1 2 3 3
Alterssicherung der Landwirte 9 27 37 37
Zusatz- und Sonderversorgungssysteme 5 15 21 21
Soziales Entschädigungsrecht 5 15 20 18
im Bereich SGB II 82 223 283 336

Leistungen der Länder und Kommunen
darunter

25 69 88 88

Zusatz- und Sonderversorgungssysteme 7 20 27 27
Leistungen im Bereich SGB XII 19 49 61 61

Drucksache 16/9100 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Langfristige Auswirkungen auf die allgemeine Rentenversicherung

1 mit einer Rentenanpassung von 0,46 Prozent zum 1. Juli 2008

Langfristige Auswirkungen auf die allgemeine Rentenversicherung – Fortsetzung

ohne Maßnahme1 mit Maßnahme

Beitrags-
satz

in Prozent

Nachhaltig-
keitsrücklage
in Monats-
ausgaben

aktueller
Rentenwert

in Euro
am 1. Juli

Beitrags-
satz

in Prozent

Nachhaltig-
keitsrücklage
in Monats-
ausgaben

aktueller
Rentenwert

in Euro
am 1. Juli

2008 19,9 0,88 26,39 19,9 0,83 26,56
2009 19,9 1,12 26,76 19,9 0,92 27,10
2010 19,9 1,45 27,03 19,9 1,05 27,38
2011 19,3 1,52 27,10 19,9 1,35 27,45
2012 19,1 1,56 27,49 19,5 1,52 27,64
2013 19,1 1,52 28,11 19,1 1,50 27,94
2014 19,1 1,37 28,75 19,1 1,40 28,73
2015 19,1 1,14 29,34 19,1 1,15 29,31
2016 19,1 0,82 30,01 19,1 0,83 29,98
2017 19,1 0,41 30,72 19,1 0,43 30,69
2018 19,6 0,25 31,48 19,6 0,26 31,45
2019 19,9 0,21 32,07 19,9 0,23 32,04
2020 20,0 0,21 32,78 20,0 0,22 32,75
2025 21,0 0,25 36,90 20,9 0,23 36,82
2030 21,9 0,25 41,32 21,8 0,21 41,29

Veränderung durch Maßnahme

Beitrags-
satz

in Prozent

Nachhaltig-
keitsrücklage
in Monats-
ausgaben

aktueller
Rentenwert

in Euro
am 1. Juli

Ausgaben
allg. RV

in Mrd. Euro

Bundes-
mittel

in Mrd. Euro

2008 0,0 – 0,05 0,17 0,7 0,0
2009 0,0 – 0,20 0,34 2,1 0,0
2010 0,0 – 0,40 0,35 2,9 0,0
2011 0,6 – 0,17 0,35 3,1 1,5
2012 0,4 – 0,04 0,15 2,2 1,0
2013 0,0 – 0,02 – 0,17 0,1 0,2
2014 0,0 0,03 – 0,02 – 0,6 0,0
2015 0,0 0,01 – 0,03 0,1 0,1
2016 0,0 0,01 – 0,03 0,0 0,1
2017 0,0 0,02 – 0,03 0,1 0,1
2018 0,0 0,01 – 0,03 0,1 0,1
2019 0,0 0,02 – 0,03 0,1 0,1
2020 0,0 0,01 – 0,03 0,1 0,1
2025 – 0,1 – 0,02 – 0,08 – 0,3 – 0,3
2030 – 0,1 – 0,04 – 0,03 – 0,3 – 0,4

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/9100

Unmittelbare finanzielle Auswirkungen der Rentenanpassung zum 1. Juli 2008

Aufgrund der Rentenanpassung zum 1. Juli 2008 um 1,1 Prozent ergeben sich in
der gesetzlichen Rentenversicherung, der Alterssicherung der Landwirte und
der Unfallversicherung Mehraufwendungen von insgesamt rd. 1 336 Mio. Euro
im Jahr 2008. Davon entfallen rd. 1 267 Mio. Euro auf die gesetzliche
Rentenversicherung, rd. 16 Mio. Euro auf die Alterssicherung der Landwirte,
rd. 33 Mio. Euro auf die gesetzliche Unfallversicherung und rd. 20 Mio. Euro
auf steuerfinanzierte Erstattungen für überführte Ansprüche aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen der ehemaligen DDR.

In den Jahren 2009 bis 2011 ergeben sich ausschließlich aus der Renten-
anpassung zum 1. Juli 2008 pro Jahr Mehraufwendungen von insgesamt
rd. 2 672 Mio. Euro. Davon entfallen rd. 2 535 Mio. Euro auf die gesetzliche
Rentenversicherung, rd. 31 Mio. Euro auf die Alterssicherung der Landwirte,
rd. 65 Mio. Euro auf die gesetzliche Unfallversicherung und rd. 40 Mio. Euro
auf steuerfinanzierte Erstattungen für überführte Ansprüche aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen der ehemaligen DDR.

Von den genannten Mehraufwendungen werden im Jahr 2008 rd. 72 Mio. Euro
und in den Jahren 2009 bis 2011 jährlich rd. 143 Mio. Euro vom Bund getragen.
Von den neuen Ländern werden für die Mehraufwendungen der überführten
Ansprüche aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Jahr 2008
rd. 12 Mio. Euro und in den Jahren 2009 bis 2011 jährlich rd. 24 Mio. Euro
erstattet.

2. Vollzugsaufwand

Durch diesen Gesetzentwurf entstehen geringe Mehrkosten in nicht messbarem
Umfang.

E. Sonstige Kosten

Die Maßnahmen des Gesetzentwurfs bewirken keine Veränderung des Beitrags-
satzes zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Jahr 2010. Für die Wirtschaft,
insbesondere auch für die mittelständischen Unternehmen, entstehen in diesem Zeit-
raum daher keine Mehrkosten. Aufgrund der Maßnahmen ist im Jahr 2011 eine Ab-
senkung des Beitragssatzes von 19,9 Prozent auf 19,3 Prozent nicht möglich. Im
Jahr 2012 sinkt der Beitragssatz statt auf 19,1 Prozent nun auf 19,5 Prozent. Die
Beitragszahlung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer liegt damit im Jahr 2011 um
jeweils rd. 2,5 Mrd. Euro und im Jahr 2012 um jeweils rd. 1,7 Mrd. Euro höher.

Durch die Maßnahmen wird das verfügbare Einkommen der Rentnerhaushalte
und der Haushalte mit Grundsicherungsbezug erhöht. Dem stehen relativ höhere Bei-
tragsleistungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den Jahren 2011 und 2012
gegenüber. Nennenswerte Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das
Verbraucherpreisniveau, sind insgesamt nicht zu erwarten. Dies schließt mittel-
bare Einzelpreisänderungen aufgrund möglicher Veränderungen des Nachfrage-
verhaltens nicht aus.

F. Bürokratiekosten

Es werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.

G. Relevanzprüfung

Nach dem Ergebnis der Relevanzprüfung ergeben sich keine gleichstellungs-
politischen Auswirkungen.

Drucksache 16/9100 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/8744 unverändert anzunehmen.

Berlin, den 7. Mai 2008

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau) Anton Schaaf
Vorsitzender Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/9100

Bericht des Abgeordneten Anton Schaaf

I. Verfahren

1. Überweisungen

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache
16/8744 ist in der 154. Sitzung des Deutschen Bundestages
am 10. April 2008 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales
zur federführenden Beratung und an den Innenausschuss,
den Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, den
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den
Ausschuss für Gesundheit und den Ausschuss für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung zur Mitberatung überwiesen
worden.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss, der Finanzausschuss, der Haushalts-
ausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und Techno-
logie, der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, der Ausschuss für Gesundheit und
der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
haben den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen der CDU/
CSU und SPD auf Drucksache 16/8744 in ihren Sitzungen
am 7. Mai 2008 beraten und mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Als lohnbezogene Leistung werden die Renten an die Entwick-
lung der Löhne und Gehälter angepasst. Um die gesetzliche
Rentenversicherung angesichts der demographischen Entwick-
lung auch in Zukunft auf eine verlässliche finanzielle Grund-
lage zu stellen, hat der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren
die Anpassungsformel ergänzt: Mit dem Faktor für die Verände-
rung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung und für die Ver-
änderung des Altersvorsorgeanteils sowie mit dem Nachhaltig-
keitsfaktor wird sichergestellt, dass sowohl die steigenden
Aufwendungen der Jüngeren für ihre gesetzliche Altersvorsorge
und ihre private zusätzliche Vorsorge als auch Veränderungen
beim zahlenmäßigen Verhältnis von Rentnern zu Beitragszah-
lern bei der Anpassung berücksichtigt werden. Die Generatio-
nengerechtigkeit wurde dadurch deutlich erhöht, denn die mit
der Alterung der Gesellschaft einhergehende finanzielle Belas-
tung der Jüngeren wurde auf ein erträgliches Maß begrenzt und
die Rentenbezieher können auf ein verlässliches Sicherungs-
niveau vertrauen. Die Anpassungsformel stellt sicher, dass der
Beitragssatz bis zum Jahr 2020 nicht über 20 Prozent und bis
zum Jahr 2030 nicht über 22 Prozent steigt und dass gleichzeitig
das gesetzlich fixierte Mindestsicherungsniveau vor Steuern
von 46 Prozent bis 2020 und von 43 Prozent bis 2030 nicht
unterschritten wird.

Auf der Grundlage der vom Statistischen Bundesamt und von
der Deutschen Rentenversicherung Bund Mitte März 2008
übermittelten Daten errechnet sich bei Anwendung der Anpas-
sungsformel eine Erhöhung der Bruttorenten zum 1. Juli
2008 um 0,46 Prozent. Ursächlich für diese geringe Steigerung

ist zunächst der geringe Anstieg der Löhne und Gehälter im ver-
gangenen Jahr. Der Anstieg der für die Rentenanpassung maß-
gebenden Löhne und Gehälter hat nach den Daten des
Statistischen Bundesamtes im Jahr 2007 lediglich 1,4 Pro-
zent betragen. Diese Lohnentwicklung reicht nach geltendem
Recht nur aus, um zum 1. Juli 2008 eine Rentenerhöhung in
Höhe von 0,46 Prozent zu bewirken. Dies beruht vor allem auf
der Berücksichtigung der steigenden Aufwendungen der
Beschäftigten für ihre zusätzliche Altersvorsorge in der Ren-
tenanpassungsformel. Dieses Formelelement, das den Anstieg
dieser Aufwendungen bis 2011 in gleichmäßigen Stufen unab-
hängig von der Lohnentwicklung berücksichtigt, mindert die
Rentenanpassung im Jahr 2008 um 0,64 Prozentpunkte.

Eine Rentenerhöhung um 0,46 Prozent reiche nach Ansicht
der das Gesetz einbringenden Fraktionen nicht aus, wenn
auch die Rentnerinnen und Rentner am Wirtschaftsaufschwung
teilhaben sollen. Um den Rentnerinnen und Rentnern in den
Jahren 2008 und 2009 eine angemessene Teilhabe zu ermög-
lichen, sollen – entsprechend des Gesetzentwurfs – die in diesen
beiden Jahren wirksam werdenden Stufen zur Berücksichtigung
der Veränderung des Altersvorsorgeanteils zeitweise ausgesetzt
werden. Dadurchergebesich indiesemJahreineum0,64Prozent-
punkte und im kommenden Jahr eine um rd. 0,63 Prozentpunkte
höhere Rentenanpassung. Für 2008 würde dies eine Anpassung
um 1,1 Prozent bedeuten. Dies könne ohne Beitragssatzanhe-
bung finanziert werden, weil aufgrund der verbesserten Wirt-
schafts- und Arbeitsmarktsituation eine Stabilisierung der
Rentenfinanzen eingetreten sei. Diese Stabilität sei auch langfristig
gewährleistet, da die Stufen zur Berücksichtigung der Verände-
rung des Altersvorsorgeanteils nicht aufgehoben würden, son-
dern im Rahmen der Rentenanpassungen in den Jahren 2012
und 2013 angewendet würden. Die gesetzlichen Beitragssatz-
obergrenzen würden eingehalten.

Die Bestimmung der aktuellen Rentenwerte, der allgemeinen
Rentenwerte in der Alterssicherung der Landwirte, des Anpas-
sungsfaktors und des Pflegegeldes in der Unfallversicherung
zum 1. Juli 2008 sowie des Ausgleichsbedarfs und des Aus-
gleichsbedarfs (Ost) zum 30. Juni 2009 erfolge auf der Grund-
lage der geänderten Regelungen zur Rentenanpassung mit die-
sem Gesetzentwurf.

III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung der
Vorlage 16/8744 in der 82. Sitzung am 11. April 2008 aufge-
nommen und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durch-
zuführen. Diese erfolgte in der 85. Sitzung am 5. Mai 2008.

Die Anhörungsteilnehmer haben schriftliche Stellungnah-
men abgegeben, die in der Ausschussdrucksache 16(11)964
zusammengefasst sind.

Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverständige
haben an der Anhörung teilgenommen:

● Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
(BDA),

● Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB),

● Deutsche Rentenversicherung Bund (DRB),

Drucksache 16/9100 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

● Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD),

● Sozialverband VdK Deutschland e. V. (VdK),

● Dr. Monika Queisser,

● Dr. Rudolf Zwiener,

● Prof. Dr. Eckart Bomsdorf.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
äußerte sich ablehnend zum geplanten Eingriff in die Renten-
formel. Sie bezeichnete diesen als den Anfang vom Ende
einer regelgebundenen Rentenanpassung und den Beginn
einer Rentenfestsetzung nach politischer Opportunität. Die
zusätzlichen Rentenleistungen in den Jahren 2008 bis 2013
würden die Rentenkassen rund 12 Mrd. Euro kosten und
müssten im Wesentlichen durch höhere Beitragssätze in den
Jahren 2011 und 2012 finanziert werden. Die Folge wären
höhere Personalzusatzkosten für die Arbeitgeber und weni-
ger netto für die Beschäftigten. Die BDA kritisierte weiter-
hin, dass es zu einer weiteren Besserstellung der Rentner ge-
genüber den heutigen Beitragszahlern käme. So müssten die
heutigen Beitragszahler die höheren Renten finanzieren,
ohne später selbst eine höhere Rente erwarten zu können.
Dabei werde das Rentenniveau der heutigen Beitragszahler
ohnehin deutlich niedriger liegen als das der heutigen Rent-
ner. Insbesondere sei es verfehlt, dass der Entwurf gleich für
die nächsten beiden Rentenanpassungen (2008 und 2009)
zusätzliche Steigerungen vorsehe. Schließlich sei bereits auf
der Grundlage des geltenden Rechts und der Annahmen der
Bundesregierung davon auszugehen, dass die Renten im
kommenden Jahr so stark stiegen wie seit 2002 nicht mehr.
Wenn dennoch zusätzliche Rentensteigerungen in 2009 er-
folgen sollten, ließe sich dies nur mit kurzsichtigen wahl-
taktischen Überlegungen erklären.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund befürwortete das Vor-
haben, den so genannten Riester-Faktor auszusetzen. Damit
werde die Rentenerhöhung deutlich näher an die Einkom-
mensentwicklung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer
(1,4 Prozent im Jahr 2007) herangeführt. Allerdings sei so-
wohl für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch
für die Rentnerinnen und Rentner damit immer noch ein er-
heblicher Kaufkraftverlust verbunden. Insbesondere werde
damit der Trend, dass die Rentenbeträge von Rentenzu-
gangsjahr zu Rentenzugangsjahr immer stärker sinken wür-
den, nicht gebremst. Aufgrund der beschlossenen Kürzun-
gen in der gesetzlichen Rentenversicherung werde eine
auskömmliche Alterssicherung lediglich dann noch erreicht,
wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die ausrei-
chenden finanziellen Möglichkeiten hätten, in erheblichem
Umfang zusätzlich vorzusorgen. Deshalb forderten der DGB
und seine Mitgliedsgewerkschaften weiterhin einhellig die
Abschaffung des Nachhaltigkeits- und Ausgleichsfaktors.
Davon würden nicht nur die jetzigen Rentnerinnen und Rent-
ner, sondern auch die heute aktiven Arbeitnehmerinnen und
-nehmer profitieren, da sie im Alter selbst höhere Renten er-
hielten. Der DGB forderte zudem in einem ersten Schritt die
sog. Riester-Treppe auszusetzen. Dann profitierte nicht nur
die heutige Rentnergeneration von der vorübergehenden
Aussetzung der „Riester-Treppe“, sondern auch künftige
Rentnerinnen und Rentner könnten ein höheres, paritätisch
finanziertes Rentenniveau in Anspruch nehmen.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund befürwortete den
Gesetzentwurf im Großen und Ganzen. Man hatte bereits im
Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum Altersvermögens-
gesetz darauf hingewiesen, dass die Berücksichtigung der
Beiträge zur privaten Altersvorsorge zu einem langsameren
Anwachsen der anpassungsrelevanten Entgelte führe und
deshalb die Rentenanpassungen entsprechend mindern wer-
de. Betroffen seien davon sowohl die jetzigen als auch die
künftigen Rentner, obwohl die jetzigen Rentner faktisch kei-
ne Möglichkeit hätten, die gesetzliche Rente durch den
Aufbau weiterer Zusatzvorsorge zu ergänzen. Die geplante
Rentenerhöhung der Koalitionsfraktionen wurde als einiger-
maßen systematisch bezeichnet. In Zukunft müsse man da-
rüber nachdenken, wie man die Beiträge bei der Pflegever-
sicherung der Rentner gestalte. Fraglich sei, ob die Rentner
weiterhin den vollen Beitrag zahlen müssten oder ob der Bei-
trag für diese Gruppe halbiert werden solle. Hätte man die-
sen Weg gewählt, wäre man zu ähnlichen Ergebnissen ge-
kommen. Die kurzfristige Aussetzung des Riester-Faktors
werde jedoch unter den gegebenen Umständen und unter Be-
achtung der Flexibilität als gangbare Lösung empfunden.

Der Sozialverband Deutschland e. V. begrüßte nachdrück-
lich, dass mit den im Gesetzentwurf verankerten Vorschlä-
gen zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder das Leistungs-
ziel der gesetzlichen Rentenversicherung und nicht allein die
Beitragssatzstabilität im Vordergrund der Anpassungspolitik
stehe. Eine Rentenanpassung in Höhe von 0,46 Prozent
würde nicht einmal ausreichen, um die bevorstehenden Bei-
tragssteigerungen im Bereich der Kranken- und Pflege-
versicherung der Rentnerinnen und Rentner aufzufangen.
Denn bereits zum 1. Juli 2008 werde der Beitragssatz zur
Pflegeversicherung – den die Rentnerinnen und Rentner
anders als die aktiv Beschäftigten in vollem Umfang selbst
tragen müssten – um 0,25 Prozent angehoben. Darüber
hinaus werde im Zusammenhang mit der Einführung des
Gesundheitsfonds mit weiteren Beitragssatzsteigerungen in
der gesetzlichen Krankenversicherung gerechnet. Hinzu
käme, dass seit 2001 mit dem Riester-Faktor, dem Nachhal-
tigkeitsfaktor und dem Anpassungsfaktor immer wieder
neue Minderungsfaktoren in die Rentenanpassungsformel
eingeführt wurden, die den Rentenanstieg erheblich brems-
ten und damit allein dem Ziel der Beitragsstabilität dienten.
Der Dämpfungseffekt der Minderungsfaktoren sei schon
heute so stark, dass niedrige Lohnsteigerungen – wie in den
letzten Jahren – regelmäßig zu Nullrunden bei der Rentenan-
passung führten. Der SoVD sprach sich auch dafür aus, den
Riester-Faktor auch nach dem Jahr 2009 vollständig auszu-
setzen. Denn mit der vorgeschlagenen Verschiebung des
Riester-Faktors auf 2012 und 2013 würden die entsprechen-
den Anpassungskürzungen nicht verhindert, sondern ledig-
lich hinausgezögert.

Der Sozialverband VdK Deutschland e. V. begrüßte die Ziel-
setzung des Gesetzentwurfs, die Rentnerinnen und Rentner
am Wirtschaftsaufschwung zu beteiligen, denn in den ver-
gangenen Jahren hätten die Bestandsrentner eine beispiel-
lose Serie von Belastungen erlebt. Zu nennen seien nur der
erhebliche Kaufkraftverlust der letzten Jahre, das Sinken der
Nettorente, Mehrbelastungen durch Änderung des Kranken-
versicherungsrechtes und das Problem der Mehrwertsteuer-
belastung. Aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors und des
Riester-Faktors seien die Rentner bei der Rentenanpassung
zudem von der Lohnentwicklung abgekoppelt und deshalb

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/9100

von dem allgemeinen Kaufkraftverlust deutlich stärker be-
troffen als die Erwerbstätigen. Die Aussetzung des Riester-
Faktors bewertete der Sozialverband VdK als richtigen
Schritt mit einer positiven Signalwirkung an die 20 Millio-
nen Rentner. Seit Jahren sei dies der erste Eingriff in die
Rentenformel zugunsten der Rentner. Als nicht sachgerecht
beurteilte der Sozialverband VdK jedoch den Schritt, die
Anwendung des Riester-Faktors lediglich zeitlich auf die
Rentenanpassungen 2012 und 2013 zu verschieben. Mit der
Zielsetzung des Gesetzentwurfs, die Rentner am wirtschaft-
lichen Aufschwung zu beteiligen, sei die Nachholung der
„Riester-Kürzung“ nicht zu vereinbaren. Sie fände bei den
Rentnern auch keine Akzeptanz. Der Sozialverband lehne
deshalb die Verschiebung ab und forderte die gänzliche Ab-
schaffung des Riester-Faktors.

Die Sachverständige Dr. Monika Queisser merkte an, dass
die Altersarmut in Deutschland heute im internationalen
Vergleich äußerst niedrig sei. Es sei verständlich, dass Rent-
ner an der wirtschaftlichen Erholung teilhaben sollten, aber
es sei fraglich, ob wirklich alle Rentner eine gleichmäßige
Rentenerhöhung bräuchten. Die Frage stelle sich, ob es nicht
sinnvoller gewesen wäre, gezielt kleine Renten aufzusto-
cken, statt nach dem Gießkannenprinzip alle Renten zu
erhöhen. Zur Frage nach der Systematik bei Aussetzung von
Teilen des Nachhaltigkeitsfaktors äußerte sich die Sachver-
ständige skeptisch: Regeln zur automatischen finanziellen
Stabilisierung des Rentensystems seien nur sinnvoll, wenn
sie auch angewendet würden. Die Aussetzung bzw. Ver-
schiebung der Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors zeige,
dass es fraglich sei, ob die Regel überhaupt in Zukunft wie
geplant zur Geltung kommen werde. Mithilfe des Nach-
haltigkeitsfaktors sei es Deutschland aber mehr als den
meisten anderen OECD-Ländern gelungen, die langfristige
Finanzierung des Rentensystems zu sichern. Viele andere
Länder hätten demographische Faktoren eingeführt, um die
Rentenentwicklung an die stetig steigende Lebenserwartung
anzupassen. Aber nur in Deutschland und Schweden werde
die Rentenentwicklung gleichzeitig an Lebenserwartung
und Arbeitsmarktsituation (durch den Rentnerquotienten)
gebunden. Der heute geltende Nachhaltigkeitsfaktor in
Deutschland habe jedoch zwei Nachteile: Erstens sei die
Berechnung äußerst kompliziert und zweitens sollte die
Verbindung der Höherbewertung von in der Vergangenheit
erworbenen Ansprüchen (Valorisierung) mit der Anpassung
von Renten, die bereits in Zahlung sind (Indexierung), einer
genauen Prüfung unterzogen werden.

Der Sachverständige Dr. Rudolf Zwiener konstatierte, dass
mit der Aussetzung des Altersvorsorgeanteils in der Renten-
formel häufig der Eingriff in die Rentenformel kritisiert wer-
de. Zu hinterfragen sei aber, ob die Berücksichtigung des Al-
tersvorsorgeanteils in der Rentenformel nicht von Anfang an
unangemessen gewesen sei und eine besondere Belastung
für die Rentner bedeute. Mit dem Einbau des Altersvor-
sorgeanteils in die Rentenformel werde ein Gleichlauf der
modifizierten Bruttolöhne mit den Bruttorenten angestrebt.
Dies werde aber nicht erreicht, da der Abschluss einer „Ries-
ter-Rente“ für die Beschäftigten nicht zwingend sei und da-
mit nur die Erwerbstätigen eine Kürzung ihrer Einkünfte er-
führen, die freiwillig einen Vertrag abgeschlossen hätten.
Des Weiteren erhielten sie als Gegenwert später eine Aufsto-
ckung ihrer Rente um den von ihnen privat finanzierten Teil.
Da alle Personen, die einen Abschluss getätigt hätten, einen

staatlichen Zuschuss und eine steuerliche Berücksichtigung
erhielten, vermindere sich ihre prozentuale Belastung zum
Teil je nach Einkommens- und Familienkonstellation erheb-
lich. Im Gegensatz dazu erführen alle Rentner, also auch die-
jenigen, die keine Möglichkeit hätten, eine „Riester-Rente“
abzuschließen, eine Absenkung des Dynamisierungsfaktors.
Sie würden auch keinen staatlichen Zuschuss oder eine steu-
erliche Berücksichtigung erhalten. Die Berücksichtigung des
Altersvorsorgeanteils benachteilige somit die Rentner im
Vergleich zu den Beschäftigten. Daher sei ein Aussetzen der
Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils in der Renten-
formel keineswegs der häufig beklagte Systembruch.

Der Sachverständige Prof. Dr. Eckart Bomsdorf kritisierte,
dass die im vorliegenden Gesetzentwurf verankerten Maß-
nahmen der geltenden Rentenformel widersprächen. Man
handle hier nach der Devise: „Bestellt werde jetzt, bezahlt
werde später.“ Das hieße, der Beitragszahler werde später ir-
gendwann dafür zahlen müssen, denn irgendwo müsse das
Geld herkommen. Zudem sei die Erhöhung um 0,6 Prozent-
punkte kein Betrag, der die Rentner beeindrucke. Diese un-
systematische Rentenanpassung könne der Anfang vom En-
de der Rentenanpassungsformel sein. Dies würde auch die
aktuelle Diskussion zeigen. Er schloss nicht aus, dass man
auf diese Art und Weise zu einer anderen Rentenformel kom-
men könnte. Er wolle auch daran erinnern, dass man in den
letzten zehn Jahren bereits zwei Rentenformeln beerdigt
habe, davon eine, die erst 2011 in Kraft treten sollte.

IV. Abstimmungsergebnis im federführenden
Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Gesetzent-
wurf auf der Drucksache 16/8744 in seiner 86. Sitzung am
7. Mai 2008 abschließend beraten.

Mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde dem Bundestag die
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/8744 emp-
fohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU führt aus, dass es mit dem Ge-
setzentwurf der Koalitionsfraktionen möglich werde, dass
zum 1. Juli 2008 eine Rentenanpassung von 1,1 Prozent vor-
genommen werden könne, im kommenden Jahr voraussicht-
lich sogar eine Anpassung von über 2 Prozent. Dies werde
dadurch erreicht, dass im Jahr 2008 und 2009 der Altersvor-
sorgefaktor zwei Jahre lang ausgesetzt werde. Allerdings
werde dieser Altersvorsorgefaktor – der nach der bestehen-
den Gesetzeslage zum letzten Mal 2011 seine Wirkung ent-
faltet hätte und dann entfallen wäre – nun bis 2013 verlän-
gert. Die Rentenformel werde also an sich nicht in Frage
gestellt und auch die Beitragsziele würden nicht tangiert
werden. Es fände lediglich eine Verschiebung um zwei Jahre
statt. Im Gesamtsystem der Rentenversicherung würden die
einzelnen Faktoren, die die Rentenformel bilden, erhalten
bleiben. Ziel des Gesetzentwurfs sei es, die Rentnerinnen
und Rentner am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben zu
lassen. Eine Rentenanpassung von lediglich 0,46 Prozent,
wie sie ansonsten im Jahr 2008 angefallen wäre, werde als zu
gering angesehen. Die vorgeschlagene Lösung sei ein syste-
matisch guter Vorschlag.

Die Fraktion der SPD stellt fest, dass die Entwicklung der
anpassungsrelevanten Löhne und Gehälter mit 1,4 Prozent

Drucksache 16/9100 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

geringer ausgefallen sei als bislang erwartet. Auf dieser
Grundlage hätte sich für 2008 eine Rentenanpassung von
0,46 Prozent ergeben. Diese geringe Anpassung beruhe vor
allem auf der Berücksichtigung der steigenden Aufwendun-
gen der Beschäftigten für ihre zusätzliche Altersvorsorge in
der Rentenanpassungsformel. Dieses anpassungsdämpfende
Element der Rentenanpassungsformel sei unter dem Ge-
sichtspunkt der Generationengerechtigkeit sachgerecht und
unverzichtbar. Eine Rentenerhöhung um 0,46 Prozent reiche
aber nicht aus, wenn auch die Rentnerinnen und Rentner am
Wirtschaftsaufschwung teilhaben sollen. Dies sei erst recht so,
wenn man bedenke, dass im letzten Jahr lediglich eine ähn-
lich hohe Rentenanpassung stattgefunden habe und die letz-
ten drei Jahre davor keine Steigerung erfolgt sei. Die lang-
fristigen Ziele der Beitragsstabilität und der Nachhaltigkeit
seien damit in keiner Weise in Frage gestellt. Die Anpassung
sei kein Luxus und kein Wahlgeschenk, sondern es sei ein
Schritt, um das Vertrauen in die Rente bei den Rentnerinnen
und Rentnern zu erhalten und die Jüngeren nicht über Ge-
bühr zu belasten.

Die Fraktion der FDP kritisiert, dass es sich nicht um ein
ordnungspolitisches Meisterstück handle. Insgesamt sei das
Ganze ein billiges wahlpolitisches Manöver. Ohne Not
werde die Nachhaltigkeit der gesetzlichen Rente aufs Spiel
gesetzt. Man wolle die Rentner, die in den letzten Jahren
deutlich an Kaufkraft verloren hätten, mit einem Almosen
abspeisen. Die vorgesehene Erhöhung reiche nicht an-
nähernd aus, um die Belastungen auszugleichen, die den
Rentnern in den letzten Jahren zuteil wurden: Erhöhung der
Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte, Inflation auf Re-
kordhöhe, Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge und
eine Erhöhung der Pflegeversicherungsbeiträge. Um die
Rentner am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben zu las-
sen, müsse man deren Kaufkraft verbessern. Man bezweifle
zudem, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der durch
das Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz vorgegebe-
ne Beitragskorridor noch eingehalten werden könne. Die
Bugwelle durch die ausgefallene Dämpfung aufgrund des
Nachhaltigkeitsfaktors in den Jahren 2005 und 2006 sei
noch nicht abgebaut. Mit der Aussetzung der Dämpfung aus
dem Riester-Faktor baue man schon eine zweite Bugwelle
auf. Auch in der Anhörung seien Alternativen, wie die Bei-
tragssenkung bei der Pflegeversicherung für die Rentner,
genannt worden. Man bedaure, dass die Rentenpolitik seit
dem Jahre 1997 nicht mehr im überparteilichen Konsens
gestaltet werden könne. Man werde den Gesetzentwurf ab-
lehnen.

Die Fraktion DIE LINKE. spricht sich gegen den Gesetz-
entwurf aus. Die Aussetzung des so genannten Riester-
Faktors sei unzureichend. Notwendig sei – wie auch ver-
schiedene Sachverständige einforderten – die dauerhafte
Abschaffung aller Dämpfungsfaktoren, die durch die Ren-
tenreformen 2001 und 2004 eingeführt worden seien. Die
Anhörung zur Rentenpolitik in der 84. Sitzung des Aus-
schusses habe gezeigt, dass dies auch finanziell tragbar sei,
wenn zur Konsolidierung des Rentenniveaus eine Beitrags-
satzsteigerung von 3,2 Prozentpunkten bis zum Jahr 2030
akzeptiert werde. Man kritisierte weiterhin, dass von der
Regelung nur die Bestandsrentner und die Rentenzugänge
zwischen 2008 und 2010 profitieren würden. Alle anderen
würden ein Minusgeschäft machen. Am schlimmsten seien
diejenigen betroffen, die heute 60 Jahre alt seien. Dieser Per-
sonenkreis würde 2013 schon mit einem Minus in die Rente
hineingehen und müsste in den Jahren 2011 und 2012 einen
um 169 Euro höheren Rentenversicherungsbeitrag bezahlen.
Mit sozialer Gerechtigkeit habe dies nichts zu tun. Dies sei
ein reines Wahlgeschenk. Die geringe Rentenerhöhung um
1,1 Prozent sei zu wenig, um die zahlreichen Preiserhöhun-
gen ausgleichen zu können. Man werde den Gesetzentwurf
ablehnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teilt zwar die
Problembeschreibung der Koalitionsfraktionen hinsichtlich
der Einkommen der Rentnerinnen und Rentner. Problema-
tisch sei insbesondere, dass die Lohnzuwächse in 2007 nicht
so hoch gewesen seien, wie dies erwartet wurde. Unterziehe
man die Situation jedoch einer genaueren Analyse, so sähe
man, dass viele dieser Probleme hausgemacht seien, zum
einen durch die unnötige Erhöhung der Rentenversicherungs-
beiträge auf 19,9 Prozent statt auf 19,7 Prozent. Zum anderen
durch die Halbierung der Rentenversicherungsbeiträge für
die Langzeitarbeitslosen und die Entfristung der Entgeltum-
wandlung. Beide hätten sich nachteilig auf die Renten bzw.
die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung ausge-
wirkt. Ohne die genannten Eingriffe hätten die Rentner jetzt
eine Erhöhung von 0,9 Prozent erwarten können. Der nun
avisierte willkürliche Eingriff in die Rentenformel sei nicht
akzeptabel. Damit würden das Vertrauen und die Verlässlich-
keit in die Rentenpolitik gestört. Zudem würde das Problem
nicht gelöst, denn man würde lediglich eine Verschiebung auf
die Jahre 2012/2013 vornehmen. Man erkenne aber an, dass
es Menschen mit einer kleinen Rente gäbe, die große Schwie-
rigkeiten hätten, die Lebenshaltungskosten zu tragen. Daher
werde man noch einen Entschließungsantrag mit eigenen
Vorschlägen vorlegen. Der Gesetzentwurf werde abgelehnt.

Berlin, den 7. Mai 2008

Anton Schaaf
Berichterstatter

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