BT-Drucksache 16/8884

Deutschlands globale Verantwortung für die Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten - Innovation fördern und Zugang zu Medikamenten für alle sichern.

Vom 23. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8884
16. Wahlperiode 23. 04. 2008

Antrag
der Abgeordneten Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, Dr. Wolf Bauer, Hartwig
Fischer (Göttingen), Norbert Geis, Anette Hübinger, Jürgen Klimke, Hartmut
Koschyk, Bernward Müller (Gera), Dr. Georg Nüßlein, Dr. Norbert Röttgen, Arnold
Vaatz, Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, Dr. Sascha Raabe, Gregor Amann,
Elvira Drobinski-Weiß, Detlef Dzembritzki, Gabriele Groneberg, Stephan Hilsberg,
Iris Hoffmann (Wismar), Dr. Bärbel Kofler, Walter Kolbow, Helga Kühn-Mengel,
Ute Kumpf, Lothar Mark, Thomas Oppermann, Christel Riemann-Hanewinckel,
Walter Riester, Frank Schwabe, Dr. Ditmar Staffelt, Hedi Wegener, Dr. Peter Struck
und der Fraktion der SPD

Deutschlands globale Verantwortung für die Bekämpfung vernachlässigter
Krankheiten – Innovation fördern und Zugang zu Medikamenten für alle sichern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Jährlich leiden und sterben viele Millionen Menschen an Krankheiten, die ver-
meidbar oder behandelbar wären. Besonders dramatisch ist diese Situation
immer noch bei Infektionskrankheiten in Entwicklungsländern. Nicht nur an
Tuberkulose, Malaria und AIDS, den drei großen todbringenden Krankheiten
mit zusammen ca. 6 Mio. Todesfällen im Jahr, auch an scheinbar banalen Durch-
fall- und Atemwegserkrankungen sterben Kinder und Erwachsene ebenso wie
an lebensgefährlichen, armutsbedingten Tropenkrankheiten wie Leishmaniose,
der Schlafkrankheit oder Lepra. Die Armutskrankheiten, HIV/AIDS und
Malaria sind mitverantwortlich, dass die Lebenserwartung in Entwicklungslän-
dern bis zu 30 Jahren unter der in Industriestaaten liegt.

Armut, Mangelernährung, fehlende Trink- und Abwasserhygiene, Unkenntnis
über Schutzmaßnahmen und unzureichende Gesundheitsfürsorge sind als so-
ziale Determinanten mitverantwortlich für die hohe Zahl dieser Erkrankungen
und Todesfälle. Das Recht auf Nahrung und das Recht auf Bildung stehen daher
in engem Zusammenhang mit Millenium Developement Goals (MDG). Es ist
eine Zielvorgabe für die MDG, in Zusammenarbeit mit den Pharmaunternehmen
erschwingliche unentbehrliche Arzneimittel in den Entwicklungsländern ver-

fügbar zu machen. In den letzten Jahrzehnten wurden im globalen Maßstab dies-
bezüglich große Fortschritte erzielt. Laut der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) hatte im Jahr 1977 nur etwa die Hälfte der Weltbevölkerung Zugang zu
unentbehrlichen Arzneimitteln. Bis zum Jahr 1997 hat sich dieser Anteil auf
zwei Drittel erhöht. Dennoch bleibt ein Drittel der Menschheit heute weiter von
essenziellen Medikamenten ausgeschlossen. In Teilen Subsahara-Afrikas und
Südasiens, aber auch in Ländern wie Brasilien und Indien, liegt der Anteil der

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Bevölkerung ohne Zugang zu einer Versorgung mit den wichtigsten Medika-
menten sogar bei mehr als 50 Prozent.

In der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation von 1946 heißt es, dass der
Besitz des bestmöglichen Gesundheitszustandes eines der Grundrechte jedes
menschlichen Wesens, ohne Unterschied der Rasse, der Religion oder wirt-
schaftlichen oder sozialen Stellung bildet. Der Zugang zu einer umfassenden
Gesundheitsversorgung, die neben der kurativen Behandlung von Erkrankungen
auch vorbeugende und gesundheitsförderliche Elemente umfasst, ist für die ar-
men Teile der Weltbevölkerung aber nicht nur wegen fehlender Infrastruktur
oder mangelnder sozialer Absicherung versperrt. Für viele Krankheiten fehlen
immer noch Therapiemöglichkeiten oder diese sind verbesserungsbedürftig.

Das gilt besonders für Krankheiten, die in reicheren Ländern gar nicht oder sel-
ten vorkommen. Für die Forschung gibt es dort derzeit keinen ausreichenden
wirtschaftlichen Anreiz. Diese von der medizinischen Entwicklung vernachläs-
sigten Erkrankungen (Neglected Diseases) bedürfen des gemeinsamen, interna-
tionalen Engagements von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.

Derzeit gibt es keine einheitliche Definition des Begriffs „vernachlässigte
Krankheiten“ und verschiedene Organisationen veröffentlichen Listen von sog.
Neglected Diseases oder von sog. Neglected Tropical Diseases. Die Welt-
gesundheitsorganisation betreibt eine eigene Abteilung, die sich mit den sog.
Neglected Tropical Diseases (NTD) befasst. Zu den NTD im eigentlichen Sinne
rechnet die WHO-Arbeitsgruppe folgende Krankheiten: Ascariasis (Spulwurm-
befall), BuruliUlkus, Cholera, Dengue Fieber und Hämorrhagisches Dengue
Fieber, Drakunkulose, Hakenwürmer, Kala-Azar, Lepra, Lymphatische Fila-
riose, Onchozerkose (Flussblindheit), Schistosomiasis, Schlafkrankheit und
Trichuriasis.

Die moderne medizinische und pharmazeutische Forschung, vor allem in ihrem
privaten Teil, konzentriert sich inhaltlich weitgehend auf Produktentwicklungen
und Therapiekonzepte für die Gesundheitsprobleme in den wohlhabenden Län-
dern. Mit einer zunehmenden Verstärkung des Anteils kommerzieller Forschung
(vor allem der Arzneimittelindustrie, aber auch der zunehmend von kom-
merziellen Nutzungsmöglichkeiten abhängigen öffentlich finanzierten Institute)
orientieren sich Erforschung und Entwicklung wirksamer Therapieformen auf
ökonomisch lukrative sog. Gesundheitsmärkte – die Krankheiten armer Länder
und armer Menschen ist für eine solche Gesundheitsforschung nicht profitabel
und wird deshalb vernachlässigt.

In noch größerem Maße gilt dieser Zusammenhang auch für Mittel zur Krank-
heitserkennung (Diagnostika) und Krankheitsvorbeugung (Präventiva), wie
z. B. Impfstoffe.

Hinzu kommt, dass neue, wirksame Medikamente oder Verfahren die durch das
TRIPS (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen
Eigentums) beinahe weltweit gesicherte Monopolstellung der Patenthalter für
lange Zeit (aktuelle Patentlaufzeiten von mindestens 20 Jahren) ohne Nachah-
merkonkurrenz sind und deshalb für bedürftige Kranke und deren Angehörige
in vielen Regionen dieser Welt ökonomisch unerschwinglich bleiben, obwohl
sie aufgrund ihrer Produktionskosten zu einem Bruchteil der aktuellen Preise
verfügbar und lebensrettend sein könnten.

Aber auch die Entwicklungsländer stehen in der Verantwortung. Unzureichende
eigene Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen und Unzulänglichkeiten in
der öffentlichen Versorgung sind eine häufige Ursache dafür, dass der Zugang in
Entwicklungsländern zu wichtigen Medikamenten eingeschränkt bleibt. Eine
Studie der Weltbank hat auf die Probleme der öffentlich getragenen Arzneimit-

telversorgung in Subsahara-Afrika hingewiesen. Pro 100 US-Dollar, die von der
öffentlichen Hand für Medikamente ausgegeben werden, gelangen nur Medika-

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mente im Wert von 12 US-Dollar tatsächlich zum Patienten. Des Weiteren wirkt
sich die Korruption auch negativ auf die Versorgung mit Medikamenten in
Entwicklungsländern aus.

Es ist auch aus ethischen Gründen erforderlich, dass die Arzneimittelentwick-
lung und die Forschungsanstrengungen der Pharmabranche nicht nur von
zukünftigen Absatzerwägungen und Marktchancen, sondern vor allem vom
gesundheitlichen Bedarf gerade der bedürftigsten Teile der Weltbevölkerung
bestimmt werden.

Für jeden AIDS-Patienten, der einer antiretroviralen Therapie zugeführt werden
kann, werden mindestens fünf neue HIV-Infektionen gezählt. Deshalb ist es
richtig, öffentlich geförderte Forschungsvorhaben vordringlich auf die Entwick-
lung von präventiven Maßnahmen und Impfstoffen zu konzentrieren.

Auch im Bereich der Tuberkulosebehandlung gibt es immer noch große Defi-
zite. Seit circa 20 Jahren ist die Palette der zur Verfügung stehenden Tuber-
kulosemittel nicht erweitert worden und verliert durch Resistenzentwicklung
zunehmend an Wirksamkeit. Hier muss neben der klinischen Erprobung bekann-
ter Substanzen auch Grundlagenforschung für neue Therapieansätze dringend
vorangetrieben werden.

Durch finanzkräftige Stiftungen, gemeinsame Anstrengungen von Regierungen
und internationalen Organisationen, Wirtschaftsunternehmen und Organisatio-
nen der Zivilgesellschaft hat es in den letzten Jahren gerade für den Bereich der
vernachlässigten Krankheiten zahlreiche Initiativen gegeben, die das Ziel haben,
die Not der Betroffenen zu lindern und Lücken in der globalen Gesundheitsfür-
sorge aufzuspüren und zu schließen.

Spendenprogramme der Wirtschaft haben einen positiven Einfluss auf die Me-
dikamentenversorgung bei AIDS, Malaria, Tuberkulose und Tropenkrankheiten.
Das britische Ministerium für Entwicklung bestätigt die durchweg positiven
Auswirkungen von Spendenprogrammen im Bereich tropischer Armutskrank-
heiten von Programmen in Sri Lanka, Uganda und Sambia unter anderem bei der
Kontrolle von Lepra, Flussblindheit und Schlafkrankheit.

Product Development Partnerships, wie z. B. „Global Alliance for Vaccines and
Immunization“, „Drugs for Neglected Diseases Initiative“, „International Part-
nership for Microbicides“, „Medicines for Malaria Venture“, „TB Alliance“ und
andere, arbeiten daran, die Entwicklung neuer Therapien voranzutreiben, die
dringend in Entwicklungsländern benötigt werden. Diese helfen, zwischen den
wirtschaftlichen Interessen einzelner Pharmaunternehmen und öffentlichen Ge-
sundheitsinteressen zu vermitteln und dabei regulierende Funktionen zu verein-
baren. Durch solche Kooperationen sind zum Beispiel die Therapiekosten für
eine vollständige Malariabehandlung mit den neuen Artemisin-Kombinations-
präparaten in vielen afrikanischen Ländern auf unter einen Euro gesunken.

Derzeit findet in Fachkreisen ein intensiver Dialog über derartige Kooperations-
modelle statt. Gleichzeitig erleben wir aber auch heftige Konflikte bei der
konkreten Umsetzung des TRIPS und der in Doha bestätigten Ausnahmerege-
lungen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit, die besonders für die Entwick-
lungsländer wichtig sind.

Die im Jahr 2001 in Doha verabschiedete Erklärung der Welthandelsorganisa-
tion (WTO) zum TRIP und zur öffentlichen Gesundheit war ein wichtiges
Signal, dass zwischen Schutz des geistigen Eigentums und den Erfordernissen
der Gesundheitsfürsorge in den Entwicklungsländern ein Ausgleich gesucht
werden muss.

Die im Jahr 2006 gegründete Intergovernmental Working Group on Public

Health, Innovation and Intellectual Property (IGWG) hat im Herbst 2007, ent-
sprechend dem Auftrag der Weltgesundheitsversammlung, begonnen, Lösungs-

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vorschläge zu entwickeln, welche die Ergebnisse einer WHO-Expertenkommis-
sion zu diesem Thema aufgreifen sollen. Die Fortsetzung der Verhandlungen ist
noch in diesem Frühjahr vorgesehen, eine Beschlussvorlage soll der Weltge-
sundheitsversammlung im Mai 2008 in Genf vorgelegt werden.

Die Anstrengungen, vor allem Infektionskrankheiten durch Aufklärung, Präven-
tion oder bedarfsgerecht verfügbare Impfstoffe zu bremsen sind allerdings im-
mer noch viel zu gering. Angesichts der großen Innovationskraft globaler Wirt-
schaftsstrukturen kommt es jetzt darauf an, die Anreize für Entwicklungspro-
zesse so zu setzen, dass die Erforschung bisher vernachlässigter Erkrankungen
sowie präventiver Strategien und Impfstoffe zum lohnenden Projekt für die Wis-
senschaft wird.

Die Bundesrepublik Deutschland verfügt über weltweit anerkannte Forscher/
Forscherinnen und Forschungskapazitäten, die zum Nutzen der Menschen in al-
ler Welt und zur Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland ein-
gesetzt werden können. Das historische Engagement deutscher Forscher, wie
z. B. Robert Koch, Paul Ehrlich und anderer, für die öffentliche Gesundheit und
die wissenschaftliche Reputation unseres Landes begründen eine besondere in-
ternationale Verantwortung.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt

– das bisherige Engagement einiger Pharmaunternehmen, das zur Entwicklung
eines Malariapräparates beitrug, welches auf die Bedürfnisse der warmen
afrikanischen Länder zugeschnitten ist, oder das seit zwei Jahren Technolo-
gietransferprogramme einsetzt, um mit lokalen Unternehmen in Entwick-
lungsländern unentgeltlich ihr technisches Know-how zur Herstellung eines
HIV-Medikaments zu teilen;

– dass die Bundesrepublik Deutschland während ihrer EU-Ratspräsidentschaft
und als Gastgeber der G8-Runde durch Parlament und Regierung zeigen
konnte, dass sie diese drängenden Herausforderungen ernst nimmt. Im Mai
2007 haben über 100 Parlamentarier auf der „G8 Parliamentarians’ Confe-
rence on the Economic Rewards of Investing in HIV/Aids Prevention and
Health“ dezidiert Anforderungen an die Regierungen der G8-Staaten formu-
liert. Die Bundesrepublik hat nicht zuletzt durch ihren Beitrag zur Auffüllung
des Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria
und die Ausweitung ihres diesbezüglichen bilateralen Engagements auch
wichtige finanzielle Hilfen für Behandlungs- und Vorsorgeprogramme für die
drei großen Krankheiten AIDS, Tuberkulose und Malaria bereitgestellt;

– das Engagement der Bundesregierung in der ersten europäischen Maßnahme
nach Artikel 169 des EG-Vertrags – der European and Developing Countries
Clinical Trials Partnership – in der sich die Mitgliedstaaten dazu entschlossen
haben, gemeinsam die Entwicklung und Evaluierung neuer Impfstoffe, Arz-
neimittel und sonstiger Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von
HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose in enger Partnerschaft zwischen Eu-
ropa und Afrika voranzutreiben;

– die Bemühungen der Bundesregierung, sich bei den Verhandlungen der
IGWG für eine konstruktive Lösung zu engagieren und mit den gemeinsam
agierenden europäischen Partnern einen Fortschritt für die Entwicklungslän-
der zu erreichen.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– die Arzneimittelunternehmen zu alternativen Preisgestaltungen zu ermu-

tigen, welche Kriterien wie große Mengen und niedrigere Gewinnspannen
berücksichtigen und den Zugang zu Arzneimitteln verbessern;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/8884

– Maßnahmen zu ergreifen, um die Forschung, den Aufbau von Kapazitäten
und regionale Beschaffungssysteme voranzutreiben und Hilfe bei der Regis-
trierung zu leisten, um die Produktion von lebensrettenden Arzneimitteln
durch die Entwicklungsländer selbst zu erleichtern und zu fördern;

– im Rahmen des entwicklungspolitischen Schwerpunktthemas „Gesundheit“
den Einsatz von folgenden Maßnahmen zu fördern:

● ein breites Spektrum von Plattformen, einschließlich öffentlich-privater
Partnerschaften, welche die Forschung und Entwicklung im Bereich
armutsbedingter, tropischer und vernachlässigter Krankheiten zum Ziel
haben und bereit sind mit entsprechenden öffentlichen Gesundheitsinitia-
tiven zusammenzuarbeiten;

● auf eine einfachere und kostengünstigere Handhabung von Lizenzver-
trägen für Unternehmen, die in Entwicklungsländern notwendige Medi-
kamente herstellen wollen, hinzuwirken;

● die Prüfung neuer Forschungsanreize;

● auf den Ausbau internationaler Forschungsinstrumente hinzuwirken, wel-
che auf breiter Basis zwischenstaatlich unterhalten werden, Erforschung
und Entwicklung neuer Medikamente gegen lebensbedrohliche Krank-
heiten am wirklichen Bedarf auszurichten. Somit sollen die Schwerpunkte
medizinischer Forschung dort gesetzt werden, wo die Hilfe am not-
wendigsten ist und auch die Entwicklungshilfe im Bereich der medika-
mentösen Versorgung nachhaltig kostengünstiger gestaltet werden;

● bei der WHO darauf hinzuwirken, dass sie zusammen mit Anderen For-
schungsprioritäten für vernachlässigte Krankheiten formuliert;

– sich in der Europäischen Union für eine verstärkte Förderung von Forschung
und Entwicklung im Bereich der vernachlässigten Krankheiten in den For-
schungsrahmenprogrammen einzusetzen;

– bei der Europäischen Union darauf hinzuwirken, dass im Rahmen des beste-
henden Plafonds die EU-Finanzhilfe für öffentlich-private Partnerschaften
verstärkt wird, die in der Forschung und Entwicklung von für Entwicklungs-
länder besonders wichtigen Arzneimitteln tätig sind;

– in der Europäischen Union und weltweit darauf hinzuwirken, dass der freie
Zugang zu öffentlich finanzierten medizinischen Forschungsergebnissen für
die Menschen in den Ländern mittlerer und niedriger Einkommen gesichert
wird;

– die Entwicklungsländer auch politisch zu unterstützen, wie im TRIPS vorge-
sehen, und die in der Doha-Erklärung bestätigten so genannten Flexibilitäten
im Interesse der Versorgung mit erschwinglichen Arzneimitteln für lebens-
bedrohliche Krankheiten zu nutzen. Dabei sollte sich die Bundesregierung
weiter dafür einsetzen, dass durch die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
keine Verschärfung des TRIPS in den am wenigsten entwickelten Ländern
stattfindet. Die Ausnahmeregelungen im Bereich des Schutzes durch phar-
mazeutische Patente, die den am wenigsten entwickelten Ländern gewährt
wurden, sollen über den 1. Januar 2016 hinaus verlängert werden;

– sich im Rahmen der laufenden Verhandlungen bei der Weltgesundheitsor-
ganisation weiter konstruktiv für einen Erfolg des IGWG-Prozesses einzu-
setzen und den Deutschen Bundestag laufend über den Fortgang der Ver-
handlungen zu informieren.

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– Ziel des Beitrages der Bundesregierung soll dabei sein,

● innerhalb der Bundesregierung klare Zuständigkeiten und transparente
Förderstrukturen für die in diesem Antrag aufgeführten Arbeitsfelder zu
bilden und bekannt zu machen;

● solche Innovationen im Gesundheitsbereich zu fördern, die relevant für
die Menschen in den Entwicklungsländern sind und bisher zu wenig er-
forscht wurden;

● den bedarfsgerechten Zugang der Menschen in den Entwicklungsländern
zu Medikamenten zu erleichtern;

● den Schwerpunkt der Erforschung von Impfstoffen und präventiven medi-
kamentösen und nichtmedikamentösen Strategien auszubauen;

● neben den Anreizen durch das Patentsystem wirksame neue Instrumente
zur Innovationsförderung zu prüfen bzw. zu stärken und

● darauf hinzuwirken, dass möglichst klare, wirksame und verbindliche
Zusagen gemacht werden.

Berlin, den 23. April 2008

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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