BT-Drucksache 16/8877

zu dem Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Bärbel Höhn, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/7710- Den Klimawandel wirksam durch Urwaldschutz bekämpfen - Agrarüberschüsse in den Erhalt der Urwälder investieren

Vom 23. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8877
16. Wahlperiode 23. 04. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Bärbel Höhn, Cornelia Behm,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/7710 –

Den Klimawandel wirksam durch Urwaldschutz bekämpfen –
Agrarüberschüsse in den Erhalt der Urwälder investieren

A. Problem

Die globalen Urwälder binden ca. 40 Prozent des terrestrischen Kohlenstoffs und
übernehmen somit eine zentrale Rolle beim Abfedern der weltweiten Klima-
schwankungen. Andererseits hat die anhaltende Zerstörung dieser Urwälder ei-
nen Anteil an den globalen Treibhausgasemissionen von mindestens 20 Prozent.
Die bisherigen Maßnahmen haben die fortschreitende Zerstörung der Urwälder
nicht stoppen können. Die konstant hohe Entwaldungsrate erfordert jedoch ein
schnelles und konsequentes Gegensteuern.

Die Bundesregierung soll daher aufgefordert werden, sich dafür einzusetzen,
dass EU-Agrarüberschüsse für Programme zum Schutz der Urwälder verwen-
det werden.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Überschüssige Gelder in Höhe von 200 Mio. Euro aus dem Haushalt der Ge-
meinsamen Agrarpolitik des Jahres 2007.

Weitere überschüssige Gelder aus dem Haushalt der Gemeinsamen Agrarpoli-
tik der folgenden Jahre in nicht bezifferter Höhe.

Drucksache 16/8877 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/7710 abzulehnen.

Berlin, den 9. April 2008

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ulrike Höfken
Vorsitzende

Dr. Hans-Heinrich Jordan
Berichterstatter

Gustav Herzog
Berichterstatter

Hans-Michael Goldmann
Berichterstatter

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin

päische Union auf die regelmäßigen Überschüsse des euro-
päischen Agrarhaushalts zurückgreifen. Ein Teil dieser Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
Finanzmittel, die unterhalb der Obergrenze der finanziellen
Vorausschau nicht in den jährlichen EU-Agrarhaushalt ein-
gestellt worden sind und am Ende des Jahres übrig bleiben,
soll in Zukunft für die „Forest Carbon Partnership Facility“

braucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 16/7710 in
seiner 75. Sitzung am 9. April 2008 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU konstatierte, dass der Urwald
zu schützen sowie der Raubbau am Urwald und an der
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8877

Bericht der Abgeordneten Dr. Hans-Heinrich Jordan, Gustav Herzog,
Hans-Michael Goldmann, Dr. Kirsten Tackmann und Cornelia Behm

I. Verfahrensablauf

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/7710 in seiner 139. Sitzung am 24. Januar 2008 beraten
und an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz zur federführenden Beratung und an den
Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit, den Ausschuss für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie den Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur
Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die globalen Urwälder dienen der Abfederung der Klima-
schwankungen, indem sie ca. 40 Prozent des terrestrischen
Kohlenstoffs binden. Andererseits hat die Zerstörung der
Urwälder einen Anteil an den globalen Treibhausgasemis-
sionen von mindestens 20 Prozent. In der Rangliste der
Staaten, die am meisten zum Klimawandel beitragen, liegt
mit Indonesien ein Land auf Platz drei, in dem der Raubbau
am Tropenwald die Hauptursache der Treibhausgasemis-
sionen ist. Die bisher getroffenen internationalen Maßnah-
men haben die fortschreitende Zerstörung der Urwälder
nicht wirksam zu stoppen vermocht.

Deshalb muss der verstärkte Schutz der internationalen Ur-
wälder einen Schwerpunkt der internationalen Klimaschutz-
anstrengungen darstellen. Aus diesem Grund wurde auf der
13. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention
der Vereinten Nationen (UNFCCC) die „Forest Carbon
Partnership Facility“ (FCPF) ins Leben gerufen. Ziel des
Programms ist es, Entwicklungsländer stärker als bisher
beim Erhalt von Urwäldern und bei der Vermeidung wei-
terer Entwaldung finanziell zu unterstützen. Neben der
finanziellen Kompensation für vermiedene Entwaldung und
Unterschutzstellung von Wäldern geht es hier um eine lang-
fristige ökonomische Inwertsetzung von natürlichen Res-
sourcen.

Die FCPF steht unter dem Management der Weltbank. Bis-
her sind 19 Mitgliedsländer der Partnerschaft für den Ur-
waldschutz beigetreten.

Auch die Europäische Union muss dringend einen eigenen
Beitrag zu dieser wichtigen Klimaschutzinitiative leisten.
Mit 200 Mio. Euro würde die Europäische Union die bisher
bereitgestellten Mittel der an der „Forest Carbon Partner-
ship Facility“ beteiligten Staaten verdoppeln.

Zur Finanzierung ihres Beitrags zur FCPF kann die Euro-

Die Bundesregierung wird daher aufgefordert,

● initiativ zu werden, dass die Europäische Union als Bei-
trag zum internationalen Klima- und Biodiversitäts-
schutz überschüssige und ungenutzte Gelder aus dem
Haushalt der Gemeinsamen Agrarpolitik des Jahres 2007
in Höhe von 200 Mio. Euro der „Forest Carbon Partner-
ship Facility“ der Weltbank zur Verfügung stellt;

● initiativ zu werden, dass die Europäische Union jährlich
mit überschüssigen Geldern aus dem Haushalt der Ge-
meinsamen Agrarpolitik einen Beitrag für die „Forest
Carbon Partnership Facility“ und andere Programme
zum Schutz der Urwälder zur Verfügung stellt;

● sich dafür einzusetzen, dass Beteiligungsrechte von indi-
genen Völkern und von lokalen sowie internationalen
Nichtregierungsorganisationen bei der Umsetzung von
Pilotprojekten der „Forest Carbon Partnership Facility“
gewährleistet werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
16/7710 in seiner 66. Sitzung am 9. April 2008 beraten und
empfiehlt die Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat die Vorlage auf Drucksache 16/7710 in seiner
60. Sitzung am 9. April 2008 beraten und empfiehlt die Ab-
lehnung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat die Vorlage auf Drucksache 16/7710 in
seiner 60. Sitzung am 9. April 2008 beraten und empfiehlt
die Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union hat die Vorlage auf Drucksache 16/7710 in
seiner 58. Sitzung am 9. April 2008 beraten und empfiehlt
die Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

IV. Beratungsverlauf im federführenden
Ausschuss
und andere Programme zum Schutz der Urwälder verwen-
det werden.

Natur weiter zurückzudrängen sei. Allerdings halte man die
vorgeschlagene Umverteilung von Überschüssen aus haus-

Drucksache 16/8877 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

halterischen Gründen nicht für richtig. Außerdem werde der
bisherige Einsatz der Bundesregierung an vielfältigen Maß-
nahmen deutlich. Der von ihr beschrittene Weg müsse fort-
gesetzt werden. Zusätzliche Alternativen müssten insbeson-
dere auf europäischer Ebene gesucht werden. Deshalb
werde man dem Antrag nicht zustimmen.

Die Fraktion der SPD erklärte, dass man mit den im vor-
liegenden Antrag formulierten Zielen übereinstimme. Mit
Blick auf Klimaschutz und Biodiversität nehme der Erhalt
der Urwälder eine herausragende Stellung ein. Auch plä-
diere man für eine Vielfalt von zielführenden Instrumenten.
Trotzdem werde man den vorliegenden Antrag ablehnen.
Den Finanzierungsteil erachte man als falsch. Eine Unter-
stützung dieser wichtigen Aufgabe dürfe nicht allein von
der Überschussfrage abhängig gemacht werden. Zudem
lasse das europäische Finanzrecht den vorgeschlagenen
Weg nicht zu. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt leiste
Deutschland mit 40 Mio. Euro den größten Einzelbetrag zu
dem Fonds. Dessen Unterstützung erachte man als einen
vernünftigen Weg.

Die Fraktion der FDP führte aus, dass man für Klima-
schutz und für die Bekämpfung von Urwaldzerstörungen
stehe. Allerdings sei man entschieden dagegen, dass die in

Die Fraktion DIE LINKE. legte dar, dass auch sie den
Urwaldschutz als sehr wichtig erachte. Den vorliegenden
Antrag lehne man allerdings ab. Die vorgeschlagene Um-
verteilung der Agrarüberschüsse erscheine als ungeeignet.
Vielmehr sollten diese einer anderen Verwendung zugeführt
werden, etwa der Finanzierung der zweiten Säule und der
ländlichen Räume. Kritisch betrachte man auch die vorgese-
hene Verwaltung dieser Gelder durch die dem Management
der Weltbank unterstehenden FCPF. Zudem halte man die
Einbeziehung des Urwaldschutzes in den Emissionshandel
nicht für richtig. Dies führe zu einer Vortäuschung von
Klima- bzw. Urwaldschutz, weil die gleichen Emissionen an
anderer Stelle stattfänden. Des Weiteren wären negative
Folgen im Bereich der Zertifikate zu erwarten, etwa Preis-
stürze und Ausweitung von Monokulturen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, mit
dem vorliegenden Antrag wolle man erreichen, dass sowohl
die in Rede stehenden Gelder in Höhe von 200 Mio. Euro
als auch künftige ungenutzte finanzielle Mittel der „Forest
Carbon Partnership Facility“ der Weltbank zur Verfügung
gestellt würden. Eine eigene Haltung der Bundesregierung
zum Urwaldschutz sei bislang nicht deutlich geworden.
Diese wolle zunächst diesbezügliche Vorschläge auf euro-
päischer Ebene abwarten. Dies sei mit Blick auf die 9. Ver-
tragsstaatenkonferenz im Mai dieses Jahres nicht hinnehm-
Europa durch ökonomisches Handeln erwirtschafteten

Agrarüberschüsse im Bereich des Urwaldschutzes einge-
setzt werden sollten. Mit Blick auf die vorangegangene An-
hörung könnten diese Überschüsse vielmehr einen Beitrag
etwa zur Breitbandverkabelung und zum Klimaschutz im
Rahmen der agrarischen Herausforderung leisten. Verbesse-
rungen im Urwaldbereich müssten durch grundsätzliche
Weichenstellungen im Bundeshaushalt oder im europäi-
schen Haushalt gewährleistet sein.

bar. Der vorliegende Antrag leiste einen Beitrag zum Ur-
waldschutz und gehe in die richtige Richtung. Deshalb
werde um Zustimmung gebeten.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag auf
Drucksache 16/7710 abzulehnen.

Berlin, den 9. April 2008

Dr. Hans-Heinrich Jordan
Berichterstatter

Gustav Herzog
Berichterstatter

Hans-Michael Goldmann
Berichterstatter

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin

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