BT-Drucksache 16/8860

Auswirkungen des Programms zur Berufsorientierung

Vom 21. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8860
16. Wahlperiode 21. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Martina
Bunge, Diana Golze, Elke Reinke, Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE.

Auswirkungen des Programms zur Berufsorientierung

Mit ihrer Qualifizierungsinitiative, so die Bundesregierung, sollen Bildungs-
chancen in allen Lebensbereichen gestärkt werden. Die Regierung konzentriert
sich hierbei auf Initiativen, Modellprojekte, Praktika, Schnupperkurse und
andere eher kurzfristige Maßnahmen. Neuestes Projekt ist das „Programm zur
Berufsorientierung“: „Im Rahmen eines Praktikums können interessierte
Jugendliche in einer überbetrieblichen Bildungsstätte oder einer ähnlichen Ein-
richtung verschiedene Ausbildungsberufe kennenlernen“ (vgl. Pressemitteilung
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung – BMBF – vom 28. März
2008). „Die Praxis steht dabei im Vordergrund“ betont das BMBF in seiner
Pressemitteilung weiter, dabei können die Jugendlichen „aktiv erleben […],
welcher Beruf Spaß und Freude vermitteln kann und welche Anforderungen
gestellt werden.“ Das Ziel des Programms wird vom BMBF wie folgt angege-
ben: „Dadurch erreichen wir eine niedrigere Schulabbrecherquote und gleich-
zeitig mehr Jugendliche, die erfolgreich eine Ausbildung abschließen“ (ebd.).

Vor dem Hintergrund, dass die Praktika nur zwei Wochen Dauer haben sollen
und die Jugendlichen effektiv nur drei Tage in jeden Beruf hineinschnuppern
können, scheinen die von der Bundesregierung mit der Maßnahme verbunde-
nen Ziele ehrgeizig gewählt zu sein. Auch die Ausrichtung der Maßnahmen in
einer Bildungsstätte wirft Fragen zur betonten Praxisnähe des Programms auf.
Hierüber hinaus ist in der öffentlichen Darstellung bislang nicht eindeutig
beantwortet worden, inwieweit alle hierdurch entstehenden Kosten (Fahrt-,
Essens- und ggf. Übernachtungskosten) durch das BMBF getragen werden oder
den Teilnehmenden zur Last fallen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Haben alle „interessierten Jugendlichen“ einen Rechtsanspruch auf ein
zweiwöchiges Praktikum im Rahmen des betrachteten Programms?

Wenn nein, welche Auswahlkriterien und Teilnahmezahlen sind vorgese-
hen?

2. a) Ist das Programm ausschließlich auf Schülerinnen und Schüler be-

schränkt?

b) Gibt es eine Beschränkung auf bestimmte Klassen- oder Altersstufen?

3. a) Welche Form der Fortführung des „Programms zur Berufsorientierung“,
welches als ein auf drei Jahre befristetes Pilotprojekt angelegt ist, plant
die Bundesregierung, und mit welcher Sicherheit geht sie von einer Fort-
führung aus?

Drucksache 16/8860 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Wie sollen bei Fortführung des Programms zukünftig die Fragen des
Rechtsanspruchs auf einen Teilnahmeplatz, die Finanzierung der Prak-
tika, die Aufwandsentschädigung für die Jugendlichen sowie die ande-
ren Bedingungen geregelt werden?

4. a) Was konkret versteht die Bundesregierung unter dem Ziel, das Pro-
gramm „langfristig von Bundesmitteln unabhängig“ zu betreiben?

b) Welche zusätzlichen Finanzquellen könnten nach Auffassung der Bun-
desregierung für das Programm erschlossen werden?

5. Welche Finanzströme sind im Rahmen der Förderung der Berufsorientie-
rungspraktika insgesamt vorgesehen?

6. a) Wer kann die entsprechenden Förderanträge stellen, und wie lange sind
hierfür die Bearbeitungszeiten?

b) Welche Kriterien werden bei der Förderbeantragung geprüft?

c) An wen sollen Gelder ausgezahlt werden?

d) Für welchen Zeitrahmen wird eine Förderung bewilligt?

7. Welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Berufsorientierungsprak-
tika sind geplant?

8. Was versteht die Bundesregierung unter „interessierten Jugendlichen“ (vgl.
Pressemitteilung des BMBF), und wie möchte sie insbesondere jene
Jugendlichen erreichen, die sich bisher nicht für eine Berufsausbildung in-
teressiert haben?

9. a) Ist geplant die Jugendlichen durch Werbekampagnen und/oder ähnliche
Maßnahmen auf das Programm aufmerksam zu machen?

b) Soll hierfür mit anderen Institutionen, Vereinigungen und Unternehmen
als dem Bundesinstitut für Berufsbildung zusammengearbeitet werden,
wenn ja, welche sind hierfür bereits vorgesehen oder werden in Erwä-
gung gezogen?

10. Ist in den angegebenen jährlichen geplanten Ausgaben von 15 Mio. Euro
für dieses Programm ein Posten für Werbe- und Informationsmaterial und
- veranstaltungen vorgesehen, und wenn ja, in welcher Höhe?

11. a) Sollen Fahrtkosten und andere Aufwendungen durch das Praktikum den
Jugendlichen erstattet werden?

b) Würde dies potentiell auch Übernachtungen in der Nähe oder in der
jeweiligen Bildungsstätte beinhalten?

12. a) In welchem Rahmen kann nach Auffassung der Bundesregierung vor
dem Hintergrund, dass bereits jetzt in jedem Jahr mehr Personen eine
Berufsausbildung anstreben als Ausbildungsplätze zur Verfügung ste-
hen, durch das Programm erreicht werden, dass „mehr Jugendliche […]
erfolgreich eine Ausbildung abschließen“ (vgl. Pressemitteilung des
BMBF)?

b) Wie möchte die Bundesregierung das von der Bundesministerin für
Bildung und Forschung, Dr. Annette Schavan, zur Verkündung des Pro-
gramms ausgegebene Ziel, „dass jeder Jugendliche einen Ausbildungs-
platz bekommt“, mit diesem Programm erreichen, wenn dieses Jahr
(wie bereits die Jahre davor schon) die Zahl der Bewerberinnen und
Bewerber auf einen Ausbildungsplatz die Zahl der angebotenen Plätze
voraussichtlich deutlich übersteigen wird?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8860

13. Welche Informationen und Bewertungen soll das Abschlusszertifikat ent-
halten?

14. a) Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Jugendlichen in einer
Bildungsstätte in den wenigen Tagen, die je Beruf zur Verfügung ste-
hen, „aktiv erfahren“ können, welcher „Beruf Spaß und Freude vermit-
teln kann“ oder „welche Anforderungen gestellt werden“?

b) Würde die Bundesregierung zustimmen, dass insgesamt in der Schule
eine Stärkung der Berufsorientierung sinnvoller wäre?

15. a) Wie erhofft sich die Bundesregierung durch das Kurzpraktikum die
Zahl der Schulabgänger ohne Schulabschluss zu reduzieren?

b) Welches sind nach Kenntnis der Bundesregierung die fünf häufigsten
Ursachen für einen Schulabbruch ohne Abschluss (bitte mit jeweiligem
Anteil und getrennt nach Schulart)?

Berlin, den 21. April 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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