BT-Drucksache 16/8850

Auswirkungen der neuen Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug (Stand 31. März 2008)

Vom 18. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8850
16. Wahlperiode 18. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion
DIE LINKE.

Auswirkungen der neuen Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug
(Stand 31. März 2008)

Seit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes Ende August 2007 ist der
Nachzug von Ehegatten und Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern aus dem
Ausland grundsätzlich vom Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse
abhängig. Die Bundesregierung behauptet, diese Beschränkung des Ehegatten-
nachzugs diene der besseren Integration der Betroffenen und sei ein geeignetes
Mittel gegen Zwangsverheiratungen. Kritisch wird gegen die Neuregelung ein-
gewandt, dass sie unverhältnismäßig in das Recht auf Familienzusammenleben
eingreife und damit gegen die in Artikel 6 des Grundgesetzes enthaltene
Schutzverpflichtung des Staates gegenüber Ehe und Familie verstoße. Zudem
wirke die Neuregelung sozial selektiv, da sie insbesondere den Nachzug von
sozial und/oder ökonomisch Benachteiligten bzw. von Menschen aus bildungs-
benachteiligten Schichten be- oder sogar verhindere. Schließlich gelte die Re-
gelung nicht für alle Herkunftsländer und sei deshalb diskriminierend, da sie
insbesondere auf den Ehegattennachzug aus der Türkei abziele (vgl. Bundes-
tagsdrucksachen 16/7288 und 16/8175).

Offiziell wird versucht, den Eindruck zu erwecken, das geforderte Sprach-
niveau sei durch den Erwerb von 200 bis 300 Wörtern der deutschen Sprache
leicht erreichbar (vgl. Pressekonferenz zum Integrationsgipfel vom 12. Juli
2007). Es häufen sich jedoch die Meldungen, dass in der Praxis viele Menschen
an den mit Sprachtests im Ausland verbundenen Anforderungen, vor allem dem
hohen Aufwand und den Kosten, scheitern und entsprechend verzweifelt oder
auch wütend sind (vgl. z. B. die Zeitschrift des Verbands binationaler Familien
und Partnerschaften, iaf-Informationen, Heft 3/2007, aber auch zahlreiche
Briefe von Bürgerinnen und Bürgern an einzelne Abgeordnete des Deutschen
Bundestages).

Die Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Migration,
Flüchtlinge und Integration, Dr. Maria Böhmer, versuchte die Kritik an der
Neuregelung unter anderem mit der Behauptung zu beschwichtigen, dass
Sprachkursteilnehmerinnen und -teilnehmer in der Türkei „mit großer Freude
die deutsche Sprache erlernt haben. Sie waren sicher, dass sie relativ schnell

nach Deutschland kommen. Der Sprachkurs dauert circa drei Monate. Das
heißt, es wird niemand gehindert, zum Ehegatten zu ziehen“ (Plenarprotokoll
16/144, S. 15188).

Die gesetzliche Neuregelung führte nach Inkrafttreten zu einem extremen
Rückgang des Ehegattennachzuges. Wie sich aus den Antworten der Bundes-
regierung auf die Fragen von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE. ergibt
(vgl. unter anderem Bundestagsdrucksachen 16/8175 und 16/8114, Frage 14),

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wurden im letzten Quartal 2007 nur noch 5 147 Visa zum Ehegattennachzug er-
teilt – gegenüber durchschnittlich noch knapp 10 000 Visa pro Quartal im Jahr
2006. Der Rückgang gegenüber dem Quartal vor der Gesetzesänderung betrug
40 Prozent, bei türkischen Staatsangehörigen waren es sogar 67,5 Prozent.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Visa zum Ehegattennachzug wurden im 1. Quartal des Jahres 2008
beantragt, wie viele wurden erteilt (bitte jeweils die Gesamtzahl angeben,
zusätzlich differenzieren nach den 15 Ländern, in denen die meisten Visa
zum Ehegattennachzug beantragt/erteilt wurden, nach Geschlecht, und
jeweils die Vergleichszahlen des 1., 2., 3. und 4. Quartals 2007 benennen)?

2. Wie viele Visa zum Ehegattennachzug wurden im 1. Quartal des Jahres 2008
erteilt, ohne dass die Vorlage von Sprachnachweisen erforderlich war, weil

a) ein Ausnahmetatbestand nach § 30 des Aufenthaltgesetzes (AufenthG)
vorlag (welcher),

b) offenkundig Deutschkenntnisse vorlagen

(bitte jeweils die Gesamtzahl sowie den prozentualen Anteil an allen Ertei-
lungen angeben, bitte auch nach den zehn herkunftsstärksten Ländern diffe-
renzieren, nach Geschlecht, und jeweils die Vergleichszahl des 4. Quartals
2007 nennen)?

3. Wie viele Sprachnachweise wurden den deutschen Auslandsvertretungen im
1. Quartal 2008 im Rahmen von Visaverfahren zum Ehegattennachzug vor-
gelegt, und wie viele dieser Nachweise wurden anerkannt bzw. abgelehnt
(bitte jeweils die Gesamtzahl nennen und nach den zehn herkunftsstärksten
Ländern differenzieren, hinsichtlich der Türkei auch hinsichtlich der jeweili-
gen Standorte der Auslandsvertretungen, sowie jeweils die Vergleichszahl
des 4. Quartals 2007 nennen), und wie erklärt sich die Bundesregierung die
weit überdurchschnittlich hohe Ablehnungsquote der Auslandsvertretung in
Izmir im 4. Quartal 2007 (vgl. Bundestagsdrucksache 16/8175, Anlage 2)?

4. Welche konkreten Probleme bei der praktischen Umsetzung und Anwen-
dung der Neuregelung nach den §§ 28 und 30 AufenthG in Bezug auf
welche Länder bzw. allgemein sind der Bundesregierung inzwischen be-
kannt geworden?

5. Wie bewertet die Bundesregierung den Rückgang der erteilten Visa für den
Ehegattennachzug vom 3. auf das 4. Quartal 2007 (d. h. nach Inkrafttreten
der Neuregelung zu Sprachanforderungen) um insgesamt ca. 40 Prozent und
bezogen auf die Türkei um 67,5 Prozent, und wie bewertet sie die Entwick-
lung im 1. Quartal des Jahres 2008?

a) Sieht die Bundesregierung in der besonderen negativen Betroffenheit tür-
kischer Staatsangehöriger eine indirekte Bestätigung der im Vorfeld der
Gesetzesänderung geäußerten Kritik, es handele sich um eine Regelung,
die insbesondere türkische Staatsangehörige diskriminiere bzw. belaste
(bitte begründen)?

b) Wenn die Zahlen der Visa zum Ehegattennachzug im 1. Quartal 2008
weiterhin deutlich unterhalb des Niveaus von vor der Gesetzesänderung
liegen, wird die Bundesregierung dann eine Änderung der Gesetzeslage
anstreben, weil die Behauptung z. B. von Staatsministerin Dr. Maria
Böhmer, niemand würde durch die geforderten Sprachkenntnisse am
Nachzug zum Ehepartner gehindert, sich als offenkundig falsch erwiesen
hat (wenn nein, bitte begründen)?

c) Falls die Bundesregierung andere Erklärungsfaktoren für den starken
Rückgang der erteilten Visa zum Ehegattennachzug als die Neuregelung

zu Sprachnachweisen vor der Einreise sieht, welche konkret sind dies,
und wie begründet sie ihre Auffassung?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8850

d) Wie bewertet die Bundesregierung vor dem Hintergrund des vorgeb-
lichen Gesetzeszwecks einer Bekämpfung von Zwangsverheiratungen
die Einschätzung, dass wer in der Lage sei, Ehen zu arrangieren, auch in
der Lage sei, Deutschkenntnisse zu arrangieren?

e) Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Gefahr,
dass der Druck zur Aufrechterhaltung einer erzwungenen Ehe noch stei-
gen könnte, wenn sich die notwendigen „Investitionen“ in die „Braut“
infolge der Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug erhöht haben?

f) Sieht die Bundesregierung eine (zumindest mittelbare) geschlechtsspezi-
fische Diskriminierung von Frauen darin, dass z. B. in der Türkei junge
Männer, die nicht lesen und schreiben können, grundsätzlich während des
Militärdienstes alphabetisiert werden (vgl. schriftliches Statement von
Günter Neuhaus, Leiter der Sprachkurse des Goethe-Instituts in Ankara,
anlässlich der Anhörung am 10. März 2008 im Unterausschuss Auswär-
tige Kultur- und Bildungspolitik) und sie sich dadurch in einer durch-
schnittlich viel kürzeren Zeit die für eine Einreise erforderlichen Sprach-
kenntnisse aneignen können als junge Frauen, die im Durchschnitt be-
trachtet häufiger zunächst Alphabetisierungskurse besuchen müssen, um
das geforderte Sprachniveau erreichen zu können, und die dadurch ver-
gleichsweise länger gezwungenermaßen von ihren Ehepartnern getrennt
leben müssen (bitte begründen)?

6. Hält die Bundesregierung die Sprachanforderungen auch in dem vom Evan-
gelischen Pressedienst (EPD) in einer Nachricht vom 6. Februar 2008 bei-
spielhaft dargestellten Fall für verhältnismäßig und zumutbar, in dem die
schwangere syrische Ehefrau eines Deutschen 1 000 km von der Hauptstadt
Damaskus entfernt wohnt und deshalb kein Goethe-Institut besuchen kann,
der Ehemann in der Folge einen teuren Privatlehrer bezahlen muss und es
dennoch unklar ist, ob die notwendigen Sprachkenntnisse noch vor der
Geburt des Kindes erlangt und nachgewiesen werden können, so dass die
Eheleute in der wichtigen Zeit der Schwangerschaft und Geburt zwangs-
weise voneinander getrennt leben müssen (bitte begründen)?

7. Hält die Bundesregierung die Sprachanforderungen auch in dem in den iaf-
Informationen 3/2007 dargestellten Fall für verhältnismäßig und zumutbar,
in dem ein Ehemann im Südlibanon zum Besuch eines 650 US-Dollar kos-
tenden Sprachkurses 1,5 Stunden in die nächste Großstadt fahren und zudem
unter finanziellen Einbußen sein eigenes Geschäft jeweils für einige Stunden
schließen muss (bitte begründen)?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung die von Hiltrud Stöcker-Zafari vom Ver-
band binationaler Familien und Partnerschaften geäußerte Kritik (vgl. EPD,
Nachricht vom 6. Februar 2008), wonach Menschen in abgelegenen Her-
kunftsregionen gezwungen seien, unter hohem Kostenaufwand für einige
Zeit in die Hauptstädte der Länder zu ziehen, um Sprachkurse besuchen zu
können, zumal es keine Fernkurse gebe?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass für den Sprachtest
„Standard Deutsch 1“ das Verstehen von 650 Wörtern erforderlich sei (vgl.
EPD, 6. Februar 2008), bzw. worauf genau begründet sie gegebenenfalls
hiervon abweichende Einschätzungen?

a) Wie bewertet die Bundesregierung den im benannten EPD-Bericht er-
wähnten Umstand, dass in Thailand wegen der anderen Schriftsprache
fast zwei Drittel der Zuzugswilligen erst einmal den Sprachtest nicht
bestehen würden, und welche Schlussfolgerungen zieht sie hieraus gege-
benenfalls?

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b) Ist die Angabe in dem EPD-Bericht vom 6. Februar 2008 zutreffend,
wonach 20 bis 30 Prozent der Prüfungsteilnehmerinnen und -teilnehmer
in der Türkei den Sprachtest „Standard Deutsch 1“ nicht bestehen (und
es anfangs noch mehr gewesen seien), oder ist die Einschätzung des
Leiters der Sprachkurse des Goethe-Instituts in Ankara, Günter Neuhaus,
zutreffend, der von einer „Durchfallerquote von ca. 30 bis 40 Prozent“
spricht (vgl. sein schriftliches Statement anlässlich der Anhörung am
10. März 2008 im Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungs-
politik), und über welche diesbezüglichen eigenen Angaben oder Er-
kenntnisse zur Bestehens- bzw. „Durchfallerquote“ bei Sprachtests
(„Standard Deutsch 1“) der Goethe-Institute weltweit bzw. bezogen auf
die Türkei verfügt die Bundesregierung?

c) Wie lang ist nach Auffassung der Bundesregierung die erforderliche
durchschnittliche Sprachlernzeit zur Erlangung des für eine Einreise in
die Bundesrepublik Deutschland erforderlichen Niveaus, wenn ange-
nommen und berücksichtigt wird, dass die „Durchfallerquote“ beim
Sprachtest „Standard Deutsch 1“ ein Drittel beträgt und die Betroffenen
entsprechend länger lernen müssen?

10. Kann die Bundesregierung im Grundsatz bestätigen, dass z. B. in Serbien
die Kosten für die empfohlenen zwei Vorbereitungskurse, nebst Prüfungs-
gebühr und etwaigem Lehrmaterial, zur Erreichung des Sprachniveaus A1
bei etwa 450 Euro liegen – bei einem Durchschnittslohn in Höhe von
ca. 200 bis 250 Euro monatlich –, und sieht sie diese Kosten bzw. die hier-
aus möglicherweise resultierenden langen Trennungszeiten des gemeinsa-
men Ehelebens als verhältnismäßig und zumutbar an (bitte begründen)?

11. Kann die Bundesregierung im Grundsatz bestätigen, dass die „Durchfaller-
quote“ bei Prüfungen „Deutsch Start 1“ am Goethe-Institut in Bangkok bei
60 bis 70 Prozent liegt (vgl. iaf-Informationen, 3/2007), und wenn ja, wie
bewertet sie dies, und welche Schlussfolgerungen zieht sie hieraus, wenn
nein, welche Informationen liegen ihr stattdessen vor?

a) Kann sie bestätigen, dass den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zur
Vorbereitung des Sprachtests in Bangkok deshalb empfohlen wird, nicht
nur einen Vorbereitungskurs, sondern zwei, drei oder mehr zu besuchen
(je nach Schulbildung) – was eine Vorbereitungsdauer von mindestens
drei Monaten bis zu Jahren und eine Vervielfachung der Kosten bedeu-
tet, und wenn ja, wie bewertet sie dies, und welche Schlussfolgerungen
zieht sie hieraus, wenn nein, welche Informationen liegen ihr stattdessen
vor?

b) Kann sie im Grundsatz bestätigen, dass rund um das Goethe-Institut in
Bangkok inzwischen Zimmer für 200 Euro Miete im Monat angeboten
werden für Menschen, die aus anderen Teilen des Landes kommen, um
die Sprachkurse des Goethe-Instituts nutzen zu können, und wenn ja,
wie bewertet sie dies angesichts eines Durchschnittsverdienstes in Höhe
von 200 Euro im Monat in ärmeren Landesteilen, wenn nein, welche In-
formationen liegen ihr stattdessen vor?

12. Inwieweit hält die Bundesregierung die durchschnittlichen Kosten für den
erforderlichen Sprachkurs inklusive der entsprechenden Prüfungsgebühr
über das Niveau A1 bei den Goethe-Instituten in Höhe von durchschnittlich
ca. 660 Euro (vgl. Bundestagsdrucksache 16/7288, Antwort zu Frage 7a)
– zuzüglich der häufig anfallenden Fahrt- und Unterbringungskosten und
Verdienstausfälle – und ihre Weigerung, diese Sprachkurse kostenlos anzu-
bieten – im Gegensatz etwa zur französischen Regelung (vgl. Bundestags-
drucksache 16/8175, Antwort zu Frage 5) –, für zumutbar und mit dem

Grundsatz der Gleichbehandlung für vereinbar, angesichts des Umstandes,

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dass die Ehegatten mehrerer Gruppen von Ausländerinnen und Ausländern
ohne vorherige Sprachnachweise einreisen dürfen und die Aufgabe der
Sprachförderung im Grundsatz als eine staatliche Aufgabe angesehen wird,
die deshalb auch seit 2005 als ein (zum Teil verpflichtendes) gesetzliches
Angebot vorgesehen ist, das nur geringe bzw. für Menschen mit geringem
Einkommen (derzeit mehr als die Hälfte aller Teilnehmerinnen und Teilneh-
mer) keine Gebühren kostet?

13. Wie ist der Umstand, dass vielfach ein Deutsch-Zertifikat bereits bei
Visumsantragstellung vorgelegt werden muss, weil andernfalls ein Antrag
wegen Unvollständigkeit nicht entgegengenommen wird (vgl. iaf-Informa-
tionen, 3/2007), mit der Antwort der Bundesregierung auf Bundestags-
drucksache 16/7288 (Frage 4b) vereinbar bzw. damit, dass Deutschkennt-
nisse im Prinzip auch anders nachgewiesen werden können, und was wird
die Bundesregierung unternehmen, um eine Antragstellung und ein Vi-
sumsverfahren auch ohne Vorlage eines Sprachzertifikats zu ermöglichen?

14. Wie werden die drei Goethe-Institute in der Türkei einen Anstieg von etwa
300 auf vermutlich 10 000 Sprachprüfungen im Jahr (vgl. Pressemitteilung
des stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Fritz Rudolf Körper vom
18. Februar 2008) bzw. 15 000 (schriftliches Statement von Günter
Neuhaus, Leiter der Sprachkurse des Goethe-Instituts Ankara, anlässlich
der Anhörung am 10. März 2008 im Unterausschuss Auswärtige Kultur-
und Bildungspolitik) bewältigen, und was ist diesbezüglich geplant?

15. a) Um wie viele Einzelfälle in welchem Zeitraum handelte es sich, auf die
sich die Äußerung von Staatsministerin Dr. Maria Böhmer gegenüber
dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan bezog, dass
türkische Männer in Deutschland ihren Ehefrauen verböten, an Deutsch-
kursen teilzunehmen (vgl. FAZ vom 24. November 2007), die sie auf
„Einzelfälle, die an den Arbeitsstab der Beauftragten … herangetragen
wurden“ (vgl. Bundestagsdrucksache 16/8175, Antwort zu Frage 9)
stützte?

b) Welche quantitativen Schlussfolgerungen sind aus den besagten Einzel-
fällen zulässig, und wie verbreitet ist nach Auffassung der Beauftragten
eine solche Praxis „türkischer Männer“?

c) Sind der Beauftragten solche Verbote auch von anderen als türkischen
Männern bekannt, und wenn ja, welcher Staatsangehörigkeit?

d) Wie ist es dann zu erklären, dass die Zahl der neuen Teilnehmerinnen
und Teilnehmer an Integrationskursen im Vergleich zur Zahl der zur
Teilnahme Verpflichteten bei türkischen Staatsangehörigen bedeutend
höher ist als bei anderen Staatsangehörigen (im ersten Halbjahr 2007
fast doppelt so hoch; vgl. Anlage 2 in Bundestagsdrucksache 16/7288,
Antwort zu Frage 3), und wie hoch ist der Anteil derjenigen, die ihrer
Verpflichtung zur Integrationskursteilnahme noch nicht nachgekommen
sind bei türkischen Staatsangehörigen im Vergleich zu anderen Staats-
angehörigen aktuell (zugleich Nachfrage zu Bundestagsdrucksache
16/7288, Antwort zu Frage 3a, hinsichtlich der fehlenden Angaben zu
absoluten und relativen Zahlen differenziert nach den zehn herkunfts-
stärksten Ländern)?

e) Ist die Erschwerung des Ehegattennachzugs durch allgemeine Sprach-
anforderungen vor der Einreise nach Auffassung der Beauftragten eine
verhältnismäßige und angemessene Reaktion auf die ihr bekannt gewor-
denen Einzelfälle?

Drucksache 16/8850 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

f) Welche anderen rechtlichen, politischen, sozialarbeiterischen usw. Mög-
lichkeiten bestehen nach Auffassung der Beauftragten in Fällen, in de-
nen Männer in Deutschland ihren Ehefrauen verbieten, einen Deutsch-
kurs zu besuchen, und was hat die Beauftragte in den an sie herangetra-
genen Einzelfällen konkret unternommen?

16. Was hat die von dem Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble,
auf seiner Türkeireise Anfang Februar 2008 zugesagte Prüfung des türki-
schen Vorschlags, deutsche Sprachkenntnisse in Deutschland erlernen zu
können und bei Nichtbestehen eines Tests nach beispielsweise sechs Mona-
ten wieder ausreisen zu müssen (vgl. FAZ und EPD vom 6. Februar 2008),
ergeben, wie und durch wen wurde diese Prüfung vorgenommen, und wie
war gegebenenfalls die Reaktion der türkischen Seite auf das Ergebnis die-
ser Prüfung?

Berlin, den 18. April 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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