BT-Drucksache 16/8724

Informationsarbeit der Bundeswehr an den Schulen

Vom 4. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8724
16. Wahlperiode 04. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Monika Knoche, Sevim
Dag˘delen, Diana Golze, Inge Höger, Ulla Jelpke, Dr. Lukrezia Jochimsen,
Michael Leutert, Elke Reinke, Paul Schäfer (Köln), Volker Schneider (Saarbrücken),
Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Informationsarbeit der Bundeswehr an den Schulen

Im November 2008 begeht die Bundeswehr das 50. Jubiläum der Jugendoffi-
ziere. Jugendoffiziere sind ein zentraler Bestandteil der Öffentlichkeitsstrategie
der Bundeswehr. Derzeit sind 94 hauptamtliche Jugendoffiziere im Einsatz, die
im Jahr 2007 6 601 Veranstaltungen im Bundesgebiet durchgeführt haben und
dabei 172 942 Schülerinnen und Schüler erreicht haben. Zur Aufgabenstellung
der Jugendoffiziere gehört u. a. die Vermittlung der diversen Aspekte der deut-
schen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in den Schulen, die Betreuung von
Lehrerinnen und Lehrern oder die Präsentation der Bundeswehr auf Fach- und
Verbrauchermessen. Die Arbeit der Jugendoffiziere war seit Anbeginn nicht
unumstritten. Zivilgesellschaftliche Akteure wie Gewerkschaftsgliederungen
oder Jugendverbände kritisieren vor allem, dass die Informationsarbeit der
Jugendoffiziere an den Schulen faktische Rekrutierungseffekte aufweist. Zu-
dem müsse die Vermittlung politischer Bildung durch Angehörige der Bundes-
wehr als interessenbesetzt und unausgewogen angesehen werden. Zivilgesell-
schaftliche Konfliktlösungsstrategien könnten von Militärangehörigen nicht
glaubhaft vermittelt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Wo lagen bzw. liegen geographische Schwerpunkte der Besuche, bzw.
werden Schulen in allen Bundesländern gleichermaßen besucht?

b) Werden mehr Schulen im ländlichen Raum oder mehr Schulen in Städten
und Großstädten besucht (bitte mit Begründung)?

2. a) Auf welche Jahrgangsstufen konzentrieren sich die Jugendoffiziere bei
ihren Besuchen (bitte mit Begründung)?

b) Werden Inhalte und Darstellung bei den Besuchen je nach Schultyp unter-
schiedlich gestaltet?

Wenn ja, in welcher Form, und warum?
3. a) Welche Qualifikationen und Kompetenzen müssen die Jugendoffiziere
vorweisen?

b) Beinhalten die vorzuweisenden Qualifikationen der Jugendoffiziere auch
Kenntnisse im Bereich der Pädagogik und Didaktik?

c) In welcher Form werden diese Qualifikationen und Kompetenzen über-
prüft?

Drucksache 16/8724 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. a) Welchen Stellenwert hat der Einsatz von Jugendoffizieren für die Ver-
mittlung der sicherheitspolitischen Vorstellung der Bundesregierung so-
wie für die Verbesserung des Images der Bundeswehr, und wie beurteilt
die Bundesregierung den Erfolg der Arbeit der Jugendoffiziere?

b) Welche Messkriterien legt sie hierbei an?

c) Wie ist es mit dem Auftrag der Schulen zu vereinbaren, dass die Jugend-
offiziere die Schülerinnen und Schüler nicht dazu anregen sollen, über
Für und Wider militärischer Streitkräfte zu reflektieren, sondern ledig-
lich die sicherheitspolitischen Vorgaben ihres Auftraggebers, also des
Bundesministeriums der Verteidigung, darstellen?

5. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit des Bundesverteidigungsministe-
riums mit der Kultusministerkonferenz?

6. a) In welcher inhaltlichen und organisatorischen Form findet eine Zusam-
menarbeit der Bundeswehr mit den Schulbehörden der Länder statt
(bitte nach einzelnen Ländern detailliert aufgliedern)?

b) Gibt es Kontakte der Bundeswehr zu Elternräten und Gewerkschaften,
und wenn ja, wie sind diese beschaffen?

7. a) Wie wird sichergestellt, dass die Arbeit der Bundeswehr an den Schulen
den Vorgaben des Beutelsbacher Konsens gerecht wird?

b) Welche Rolle spielen zivilgesellschaftliche Konfliktlösungsstrategien in
der Informationsarbeit der Bundeswehr?

8. a) Wie viel Geld wurde für die Informationsarbeit der Bundeswehr an den
Schulen von 2002 bis 2007 zur Verfügung gestellt (bitte nach Jahren,
Personal- und Materialkosten einzeln aufschlüsseln)?

b) Wie viel Geld ist für 2008 vorgesehen?

9. a) Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen die Schulleitung oder
einzelne Lehrkräfte die Unterstützung von Jugendoffizieren im Unter-
richt abgelehnt haben?

Wenn nein, wird die Kooperation mit dem schulischen Lehrpersonal in
Bezug auf diese möglichen Reaktionen evaluiert?

10. Haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, die Teilnahme an Infor-
mationsveranstaltungen der Bundeswehr zu verweigern?

Wenn ja, kann die Bundesregierung sicherstellen, dass Schülerinnen und
Schüler über diese Möglichkeit informiert werden?

Wenn nein, warum nicht?

11. a) Welchen weiteren Einfluss nimmt die Bundeswehr an Schulen und im
Unterricht wahr (z. B. Gestaltung von Lehrmaterialien)?

b) Wie bewertet die Bundesregierung diesen Einfluss, und welche Erkennt-
nisse hat sie darüber, welchen Gebrauch die Schulen von den angebote-
nen Lehrmaterialien machen?

12. Welche Überlegungen haben dazu geführt, dass die Jugendoffiziere im Jahr
2007 die Einsätze an Haupt- und Realschulen gesenkt und die Einsätze an
Gymnasien und Berufsschulen erhöht haben?

Ist beabsichtigt, diesen Trend fortzuführen?

13. Welche Bedeutung haben Haupt-, Real-, Berufs- und Gymnasialschüler
jeweils für den Personalergänzungsbedarf der Bundeswehr und für die per-
sonalwerbliche Tätigkeit, und welche Unterschiede gibt es hierbei zwi-

schen alten und neuen Bundesländern?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8724

14. Inwiefern fließen die Erfahrungen der Jugendoffiziere bei der Konzipie-
rung der personalwerblichen Tätigkeiten der Bundeswehr ein, und welche
Einrichtungen der Bundeswehr sind an der entsprechenden Verwertung der
Erfahrungen der Jugendoffiziere beteiligt?

Berlin, den 31. März 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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