BT-Drucksache 16/8631

Auswirkungen der Bergbaukrise im Saarland auf das Steinkohlefinanzierungsgesetz und die Aufgaben der RAG-Stiftung

Vom 18. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8631
16. Wahlperiode 18. 03. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Oskar Lafontaine, Ulla Lötzer, Volker Schneider
(Saarbrücken) und der Fraktion DIE LINKE.

Auswirkungen der Bergbaukrise im Saarland auf das Steinkohlefinanzierungs-
gesetz und die Aufgaben der RAG-Stiftung

Ein Erdbeben der Stärke 4,0 führte am 23. Februar 2008 zum Aussetzen des
Steinkohleabbaus im Bergwerk Saar. Als Ursache der Erschütterung wurde die
Auskohlung im Zusammenhang mit der örtlichen geologischen Struktur fest-
gemacht. Die CDU-Landesregierung unter Ministerpräsident Peter Müller geht
davon aus, dass der Vorfall „das Ende des Bergbaus im Saarland markieren
kann“ (Regierungserklärung vom 5. März 2008).

Der Bergbaustopp gefährdet bis zu 10 000 Arbeitsplätze. Bisher hat die Landes-
regierung kein Konzept für die von der Stilllegung betroffenen Bergleute und
Beschäftigten der Zulieferunternehmen vorgelegt. Zurzeit erhalten 4 147 Mit-
arbeiter der Deutschen Steinkohle AG (DSK) rückwirkend zum 23. Februar
2008 zunächst befristet bis zum 31. März dieses Jahres durch die Bundes-
agentur für Arbeit (BA) Kurzarbeitergeld.

Ein vorzeitiges Ende des Saar-Bergbaus hätte erhebliche Auswirkungen auf die
Rahmenvereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern Nordrhein-Westfalen
und Saarland, der Ruhrkohle AG (RAG) und der Industriegewerkschaft Berg-
bau, Chemie und Energie (IGBCE). Diese hatten sich darauf verständigt, „die
subventionierte Förderung der Steinkohle in Deutschland zum Ende des Jahres
2018 sozialverträglich zu beenden“. Voraussetzung war die Zustimmung des
Deutschen Bundestages zum Steinkohlefinanzierungsgesetz sowie die Einset-
zung der RAG-Stiftung und deren Mittelausstattung insbesondere aus dem Ver-
kaufserlös durch den Börsengang des so genannten Weißen Bereichs der RAG.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Änderungen erwartet die Bundesregierung im Finanzplafond des
Steinkohlefinanzierungsgesetzes bezüglich der jährlich festgelegten Mittel,
wenn der Bergbau im Saarland nicht wieder aufgenommen wird?

2. Wird die Bundesregierung Mittel aus den Finanzplafonds, die im Zusam-
menhang mit einem vorzeitigen Ende des Bergbaus im Saarland nicht abge-

rufen oder zurückgezahlt werden würden, unmittelbar für bergbaubedingte
Schäden oder zur sozialen Absicherung bzw. zur Umschulung von im Berg-
bau Beschäftigten im Saarland einsetzen; wenn ja in welcher Form, wenn
nein warum nicht?

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3. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, nicht abgerufene Mittel aus den
Finanzplafonds in die RAG-Stiftung zu überführen, um über diesen Weg
Bergleute und Bergbaubetroffene im Saarland zu unterstützen; wenn ja, in
welcher Weise, wenn nein, welcher Verwendung werden nicht abgerufene
oder zurückgezahlte Mittel zugeführt?

4. Welche Zechen sollen nach Kenntnis der Bundesregierung – unabhängig
von den Ereignissen im Saarland – aufgrund der Vereinbarung zum Stein-
kohleausstieg bis einschließlich 2018 stillgelegt werden (bitte jeweils Jahr
des Betriebsendes, Zechenname, Standort und Bundesland angeben), wel-
che jährlichen Fördermengen waren jeweils vorgesehen (bitte aufgeschlüs-
selt nach den einzelnen Zechen einzeln für die Jahre 2008 bis 2018 in Ton-
nen), und wie hoch ist jeweils die Zahl der Beschäftigten?

5. Nach welchen Kriterien ist die Festlegung einer Reihenfolge zur Schlie-
ßung der einzelnen Zechen im Rahmen der Vereinbarung zum Steinkohle-
ausstieg aus Sicht der Bundesregierung sinnvoll, und wie wird das Vor-
gehen begründet?

6. Wie hoch ist die jährliche Steinkohle-Fördermenge des von der jetzigen
Stilllegung betroffenen Bergwerks Saar, welche jährliche Fördermenge ist
bis einschließlich 2018 vorgesehen gewesen (bitte aufgeschlüsselt einzeln
für die Jahre 2008 bis 2018 in Tonnen), und welcher Verwendung wird die
Kohle zugeführt bzw. soll sie zugeführt werden?

7. Wie lange können die Saar-Bergleute der DSK maximal Kurzarbeitergeld
der BA beziehen, und von welchen einzelnen Bedingungen ist dies ab-
hängig?

8. Dürfen die DSK-Beschäftigten im Saarland auch dann noch Kurzarbeiter-
geld der BA erhalten, wenn sich die Landesregierung auf ein endgültiges
Ende des Steinkohlebergbaus im Saarland festlegt, und was ist die recht-
liche Begründung?

9. Ab wann und in welcher Weise kommt die Vereinbarung zum Steinkohle-
ausstieg für das Saarbergwerk zum tragen, wenn sich die Saarländische
Landesregierung oder die DSK darauf festlegt, den Steinkohleabbau im
Saarland nicht wieder aufzunehmen?

10. Kann die RAG-Stiftung im Falle eines Bergbauendes im Saarland im Sinne
der Satzung innerhalb eines Jahres (bezogen auf den 23. Februar 2008)
Mittel für das Saarland bereitstellen; wenn ja, in welcher Höhe und wofür,
wenn nein, welche rechtlichen Gründe sprechen dagegen, und ab welchem
Zeitpunkt wäre dies möglich?

11. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung bezüglich der Ver-
einbarung zum Steinkohleausstieg für das Bundesland Nordrhein-West-
falen (NRW), wenn der Bergbau im Saarland nicht wieder aufgenommen
wird?

12. Werden einzelne Zechen in NRW im Falle eines Bergbauendes im Saarland
länger betrieben als vorgesehen, wenn ja, auf welcher Grundlage und wie
lange, wenn nein, inwieweit ist eine Finanzierung aufgrund des vorzeitig
höheren Stilllegungsanteils durch die RAG-Stiftung zu jeder Zeit sicher-
gestellt?

13. Sind nach Ansicht der Bundesregierung bei einer Beendigung des Saar-
Bergbaus Neuverhandlungen bzw. Nachverhandlungen zwischen dem
Bund, den Ländern Nordrhein-Westfalen und Saarland, der RAG AG und
der IGBCE erforderlich (bitte begründen)?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8631

14. Hat die Bundesregierung ein Interesse an der Kenntnis über den Zeitpunkt
des Börsengangs des RAG-Beteiligungskonzerns, jetzt Evonik Industries
AG; wenn nein, warum nicht, wenn ja, mittels welcher Personen der
Evonik und der RAG-Stiftung lässt sich die Bundesregierung informieren?

15. Erwartet die Bundesregierung noch in diesem Jahr eine Platzierung der
Evonik an der Börse, wenn ja, wann und unter welchen Bedingungen,
wenn nein, welche Folgen ergeben sich daraus für die Finanzen der RAG-
Stiftung?

16. Welchen Erlös erwartet die Bundesregierung durch den vorgesehenen
RAG-Börsengang unter Berücksichtigung der aktuellen Krise an den
Finanzplätzen?

17. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Erlöse des Evonik-Börsen-
gangs, die der RAG-Stiftung zufließen sollen, zur Finanzierung der Ewig-
keitslasten des Steinkohlebergbaus ausreichen werden, und wie schließt sie
aus, dass bei einer Deckungslücke Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Be-
wältigung der Ewigkeitslasten zugeschossen werden müssen?

Berlin, den 17. März 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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