BT-Drucksache 16/847

Hochschulen öffnen - BAföG ausweiten

Vom 8. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/847
16. Wahlperiode 08. 03. 2006

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider
(Saarbrücken), Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Hochschulen öffnen – BAföG ausweiten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass das Bundesausbildungsförderungs-
gesetz (BAföG) in seiner aktuellen Ausgestaltung hinter seinem Anspruch zu-
rückbleibt, allen Studieninteressierten eine der Neigung, Eignung und Leistung
entsprechende Ausbildung zu ermöglichen. Dies führt in Verbindung mit ande-
ren Faktoren – etwa den Auswirkungen des stark sozial selektiv wirkenden
mehrgliedrigen Schulsystems, der Einführung von Studiengebühren oder der
Zunahme individueller Auswahlverfahren – zu einer deutlichen Unterrepräsen-
tanz und Benachteiligung von Menschen aus sozial schlechter situierten Lebens-
verhältnissen in der Hochschulbildung.

II. Der Deutsche Bundestag appelliert an die Bundesregierung, den ab Sommer-
semester 2007 zur Verfügung stehenden Studienkredit der Kreditanstalt für
Wiederaufbau nicht zu instrumentalisieren, um Einschränkungen beim BAföG
zu legitimieren oder notwendigen Anpassungsbedarf weiter zu verschleppen. Er
fordert die Bundesregierung auf, kurzfristig eine BAföG-Novelle auf den Weg
zu bringen und die dafür notwendigen Mittel im Bundeshaushalt einzustellen.
Mit der Novelle ist das BAföG den aktuellen Studienrealitäten anzupassen und
auszuweiten. Dazu sind mindestens die folgenden Punkte zu regeln:

● Die Anpassung der Bedarfssätze und der Freibeträge vom anzurechnenden
Elterneinkommen an die Entwicklung von Lebenshaltungskosten, Einkom-
men und des Mietniveaus muss im BAföG gesetzlich verankert werden.

● Im Masterstudium ist unabhängig vom Kriterium der Konsekutivität ein För-
deranspruch zu garantieren. Die Altersgrenze von 30 Jahren bei der Auf-
nahme eines Masterstudiums muss wegfallen.

● Der Anspruchszeitraum muss an die durchschnittliche Studiendauer anstelle
der bisherigen Regelstudienzeit angepasst werden. Dazu muss im BAföG
geregelt werden, dass die Hochschulen bei einer Überschreitung der Regel-
studienzeit durch die Studierenden den Nachweis erbringen müssen, dass das
Studium in der Regelstudienzeit hätte abgeschlossen werden können. Wenn

dieser Nachweis nicht möglich ist, da beispielsweise Seminare zu voll waren
oder Praktikaplätze fehlten, wird der Anspruchszeitraum um die entspre-
chende Zeit verlängert.

● Die elternunabhängige Förderung muss unter anderem durch Verringerung
der nachzuweisenden Zeit einer vorherigen Arbeitstätigkeit von fünf auf
höchstens drei Jahre – unabhängig davon ob es vorher eine Ausbildung gege-
ben hat oder nicht – ausgeweitet werden.

Drucksache 16/847 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
● Der Freibetrag bei eigenem Vermögen muss auf mindestens 10 000 Euro und
die Anrechnungsgrenze bei eigenem Jahreseinkommen auf durchschnittlich
mindestens 400 Euro monatlich angehoben werden.

● Die Zeiten mit Förderanspruch zwischen zwei Ausbildungsabschnitten
(beispielsweise zwischen Bachelor- und Masterstudium oder bei einem
Auslandsaufenthalt) müssen auf mindestens drei Monate ausgeweitet wer-
den.

● Bei studienbedingtem Fremdsprachenerwerb ist eine Verlängerung der För-
derungshöchstdauer bei allen Fremdsprachen – also auch bei Englisch, Fran-
zösisch und Latein – zu sichern.

III. Der Deutsche Bundestag bekräftigt die Notwendigkeit, das BAföG im Inte-
resse eines offenen und sozial gerechten Hochschulzugangs mittelfristig zu einer
elternunabhängigen und bedarfsdeckenden Grundsicherung mit Vollzuschuss
auszubauen. Diese Grundsicherung soll auch Schülerinnen und Schülern der
Oberstufe, Auszubildenden in außerbetrieblichen oder vollzeitschulischen Aus-
bildungsgängen und Erwachsenen während der Teilnahme an Weiterbildungs-
maßnahmen zur Verfügung stehen.

Berlin, den 8. März 2006

Cornelia Hirsch
Dr. Petra Sitte
Volker Schneider (Saarbrücken)
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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