BT-Drucksache 16/8399

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/7835- Einfuhrverbot für den gentechnisch veränderten Mais MON810 anordnen und den Verkauf von MON810-Saatgut stoppen

Vom 5. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8399
16. Wahlperiode 05. 03. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/7835 –

Einfuhrverbot für den gentechnisch veränderten Mais MON810 anordnen
und den Verkauf von MON810-Saatgut stoppen

A. Problem

Seit der Zulassung von MON810 durch die EU-Kommission vor rund zehn
Jahren wurden neue wissenschaftliche Studien vorgelegt, die Zweifel an der ge-
sundheitlichen und ökologischen Unbedenklichkeit aufkommen ließen. Danach
schädigt das von dem gentechnisch veränderten Mais MON810 produzierte
Gift nicht nur Mais-Schädlinge, sondern auch Nichtzielorganismen. Frankreich
sowie zahlreiche andere EU-Länder wie Griechenland, Österreich, Polen und
Ungarn haben bereits die Schutzklausel in Artikel 23 der Freisetzungs-Richt-
linie in Anspruch genommen und ein nationales Einfuhrverbot für MON810-
Mais erwirkt.

Die Bundesregierung soll deshalb im Wesentlichen aufgefordert werden, den
Verkauf von MON810-Saatgut zu stoppen, ein Ruhen der Inverkehrbringensre-
gelung für Produkte aus MON810 entsprechend Artikel 23 der RL 2001/18/EG
einzuleiten sowie sich auf EU-Ebene gegen eine Neuzulassung von MON810
einzusetzen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/7835 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/8399 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/7835 abzulehnen.

Berlin, den 20. Februar 2008

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ulrike Höfken
Vorsitzende und
Berichterstatterin

Dr. Max Lehmer
Berichterstatter

Elvira Drobinski-Weiß
Berichterstatterin

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8399

Bericht der Abgeordneten Dr. Max Lehmer, Elvira Drobinski-Weiß,
Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Kirsten Tackmann und Ulrike Höfken

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/7835 in seiner 140. Sitzung am 25. Januar 2008 beraten
und an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz zur federführenden Beratung und an den
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,
den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung sowie den Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Schutz von Mensch und Umwelt muss oberstes Ziel im
deutschen und auch im europäischen Recht sein.

Nach Artikel 23 der Richtlinie (RL) 2001/18/EG können
Mitgliedsländer aufgrund neuer oder zusätzlicher Informa-
tionen, die sie seit dem Tag der Zustimmung erhalten haben,
den Einsatz und/oder Verkauf eines gentechnisch veränder-
ten Organismus in ihrem Hoheitsgebiet vorübergehend ein-
schränken oder verbieten.

Seit der Zulassung von MON810 durch die EU-Kommis-
sion vor rund zehn Jahren wurden neue wissenschaftliche
Studien vorgelegt, die Zweifel an der gesundheitlichen und
ökologischen Unbedenklichkeit aufkommen ließen. Danach
schädigt das von dem gentechnisch veränderten Mais
MON810 produzierte Gift nicht nur Mais-Schädlinge, son-
dern auch Nichtzielorganismen. Frankreich sowie zahlrei-
che andere EU-Länder wie Griechenland, Österreich, Polen
und Ungarn haben bereits die Schutzklausel in Artikel 23
der Freisetzungs-Richtlinie in Anspruch genommen und ein
nationales Einfuhrverbot für MON810-Mais erwirkt.

Die Bundesregierung soll daher im Wesentlichen dazu auf-
gefordert werden,

● den Verkauf von MON810-Saatgut zu stoppen,

● ein Ruhen der Inverkehrbringensregelung für Produkte
aus MON810 entsprechend Artikel 23 der RL 2001/18/
EG einzuleiten,

● sich auf EU-Ebene gegen eine Neuzulassung von
MON810 einzusetzen sowie

● sich für eine Verbesserung des EU-Zulassungsverfahrens
für gentechnisch veränderte Pflanzen, insbesondere im
Hinblick auf Transparenz und Berücksichtigung unab-
hängiger Experten, einzusetzen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat die Vorlage auf Drucksache 16/7835 in seiner
55. Sitzung am 20. Februar 2008 beraten und empfiehlt die
Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlage auf Drucksache 16/7835 in
seiner 52. Sitzung am 20. Februar 2008 beraten und emp-
fiehlt die Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktio-
nen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union hat die Vorlage auf Drucksache 16/7835 in
seiner 52. Sitzung am 20. Februar 2008 beraten und emp-
fiehlt die Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE.

IV. Beratungsverlauf im federführenden
Ausschuss

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 16/7835 in sei-
ner 70. Sitzung am 20. Februar 2008 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU ergänzte, dass hinsichtlich
des wiederholt geforderten Verkaufsverbots von MON810
regelmäßig nur auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse
und Monitoring-Probleme verwiesen werde. Diese seien
jedoch nicht erkennbar. Ergebnis intensivster Recherche sei
vielmehr, dass bis heute keine neuen Erkenntnisse über ein
erweitertes Risiko vorlägen. Daher bestehe auch kein An-
lass, Einfuhr- und Verkaufsverbote anzuordnen und den An-
bau zu stoppen. Deshalb könne der Antrag nur abgelehnt
werden.

Die Fraktion der SPD stellte fest, dass zeitgleich mit dem
Beschluss des Gentechnikgesetzes in Frankreich die Einfuhr
von MON810 verboten worden sei. In diesem Zusammen-
hang müsse man sich fragen, weshalb eine französische Stu-
die die dortige Regierung zur Anordnung eines Einfuhrver-
bots bewege und in Deutschland hingegen keine gravieren-
den Schwierigkeiten festgestellt würden. Man habe in
Deutschland zwar ein detailliertes Monitoring, dieses greife
zurzeit aber noch nicht. Die Punkte Resistenzen und Durch-
wuchsproblematik sollten durchaus Anlass für eine dies-
bezügliche Kontaktierung Frankreichs und gemeinsame Be-
obachtungen und Zusammenarbeit dazu sein.

Die Fraktion der FDP konstatierte, Gegenstand des vorlie-
genden Antrags sei die Anordnung eines Einfuhr- und Ver-
kaufsverbots von MON810. Eine Forderung nach einer an-
deren Art des Monitoring lasse der Antrag nicht erkennen.
Daher solle eine Diskussion zum Thema Monitoring nicht
zu diesem, sondern im Rahmen eines eigenen Tagesord-
nungspunktes geführt werden. Dazu lege man seine Vorstel-
lungen dann auch gerne dar. Es werde kein Grund für ein
Verkaufsverbot von MON810 gesehen. Während der zehn-
jährigen Anbauzeit von MON810 seien weder von Umwelt-
verbänden noch von sonstigen Organisationen Schäden an
Umwelt, Tier oder Mensch dargelegt worden. Mit Blick auf
die Begründungen von Verkaufverboten von MON810 be-
stimmter EU-Mitgliedstaaten sei dem zuständigen Bundes-

Drucksache 16/8399 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
minister zuzustimmen, wonach Zulassungen auf wissen-
schaftlichere und objektivere Grundlagen zu stellen seien.
Zudem habe die EFSA dem Verkauf von MON810 zuge-
stimmt. Angesichts wissenschaftlich eher fragwürdiger For-
schungsberichte und Untersuchungen, etwa an Bt 176 Mais,
erscheine es als absurd, sich auf Vorgaben anderer Länder
zu berufen. Auch könnten andere Länder wegen unter-
schiedlich großer Anbauflächen mit MON810 kein Vorbild
für hiesiges Verhalten sein. Vielmehr begrüße man die Aus-
sage des Ministers, wonach MON810 in Deutschland ver-
kauft werden könne.

Die Fraktion DIE LINKE. hob hervor, dass das Moni-
toring-Verfahren schon thematisiert werden müsse. Es bilde
die Grundlage für die Wiederzulassung des Verkaufs von
MON810. Es gebe im vorgelegten Monitoring-Plan durch-
aus Lücken, die vom Bundesamt für Naturschutz aufgefüllt
werden sollen. In diesem Zusammenhang sei durchaus frag-
lich, in welcher Art und Weise der konventionelle Anbau und
Handel mit MON810 unter diesen Bedingungen weiter fort-
geführt werden könne. Die Berufung von vier Ländern auf
die Schutzklausel des Artikels 23 zeige, dass es dagegen
offensichtlich Bedenken gebe. Im vorigen Jahr seien entge-
gen anderslautender Stimmen sehr wohl zwei neue Aspekte
in die Debatte eingeführt worden. Zum einen sei dies der
schwankende Gehalt an Bt-Toxin in den Pflanzen. Diese bis-
lang eher unbekannten Schwankungen des Bt-Toxin-Gehal-
tes führten auch zur Entwicklung von Resistenzen, insbeson-

dere unterhalb der Toxizität oder Letalität. Der zweite Aspekt
sei die Durchwuchsproblematik, die sich erstmalig im ver-
gangenen Jahr prominent dargestellt habe. Vor diesem Hin-
tergrund gebe es genügend Hinweise, sich auf Artikel 23 zu
beziehen und ein Anbauverbot anzuordnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erläuterte die
Vorgehensweise von Monsanto bei dem für die Wiederzu-
lassung des Verkaufs von MON810 erforderlichen Monito-
ring am Beispiel eines Schreibens des Jagdschutzverbandes.
Kritikwürdig sei, dass solche Organisationen plötzlich, ohne
vorherige Kenntnis oder Kontaktierung seitens Monsanto in
Monitoring-Programme einbezogen würden. Anliegen der
Verbände sei insbesondere, nicht länger in die Monitoring-
Absichten von Monsanto einbezogen zu werden. Zudem
hielten sie ihre Programme, wie etwa das Wildtier-Moni-
toring-Programm des Jagdschutzverbandes, als Grundlage
für ein solches Monitoring für ungeeignet. Auch habe das
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicher-
heit ohne vorherige Eignungsprüfung der Monitoring-Pro-
gramme die Wiederzulassung für den Verkauf erteilt.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den
Antrag auf Drucksache 16/7835 abzulehnen.

Berlin, den 20. Februar 2008

Dr. Max Lehmer
Berichterstatter

Elvira Drobinski-Weiß
Berichterstatterin

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Ulrike Höfken
Berichterstatterin

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