BT-Drucksache 16/8267

Umsetzung des Lärmsanierungsprogramms an den Schienenwegen des Bundes

Vom 21. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8267
16. Wahlperiode 21. 02. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Peter Hettlich,
Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Bettina Herlitzius, Bärbel Höhn, Ulrike Höfken,
Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung des Lärmsanierungsprogramms an den Schienenwegen des Bundes

Im Jahr 1999 hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung (BMVBS) erstmals jährlich einen Betrag in Höhe von 100 Mio. DM be-
ziehungsweise rund 51 Mio. Euro für ein Programm „Maßnahmen zur Lärm-
sanierung an bestehenden Schienenwegen des Bundes“ in den Bundeshaushalt
eingestellt. Diese Mittel wurden weiter aufgestockt, so dass seit 2007 hierfür im
Bundeshaushalt 100 Mio. Euro zur Verfügung stehen. Das BMVBS stellte im
Geschäftsjahr 2007 weitere 50 Mio. Euro aus Haushaltsrückständen des Bun-
des für die Beschleunigung der Umsetzung von Lärmsanierungsmaßnahmen
für die DB Netz AG in Aussicht. Mit dem Programm werden Lärmschutzmaß-
nahmen an Schienenwegen realisiert. Zunächst waren vorrangig Sanierungs-
maßnahmen bei Härtefällen an bestehenden Schienenstrecken durchgeführt
worden. Das Programm wird von der Deutsche Bahn AG (DB AG) abgewi-
ckelt. Die operative Gesamtprojektleitung (Bauherrenfunktion) für die vor-
dringlich zu bearbeitenden Lärmsanierungsabschnitte nimmt im Auftrag der
DB Netz AG die DB ProjektBau GmbH ein. Inzwischen ist der Gesamtbestand
der Lärmsituation an den Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes erfasst.
Das BMVBS hat in Zusammenarbeit mit der DB AG eine Gesamtkonzeption
für die Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des
Bundes erstellt. Informationen einer DB-internen Sachstandsanalyse zum Jah-
resabschluss 2007 „Lärmsanierungsprogramm an Schienenwegen des Bundes“
zur Folge werden massive Mängel bei der Umsetzung des Programms fest-
gestellt. Weiter wird kritisiert, dass die Mittel mehrfach nicht in vollem Umfang
abgerufen wurden und die Kosten für die Projektabwicklung und Planung die
Kosten für die eigentlichen Sanierungsmaßnahmen deutlich übersteigen. Das
würde bedeuten, dass die DB AG deutlich zu hohe Projektabwicklungskosten
veranschlagt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist es richtig, dass das BMVBS im Geschäftsjahr 2007 zusätzliche 50 Mio.

Euro aus Haushaltsrückständen des Bundes für die Beschleunigung der Um-
setzung von Lärmsanierungsmaßnahmen für die DB Netz AG in Aussicht
stellte?

Drucksache 16/8267 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Trifft es zu, dass der Vorstand der DB Netz AG diese zusätzlichen Mittel
ohne Begründung gegenüber dem BMVBS abgelehnt hat?

Wenn ja, warum, und wie beurteilt die Bundesregierung diese Entschei-
dung?

3. Welche Mittel sind in den Jahren 1999 bis 2007 pro Jahr an die DB AG zur
Abwicklung des Programms geflossen bzw. welche Mittel hat die DB AG
tatsächlich pro Jahr abgerufen?

4. Ist es richtig, dass im Jahr 2007 von den bereitgestellten 150 Mio. Euro
bzw. 100 Mio. Euro aus dem Bundeshaushalt lediglich ca. 45 Mio. Euro
für Lärmsanierungsmaßnahmen für die tatsächliche Bauausführung ver-
ausgabt wurden?

5. Trifft die Behauptung zu, dass seit dem Jahr 2000 jedes Jahr trotz Auf-
stockung der Mittel nicht einmal 50 Prozent der zur Verfügung gestellten
Mittel tatsächlich in Lärmschutzmaßnahmen investiert worden sind?

6. Wie groß war in den Jahren 1999 bis 2007 der Anteil der Mittel der von der
DB AG für Planungsleistungen veranschlagt wurde?

7. Wie groß war in den Jahren 1999 bis 2007 der Anteil der Mittel der von der
DB AG für Lärmsanierungsmaßnahmen veranschlagt wurde?

8. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass im Jahr 2007 zusätzlich wei-
tere ca. 17 Mio. Euro nur für Planungsleistungen der DB Netz AG für das
Lärmsanierungsprogramm durch den Bundeshaushalt finanziert wurden?

9. Trifft es zu, dass in den neuen Bundesländern nur Sanierungsmaßnahmen
im Unfang von 1,9 Mio. Euro vorgenommen wurden, dem gegenüber die
DB Netz AG hierfür jedoch ca. 2,1 Mio. Euro Planungsmittel verausgabt,
und gegenüber der DB AG abgerechnet hat?

10. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der nachgewiesene
Planungskostenanteil in Ingenieur- und Planungsbüros bei vergleichbaren
Planungsleistungen deutlich niedriger, bei ca. 8 bis 12 Prozent, als bei der
DB AG liegt?

11. Wurde mit der ausführenden DB AG ein Planungskostenanteil von 13 Pro-
zent vereinbart?

Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt?

12. Ist es richtig, dass die DB Netz AG vom Bund einen 18-prozentigen
Planungs- und Verwaltungskostenzuschuss auf alle Bauleistungen für ihren
eigenen Aufwand erhält?

13. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die DB Projektbau GmbH ent-
sprechend ihrem Projektvertrag mit der DB Netz AG ihren Aufwand bei
der DB Netz AG mit jährlich weit über 30 Prozent Planungskostenanteil in
Rechnung stellt?

14. Trifft zu, dass inzwischen der Anteil auf 18 Prozent Planungskosten ange-
hoben worden ist?

Wenn ja, mit welcher Begründung?

15. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass in der Honorarordnung für
Architekten und Ingenieure (HOAI) weit geringere Planungskostenanteile
vorgegeben sind?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8267

16. Ist nach Auffassung der Bundesregierung die Honorarordnung für Archi-
tekten und Ingenieure derzeit so ausgelegt, dass es möglich ist, einen Pla-
nungskostenanteil der weit über 50 Prozent der Sanierungsmaßnahmen
beträgt, in Anschlag zu bringen?

Wenn ja, was will die Bundesregierung tun, um diesem Umstand abzuhel-
fen?

17. Warum werden die Lärmsanierungsprojekte nicht ausgeschrieben, um
durch Wettbewerb eine realistische Preisbemessung zu erzielen?

18. Welches Monitoring sieht die Bundesregierung vor, um die dem Auftrag
entsprechende Abwicklung des Lärmsanierungsprogramms durch die
DB AG zu prüfen?

19. Hat die Bundesregierung das Eisenbahn-Bundesamt (EBA), als finanz-
hoheitlich zuständige Aufsichtsbehörde für die Abwicklung des Pro-
gramms, mit der Evaluierung des Lärmsanierungsprogramms beauftragt?

20. Welche Berichte des EBA liegen der Bundesregierung vor?

21. Wenn nicht, beabsichtigt die Bundesregierung das Programm einer exter-
nen Begutachtung zu unterziehen?

22. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass der Anteil der passiven Sanie-
rungsmaßnahmen, z. B. der Einbau der Schallschutzfenster und Lüftungs-
einrichtungen, überproportional rückläufig ist?

23. Trifft es zu, dass der Bau von Schallschutzwänden gegenüber den Maßnah-
men zum passiven Schallschutz stark zugenommen hat?

24. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass mehr als 60 Prozent aller
Eisenbahnüberführungen in einem schlechten Zustand sind und hier kurz-
fristig durch die DB Netz AG Infrastruktur erhaltende wie lärmmindernde
Instandsetzungs- und Ersatzmaßnahmen zu veranlassen wären?

25. Hat die Bundesregierung die DB AG im Jahr 2007 aufgefordert, mit dem
im Lärmsanierungsprogramm bereitgestellten Geld auch Maßnahmen zur
Brückenentdröhnung umzusetzen?

26. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die DB Netz AG für die
Sanierung der Eisenbahnüberführungen zuständig ist und hierzu auch
Schallschutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik gehören, die durch
die DB Netz AG Bahn finanziert werden müssen?

27. Trifft es zu, dass die im Jahr 2007 durch den Bund geforderten und geför-
derten Schienenschmiereinrichtungen gegen Lärmbelastungen an Schie-
nenkurven von der Bahn nicht eingebaut wurden?

Wenn ja, was unternimmt die Bundesregierung dagegen?

28. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass jenes seit 2007 durch den Bund
geforderte und geförderte Verfahren des „Besonders überwachten Gleises –
akustisches Schienenschleifen“ (BüG) nicht zur Ausführung kam?

Wenn ja, warum nicht?

29. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine optimale Lärmreduk-
tion nur mit einer Kombination von Maßnahmen wie dem Einbau der
K-Sohlen (Kunststoffbremsbeläge) und einem regelmäßigen akustischen
Schienenschleifen erreicht werden kann?

30. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass im Rahmen des Lärmsanie-
rungsprogramms diese Verfahren zur Reduzierung des Fahrgeräuschs an-
gewendet werden?

Drucksache 16/8267 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
31. Hält sich nach Auffassung der Bundesregierung die DB AG bei der Ab-
wicklung und Umsetzung des Programms an die Kriterien der entsprechen-
den Förderrichtlinie respektive entspricht nach Ansicht der Bundesregierung
die Priorisierung der Lärmsanierung den Kriterien der Förderrichtlinie?

32. Behält sich die Bundesregierung ein Mitspracherecht beim Einsatz der
Mittel bzw. der Schwerpunktsetzung?

33. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die DB AG bei der Lärmsanie-
rung Streckenabschnitte bevorzugt, auf denen sie in den nächsten Jahren
den Güterverkehr wesentlich erhöhen will, die jedoch nicht den geltenden
Förderkriterien entsprechen?

34. Sind der Bundesregierung Sanierungsabschnitte bekannt, die nicht den
Auswahlkriterien entsprechen?

Wenn ja, wann und durch wen wurde die Bundesregierung darüber in
Kenntnis gesetzt?

35. Wann wird die Bundesregierung die derzeitige Überarbeitung der beste-
henden Förderrichtlinie „Lärmsanierung an Schienenwegen des Bundes“
abschließen?

36. Welche Kriterien sollen im Detail wie geändert werden?

37. Beabsichtigt die Bundesregierung ein Absenken der Grenzwerte und die
Streichung des so genannten Schienenbonus?

38. Werden die beabsichtigten Änderungen an der Förderrichtlinie umfangrei-
chere und frühzeitigere Lärmsanierungsmaßnahmen auslösen?

39. Zielt die Überarbeitung der Förderrichtlinie darauf ab, bisher bestehende
Mängel bei der Umsetzung des Lärmsanierungsprogramms abzustellen?

Berlin, den 21. Februar 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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