BT-Drucksache 16/8160

Maßnahmen und Instrumente zur zügigen Umsetzung der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt

Vom 15. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8160
16. Wahlperiode 15. 02. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, Ulrike Höfken,
Bärbel Höhn, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl, Nicole Maisch,
Renate Künast, Fritz Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Maßnahmen und Instrumente zur zügigen Umsetzung der nationalen Strategie
zur biologischen Vielfalt

Am 7. November 2007 wurde die nationale Strategie zur biologischen Vielfalt
vom Bundeskabinett verabschiedet. Im Artikel 6 der Konvention über die bio-
logische Vielfalt (CBD) hatten sich die Vertragsstaaten verpflichtet, nationale
Umsetzungsstrategien zur Erreichung der Ziele der CBD zu entwickeln.

Ziel der nationalen Strategie ist es, den Biodiversitätsschutz als Querschnittsauf-
gabe in die Politik der Bundesregierung und somit in die verschiedenen Fach-
planungen der Bundesministerien zu integrieren. Auf diese Weise soll sicher-
gestellt werden, dass der Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen
Vielfalt als integrale Bestandteile sämtlicher Planungen und Entscheidungen be-
rücksichtigt und etabliert werden.

Im Mai 2008 ist die Bundesregierung Gastgeberin der 9. Vertragsstaatenkonfe-
renz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt. Die Ausrichtung der
Vertragsstaatenkonferenz gibt der Bundesregierung die einmalige Möglichkeit,
das nationale und internationale Engagement der Bundesrepublik Deutschland
für den Biodiversitätsschutz zu unterstreichen.

Im Jahr 2001 haben in Göteborg die Mitgliedstaaten der EU beschlossen, den
Artenverlust bis 2010 zu stoppen und für die Wiederherstellung von Habitaten
und natürlichen Ökosystemen zu sorgen. Die Ziele und Maßnahmen der natio-
nalen Biodiversitätsstrategie müssen demnach zügig umgesetzt werden. Es ster-
ben täglich 150 Arten aus. In der Bundesrepublik Deutschland gelten mehr als
70 Prozent der Biotope als gefährdet. Von den rund 14 000 in der Roten Liste
erfassten Pflanzenarten sind fast 30 Prozent in ihrem Bestand bedroht, knapp
vier Prozent gelten als ausgestorben oder verschollen. Die Umsetzung der natio-
nalen Strategie duldet daher keinen Aufschub mehr.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Verpflichtungen aus der Unterzeichung der CBD hat die Bundes-
regierung bis heute umgesetzt, und welche Verpflichtungen muss die Bun-
desregierung noch in nationale Ziele umsetzen?

2. Wann wird die Bundesregierung die nationale Biodiversitätsstrategie an das
Sekretariat der CBD und die anderen Vertragsstaaten übermitteln?

3. In welchem Maße findet ein europäischer und internationaler Austausch zwi-
schen den Vertragsstaaten der CBD über die nationalen Biodiversitätsstrate-
gien der Vertragsstaaten statt, und welche Erfahrungen aus anderen Vertrags-

Drucksache 16/8160 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

staaten und/oder Mitgliedstaaten der EU haben bei der Erarbeitung der
nationalen Biodiversitätsstrategie Berücksichtigung gefunden?

4. In welchen zeitlichen Abständen wird die Bundesregierung eine Erfolgs-
kontrolle über die Erreichung der Ziele und die Umsetzung der Maßnahmen
der nationalen Biodiversitätsstrategie an den Deutschen Bundestag und das
CBD-Sekretariat geben, und wann ist die erste Erfolgskontrolle geplant?

5. Reichen nach Ansicht der Bundesregierung die aktuellen nationalen Moni-
toringsysteme aus, um den Zustand der Arten und Biotope in der Bundes-
republik Deutschland zu erfassen, und soll im Sinne einer effektiven
Erfolgskontrolle das Monitoring in der Bundesrepublik Deutschland ge-
stärkt werden?

6. Wird die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode ein Konzept für
ein Biodiversitätsmonitoring vorlegen, und wenn ja, welche Schwerpunkte
werden hier gesetzt?

7. Welche konkreten Indikatoren werden angewendet, um eine überprüfbare
Erfolgskontrolle über die Erreichung der Ziele und die Umsetzung der Maß-
nahmen der nationalen Biodiversitätsstrategie zu garantieren?

8. Inwieweit gibt es eine Verzahnung mit der nationalen Nachhaltigkeitsstra-
tegie, und wird die Bundesregierung die Maßnahmen der Biodiversitäts-
strategie bei der aktuellen Fortschreibung der Nachhaltigkeitsstrategie be-
rücksichtigen?

9. Wird die Bundesregierung die in der Biodiversitätsstrategie genannten
Indikatoren in die Nachhaltigkeitsstrategie integrieren?

10. Nach welchem verbindlichen und überprüfbaren Zeit- und Maßnahmenplan
wird die Biodiversitätsstrategie in der Bundesrepublik Deutschland umge-
setzt?

11. Inwieweit plant die Bundesregierung in den verbindlichen und überprüf-
baren Zeit- und Maßnahmenplan Sanktionsmöglichkeiten zu integrieren?

12. Welche Art von Sanktionsregelungen sieht die Bundesregierung bei Ver-
stößen gegen die nationale Biodiversitätsstrategie vor?

13. Wer koordiniert die Umsetzung und Erfolgskontrolle der nationalen Bio-
diversitätsstrategie, und wie wird die Zusammenarbeit zwischen den Bun-
desministerien gestaltet und aktiv gefördert?

14. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Visionen, Ziele und Maß-
nahmen der Biodiversitätsstrategie in den verschiedenen Bundesminis-
terien und Bundesämtern konkret umgesetzt werden?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung die europäische Gemeinschaftsstrategie
zur Erhaltung der Artenvielfalt (EU-Biodiversitätsstrategie), europäischen
Biodiversitätsaktionspläne für die Gebiete Erhaltung der natürlichen Res-
sourcen, Landwirtschaft, Fischerei sowie Entwicklung und wirtschaftliche
Zusammenarbeit, mit deren Hilfe die Biodiversitätsstrategie in alle Politik-
bereiche integriert werden soll?

16. In welchem Maße fanden die EU-Biodiversitätsstrategie und die verschie-
denen Aktionspläne Berücksichtigung bei der Erarbeitung der nationalen
Biodiversitätsstrategie?

17. Wie ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und den Län-
dern sowie der EU gestaltet, um eine zügige und umfassende Umsetzung
der nationalen Biodiversitätsstrategie zu garantieren?

18. Welche Maßnahmen und Schritte plant die Bundesregierung um die Einbin-
dung der Länder in die Umsetzung zu intensivieren?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8160

19. Wird nach Einschätzung der Bundesregierung das Göteborg-Ziel, bis zum
Jahre 2010 den Artenverlust zu stoppen, in der EU und in der Bundesrepu-
blik Deutschland erreicht werden, und wenn nein, warum nicht?

20. Welche nationalen und europäischen Maßnahmen und Instrumente wären
nach Sicht der Bundesregierung notwendig, um bis zum Jahr 2010 den Ver-
lust der Artenvielfalt zu stoppen?

21. Wie bewertet die Bundesregierung die Mitteilung der EU-Kommission
„Eindämmung des Verlusts der Biodiversität bis 2010 – und darüber hin-
aus“ vom 22. Juni 2006, in welchem Maße fand die Mitteilung Berücksich-
tig bei der Erarbeitung der nationalen Biodiversitätsstrategie?

22. Welche Berücksichtigung findet der Beschluss von Göteborg aus dem Jahr
2001 in der nationalen Biodiversitätsstrategie sowie in deren Zeit- und Um-
setzungsplan?

23. Welche verbindlichen Ziele und Maßnahmen der nationalen Biodiversitäts-
strategie sollen bis zum Jahr 2010 umgesetzt werden, und reichen diese aus
Sicht der Bundesregierung aus, um den Verlust der Artenvielfalt bis 2010
zu stoppen?

24. Welche konkreten Gesetzesinitiativen plant die Bundesregierung noch in
dieser Legislaturperiode, um die Umsetzung der nationalen Biodiversitäts-
strategie zügig voranzubringen?

25. Durch welche konkreten Maßnahmen und Instrumente verpflichtet sich die
Bundesregierung mit gutem Beispiel voranzugehen, um die Umsetzung der
Ziele und Maßnahmen der nationalen Biodiversitätsstrategie so schnell wie
möglich voranzutreiben (Auflistung nach Bundesbehören)?

26. Durch welche konkreten Maßnahmen, Instrumente und finanziellen Förde-
rungen wird die Bundesregierung die zügige Umsetzung der Ziele und
Maßnahmen der nationalen Biodiversitätsstrategie bei den Bundesländern
und Kommunen sowie auch in der Zivilgesellschaft unterstützen?

27. Welche konkreten eigenen Mittel wird die Bundesregierung zur Finanzie-
rung der Umsetzung der nationalen Biodiversitätsstrategie in den Haus-
haltsentwurf 2009 einstellen (Auflistung nach konkreten Titeln), und wenn
nein, wie gewährleistet die Bundesregierung die Finanzierung der zügigen
Umsetzung der in der nationalen Biodiversitätsstrategie verankerten Ziele,
Maßnahmen und Instrumente?

28. Wie hoch sind die Kürzungen im Rahmen der finanziellen Vorausschau bei
den Mitteln der Verordnung „Ländlicher Raum“ bzw. der zweiten Säule für
die Bundesrepublik Deutschland?

29. Wie wirken sich diese Kürzungen in den einzelnen Ländern (Auflistung
nach Ländern) aus, und welche nationalen Kofinanzierungsmittel entfallen
darauf?

30. Welche Auswirkungen hat nach Auffassung der Bundesregierung die Kür-
zung der zweiten Säule der EU-Agrarpolitik auf die Finanzierung von Maß-
nahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt in der Bundesrepublik
Deutschland und Europa, und welche konkreten Folgen haben diese Kür-
zungen für die Finanzierung der Umsetzung von Natura 2000 und das na-
tionale Biotopverbundsystem?

31. Durch welche konkreten Maßnahmen und finanziellen Mittel wird die Bun-
desregierung die Kürzungen der zweiten Säule der EU-Agrarpolitik aus-
gleichen, und wird sich die Bundesregierung bei den nächsten Verhandlun-
gen für eine finanzielle Stärkung der zweiten Säule starkmachen?

Drucksache 16/8160 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
32. Wird die Bundesregierung sich auf nationaler und europäischer Ebene für
eine Umlenkung von Subventionen (z. B. im Bereich der Land- und Forst-
wirtschaft im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik) einsetzen, die sich
schädlich auf die biologische Vielfalt auswirken, um somit die notwendigen
Finanzmittel für die zügige Umsetzung der nationalen Strategie zur bio-
logischen Vielfalt bereitzustellen?

33. Welche zusätzlichen Sektorstrategien zur biologischen Vielfalt werden
neben der im November vorgestellten Sektorstrategie zur biologischen
Vielfalt in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft des Bundesminis-
teriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bis wann als
Ergänzung der Biodiversitätsstrategie vorgelegt?

34. Wie gestaltet die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit den nichtstaat-
lichen Akteuren, um eine zügige und umfassende Umsetzung der nationalen
Biodiversitätsstrategie zu garantieren?

35. Welches sind aus Sicht der Bundesregierung die wichtigsten Kooperations-
partner bei der Umsetzung der nationalen Biodiversitätsstrategie, und wie
werden diese Partner aktiv in den Umsetzungsprozess integriert?

36. In welchem Rahmen werden die Landnutzer (insbesondere die Land- und
Forstwirtschaft) in den Umsetzungsprozess der Biodiversitätsstrategie ein-
gebunden?

37. Wie gestaltet die Bundesregierung die weitere Zusammenarbeit mit den
Kooperationspartner nach Beendigung der Nationalen Foren zur biologi-
schen Vielfalt, und ist ein Follow-Up-Prozess geplant?

38. Inwieweit wird die Bundesregierung die nationale Biodiversitätsstrategie
dazu nutzen, in der allgemeinen und interessierten Öffentlichkeit ein stärke-
res Bewusstsein für die biologische Vielfalt zu schaffen?

39. Welche konkreten Kommunikationsstrategien und Öffentlichkeitskonzepte
sowie Umweltbildungsmaßnahmen plant die Bundesregierung, um das
Wissen über die biologische Vielfalt und die nationale Biodiversitätsstrate-
gie in die Gesellschaft zu tragen?

Berlin, den 15. Februar 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.