BT-Drucksache 16/79

Einsatz von weißer Phosphormunition im Irak

Vom 21. November 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 16/79
16. Wahlperiode 21. 11. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Wolfgang Gehrcke, Dr. Gregor Gysi,
Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Einsatz von weißer Phosphormunition im Irak

Laut einer Berichterstattung des italienischen Fernsehsenders RAINews24 am
8. November 2005 haben die US-Besatzungsstreitkräfte im Irak bei der Be-
kämpfung des irakischen Widerstandes in der Stadt Falluja chemische Waffen,
nämlich eine Art Napalm und weißen Phosphor, gegen Aufständische und Zivi-
listen eingesetzt. Nach anfänglichen Dementis gaben die US-Behörden zu, wei-
ßen Phosphor eingesetzt zu haben, da es sich um eine konventionelle Waffe han-
delt. Trotz beweiskräftiger Aussagen von Augenzeugen bestritt die US-Armee,
diese Waffe gegen Zivilisten eingesetzt zu haben. Diese Nachricht des italieni-
schen Fernsehsenders ist zu einem Zeitpunkt bekannt geworden, da in Genf
Regierungsexperten auch aus den USA und Großbritannien über Einsatzverbote
für inhumane Waffen verhandeln. Bei weißem Phosphor handelt es sich um eine
grausame und deshalb völkerrechtlich zu ächtende Waffe. Obwohl weißer Phos-
phor eine typische chemische Waffe darstellt und deshalb durch die Chemie-
waffenkonvention als verbotene Waffe zu gelten hätte, wird sie weiterhin als
konventionelle Waffe geführt und ist Bestandteil der Waffenarsenale vieler
Armeen, darunter auch solcher Staaten, die Mitglied der NATO sind. Namhafte
Experten, so Professor Paul Rodgers von der Universität Bradford, vertreten die
Meinung, der Einsatz von weißem Phosphor sei als klarer Chemiewaffeneinsatz
zu betrachten. Weißer Phosphor wird als Substanz in Brandbomben, Signalmit-
teln, Leuchtspurmunition und Rauchbomben verwendet. Aber den Einsatz von
Brandwaffen verbietet ein völkerrechtlicher Vertrag, nämlich Protokoll 3 des
Übereinkommens über Verbote und Einsatzbeschränkungen für bestimmte kon-
ventionelle Waffen, die unnötige Leiden verursachen. Die Vereinbarung verbie-
tet den Einsatz von Brandwaffen gegen Zivilisten. Sie dürfen auch nicht gegen
militärische Ziele eingesetzt werden, wenn diese nicht klar von zivilen Zielen
abgegrenzt werden können. Bis zum heutigen Tag sind die USA, diesem Proto-
koll nicht beigetreten. Welche Grausamkeit diese Waffe erzeugt, darüber berich-
tete der US-Marineinfanterist Jeff Engelhart in dem benannten RAI-Bericht:
„Ein Feuerregen fiel auf die Stadt Falluja, verbrannte Körper, verbrannte Kinder,
verbrannte Frauen. Weißer Phosphor tötet auf unberechenbare Weise. Er bildet
eine Wolke, die im Umkreis von 150 Metern jeden Menschen und jedes Tier ver-
brennt.“
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Gehört Phosphormunition zu den Munitionsbeständen der Bundeswehr –
konkret: welche Rauch- und Leuchtspurmunitionstypen der Bundeswehr ent-
halten weißen und/oder roten Phosphor?

2. Wie ist der Einsatz dieser Munition geregelt?

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3. Gehört die Phosphormunition zur Ausrüstung des Bundeswehrkontingents in
Afghanistan?

4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der Einsatz dieser Munition
durch eine internationale Regelung verboten werden sollte?

5. Welche Schritte gedenkt die Bundesregierung einzuleiten, um eine internati-
onale Übereinkunft zum Verbot dieses Waffentypus zu erlangen?

6. Hat die Bundesregierung Schritte unternommen, um zu verifizieren, ob es
zum Einsatz dieser Waffe seitens des NATO-Partners USA bei der Auf-
standsbekämpfung in Falluja im Jahr 2004 kam?

7. Beabsichtigt die Bundesregierung im Falle einer Bestätigung der Informatio-
nen, dem NATO-Partner USA die deutsche Auffassung über die Menschen-
rechtsverletzungen im Irak zu erläutern?

8. Beabsichtigt die Bundesregierung, innerhalb der NATO für ein Verbot der
Lagerung und des Einsatzes von Phosphormunition initiativ zu werden?

9. a) Ist der Bundesregierung der Export von Rauch- und Leuchtspurmunition
durch deutsche Unternehmen z. B. in die USA bekannt?

b) An welche Länder wurden diese Munitionsexporte genehmigt?

Berlin, den 21. November 2005

Paul Schäfer (Köln)
Wolfgang Gehrcke
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion
Kleine Anfrage
Einsatz von weißer Phosphormunition im Irak

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