BT-Drucksache 16/7856

zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/6792- Geschlechtersensible und effiziente Haushaltspolitik einführen

Vom 23. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7856
16. Wahlperiode 23. 01. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln),
Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/6792 –

Geschlechtersensible und effiziente Haushaltspolitik einführen

A. Problem

Der Antrag auf Drucksache 16/6792 sieht in Gender Budgeting ein Instrument,
um in der Haushaltspolitik mehr Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen, und
fordert eine entsprechende Erprobung.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Keine

Drucksache 16/7856 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/6792 abzulehnen.

Berlin, den 16. Januar 2008

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Kerstin Griese
Vorsitzende

Thomas Dörflinger
Berichterstatter

Renate Gradistanac
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Diana Golze
Berichterstatterin

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
unter Bezugnahme auf die im Antrag genannten Stellung-
nahmen auf europäischer Ebene eine offensive Rolle
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung des Antrages empfohlen.

Deutschlands bei der Implementierung von Gender Budge-
ting. Bereits bei der im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft
einberufenen Fachkonferenz sei allerdings spürbar gewor-
den, dass die Bundesregierung hier keine führende Rolle
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7856

Bericht der Abgeordneten Thomas Dörflinger, Renate Gradistanac, Ina Lenke,
Diana Golze und Irmingard Schewe-Gerigk

I. Überweisung der Vorlage
Der Antrag auf Drucksache 16/6792 wurde in der 123. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 8. November 2007
dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
zur federführenden Beratung sowie dem Finanzausschuss
und dem Haushaltsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Der Antrag auf Drucksache 16/6792 sieht im Gender Budge-
ting, der Analyse der öffentlichen Haushalte, ihrer Einnah-
men und Ausgaben differenziert nach Geschlecht, die Um-
setzung des Gender Mainstreaming in der Haushaltspolitik.
Mit ihrer Haushalts- und Finanzpolitik lege eine Regierung
auch politische Schwerpunkte fest. Damit sei die Haushalts-
politik ein wichtiger Ansatzpunkt für die Herstellung von
mehr Geschlechtergerechtigkeit. Die geschlechtersensible
Analyse eines Haushalts mache deutlich, welche Auswir-
kungen die Verwendung öffentlicher Mittel in ihrer Gesamt-
heit und in ihren einzelnen Teilen auf Frauen und Männer
habe. Gender Budgeting könne mehr Gerechtigkeit und
mehr Zielgenauigkeit schaffen. Ziel sei ein geschlechtersen-
sibler und damit gerechterer Haushalt.

Der Antrag fordert, die in der Machbarkeitsstudie „Gender
Budgeting auf Bundesebene“ vorgeschlagenen Maßnahmen
zur Einführung von Gender Budgeting öffentlich zu disku-
tieren und das Wissen über Gender Budgeting zu verbreiten;
den Austausch mit dem während der österreichischen Rats-
präsidentschaft gegründeten Netzwerk Europäischer Gender-
Budgeting-Initiativen zu suchen und den europaweiten Aus-
tausch weiter voranzutreiben; konkrete Schritte zur Einfüh-
rung von Gender Budgeting zu prüfen und dabei Beispiele
guter Praxis in anderen Ländern einzubeziehen; ausgewählte
Ausgaben- und Einnahmenarten einzelner Ressorts exem-
plarisch einer Gender-Budgeting-Analyse zu unterziehen;
den Austausch der Ressorts über Gender Budgeting zu er-
möglichen sowie das gesamte Erprobungsverfahren einer
wissenschaftlichen Begleitung zu unterziehen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Finanzausschuss hat in seiner 78. Sitzung am 12. De-
zember 2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrages empfohlen.

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 58. Sitzung am
12. Dezember 2007 mit den Stimmen der Fraktionen der

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis
im federführenden Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend

1. Abstimmungsergebnis

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat
die Vorlage in seiner 46. Sitzung am 12. Dezember 2007 ab-
schließend beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion der FDP die Ablehnung des
Antrages auf Drucksache 16/6792.

2. Inhalt der Ausschussberatung

Zur Beratung des Antrages auf Drucksache 16/6792 hatte
der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die
Bundesregierung um einen Bericht zu der im Herbst 2007
veröffentlichten Machbarkeitsstudie „Gender Budgeting auf
Bundesebene“ gebeten.

Hierzu führte der Vertreter der Bundesregierung aus, nach
einer ersten Bewertung der Machbarkeitsstudie „Gender
Budgeting“ sehe die Bundesregierung noch Klärungsbedarf
zu vielen grundsätzlichen Fragen. Zum Teil seien die Vor-
schläge der Autorinnen und Autoren mit erheblichem büro-
kratischem Aufwand verbunden. Die Bundesregierung wolle
deshalb unter Federführung des Bundesministeriums für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und unter-
stützt durch das GenderKompetenzZentrum der Humboldt-
Universität Berlin die Studie zunächst gründlicher auswer-
ten. Es müsse genau überprüft werden, ob und welche Aus-
gabe- und Einnahmepositionen des Bundeshaushalts sich in
besonderer Weise eigneten, um im Sinne eines geschlechter-
bewussten Finanzmanagements Gleichstellungswirkungen
zu messen. Diese Positionen müssten nicht nur identifiziert
werden, sondern auch einen Ansatz für eine entsprechende
Steuerung bieten. Ohnehin arbeite das Bundesministerium
der Finanzen an einer Modernisierung des Bundeshaushalts.
Im Zuge der Einführung eines zielorientierten Haushalts
wäre die Implementierung von Gender Budgeting leichter
als im bestehenden kameralen System.

Auch auf internationaler Ebene beteilige man sich an der
Diskussion über die Weiterentwicklung der Haushaltsgestal-
tung. So habe das BMFSFJ im Rahmen der EU-Ratspräsi-
dentschaft die europäische Fachkonferenz „Die Verteilung
macht’s – Gleichstellung und soziale Gerechtigkeit durch
geschlechtersensible Haushalte“ durchgeführt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN befürwortete
übernehmen wolle. Dies zeige sich auch am Umgang mit der
Machbarkeitsstudie „Gender Budgeting auf Bundesebene“,

vorgelegten Antrag bereits konkrete Forderungen festzu-
schreiben.

Der Vertreter der Fraktion der CDU/CSU stellte klar, die
Darstellung des vorliegenden Antrages, wonach im Jahr
2001 von den Finanzministern der EU die Umsetzung von
Gender Budgeting in allen EU-Mitgliedstaaten bis zum Jahr
2015 vereinbart worden sei, sei nicht zutreffend. Es habe
sich vielmehr um eine unter belgischer Ratspräsidentschaft
ausgerichtete internationale Konferenz gehandelt, an der
auch viele NROen beteiligt gewesen seien. Die Forderun-
gen aus dieser Konferenz seien für die Mitgliedstaaten ohne
jede rechtliche Bindungswirkung. Gleiches gelte für die
Entschließung des Europäischen Parlaments aus dem Jahr
2003 und die Entschließung des Europarates aus dem Jahr
2005.

Es sei auch zu bezweifeln, ob eine nach Geschlechtern diffe-
renzierte Analyse der öffentlichen Haushalte tatsächlich zur
Frauenförderung bzw. zur Herstellung von mehr Geschlech-
tergerechtigkeit beitragen könne. Erforderlich seien viel-
mehr konkrete Vorschläge, wie die Interessen und Bedürf-
nisse von Frauen noch besser berücksichtigt werden
könnten.

Die Vertreterin der Fraktion der SPD führte aus, sie habe
sehr viel Sympathie für den vorliegenden Antrag, denn es sei
sehr schade, dass in diesem Thema so wenig Dynamik zu ver-
zeichnen sei. Vor dem Hintergrund einer stringenten Gleich-
stellungspolitik wäre es nur konsequent, auch in Gender
Budgeting einzutreten. In der Tat gehe es um die Steuerung
gesellschaftlicher Prozesse durch Haushaltsmittel. Die noch
ausstehenden Ergebnisse des GenderKompetenzZentrums
sollten möglichst rasch in kommende Haushaltsberatungen
einfließen, damit der Bund auf diese Weise auch ein Vorbild
für die Länderparlamente und die kommunale Ebene sein
könne.

Die Vertreterin der Fraktion DIE LINKE. nahm ebenfalls
Bezug auf die im Antrag erwähnten Empfehlungen auf euro-
päischer Ebene und forderte deren Umsetzung in Deutsch-
land. Allerdings habe die Bundesregierung auf eine entspre-
chende Kleine Anfrage ihrer Fraktion ausgeführt, die
Regelungen des Haushaltsgesetzes 2007 besäßen keine
Gleichstellungsrelevanz, so dass insofern keine vertiefte
Prüfung erfolgen müsste. Vor diesem Hintergrund befürchte-
te auch die Vertreterin der Fraktion DIE LINKE., die Imple-
mentierung des Gender Budgeting sei von der Bundesregie-
rung nicht tatsächlich gewollt.

Berlin, den 16. Januar 2008

Thomas Dörflinger
Berichterstatter

Renate Gradistanac
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Diana Golze
Berichterstatterin

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin
Drucksache 16/7856 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zu der es keinerlei Öffentlichkeitsarbeit gebe. Es sei deshalb
zu befürchten, dass der von der Bundesregierung nunmehr
vorgetragene weitere Klärungsbedarf eher ein Vorwand für
weitere Verzögerungen sei. Nach einer wichtigen Aussage
der Studie sei die Voraussetzung für Gender Budgeting
Akzeptanz, und um diese Akzeptanz müsse geworben wer-
den. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzte sich
deshalb dafür ein, die Implementierung des Gender Budge-
ting voranzutreiben. In Nachbarländern wie Österreich sei
dies bereits erfolgreich geschehen.

Die Vertreterin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
betonte weiterhin, Gender Budgeting sei kein Instrument der
Frauenförderung. Es könne jedoch dazu beitragen, die vor-
handenen Mittel zielgerichteter einzusetzen. Eine geschlech-
tersensible Haushaltspolitik trage ihrerseits zu mehr
Geschlechtergerechtigkeit in der Gesellschaft bei. Ange-
sichts des noch bestehenden Diskussionsbedarfs zu diesem
Thema habe man bewusst darauf verzichtet, in dem hierzu

Die Vertreterin der Fraktion der FDP erklärte, auf der
kommunalen Ebene hätte Gender Budgeting schon vor vier-
zig Jahren eingeführt werden müssen, um mehr Investitio-
nen in die Kinderbetreuung zu lenken. Die kommunalen
Gemeinderäte würden jedoch noch immer von Männern
dominiert, die frauen- und kinderpolitische Gesichtspunkte
nur selten in den Vordergrund stellten. Der Koalitionsver-
trag sehe vor, Geschlechtergerechtigkeit auch in der Ausga-
benpolitik zu praktizieren. Es handele sich dabei allerdings
nicht um Frauenförderung. Vielmehr sollten durch Gender
Budgeting alle so behandelt werden können, wie es ihren
Aufgaben in der Gesellschaft entspreche. Frauen stellten
mittlerweile 52 Prozent der Bevölkerung und Männer nur
noch 48 Prozent. Die Vertreterin der Fraktion der FPD er-
klärte abschließend, grundsätzlich unterstütze ihre Fraktion
den vorliegenden Antrag, die dort aufgestellten Forderungen
seien jedoch noch zu unpräzise.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.