BT-Drucksache 16/7806

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union im Jahr 2007

Vom 17. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7806
16. Wahlperiode 17. 01. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Sevim Dag˘delen, Jan Korte und der
Fraktion DIE LINKE.

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die
Europäische Union im Jahr 2007

Seit 1990 gab es zahlreiche Fälle, in denen Flüchtlinge an den Außengrenzen der
Bundesrepublik Deutschland tot oder verletzt aufgefunden wurden, teilweise
infolge von Unfällen, infolge der Umstände der Flucht oder mittel- oder un-
mittelbar bedingt durch Grenzsicherungsmaßnahmen. Diese Fälle haben in den
vergangenen Jahren, insbesondere durch den Ausbau der Grenzsicherung in den
osteuropäischen Nachbarländern, deutlich abgenommen.

In den Fokus der Öffentlichkeit sind verstärkt Flüchtlinge aus den afrikanischen
Staaten gerückt, die bei ihrer Flucht über das Mittelmeer und den Atlantik in das
Hoheitsgebiet der EU-Mitgliedstaaten ums Leben gekommen sind. Die Schät-
zungen belaufen sich auf einige tausend ums Leben gekommene Flüchtlinge.
Viele verdursten an Bord der meist nicht hochseetauglichen Boote, die sie zu
ihrer Flucht benutzen. Hinzu kommen weitere Flüchtlinge, die nach ihrer Rück-
führung in das Land, von dem aus sie ihre Überfahrt angetreten haben, von den
dortigen Behörden in der Wüste ausgesetzt werden, wie dies beispielsweise in
Libyen der Fall ist. Mit diesen Staaten schließen die EU bzw. ihre Mitglied-
staaten vermehrt Rückübernahmeabkommen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2007

a) an den Landesgrenzen, Küsten, Seehäfen, Flughäfen bzw. im Grenzgebiet
der Bundesrepublik Deutschland,

b) an den Grenzen der Europäischen Union insgesamt

tot aufgefunden worden (bitte nach Datum und Ort des Auffindens, Nationa-
lität des Opfers und Todesart bzw. Umständen des Todes aufschlüsseln)?

2. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2007
mit körperlichen Verletzungen durch Erfrierungen, Unterkühlungen, Hunger/
Durst o. Ä. aufgegriffen worden, die sie sich im Zuge ihres gegebenenfalls
unerlaubten Grenzübertritts

a) in die Bundesrepublik Deutschland,

b) in die Europäische Union

zugezogen hatten (bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers, Kör-
perverletzungsart aufschlüsseln)?

Drucksache 16/7806 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2007
im Zuge ihres gegebenenfalls unerlaubten Grenzübertritts

a) durch Bundespolizei oder Zollbeamte in der Bundesrepublik Deutschland,

b) durch Bundespolizei- oder Zollbeamte in der Europäischen Union

durch die Anwendung unmittelbaren Zwangs bzw. im Zuge einer entspre-
chenden Nacheile körperlich verletzt?

c) Wie viele Ermittlungs- und Disziplinarverfahren wurden diesbezüglich
eingeleitet, und mit welchem Ergebnis abgeschlossen (bitte aufschlüs-
seln)?

4. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2007

a) in der Bundesrepublik Deutschland,

b) in der Europäischen Union

im Zuge ihrer gegebenenfalls unerlaubten Grenzübertritte durch Privatperso-
nen (z. B. Jäger, Angehörige so genannter Bürgerwehren, rechtsextremer
Gruppierungen) körperlich verletzt bzw. getötet (bitte nach Datum und Ort,
Nationalität des Opfers und Todes- bzw. Verletzungsart aufschlüsseln)?

c) Wie viele Ermittlungsverfahren wurden diesbezüglich eingeleitet und mit
welchem Ergebnis abgeschlossen (bitte aufschlüsseln)?

5. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2007

a) in der Bundesrepublik Deutschland,

b) in der Europäischen Union

– tot aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der ge-
gebenenfalls unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland
bzw. EU in ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger, Durst,
Kälte Überhitzung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und Ort,
Nationalität der Opfer, Transportmittel und Todesart aufschlüsseln)?

– verletzt aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der
gegebenenfalls unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutsch-
land bzw. EU in ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger,
Durst, Kälte Überhitzung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und
Ort, Nationalität der Opfer, Transportmittel und Verletzungsart auf-
schlüsseln)?

6. Falls zu den jeweils unter 1 bis 5b gestellten Fragen keine auf amtlichen
Daten basierende Antwort gegeben werden kann:

a) Welche Daten liegen der Bundesregierung dazu ansonsten vor, z. B. aus
den Berichten der bei FRONTEX eingesetzten Bundesbeamten oder ent-
sprechende Daten, mit denen etwa Einrichtungen wie das „Gemeinsame
Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration“ (GASiM) arbeiten?

b) Welche Daten von Nichtregierungsorganisationen hat die Bundesregie-
rung zur Kenntnis genommen, und welche Schlüsse zieht sie daraus?

c) Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass im Rahmen der
Tätigkeit der Europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX solche Daten
systematisch erhoben und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden,
wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 10. Januar 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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