BT-Drucksache 16/7767

Für ein sofortiges Verbot von Streumunition in Deutschland

Vom 16. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7767
16. Wahlperiode 16. 01. 2008

Antrag
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Monika Knoche, Inge Höger, Oskar
Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Für ein sofortiges Verbot von Streumunition in Deutschland

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Einsatz von Streumunition in bewaffneten Auseinandersetzungen stellt eine
nicht hinnehmbare Bedrohung für die Bevölkerung dar. Streumunition wirkt
unterschiedslos und flächendeckend gegen Zivilistinnen und Zivilisten sowie
Soldatinnen und Soldaten. Sowohl die Haager Landkriegsordnung von 1907 als
auch die Genfer Konvention von 1949 untersagen den Einsatz von Waffen, die
besonders gravierende Folgen für die Zivilbevölkerung haben. Der massive
Einsatz von Streumunition im Grenzkonflikt zwischen Israel und dem Libanon
im Sommer 2006 hat zudem deutlich gemacht, dass auch nach dem Ende der
Kämpfe eine Gefährdung durch Blindgänger fortbesteht und dadurch der Wie-
deraufbau behindert wird. Dabei sind die Fehlerquoten des Selbstzerstörungs-
mechanismus auch bei den neuesten Streubombenvarianten wesentlich höher als
von den Herstellern angegeben.

Der Deutsche Bundestag begrüßt deswegen die Initiative der norwegischen Re-
gierung, im Rahmen des Oslo-Prozesses unter Einbeziehung der Nichtregie-
rungsorganisationen ein weltweites Verbot von Streumunition zu erreichen.
Gleichzeitig nimmt der Deutsche Bundestag mit Bedauern zu Kenntnis, dass
weder bei den Verhandlungen im Rahmen der Staatenkonferenz der Vereinten
Nationen zur Konvention über bestimmte konventionelle Waffen im November
2007 noch bei der Fortsetzung des Oslo-Prozesses in Wien Anfang Dezember
2007 ein Durchbruch erzielt werden konnte.

Angesichts der Streumunitionsbestände in den Waffenarsenalen auch der
NATO-Staaten und Deutschlands, sowie deren Beteiligung an weltweiten mili-
tärischen Interventionen, ist es dringend notwendig, dem Oslo-Prozess schnell
zum Durchbruch zu verhelfen. Einzig die Regierungen Belgiens und Österreichs
haben bis jetzt der Beschaffung, dem Verkauf, der Vermittlung, der Ein-, Aus-
und Durchfuhr sowie dem Gebrauch und Besitz von Streumunition eine kon-
sequente Absage erteilt. Leider hat sich die Bundesregierung bislang nicht an
diesen Entscheidungen orientiert und stattdessen durch das Festhalten an der

Lagerung und Weiterentwicklung von Streumunition den Oslo-Prozess und die
internationalen Bemühungen vieler zivilgesellschaftlicher Organisationen und
humanitärer Hilfsorganisationen behindert und geschwächt. Die von der Bun-
desregierung bislang vorgenommene Unterscheidung von unpräzisen und prä-
zisen bzw. unzuverlässigen und zuverlässigen Streumunitionstypen bedeutet
keine Beseitigung der Bedrohung für die Zivilbevölkerung, die vom Einsatz von
Streumunition ausgeht. Deutschland muss sich für eine internationale völker-

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rechtliche Ächtung von Streumunition einsetzen und im nationalen Rahmen
diese Ächtung von Streumunition unverzüglich umsetzen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich im Rahmen der EU, der Vereinten Nationen und der militärischen Zu-
sammenarbeit der NATO für ein vollständiges vertragliches Verbot für die
Lagerung, den Handel und den Einsatz von Streumunition einzusetzen;

2. sämtliche Bestände der Bundeswehr an Streumunition und den dazugehö-
rigen Verbringungs- und Verlegesystemen unverzüglich zu vernichten;

3. sämtliche Beschaffungsvorhaben von Streumunition, den dazugehörigen
Komponenten sowie den dazugehörigen Verbringungs- und Verlegesystemen
unverzüglich einzustellen;

4. in Zukunft weder finanzielle Mittel noch Infrastruktur für die Entwicklung,
Erprobung, Lagerung und Beschaffung von Streumunition zur Verfügung zu
stellen;

5. die notwendigen politischen und rechtlichen Vorkehrungen zu treffen, um die
Herstellung, den Export, Transport und Handel mit Streumunition und Streu-
munitionstechnologie zu unterbinden;

6. den Einsatz, die Lagerung und den Transport von Streumunition durch aus-
ländische Streitkräfte in Deutschland zu verbieten;

7. verstärkt Anstrengungen zu unternehmen, andere Staaten bei der Vernichtung
ihrer Lagerbestände an Streumunition sowohl materiell als auch finanziell zu
unterstützen;

8. die finanzielle Unterstützung von Organisationen aufzustocken, die Blind-
gänger in Krisengebieten beseitigen und entsprechendes Personal schulen.

Berlin, den 16. Januar 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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