BT-Drucksache 16/7720

Verwendung von Bundesmitteln für die Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik und Einsatz der Bundeswehr im Februar 2008

Vom 10. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7720
16. Wahlperiode 10. 01. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Sevim Dag˘delen, Paul Schäfer (Köln),
Inge Höger, Heike Hänsel und der Fraktion DIE LINKE.

Verwendung von Bundesmitteln für die Münchner Konferenz für Sicher-
heitspolitik und Einsatz der Bundeswehr im Februar 2008

Vom 8. bis 10. Februar 2008 findet in München die 44. Münchner Konferenz
für Sicherheitspolitik statt. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Kon-
ferenz in großer Zahl von Regierungspolitikern und Generälen besucht wird,
die völkerrechtswidrige Kriege führen, sowie von Rüstungsproduzenten, die an
diesen Kriegen verdienen. Dennoch unterstützt die Bundesregierung die – offi-
ziell als Privatsache deklarierte – Veranstaltung seit Jahren mit mehreren Hun-
derttausend Euro und einem Bundeswehreinsatz.

Dabei ist in den letzten Jahren ein eklatanter Anstieg der Unterstützungsleistun-
gen erkennbar. Wurden im Jahr 1998 noch knapp über 100 000 Euro aus Bun-
desmitteln bereitgestellt, waren es im Jahr 2007 bereits 323 000 Euro. Hinzu
kommen die Kosten für die Unterstützung durch die Bundeswehr, die ebenfalls
mehrere Hunderttausend Euro für Personal- und Sachkosten ausmachen (im
vergangenen Jahr 420 000 Euro, vgl. Bundestagsdrucksachen 16/4312 i. V. m.
16/6159).

Ebenfalls stark gestiegen ist die Zahl der eingesetzten Bundeswehrsoldaten.
Waren im Jahr 1997 noch 115 Soldaten zur Unterstützung des von Kritikern als
„Nato-Kriegsratschlag“ bezeichneten Treffens abgestellt, waren es im Jahr
2001 bereits 231 Soldaten und im Jahr 2004 schon 404 Soldaten. Im vergange-
nen Jahr waren schließlich 411 Soldaten im Einsatz, davon 90 bewaffnete Feld-
jäger, die im Tagungshotel Bayerischer Hof für „Sicherheit“ sorgen sollten.

Dieser militärischen Verwendung liegen nach bisherigen Regierungsangaben
nicht etwa Amtshilfeersuchen der Stadt München oder des Landes Bayern
zugrunde, sondern eine einfache Unterstützungsbitte des Konferenzveranstal-
ters, des von Konferenzgegnern als Rüstungslobbyisten bezeichneten Horst
Teltschik.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Bundeswehrsoldaten werden in diesem Jahr insgesamt in Zusam-
menhang mit der Konferenz eingesetzt (bitte detailliert aufgliedern nach

Truppengattung, vorgesehenen Einsatzorten und -zeiten, vorgesehenen Auf-
gaben, jeweiliger Mannschaftsstärke und Bewaffnung und dazu jeweils an-
geben, wer um die Leistung zu welchem Zeitpunkt gebeten hat, und wer sie
zu welchem Zeitpunkt bewilligt hat, dabei auch abgelehnte Unterstützungs-
ersuchen aufführen)?

Drucksache 16/7720 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Handelt es sich bei sämtlichen vorgesehenen Militärverwendungen um die
Erfüllung von Unterstützungsersuchen des Konferenzveranstalters oder lie-
gen von weiteren Personen bzw. Organisationen Unterstützungsersuchen
vor, und sind Amtshilfeanträge gestellt worden (bitte gegebenenfalls nach
dem Schema von Frage 1 ausführen)?

3. Wie viele Bundeswehrsoldaten werden in diesem Jahr zur Ausübung des
Hausrechts im Tagungshotel eingesetzt?

a) Von wem ging zu welchem Zeitpunkt die Initiative für die Übertragung
des Hausrechts an die Bundeswehr aus, und wann hat die Bundeswehr
entschieden, das Hausrecht zu übernehmen?

b) Wann genau beginnt und endet die Wahrnehmung des Hausrechts durch
die Bundeswehr?

c) Auf welche Bereiche des Tagungshotels erstreckt sich das Hausrecht
genau (bitte gegebenenfalls Etagen und Raumnummern angeben), und
bedeutet das, dass die Soldaten sich nur in diesen Bereichen aufhalten
oder werden sie weitere Räumlichkeiten bzw. Orte bestreifen oder bewa-
chen, und wenn ja, welche?

d) Welche mündlichen und/oder schriftlichen Absprachen existieren zwi-
schen Bundeswehr, Hotel, Konferenzveranstalter und gegebenenfalls
weiteren Beteiligten hinsichtlich der Übertragung des Hausrechts an die
Bundeswehr, und wie ist der Wortlaut dieser Absprachen (falls sich die
Bundesregierung daran gehindert sieht, den Wortlaut bekanntzugeben,
bitte die Gründe hierfür angeben und die Absprachen resümieren)?

e) Über welche Bewaffnung verfügen die das Hausrecht wahrnehmenden
Soldaten (bitte Waffentypen nennen und Angaben zur Munition machen)?

f) Übernimmt die Bundeswehr anlässlich der Konferenz auch außerhalb des
Tagungshotels Hausrechtsaufgaben und/oder nimmt sie exekutive, obrig-
keitliche Kompetenzen wahr (bitte gegebenenfalls detailliert analog der
vorangegangenen Fragen ausführen und die Objekte bzw. Räume genau
angeben)?

4. Wird anlässlich der Konferenz ein militärischer Sicherheitsbereich einge-
richtet, und wenn ja, wo, für welchen Zeitraum, mit welcher Begründung,
und für welchen Zweck?

5. Welche Dienststellen der Bundeswehr sind insgesamt mit Aufgaben in Zu-
sammenhang mit der Sicherheitskonferenz betraut oder in Bereitschaft ge-
halten?

6. Welche Kosten sind für den Einsatz der Bundeswehr im Zusammenhang mit
der Konferenz im Jahr 2007 angefallen (bitte detailliert aufgliedern)?

7. Welche Kosten werden für den Einsatz der Bundeswehr in diesem Jahr vor-
aussichtlich anfallen (bitte so detailliert wie möglich aufgliedern)?

8. Wird auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) zur Unterstützung des
Bundeswehreinsatzes tätig, und wenn ja, ist dies in den vorangegangenen
Angaben zur Zahl der eingesetzten Soldaten und zu erwartenden Kosten be-
reits enthalten?

9. Welche Unterstützung leistet die Bundeswehr genau im Bereich der Presse-
und Öffentlichkeitsarbeit (bitte detailliert angeben nach Art der Unterstüt-
zung, jeweils beteiligten Soldaten, Örtlichkeiten, Zeiträumen und Kosten,
soweit zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Frage abzusehen)?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7720

10. Welche Unterstützung hat die Bundeswehr im Vorjahr im Bereich der
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit geleistet (bitte nach Schema von Frage 9
beantworten)?

11. Wird die Bundesregierung die Konferenz auch in diesem Jahr über den
Bundeswehreinsatz hinaus fördern, und wenn ja, mit welcher Summe, mit
welchen Dienstleistungen bzw. mit welcher Material- und Gerätebereitstel-
lung, für welche Einzelposten und durch welche Ressorts?

12. Wie kommen die im Vorjahr vorgesehenen 11 400 Euro „Internetkosten“
zustande, und welche Unterposten enthält diese Summe?

13. Wie viele Bundespolizisten werden in diesem Jahr in Zusammenhang mit
der Konferenz eingesetzt (bitte aufgliedern nach Zahl der Bundespolizisten,
Verwendungszweck, genauem Einsatzort und Kosten, und die Vergleichs-
zahlen aus dem Jahr 2007 angeben)?

14. Welche Dienststellen, Planungs-, Lage-, Analyse- und sonstige Stäbe von
Bundeswehr, Polizei, deutschen und ausländischen Geheimdiensten usw.
sind mit Aufgaben in Zusammenhang mit der Konferenz bzw. der gegen
diese gerichteten Proteste betraut, und welche Formen der Zusammenarbeit
zwischen diesen Stellen sind vorgesehen?

15. Werden neben Militär- und Polizeieinheiten auch weitere, zivile Organisa-
tionen wie etwa das Technische Hilfswerk im Zusammenhang mit der
Konferenz eingesetzt, und wenn ja, für welche Aufgaben, auf wessen Ver-
langen oder Ersuchen, welche Kosten entstehen hierbei, und wer trägt
diese?

16. Liegen der Bundesregierung mittlerweile Erkenntnisse dazu vor, wie viele
ausländische Sicherheitskräfte in Zusammenhang mit Konferenz im Jahr
2007 in München anwesend waren und

a) welche Kosten für diese anfielen,

b) wer diese Kosten übernommen hat,

c) welche Befugnisse diese Kräfte wahrgenommen haben,

d) wie viele Militär- bzw. Gendarmerieangehörige darunter waren,

e) wie viele Geheimdienstmitarbeiter darunter waren?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über in diesem Jahr zu er-
wartende Anwesenheit ausländischer Sicherheitskräfte?

18. Welche Unterstützung werden private Sponsoren für die Konferenz über-
nehmen?

19. Werden in Zusammenhang mit der Konferenz Strukturen der zivil-militäri-
schen Zusammenarbeit beansprucht (bitte gegebenenfalls detaillierte An-
gaben hierzu machen)?

20. Inwieweit ist die Bundeswehr bereit, bei kurzfristigen Bitten der Konfe-
renzveranstalter zusätzliche Unterstützungsleistungen zu gewähren?

a) Wie würde in so einem Fall der Entscheidungsweg verlaufen?

b) Bis zu welchem materiellen oder personellen Umfang bzw. welcher
finanzieller Höhe könnten kurzfristig beantragte zusätzliche Unterstüt-
zungsleistungen gewährt werden?

Berlin, den 10. Januar 2008
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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