BT-Drucksache 16/7418

Einführung der Fahrzeug-Halterhaftung für den Verwarngeldbereich

Vom 4. Dezember 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7418
16. Wahlperiode 04. 12. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Peter Hettlich,
Bettina Herlitzius, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg) und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einführung der Fahrzeug-Halterhaftung für den Verwarngeldbereich

Nicht nur der 43. Verkehrsgerichtstag empfahl die Einführung der Fahrzeughal-
terhaftung (kurz Halterhaftung) für Verkehrsdelikte, die im Verwarngeldbereich
liegen, sondern auch die Gewerkschaft der Polizei und die Polizei.

Polizeibeamte, die für die Ermittlung des Fahrers, der z. B. bei einer Geschwin-
digkeitsübertretung erfasst wurde, eingesetzt werden, können nicht gleichzeitig
verstärkt den fließenden Verkehr kontrollieren, um das Entdeckungsrisiko zu
erhöhen. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn Fahrer und Halter nicht identisch
sind und der Halter vorgibt nicht zu wissen, wer der Fahrer war. Der Halter
braucht den Namen des Fahrers nicht zu nennen. Der Ermittlungs- und Verwal-
tungsaufwand für die Polizei ist dann sehr hoch und blockiert die wichtigen
Kontrollaufgaben im fließenden Verkehr. Hinzu kommt, dass zu vermuten ist,
dass zu viele dieser Verfahren aufgrund fehlender Ermittlungsangaben ein-
gestellt werden, was das Gerechtigkeitsgefühl nicht gerade stärken würde.

Halterhaftungsgegner verweisen auf das Fahrtenbuch, das dem Halter zur Ein-
tragung der Fahrer auferlegt werden kann. Der Verwaltungsaufwand hierfür ist
ebenfalls sehr hoch. Das Fahrtenbuch geht an der Lebenswirklichkeit vorbei,
weil es kaum kontrollierbar ist, ob sich alle Fahrer eingetragen haben. Das gilt
erst recht, wenn sich das Fahrtenbuch nicht im Fahrzeug befindet.

Das Problem des Aussageverweigerungsrechts bei verwandtschaftlichen Bezie-
hungen der Betroffenen – z. B. Halter (Vater) und Fahrer (Sohn) – ließe sich
durch einen Abgleich mit den Daten des Einwohnermeldeamtes schnell klären.
Das heißt, bezieht sich ein Vater auf das Aussageverweigerungsrecht, könnten
die Strafverfolgungsbehörden mit relativ geringem Zeitaufwand selber ans Ziel
kommen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist es richtig, dass das Bundesinnenministerium an Lösungen arbeitet, wie die

Halterhaftung in Deutschland umgesetzt werden könnte?

Wenn ja, um welche Lösungsansätze handelt es sich, und wann sollen diese
zu einem Gesetz werden?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung die im Einführungstext zu dieser Kleinen
Anfrage geschilderte Situation?

Drucksache 16/7418 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
a) Werden die Ermittlungsverfahren, die im Bereich des Verwarngeldberei-
ches liegen, so oft aufgrund fehlender Angaben des Fahrzeughalters ein-
gestellt, dass man von einem Massenphänomen sprechen kann, welches
allgemein das Gerechtigkeitsgefühl stört?

b) Und reicht die Anzahl dieser Fälle aus, um einen Sondertatbestand zu be-
gründen, der ein Handeln in Richtung einer Einführung der Halterhaftung
und somit einer Erweiterung des § 25a StVG (Straßenverkehrsgesetz) not-
wendig macht?

c) Wenn nicht, wie hoch ist die Anzahl dieser Fälle?

3. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Polizei sowie der Gewerk-
schaft der Polizei, dass durch die Einführung der Fahrzeughalterhaftung im
Verwarngeldbereich der Ermittlungsaufwand reduziert würde und die da-
durch frei gewordene Arbeitszeit für dringend notwendige Kontrollaufgaben
im fließenden Verkehr sinnvoll eingesetzt werden könnte und gleichzeitig die
Verstöße im Verwarngeldbereich geahndet werden könnten?

a) Wenn ja, warum wurde die Fahrzeughalterhaftung in einer für Deutsch-
land verfassungsverträglichen Weise bis heute nicht eingeführt?

b) Wie beurteilt die Bundesregierung die Verwendung des Fahrtenbuches
(§ 31a StVG) in der Praxis des Polizeialltages, und wie hoch schätzt die
Bundesregierung den Verwaltungsaufwand für die Strafverfolgungs-
behörde ein, die Führung eines Fahrtenbuches zu verlangen und dann die
Eintragungen in einem Fahrtenbuch zu überprüfen?

4. Wenn es bei der alten Regelung bleibt, sollte dann nicht wenigstens ein Teil
der für die zusätzliche Ermittlungsarbeit entstehenden Kosten dem Fahrzeug-
halter übertragen werden, wenn er den Fahrer nicht kennt?

Könnten durch diese Regelung die Verstöße des Fahrers eher geahndet wer-
den, da der Fahrzeughalter durch diese Maßnahme – mit Ausnahme des Aus-
kunftsverweigerungsrechts – eher bereit ist den Fahrer zu nennen?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung eine Regelung, bei der der Fahrzeughalter
zumindest das Buß- bzw. Verwarngeld bis zu einer definierten Höhe überneh-
men muss, wenn das Vergehen des Fahrers, den er nicht nennen will und bei
dem er nicht vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen kann, im
Bereich des Verwarngeldes liegt und der zuständigen Strafverfolgungs-
behörde für solche Fälle ein Ermessensspielraum bezüglich der Einstellung
des Verfahrens eingeräumt wird?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag für den Verwarnungsgeld-
bereich einen eigenen Bußgeldtatbestand zu schaffen, der den Fahrzeughalter
dazu verpflichtet, jederzeit in der Lage zu sein, Auskunft darüber erteilen zu
können, wer sein Fahrzeug wann gefahren hat?

Könnten die Polizeibehörden dann in Abhängigkeit von der Schwere des
Vergehens und im Rahmen eines ihnen zugewiesenen Ermessens entschei-
den, ob sie ein Vergehen eines Fahrers nach Zahlung des Bußgeldes durch
den Fahrzeughalter einstellen?

Berlin, den 4. Dezember 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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