BT-Drucksache 16/7407

Rolle der Rhein-Main-Donau GmbH bei den Untersuchungen zum Ausbau der Bundeswasserstraße Donau

Vom 4. Dezember 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7407
16. Wahlperiode 04. 12. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius,
Winfried Hermann, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn,
Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rolle der Rhein-Main-Donau GmbH bei den Untersuchungen zum Ausbau
der Bundeswasserstraße Donau

Die Möglichkeiten und Grenzen zum Ausbau der Wasserstraße Donau zwischen
Straubing und Vilshofen werden seit vielen Jahren ausgelotet; die niederbayeri-
sche Donau wird dementsprechend mitunter als „bestuntersuchter Fluss der
Welt“ bezeichnet. Nach Abschluss der sogenannten „vertieften Untersuchun-
gen“ zwischen 1996 und 2001 hat sich der Deutsche Bundestag im Jahr 2002
mehrheitlich dafür entschieden, auf die Errichtung von Staustufen zu verzichten
und ausschließlich die sogenannte Ausbauvariante A weiterzuverfolgen.

Zwischenzeitlich wurde im Freistaat Bayern an der Bezirksregierung von Nie-
derbayern zu dem Projekt ein Raumordnungsverfahren durchgeführt, in dem das
Land Bayern die vom Bund eingebrachte Variante A zusätzlich um weitere, über
diese Variante und den Bundestagsbeschluss zum Teil weit hinausgehende Stau-
Varianten ergänzt hat. Das Raumordnungsverfahren schloss die Regierung von
Niederbayern mit einer positiven Beurteilung ausschließlich der Stauvariante C/
C2,80 ab. Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens wird bzw. wurde durch
das Bundesamt für Gewässerkunde (BfG) und die Bundesanstalt für Wasserbau
(BAW) geprüft.

Da im Raumordnungsverfahren bestimmte Prüfungen nach EU-Recht (FFH-
Verträglichkeitsprüfung, Prüfung auf Verträglichkeit mit den Zielen der Wasser-
rahmenrichtlinie) nicht durchgeführt wurden und außerdem der Bund für die
Variante C/C2,80 als Bauherr nicht zur Verfügung steht, ist eine Beantragung
von EU-Fördermitteln aus dem TEN-Programm für Baumaßnahmen (unabhän-
gig von der Variante) derzeit nicht möglich.

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) hat
für das Projekt weitere angeblich „variantenneutrale“ Planungskosten in Höhe
von ca. 33 Mio. Euro bei der EU zur Förderung nach den TEN-Leitlinien bean-
tragt. Die Förderquote für die Planungskosten soll 50 Prozent betragen.

Die Rhein-Main-Donau GmbH (RMD) ist Eigentümerin eines Konzessions-

rechts, das dem mittlerweile durch Verkauf an die E.ON AG vollständig priva-
tisierten Unternehmen erlaubt, die vom Steuerzahler finanzierten Staustufen in
der Konzessionsstrecke zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil zur Stromgewin-
nung zu nutzen. Das Konzessionsrecht bedeutet einen erheblichen geldwerten
Vorteil, der allerdings für die Strecke Straubing–Vilshofen nur dann realisiert
werden kann, wenn tatsächlich neue Staustufen gebaut werden. Als gewinn-
orientiertes, nichtstaatliches Unternehmen hat die RMD daher ein deutliches

Drucksache 16/7407 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wirtschaftliches Eigeninteresse für die Staustufenvarianten und gegen die vom
Bundestag und der Bundesregierung befürwortete Variante A.

Im Fall der Ausbauplanungen bestehen in der betroffenen Region aufgrund der
durchweg negativen Erfahrungen in der Vergangenheit erhebliche Vorbehalte
gegenüber der Neutralität und Objektivität der Gutachter und der Untersuchun-
gen. Gleichzeitig haben betroffene Bürger und Bürgerinnen, betroffene Gemein-
den sowie Initiativen und Verbände sich bisher intensiv an der Diskussion betei-
ligt und nicht zuletzt im Raumordnungsverfahren die Gesichtspunkte und
Interessen benannt, die durch das Vorhaben gefährdet werden könnten und die
daher in den weiteren Untersuchungen und Gutachten besonders zu berücksich-
tigen sind. Ein möglichst transparentes Verfahren und eine möglichst weit ge-
hende Einbeziehung der betroffenen Region könnte auch dazu beitragen, die
Akzeptanz der Planung zu verbessern.

Seit Abschluss des Raumordnungsverfahrens (ROV) im März 2006 bewerten
das Bundesamt für Gewässerkunde (BFG) und die Bundesanstalt für Wasserbau
(BAW), beide dem BMVBS nachgeordnete Behörden, das Ergebnis des ROV
im Auftrag des BMVBS. Ergebnisse dieser Bewertungen sind bisher nicht be-
kannt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Überschreitet der Gegenwert der von der RMD zu erbringenden Dienstleis-
tungen für die Erstellung des Untersuchungsprogramms und die Betreuung
der geplanten Vergaben Grenzwerte, ab denen eine bundes- oder europaweite
Vergabe dieser Dienstleistungen notwendig wäre?

2. Auf welcher vertraglichen und rechtlichen Grundlage erfolgte die offensicht-
lich freihändige Vergabe von Leistungen für die Erstellung des Förderantra-
ges und die Abwicklung von Vergaben an die RMD?

3. Warum hat nicht die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (z. B. WSD Süd
oder WSA Regensburg) das Untersuchungsprogramm selbst erstellt?

4. Hält das BMVBS die Wasserstraßenverwaltung hierfür nicht für ausreichend
qualifiziert?

5. Welchen inhaltlichen Anteil und welchen Umfang des bis 2010 geplanten
Untersuchungsprogramms will oder soll die RMD selbst erbringen?

6. Auf welcher vertraglichen und rechtlichen Grundlage können die von der
RMD selbst zu erbringenden Aufträge ohne öffentliche Ausschreibung ver-
geben werden, nachdem durch die vollständige Privatisierung der RMD AG
die Geschäftsgrundlage der entsprechenden Donauverträge entfallen ist und
die RMD mittlerweile auch im Eigenauftritt in der Region vorgibt, nichts an-
deres zu sein als „ein normales Ingenieurbüro“?

7. Wie wird für die von der RMD selbst zu erbringenden Leistungen sicher-
gestellt, dass bei einer freihändigen Vergabe innerhalb der in Frage kommen-
den Dienstleister der jeweils geeignetste und wirtschaftlichste Anbieter zum
Zuge kommt?

8. Wirkt sich die Umgehung von europäischem Vergaberecht, d. h. eine Vergabe
von Dienstleistungen an die RMD ohne Ausschreibung, auf die Förderfähig-
keit der Planungskosten (durch TEN-Mittel) aus?

9. Wie verteilen sich die geplanten Untersuchungen und Gutachten auf Dienst-
leistungen, die inhaltlich bzw. in der Fragestellung den bisherigen Unter-
suchungen entsprechen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7407

10. Wie verteilen sich die geplanten Untersuchungen und Gutachten auf Dienst-
leistungen, die die bisherigen Untersuchungen (z. B. Datenerhebungen zu
Fauna und Flora, Vegetation …) aktualisieren?

11. Wie verteilen sich die geplanten Untersuchungen und Gutachten auf Dienst-
leistungen, die inhaltlich bzw. in der Fragestellung über die bisherigen
Untersuchungen hinausgehen?

12. Welchen Anteil am Gesamtumfang nehmen Untersuchungen, Gutachten
und Planungen ein, die der Variante C/C2,80 zugeordnet werden können
(z. B. weitere Untersuchungen zu den bisher geplanten oder zu zusätzlichen
ökologischen Ausgleichsmaßnahmen), und welchen Anteil nehmen Unter-
suchungen, Gutachten und Planungen ein, die der Variante A zugerechnet
werden können (z. B. Untersuchungen zur weiteren ökologischen Optimie-
rung dieser Variante)?

13. Aus welchen Gründen hält die Bundesregierung, die sich wie der Bundestag
des öfteren ausschließlich zur Variante A bekannt hat, es trotz des dar-
gestellten Hintergrundes für gerechtfertigt, dass die Erstellung des Unter-
suchungsprogramms und die Durchführung und sogar die Entscheidung
über die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen ausgerechnet an die RMD
vergeben wurde?

14. Aus welchen Gründen werden die Leistungen zur Erstellung des Unter-
suchungsprogramms und zur Abwicklung von Vergaben nicht in einem
transparenten und auch in der betroffenen Region nachvollziehbaren Ver-
fahren z. B. von der Wasser- und Schifffahrtsstraßenverwaltung in Eigen-
regie oder von einem tatsächlich neutralen Dienstleistungsunternehmen,
unter der Regie z. B. einer „Lenkungsgruppe“ wie im Falle der sogenannten
vertieften Untersuchungen erbracht?

15. In welcher Form wird die betroffene Region (Bürger und Bürgerinnen,
betroffene Gemeinden, Initiativen und Verbände) in die Konzeption und die
inhaltliche Ausgestaltung des Untersuchungsprogramms einbezogen?

16. Erfolgen eine Vorstellung und Diskussion der Untersuchungsschwerpunkte
in der betroffenen Region, und wenn ja, in welcher Form, und wenn nein,
warum nicht?

17. Zu welchem (Zwischen-)Ergebnis kommen die Prüfungen der landesplane-
rischen Beurteilung durch das BfG und die BAW?

18. In welcher Weise werden bzw. wurden der Sachverstand, die fachlichen
Beurteilungen und die ortsbezogenen Kenntnisse z. B. des Bundesamtes für
Naturschutz, der örtlichen Naturschutzverwaltungen und der Naturschutz-
verbände vom BfG und BAW in die Prüfung einbezogen?

19. Wann und wie werden die Prüfungsergebnisse veröffentlicht und/oder den
vor Ort betroffenen Bürgern und Bürgerinnen, den betroffenen Gemeinden,
den beteiligten übrigen Verwaltungen (z. B. dem Bundesamt für Natur-
schutz und den örtlichen Naturschutzbehörden) und den Initiativen und
Verbänden mitgeteilt und mit diesen fachlich diskutiert?

Berlin, den 4. Dezember 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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