BT-Drucksache 16/727

Europapolitische Konsequenzen der Föderalismusreform im Bildungsbereich

Vom 16. Februar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/727
16. Wahlperiode 16. 02. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider
(Saarbrücken), Oskar Lafontaine, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion DIE LINKE.

Europapolitische Konsequenzen der Föderalismusreform im Bildungsbereich

Mit der von den europäischen Regierungschefs in Lissabon entworfenen Strate-
gie zum Ausbau von Bildung, Erziehung und Wissenschaft spielt Bildungspoli-
tik auf europäischer Ebene eine immer bedeutendere Rolle. Auch die Gestaltung
des 1999 initiierten Bologna-Prozesses zur Schaffung eines europäischen Hoch-
schul- und Forschungsraumes bis 2010 und der nachfolgende Kopenhagen-Pro-
zess für die berufliche Bildung ist mit einschneidenden Konsequenzen für die
nationale Bildungspolitik verbunden. Die Gestaltung und Umsetzung der ange-
stoßenen Reformen muss zwischen Bund und Ländern koordiniert erfolgen. Mit
der angekündigten Föderalismusreform der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
scheint die Europatauglichkeit bildungspolitischer Abstimmungsprozesse in der
Bundesrepublik Deutschland jedoch weiter eingeschränkt zu werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Wie bewertet die Bundesregierung die Konsequenzen auf das Akkreditie-
rungsverfahren von Studiengängen durch den geplanten Wegfall des
Hochschulrahmengesetzes?

b) Welche Vorgaben werden nach dem geplanten Wegfall des Hochschulrah-
mengesetzes im Akkreditierungsrat mit Blick auf die Aussage des Statuts
für ein länder- und hochschulübergreifendes Akkreditierungsverfahren,
dass die Vorgaben des Hochschulrahmengesetzes sowie die von der Kul-
tusministerkonferenz beschlossenen Strukturvorgaben der Akkreditierung
zugrunde gelegt werden, für die Akkreditierung von Studiengängen zu-
grunde gelegt?

c) Welche Einflussmöglichkeiten wird der Bund nach der geplanten Födera-
lismusreform und dem Wegfall des Hochschulrahmengesetzes auf die
Weiterentwicklung dieser Vorgaben haben?

2. a) Welche rechtliche Verbindlichkeit werden die im Bologna-Prozess verab-
redeten Ziele nach dem geplanten Wegfall des Hochschulrahmengesetzes
nach Kenntnis der Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland
haben?
b) Inwieweit können die Bundesländer nach dem geplanten Wegfall des
Hochschulrahmengesetzes und durch die in der Föderalismusreform vor-
gesehene Möglichkeit von Ausnahmeregelungen bei Zugang und Ab-
schlüssen von den im Bologna-Prozess vereinbarten Zielen nach Kenntnis
der Bundesregierung zukünftig abweichen?

c) Wie bewertet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die Konse-
quenzen für die erfolgreiche Fortsetzung des Bologna-Prozesses?

Drucksache 16/727 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. a) Welche Auswirkungen wird die geplante Föderalismusreform nach An-
sicht der Bundesregierung auf die Vertretungsmacht der Bundesländer in
Bildungsfragen auf EU-Ebene haben?

b) Welche Auswirkungen wird die geplante Föderalismusreform auf die Ver-
tretungsmacht des Bundes in Bildungsfragen auf EU-Ebene haben?

4. a) Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass die Positionsbildung der
Bundesrepublik Deutschland zu europäischen Bildungsfragen nach der
geplanten Föderalismusreform transparent und demokratisch erfolgt?

b) Welche Gremien sollen für die Abstimmung zwischen Bund und Ländern
in europäischen Bildungsfragen nach der Föderalismusreform verantwort-
lich sein?

c) In welcher Form sollen Abstimmungsprozesse erfolgen?

5. a) Welche Einflussmöglichkeiten stehen dem Deutschen Bundestag auf die
Gestaltung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums zurzeit zu?

b) Inwieweit werden sich seine Einflussmöglichkeiten mit der geplanten Fö-
deralismusreform verändern?

c) Inwieweit hält die Bundesregierung die jetzigen und zukünftigen Einfluss-
möglichkeiten des Deutschen Bundestages in dieser Frage für ausrei-
chend?

6. a) Welche Einflussmöglichkeiten hat der Deutsche Bundestag zurzeit auf die
Umsetzung von getroffenen Vereinbarungen und Beschlüssen zur Schaf-
fung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums in der Bundesre-
publik Deutschland?

b) Inwieweit werden sich seine Einflussmöglichkeiten mit der geplanten Fö-
deralismusreform verändern?

c) Inwieweit hält die Bundesregierung die jetzigen und zukünftigen Einfluss-
möglichkeiten des Deutschen Bundestages in dieser Frage für ausrei-
chend?

7. a) Auf welcher rechtlichen Grundlage kann ein anvisiertes gemeinsames
Kreditpunktesystem für die berufliche Bildung, die Hochschulen und die
Weiterbildung nach der geplanten Föderalismusreform nach Kenntnis der
Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland entwickelt werden?

b) Welche Rolle kann der Bund dabei spielen?

8. a) Welchen Einfluss kann der Bund nach der Föderalismusreform auf die
weitere Entwicklung und Evaluation eines Europäischen Qualifikations-
rahmens nehmen?

b) Welchen Einfluss kann der Bund nach der Föderalismusreform auf die
Entwicklung und Evaluation eines nationalen Qualifikationsrahmens als
Referenzrahmen für den Europäischen Qualifikationsrahmen nehmen?

c) Inwieweit hält die Bundesregierung diese Einflussmöglichkeiten für aus-
reichend?

Berlin, den 15. Februar 2006

Cornelia Hirsch
Dr. Petra Sitte
Volker Schneider (Saarbrücken)
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.