BT-Drucksache 16/7229

Verbesserung der Verkehrssicherheit durch Inanspruchnahme der öffentlichen Hand bei Unfällen an behördlich bekannten Unfallschwerpunkten

Vom 16. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7229
16. Wahlperiode 16. 11. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Peter Hettlich,
Bettina Herlitzius, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn,
Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg) und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verbesserung der Verkehrssicherheit durch Inanspruchnahme der öffentlichen
Hand bei Unfällen an behördlich bekannten Unfallschwerpunkten

Im bundesweiten Straßennetz kommt es wiederholt und immer an den gleichen
Stellen zu Verkehrsunfällen, die als Unfallschwerpunkte bezeichnet werden.
Nach Schätzungen des Verkehrstechnischen Instituts der Deutschen Versicherer
entstehen durch Unfallhäufungen jährlich volkswirtschaftliche Schäden von
rund 5 Mrd. Euro. Es ist Aufgabe der Unfallkommissionen auf Ebene der Kreise,
Unfallschwerpunkte zu entdecken und durch geeignete Maßnahmen zu ent-
schärfen, um der Verkehrssicherungs- oder Verkehrsreglungspflicht nachzu-
kommen. Aus den Verwaltungsverfahrensvorschriften zur Straßenverkehrs-
Ordnung (StVO) ergeben sich zwar Prüfpflichten, aber keine Handlungspflich-
ten. Entsprechende Ländervorschriften lassen keine Schadenersatzansprüche
von verunfallten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern zu, wenn
Straßenbaulastträger (bei Verkehrssicherungspflichten) oder untere Straßen-
verkehrsbehörden (bei Verkehrsregelungspflichten) gegen Verkehrsvorschriften
verstoßen. Liegt ein bekannter Unfallschwerpunkt vor, der nicht entschärft wur-
de, so hat der Verunfallte häufig das Nachsehen, weil die Mehrheit der Kraft-
fahrer in gleicher Situation den Unfallschwerpunkt unfallfrei passiert hat. Trotz
eines eventuellen Behördenverstoßes lassen sich daraus keine Amtshaftungsan-
sprüche ableiten. Eine Bezugnahme auf § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB) i. V. m. Artikel 34 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) reicht offensichtlich
häufig nicht aus. Aus diesem Zusammenhang heraus haben wir folgende Fragen
an die Bundesregierung:

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, wie viel Fälle nicht geleisteter
Amtshaftungen in Deutschland existieren, die auf nicht beseitigte oder ent-
schärfte, aber bekannte Unfallschwerpunkte zurückzuführen sind?

Wenn ja, welche?
Wenn nein, warum werden dazu keine Daten erfasst?

2. Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Experten, dass eine Verschär-
fung der StVO bzw. des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) im Hinblick auf
eine bessere Eindeutigkeit von Haftungsregelungen zu mehr Verkehrssicher-
heit führen?

Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung dazu?

Drucksache 16/7229 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Ist die Bundesregierung auch der Meinung, dass die Verwaltungsvorschriften
zu § 44 StVO reformbedürftig sind, was von Experten geäußert wird?

Sollten die Anforderungen an eine modernen Erkenntnissen entsprechende
örtliche Unfalluntersuchung verbessert und präzisiert werden?

Wenn nicht, warum nicht?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Meinung, dass es gesetzlich zu defi-
nieren ist, ab wann Unfallhäufungen auf bestimmten Straßenabschnitten
als ein nicht verkehrssicherer Zustand zu deklarieren sind, um im Sinne der
Unfallvorsorge für mehr Verkehrssicherheit zu sorgen, oder im Fall eines
Unfalls Haftungsansprüche daraus ableiten zu können?

5. Wenn es schon schwierig ist, Haftungsansprüche geltend zu machen, die aus
Unfällen an behördlich bekannten Unfallschwerpunkten resultieren, sollten
Verkehrsteilnehmer und Teilnehmerinnen dann nicht in die Lage versetzt
werden, einen Unfallschwerpunkt im Straßenverkehr rechtzeitig erkennen zu
können?

6. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass der Schutz von Geschädigten bei
Pflichtverletzungen in Hinblick auf die Verkehrssicherungspflicht bzw. Ver-
kehrsregelungspflicht ausreicht?

Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung angesichts der hohen
volkswirtschaftlichen Kosten?

7. Ist die Bundesregierung nicht auch der Meinung, dass eine Verbesserung von
Haftungsansprüchen zu mehr Verkehrssicherheit führen würde, weil mehr
Finanzmittel für Unfallschwerpunkte anstatt für Straßenbau bereitgestellt
werden müssten, um Haftungsansprüchen vernünftigerweise vorzubeugen?

Berlin, den 16. November 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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