BT-Drucksache 16/7228

Geplante Inlandseinsätze der Bundeswehr mit Stand viertes Quartal 2007

Vom 14. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7228
16. Wahlperiode 14. 11. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Inge Höger, Jan Korte, Kersten Naumann,
Paul Schäfer (Köln) und der Fraktion DIE LINKE.

Geplante Inlandseinsätze der Bundeswehr mit Stand viertes Quartal 2007

Die Bundesregierung will die Möglichkeiten für Inlandseinsätze der Bundes-
wehr erweitern. Verdächtige Flugzeuge sollen abgeschossen werden, bewaffnete
Soldaten sollen Objektschutz und Personenkontrollen vornehmen können. Sol-
che Absichten sorgen für erhebliche Beunruhigung in der Bevölkerung.

In der jüngsten Vergangenheit hat die Bundesregierung Entwicklungen eingelei-
tet, die geeignet sind, eine schrittweise Gewöhnung an die Präsenz bewaffneter
Truppenformationen zu erreichen. So hat sich die Zahl der Amtshilfemaßnah-
men in den letzten Jahren massiv erhöht (vgl. Bundestagsdrucksache 16/6159).
Dabei werden die Soldaten auch für Ordnungsaufgaben bzw. zur direkten Unter-
stützung der Polizei eingesetzt. Die militärischen Maßnahmen beim G8-Gipfel
zeigten, wie weit die Bundesregierung den aus ihrer Sicht zulässigen Rahmen
von „Amtshilfe“ nach Artikel 35 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) fasst – nach
Ansicht der Fragesteller hat etwa der Einsatz von Spähpanzern und Tornado-
Flugzeugen gegen Demonstranten die Verfassung verletzt.

Unverzichtbar ist daher eine effektive und lückenlose parlamentarische Kontrol-
le. Diese wird allerdings von der Bundesregierung hintertrieben, wie auch die
auf Bundestagsdrucksache 16/6301 verfasste Antwort auf eine Kleine Anfrage
der Fraktion DIE LINKE. nach den geplanten Inlandseinsätzen zeigt. Die Regie-
rung verweigert nähere Angaben unter Hinweis auf – nicht näher erläuterte –
Sicherheitsbedenken. Aus Sicht der Fraktion DIE LINKE. kann es nicht ange-
hen, dass bevorstehende Einsätze der Parlamentsarmee Bundeswehr als ge-
heime Kommandosache der Bundesregierung betrieben werden. Der Hinweis
darauf, dass „im Wesentlichen“ medizinisches Personal eingesetzt würde, kann
nach den Erfahrungen beim G8-Gipfel, wo ohne vorherige Ankündigung Tor-
nados im Einsatz waren, nicht beruhigen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie genau begründen sich die Sicherheitsbedenken, die die Bundesregierung
in ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 16/6301 anführt, um nähere Dar-
legungen über die derzeit von obersten Bundesbehörden beantragten Amts-

hilfeleistungen zu verweigern?

2. Betrachtet die Bundesregierung die Angaben zu

– den wesentlichen Inhalten der Amtshilfeersuchen,

– dem beabsichtigten Zweck des Einsatzes,

Drucksache 16/7228 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

– den spezifisch verlangten Fähigkeiten, Kapazitäten und Gerätschaften der
Bundeswehr,

– der Zahl der eingeplanten Soldaten,

– dem Datum bzw. dem Zeitraum,

– dem Ort

jeweils gleichermaßen für so sicherheitsrelevant, dass sie ihrer Auskunfts-
pflicht nicht nachkommen will, und wie begründet sie das im Einzelnen?

3. Hat die Bundesregierung Überlegungen darüber angestellt, dass eine pau-
schale Auskunftsverweigerung unter Verweis auf nicht spezifizierte Sicher-
heitsbedenken in Widerspruch zur Auskunftsverpflichtung steht, und es der
Charakter der Bundeswehr als Parlamentsarmee geradezu gebietet, dem Par-
lament Auskunft über bevorstehende Einsätze bzw. Verwendungen auch im
Inland zu gewähren, und wenn ja, ist die Bundesregierung nun bereit, einige
der in Frage 2 genannten Details bekannt zu geben (bitte ggf. ausführen)?

4. Worin unterscheiden sich Amtshilfeleistungen nach Artikel 35 Abs. 1 GG
und so genannte Unterstützungsleistungen Dritter in rechtlicher und tatsäch-
licher Hinsicht voneinander?

5. Wird die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Amtshilfeleistungen wie für
Unterstützung Dritter tatsächlich, wie in der Antwort zu den Fragen 1f und
2g auf Bundestagsdrucksache 16/6301 ausgeführt, jeweils vom Bundes-
ministerium der Verteidigung (BMVg) geprüft, und wenn ja, wie ist dann der
Hinweis der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 16/6317 zu verste-
hen, demzufolge die Entscheidungsgewalt bei geringerwertigen Amtshilfe-
ersuchen auch auf Divisionsebene liegen kann?

6. Wie genau gestaltet sich nun die verfassungsrechtliche Prüfung von Amts-
hilfeersuchen und Unterstützungsanforderungen und in welchen Dienstvor-
schriften, Anweisungen und anderen Regelungen sind die entsprechenden
Zuständigkeiten und Entscheidungsgrundlagen niedergelegt?

Welche Reglungen gelten für den Einsatz von Soldaten zur Wahrnehmung
von Hausrechtsaufgaben außerhalb militärischer Liegenschaften?

7. Welche bevorstehenden Einsätze der Bundeswehr auf Grundlage von Arti-
kel 35 Abs. 1 GG (Amtshilfe) sind zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser
Frage wann und durch wen beschlossen worden?

a) Wer hat die Amtshilfeersuchen gestellt, und was ist der jeweilige Wortlaut?

b) Falls die Bundesregierung den Wortlaut nicht veröffentlichen will:

– worin besteht der wesentliche Inhalt des jeweiligen Ersuchens,

– was ist der beabsichtigte Zweck,

– welche Fähigkeiten, Kapazitäten, Gerätschaften sollen eingesetzt wer-
den,

– wie viele Soldaten inklusive der zur „Eigensicherung“ abgestellten
werden zum Einsatz kommen, und wie viele davon sind bewaffnet,

– welche Aufgaben sollen diese erfüllen,

– an welchem Datum bzw. in welchem Zeitraum und an welchem Ort
bzw. in welcher Region soll der Einsatz stattfinden,

– welche Kosten werden dabei entstehen, und wer kommt für diese auf

(für den Fall, dass einzelne Details aus Sicherheitsbedenken nicht mitgeteilt
werden, diese Sicherheitsbedenken bitte genau erläutern und die anderen

Details angeben)?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7228

8. Wie viele noch nicht beschlossene Amtshilfeersuchen liegen zum Zeitpunkt
der Bundeswehr dieser Anfrage seit wann vor, die um einen Amtshilfeein-
satz der Bundeswehr ersuchen (bitte nach dem Schema der Frage 7 beant-
worten)?

9. Wie viele Unterstützungsleistungen für Veranstaltungen Dritter durch die
Bundeswehr sind derzeit wann und durch wen beschlossen worden (bitte
nach dem Schema der Frage 7 beantworten)?

10. Welche Unterstützungsleistungen für Veranstaltungen Dritter durch die
Bundeswehr sind derzeit seit wann beantragt (bitte nach dem Schema der
Frage 7 beantworten)?

11. Ist in den vorhergehenden Fragen auch der angefragte bzw. beschlossene
Einsatz von Feldjägern zur Wahrnehmung des Hausrechts außerhalb militä-
rischer Liegenschaften enthalten (wenn ja, bitte angeben, wenn nein, bitte
nach dem Schema der Frage 7 erläutern)?

Berlin, den 13. November 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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