BT-Drucksache 16/7135

Bodenprivatisierung neu ausrichten

Vom 14. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7135
16. Wahlperiode 14. 11. 2007

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Nicole Maisch, Hans-Josef Fell,
Peter Hettlich, Winfried Hermann, Bärbel Höhn, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia
Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Bettina Herlitzius und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bodenprivatisierung neu ausrichten

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– die Privatisierung land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen, die sich im
Bundeseigentum bzw. im Eigentum bundeseigener Unternehmen befinden,
neu auszurichten;

– bei der Neuausrichtung dafür Sorge zu tragen, dass arbeitsintensive Unter-
nehmen bei der Vergabe der Fläche im Rahmen des verfassungs- und europa-
rechtlich Zulässigen bevorzugt werden; dazu gehören:

● Tierhaltungsbetriebe mit einer flächengebundenen Tierhaltung von maxi-
mal zwei Großvieheinheiten (GV) pro Hektar oder Antragsteller, die ein
dementsprechendes Betriebskonzept für die zu erwerbenden Flächen vor-
legen,

● Betriebe, die ökologischen Landbau betreiben oder Antragsteller, die ein
dementsprechendes Betriebskonzept für die zu erwerbenden Flächen vor-
legen,

● diversifizierende Betriebe, die neben ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit
mindestens einen weiteren Betriebszweig wie Direktvermarktung oder
„Urlaub auf dem Bauernhof“ etabliert haben, oder Antragsteller, die ein
dementsprechendes Betriebskonzept für die zu erwerbenden Flächen vor-
legen;

– darüber hinaus dafür zu sorgen, dass besonders Unternehmen bzw. Personen
als Käufer bei der Vergabe der Flächen zum Zuge kommen, die ortsansässig
sind oder werden;

– in den Kaufverträgen zu vereinbaren, dass der Verkäufer vom Kaufvertrag
zurücktreten kann, wenn innerhalb einer Frist von 20 Jahren von dem für den
Verkauf maßgeblichen Betriebskonzept erheblich abgewichen wird oder die
Ortsansässigkeit nicht mehr gegeben ist;
– diese Grundsätze bereits bei der geplanten Novelle des Entschädigungs- und
Ausgleichsleistungsgesetzes umzusetzen.

Berlin, den 14. November 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Drucksache 16/7135 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Begründung

Agrar- und Forstflächen haben durch die zunehmende Nutzung von Biomasse
für energetische Zwecke wie Strom, Wärme und Treibstoffe immens an Wert
gewonnen. Das ruft auch landwirtschaftsferne Kaufinteressenten für Grund und
Boden auf den Plan, die oft über deutlich mehr Kapital verfügen als ortsansäs-
sige Landwirte, deren Kapital in Land und Maschinen angelegt ist.

Für den Erhalt lebenswerter Strukturen im ländlichen Raum – insbesondere in
Ostdeutschland, wo ein Großteil der zu privatisierenden Flächen liegt – sind die
Steigerung der regionalen Wertschöpfung sowie die Schaffung zusätzlicher Ar-
beitsplätze und neuer Einkommensperspektiven von zentraler Bedeutung. Nur
dadurch kann das im Grundgesetz verankerte Ziel, gleichwertige Lebensverhält-
nisse in allen Landesteilen und damit auch in ländlichen Regionen zu gewähr-
leisten, erreicht werden.

Deshalb müssen die politischen Rahmenbedingungen derart gestaltet werden,
dass die Wertschöpfungspotenziale des Agrarsektors unabhängig von der Her-
kunft des Käufers regional erhalten bleiben. Im Vordergrund stehen dabei der
Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie eine Begrenzung des Abflus-
ses von Unternehmensgewinnen aus den Regionen. Gleichzeitig müssen aber
auch Land- und forstwirtschaftliche Betriebe vor Ort die Chance erhalten, ihre
Flächen arrondieren zu können. Nur wenn ortsansässige Betriebe über die nötige
Fläche für ein existenzsicherndes Wirtschaften verfügen, kann die steigende
Tendenz der Betriebsaufgaben aufgehalten und eine vielfältige Agrarstruktur er-
halten werden. Wirtschaftlich solide Agrarbetriebe, die regional verwurzelt sind,
sind ein Rückgrad der ländlichen Entwicklung.

Der Verkauf bundeseigener Flächen (ca. 535 000 ha landwirtschaftliche und
ca. 130 000 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche), ist daher nur im Allgemein-
interesse, wenn er die Sicherung der Wertschöpfungspotentiale und der Arbeits-
platzsituation in den Regionen beachtet.

Die im Antrag aufgeführten Maßgaben beim Verkauf sind an die Flächen-
erwerbsverordnung angelehnt.

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