BT-Drucksache 16/7108

Sicherheitskontrollen an Flughäfen verstaatlichen

Vom 14. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7108
16. Wahlperiode 14. 11. 2007

Antrag
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Kersten Naumann, Petra Pau
und der Fraktion DIE LINKE.

Sicherheitskontrollen an Flughäfen verstaatlichen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Die Kontrolle von Flugpassagieren und Gepäckstücken an Flughäfen hat
einen hohen Stellenwert für die Sicherheit des Luftverkehrs.

2. Die Kontrolle von Flugpassagieren und Gepäckstücken an Flughäfen ist eine
verantwortungsvolle Tätigkeit, die gut ausgebildetes und angemessen be-
zahltes Personal erforderlich macht.

3. Bei verschiedenen Überprüfungen der Sicherheitskontrollen an deutschen
Flughäfen durch die Bundespolizei sind bedauerlicherweise massive Sicher-
heitslücken offenbar geworden (Nichterkennungsquoten von bis zu 30 Pro-
zent).

4. Die bei den Überprüfungen ermittelten Fehlerquoten von über 30 Prozent
sind inakzeptabel hoch.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das Luftsicherheitsgesetz, das Bundespolizeigesetz sowie weitere einschlä-
gige Vorschriften dahingehend zu ändern, dass die Sicherheitskontrollen, ins-
besondere die Kontrollen von Flugpassagieren und Gepäckstücken, nicht
mehr an private Sicherheitsdienste delegiert werden, sondern von Angestell-
ten oder Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei wahrgenommen wer-
den, die besonders für diese verantwortungsvolle Aufgabe aus- und fortge-
bildet wurden;

2. sicherzustellen, dass den Beschäftigten der Bundespolizei, die mit den
Sicherheitskontrollen an Flughäfen und insbesondere mit der Kontrolle von
Flugpassagieren und Gepäckstücken betraut sind, eine ausreichende, regel-
mäßige und fundierte Aus- und Fortbildung ermöglicht wird;

3. ein Sofortprogramm zur Verbesserung der Sicherheitskontrollen, insbeson-
dere der Flugpassagier- und Gepäckkontrollen an Flughäfen, aufzulegen. Das
Sofortprogramm hat das Ziel, die Fehlerquote bei den Sicherheitskontrollen
zu reduzieren. Dazu ist zunächst zu prüfen, ob ausreichend Kontrollpersonal
vorhanden ist. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die für die Sicherheits-
kontrollen zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausreichend ge-
schult werden und mindestens eine Vergütung erhalten, die der Vergütung
von Angestellten im öffentlichen Dienst in vergleichbarer Position ent-
spricht;

Drucksache 16/7108 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. sich im Ministerrat und im Europäischen Parlament dafür einzusetzen, dass
auf europäischer Ebene eine adäquate Regelung geschaffen wird, die sicher-
stellt, dass Sicherheitskontrollen an europäischen Flughäfen durch Beamtin-
nen und Beamte oder öffentlich Bedienstete mit hohem Fort- und Ausbil-
dungsgrad und guter Bezahlung erfolgt.

Berlin, den 13. November 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung
Allein am Frankfurter Flughafen kontrollieren Sicherheitskräfte jährlich über
50 Millionen Fluggäste. Die Anforderungen, die dabei an das Sicherheitsper-
sonal gestellt werden, sind enorm. Es bedarf daher gut ausgebildeter und gut be-
zahlter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um die verantwortungsvolle Aufgabe
der Sicherheitskontrollen zu erfüllen.

Seit mehr als zehn Jahren werden Sicherheitskontrollen an Flughäfen zum Teil
durch private Sicherheitsfirmen durchgeführt. Laut Gewerkschaft der Polizei
(GdP) erhalten die Kontrolleure der privaten Sicherheitsunternehmen einen
Bruttolohn zwischen sechs und zehn Euro pro Stunde. An dem größten deut-
schen Flughafen in Frankfurt am Main liegt der Bruttoeinstiegslohn laut einem
Bericht des Fernsehmagazins „Frontal 21“ (12. Dezember 2006) bei lediglich
7,66 Euro pro Stunde.

Im gleichen Bericht von „Frontal 21“ bemängelt ein Ausbilder für private
Sicherheitsdienstleister, dass die vom Bundesministerium des Innern vorge-
schriebene vierwöchige Ausbildung des Sicherheitspersonals nicht ausreichend
sei, um Personal für die Sicherheitskontrollen qualifizieren zu können.

Kontrollen der Bundespolizei brachten immer wieder verheerende Lücken bei
den Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen zu Tage. Über 30 Prozent der
durch die Prüfer an den Kontrollen vorbeigeführten Bomben- und Waffenattrap-
pen wurden durch das Sicherheitspersonal nicht entdeckt.

Sicherheitsexpertinnen und Sicherheitsexperten sowie Vertreterinnen und Ver-
treter der Gewerkschaft der Polizei und der Deutschen Polizeigewerkschaft
sehen einen Zusammenhang zwischen der schlechten Bezahlung des Sicher-
heitspersonals, der mangelhaften Aus- und Fortbildung der privaten Sicherheits-
dienste und den inakzeptabel hohen Fehlerquoten bei den Kontrollen. Zu Recht
wird kritisiert, dass von schlecht bezahlten und sparsam ausgebildeten Mitarbei-
terinnen und Mitarbeitern keine Höchstmotivation und Spitzenleistung erwartet
werden können. Genau das ist aber für ein hohes Sicherheitsniveau unerlässlich.

Angesichts der hohen Bedeutung der Luftsicherheit für die gesamte Sicherheit
hält DIE LINKE. es für unvertretbar, wenn ausgerechnet am Sicherheitspersonal
in erheblichem Umfang gespart wird, zugleich aber durch den Bundesminister
des Innern eine technische Aufrüstung der Sicherheitsinfrastruktur mit nach-
teiligen Folgen für die Grund- und Bürgerrechte forciert wird. Es ist nicht nach-
vollziehbar, warum der Bund ausgerechnet im Bereich der Luftsicherheit eine
hoheitliche Aufgabe an private Unternehmen abgibt und somit einen sensiblen
Sicherheitsbereich Kostendruck und Lohndumping aussetzt.

Aus diesen Gründen ist die Privatisierung von Sicherheitsleistungen verantwor-
tungslos. Die Sicherheitskontrollen sind wieder in die Hände des Staates zurück-
zuführen.

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