BT-Drucksache 16/6987

zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Heinrich L. Kolb, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/1675- Vermittlungsgutscheine der Bundesagentur für Arbeit marktgerecht ausgestalten - private Arbeitsvermittlung stärken

Vom 7. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6987
16. Wahlperiode 07. 11. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Heinrich L. Kolb, Christian
Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/1675 –

Vermittlungsgutscheine der Bundesagentur für Arbeit marktgerecht
ausgestalten – private Arbeitsvermittlung stärken

A. Problem

Zentrales Ziel bei der Einführung des Vermittlungsscheins war die Stärkung des
Wettbewerbs in der Arbeitsvermittlung. Jedoch sollen die seit dem 27. März
2002 eingesetzten Vermittlungsgutscheine der Bundesagentur für Arbeit (BA)
zu keiner wesentlichen Erholung am Arbeitsmarkt geführt haben. Der Bundes-
rechnungshof habe die Gutscheine als wenig erfolgreich und in hohem Maße
missbrauchsanfällig bezeichnet. Sie seien fehlerhaft ausgestaltet und sollen sich
in der Praxis als zu unflexibel erwiesen haben. Daneben soll die Ausstellung und
Einlösung der an eine Vielzahl von Voraussetzungen gebundenen und nur für die
Dauer von drei Monaten gültigen Gutscheine mit erheblichem bürokratischen
Aufwand verbunden sein. Sie würden zudem nur einen kleinen Teil der Arbeits-
losen erreichen. Auch soll eine gezielte Vermittlung von Problemgruppen des
Arbeitsmarktes nicht oder nur in geringem Umfang stattgefunden haben. Private
Arbeitsvermittlung hingegen sei in der Lage, effiziente, den Ansprüchen eines
modernen Arbeitsmarktes gerecht werdende Vermittlungsdienstleistung zu er-
bringen.

B. Lösung

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Regelung des § 421g SGB III da-
hingehend zu reformieren, dass die Befristung bis zum 31. Dezember 2006 auf-
gehoben wird und die Einsatzmöglichkeiten der Vermittlungsgutscheine flexi-
bler gestaltet werden. Der Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein soll ab
dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit bestehen, die Voraussetzung einer vorherge-

henden sechswöchigen Arbeitslosigkeit soll entfallen. Ferner sollen die Gut-
scheine für die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit ihre Gültigkeit behalten, die
Befristung auf drei Monate solle ihrerseits entfallen. Die Vermittlungsgut-
scheine sollen auch bei staatlichen Vermittlern eingelöst werden können, die ein
erfolgsabhängiges Entlohnungssystem durch die Einnahmen der Gutscheine
wenigstens teilweise refinanzieren sollen.

Drucksache 16/6987 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP

C. Alternativen

Annahme des Antrags

D. Kosten

Kostenüberlegungen wurden nicht angestellt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6987

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/1675 abzulehnen.

Berlin, den 7. November 2007

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau) Gabriele Hiller-Ohm
Vorsitzender Berichterstatterin

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf

● die Vermittlungsgutscheine sollen marktgerecht ausge-

staltet, ihr Wert weiter ausdifferenziert werden, um die
Anreizsituation zur Vermittlung deutlich zu erhöhen;

Drucksache 16/1675 in seiner 66. Sitzung am 7. November
2007 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/6987 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm

I. Verfahren

1. Überweisung

Der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/1675
ist in der 121. Sitzung des Deutschen Bundestages am
25. Oktober 2007 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales
zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie zur Mitberatung überwiesen worden.

2. Voten des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat in sei-
ner Sitzung am 7. November 2007 mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP be-
schlossen, die Ablehnung des Antrages zu empfehlen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach Auffassung der Antragsteller haben die seit dem
27. März 2007 eingesetzten Vermittlungsgutscheine, deren
Einführung dem zentralen Ziel der Stärkung des Wettbe-
werbs in der Arbeitsvermittlung vor Augen dienen sollten,
zu keiner wesentlichen Erholung am Arbeitsmarkt geführt.
Sie seien fehlerhaft ausgestaltet, und ihre Einlösung sei mit
erheblichem bürokratischen Aufwand verbunden. Zudem er-
reichen sie nur einen geringen Teil der Arbeitslosen. Im Jahr
2002 wurden beispielsweise von den 200 000 ausgegebenen
Gutscheinen nur 6 Prozent eingelöst. Trotz einem Anstieg
bei der Zahl der ausgegebenen Gutscheine sowie einer Ver-
änderung bei der Ausgestaltung derselben seit Anfang 2005
habe sich die Einlösebilanz nicht verbessert. Die Bundes-
regierung wird aufgefordert, die Regelung des § 421g
SGB III unter Maßgabe folgender Punkte zu reformieren:

● Die Befristung bis zum 31. Dezember 2006 soll aufgeho-
ben werden;

● die Einsatzmöglichkeiten der Vermittlungsgutscheine
sollen flexibler gestaltet werden;

● der Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein soll ab
dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit bestehen. Die Vo-
raussetzung einer vorhergehenden sechswöchigen Ar-
beitslosigkeit soll entfallen;

● die Gutscheine sollen für die gesamte Dauer der Arbeits-
losigkeit ihre Gültigkeit behalten, die Befristung auf drei
Monate soll entfallen;

● die Vermittlungsgutscheine sollen auch bei staatlichen
Vermittlern eingelöst werden können, die ein zu entwi-
ckelndes erfolgsabhängiges Entlohnungssystem durch
die Einnahmen der Gutscheine wenigstens teilweise re-
finanzieren;

III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung der
Vorlage 16/1675 in seiner 63. Sitzung am 25. Oktober 2007
aufgenommen und beschlossen, eine öffentliche Anhörung
durchzuführen. Sie erfolgte in der 64. Sitzung des Ausschus-
ses am 5. November 2007.

Die Anhörungsteilnehmer haben schriftliche Stellungnah-
men abgegeben, die in der Ausschussdrucksache 16(11)764
zusammengefasst wurden.

Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverständige
haben an der Anhörung teilgenommen:

– Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung
e. V., ABA

– Deutscher Gewerkschaftsbund, DGB

– Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
e. V. BDA

– Deutsche Rentenversicherung Bund, DRV-Bund

– Sozialverband Deutschland e. V., SoVD

– Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V., AEV

– BASF Aktiengesellschaft, BASF

– Deutscher Juristinnenbund, DJB

– Herr Prof. Dr. Winfried Schmähl, Niebüll

– Frau Dr. Dr. Anette Reil-Held, Mannheim

– Herr Dr. Dr. Thomas Metz, Stuttgart

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver-
bände (BDA) hält die Ausweitung der „Wartefrist“ bis zur
Vergabe des Vermittlungsgutscheins auf zwei Monate für
nicht zielführend. Bei schwierigen Fällen müsse die Mög-
lichkeit bestehen, den Vermittlungsgutschein schon früher
auszugeben. Die gesetzlichen Höchstgrenzen für die Vergü-
tung privater Arbeitsvermittlungen sollten ersatzlos gestri-
chen werden. Die bisher kurze Gültigkeit des Vermittlungs-
gutscheins müsse auf sechs Monate verdoppelt werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) empfiehlt den
Vermittlungsgutschein nur mit Änderungen zu verlängern,
mit denen das Ziel verfolgt werde, die Nachhaltigkeit der
Vermittlung zu verbessern und Mitnahmeeffekte zu mini-
mieren.

Für weitere Einzelheiten wird auf das Protokoll der 64. Sit-
zung des Ausschusses für Arbeit und Soziales verwiesen.

IV. Beratung und Abstimmung im federführenden
Ausschuss
● es soll keine absolute Höchstprämie für die Vermittlungs-
gutscheine festgelegt werden.

gegen die Stimmen der Fraktion der FDP dem Deutschen
Bundestag die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/6987

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD vertraten die Auf-
fassung, dass die Vermittlungsagenturen in ihrer guten Ver-
mittlungstätigkeit weiterhin gestärkt werden sollten. Gerade
auch Menschen mit Behinderungen und Langzeitarbeitslose
sollten auch in Zukunft verstärkt von diesen Vermittlungs-
gutscheinen profitieren. Man lehne den Antrag der FDP
jedoch ab, da man selbst für die Weiterführung des Instru-
ments der Vermittlungsgutscheine eine gute Lösung präsen-
tiert habe.

Die Fraktion der FDP wollte mit ihrem Antrag verdeut-
lichen, dass das Instrument der Vermittlungsgutscheine
flexibler gestaltet werden und vom ersten Tag der Arbeits-
losigkeit an gewährt werden müsse. Die Werte der Gutschei-
ne müssten differenzierter behandelt werden. Ferner gebe es
keine absolute Werteobergrenze, da gerade bei Arbeitslosen
mit hohen Vermittlungshemmnissen eine intensive Betreu-
ung stattfinden müsse und sich „rechnen“ müsse. Auch die

staatlichen Vermittler sollten darüber hinaus in ein System
erfolgsabhängiger Vergütung einbezogen werden, so dass
auch bei der staatlichen Vermittlung Anreize gesetzt würden,
mehr und schneller zu vermitteln. Insofern solle ein Wett-
bewerb zwischen staatlichen und privaten Vermittlern statt-
finden.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, dass der Grund der Ein-
bringung des Antrags insgesamt nicht nachvollzogen werden
könne. Der Vermittlungsgutschein zeitige keine signifikan-
ten Wirkungen bei der Eingliederung, es gebe aber Hinweise
auf Qualitätsprobleme und Mitnahmeeffekte. Daher sei der
Antrag abzulehnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte fest,
dass für eine Verlängerung der Vermittlungsgutscheine eine
Weiterentwicklung wünschenswert gewesen sei, dass es sich
aber grundsätzlich um die richtige Richtung handele. Ver-
mieden werden sollen jedoch Mitnahmeeffekte.

Berlin, den 7. November 2007

Gabriele Hiller-Ohm
Berichterstatterin

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