BT-Drucksache 16/6985

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/6541- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts

Vom 7. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6985
16. Wahlperiode 07. 11. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/6541 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und
anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts

A. Problem

Das Ausmaß einer nach dem Bundesversorgungsgesetz auszugleichenden ge-
sundheitlichen Schädigungsfolge wird wie der Grad der Behinderung nach dem
Neunten Buch Sozialgesetzbuch nach den „Anhaltspunkten für die ärztliche
Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbe-
hindertenrecht“ (AHP) festgestellt (herausgegeben vom Bundesministerium für
Arbeit und Soziales – BMAS). Bei den AHP handelt es sich nach der Rechtspre-
chung um antizipierte Sachverständigengutachten, die im Einzelfall nicht wider-
legbar sind. Allerdings hat die höchstrichterliche Rechtsprechung wiederholt
gerügt, dass die AHP nicht demokratisch legitimiert sind. Denn weder für die
AHP selbst noch für die Organisation, das Verfahren und die Zusammensetzung
des Ärztlichen Sachverständigenbeirats – Sektion Versorgungsmedizin – beim
BMAS, des Expertengremiums, das dieses Regelwerk erarbeitet und ständig
überprüft, gibt es bislang eine Rechtsgrundlage im Sinne eines materiellen Ge-
setzes. Diese soll nun durch eine entsprechende Änderung des Bundesversor-
gungsgesetzes geschaffen werden.

Der Begriff „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ (MdE), der im Sozialen Ent-
schädigungsrecht zur Feststellung des schädigungsbedingten Gesundheitsscha-
dens verwendet wird, ist irreführend und ist dort – wie im Bereich der gesetz-
lichen Unfallversicherung, wo er ebenfalls verwendet wird – von den
Betroffenen oftmals falsch verstanden worden. Der Ausdruck würde nämlich
aus sich heraus und ohne nähere Erläuterung auch nichtursächliche Gesund-
heitsschäden mit umfassen, die nach Sinn und Zweck des Sozialen Entschädi-
gungsrechts nicht entschädigt werden können.
Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit, eine Reihe von Vorschriften des So-
zialen Entschädigungsrechts an einen veränderten Sprachgebrauch anzupassen,
redaktionelle Korrekturen auf Grund geänderter Verweisungsnormen in anderen
Gesetzen vorzunehmen sowie Rechtsfortentwicklungen durch die höchstrichter-
liche Rechtsprechung, die bereits in der Praxis umgesetzt werden, nachzuvoll-
ziehen und aus Gründen der Rechtsklarheit in die entsprechenden Vorschriften
des Sozialen Entschädigungsrechts aufzunehmen.

Drucksache 16/6985 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

B. Lösung

● Schaffung einer materiellen Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer
Rechtsverordnung in § 30 des Bundesversorgungsgesetzes, auf deren Grund-
lage die AHP zukünftig ohne verfassungsrechtliche Bedenken erlassen wer-
den können.

● Der Ausdruck „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ (MdE) wird durch die Be-
zeichnung „Grad der Schädigungsfolgen“ (GdS) ersetzt, der aus sich heraus
das Kausalitätserfordernis zwischen der Schädigung und dem zu entschädi-
genden Gesundheitsschaden deutlich macht. Für den Bereich der gesetz-
lichen Unfallversicherung ist eine entsprechende Harmonisierung erforder-
lich, die in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren erfolgen soll.

● Umsetzung der notwendigen Korrekturen und Anpassungen im Sozialen Ent-
schädigungsrecht und in Gesetzen, die auf das Soziale Entschädigungsrecht
unmittelbar Bezug nehmen.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Die Einfügung einer materiellen Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer
Rechtsverordnung im Bundesversorgungsgesetz hat keinerlei Kostenauswir-
kungen. Daneben beinhaltet das Gesetz im Bereich des Sozialen Entschä-
digungsrechts im Wesentlichen gesetzliche Klarstellungen und redaktionelle
Änderungen, die ebenfalls keinerlei Auswirkung auf Haushaltsausgaben haben.

2. Vollzugsaufwand

Finanzielle Folgen für den Bund entstehen nicht, da die Durchführung des Bun-
desversorgungsgesetzes und der anderen Gesetze des Sozialen Entschädigungs-
rechts Aufgabe der Länder ist.

Die Änderungen in den Gesetzen des Sozialen Entschädigungsrechts führen
auch nicht zu einem höheren Vollzugsaufwand, da die in ihnen enthaltenen
Regelungen in der Praxis bereits umgesetzt werden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6985

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/6541 mit nachfolgender Maßgabe, im
Übrigen unverändert anzunehmen.

1. In Artikel 1 wird Nummer 48 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc gestrichen.

2. Artikel 11 Nr. 2 wird gestrichen.

3. Artikel 11 Nr. 3 wird wie folgt gefasst:

3. ,„§ 145 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 5 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 2 werden die Wörter „die Leistungen nach dem Grund-
sicherungsgesetz oder“ gestrichen und die Wörter „für den Lebens-
unterhalt laufende Leistungen nach dem Zwölften Buch“ durch die
Wörter „Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des
Zwölften Buches“ ersetzt.

bb) In Nummer 3 werden die Wörter „der Grad der Minderung der Er-
werbsfähigkeit infolge der anerkannten Schädigung auf wenigstens
70 Prozent“ durch die Wörter „ein Grad der Schädigungsfolgen
von mindestens 70“ und die Wörter „auf wenigstens 50 Prozent“
durch die Wörter „von mindestens 50“ ersetzt.

b) In Absatz 2 Nr. 2 werden die Wörter „Notwendigkeit einer ständigen
Begleitung eingetragen“ durch die Wörter „Berechtigung zur Mitnah-
me einer Begleitperson nachgewiesen“ ersetzt.“‘

Berlin, den 7. November 2007

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau) Jörg Rohde
Vorsitzender Berichterstatter

Erläuterung auch nichtursächliche Gesundheitsschäden mit Im Übrigen würden mit dem Gesetz Regelungen aus dem

umfassen, die nach Sinn und Zweck des Sozialen Entschädi-
gungsrechts nicht entschädigt werden können.

Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit, eine Reihe von

Sozialrecht in der Kriegsopferfürsorge eingeführt, die bereits
überwiegend in der Praxis Eingang gefunden hätten.

Die Mitglieder der Fraktion der FDP begrüßten den Ge-
Drucksache 16/6985 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Jörg Rohde

I.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache
16/6541 ist in der 118. Sitzung des Deutschen Bundestages
am 11. Oktober 2007 an den Ausschuss für Arbeit und So-
ziales zur federführenden Beratung und an den Innenaus-
schuss sowie den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend zur Mitberatung überwiesen worden.

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf der Bundes-
regierung in seiner Sitzung am 24. Oktober 2007 beraten und
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU
und SPD und der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
angenommen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung in seiner Sit-
zung am 7. November 2007 beraten und mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, ihn in der Fassung
der vorgelegten Änderungsanträge anzunehmen.

II.

Das Ausmaß einer nach dem Bundesversorgungsgesetz aus-
zugleichenden gesundheitlichen Schädigungsfolge wird wie
der Grad der Behinderung nach dem Neunten Buch Sozial-
gesetzbuch nach den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gut-
achtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach
dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) festgestellt (herausge-
geben vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales –
BMAS). Bei den AHP handelt es sich nach der Rechtspre-
chung um antizipierte Sachverständigengutachten, die im
Einzelfall nicht widerlegbar sind. Allerdings hat die
höchstrichterliche Rechtsprechung wiederholt gerügt, dass
die AHP nicht demokratisch legitimiert sind. Denn weder für
die AHP selbst noch für die Organisation, das Verfahren und
die Zusammensetzung des Ärztlichen Sachverständigenbei-
rats – Sektion Versorgungsmedizin – beim BMAS, des Ex-
pertengremiums, das dieses Regelwerk erarbeitet und stän-
dig überprüft, gibt es bislang eine Rechtsgrundlage im Sinne
eines materiellen Gesetzes. Diese soll nun durch eine ent-
sprechende Änderung des Bundesversorgungsgesetzes ge-
schaffen werden.

Der Begriff „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ (MdE), der
im Sozialen Entschädigungsrecht zur Feststellung des schä-
digungsbedingten Gesundheitsschadens verwendet wird, ist
irreführend und ist dort – wie im Bereich der gesetzlichen
Unfallversicherung, wo er ebenfalls verwendet wird – von
den Betroffenen oftmals falsch verstanden worden. Der
Ausdruck würde nämlich aus sich heraus und ohne nähere

rekturen auf Grund geänderter Verweisungsnormen in ande-
ren Gesetzen vorzunehmen sowie Rechtsfortentwicklungen
durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, die bereits in
der Praxis umgesetzt werden, nachzuvollziehen und aus
Gründen der Rechtsklarheit in die entsprechenden Vorschrif-
ten des Sozialen Entschädigungsrechts aufzunehmen.

Zur Lösung der Probleme sollen folgende Schritte unter-
nommen werden:

● Schaffung einer materiellen Ermächtigungsgrundlage
zum Erlass einer Rechtsverordnung in § 30 des Bundes-
versorgungsgesetzes, auf deren Grundlage die AHP zu-
künftig ohne verfassungsrechtliche Bedenken erlassen
werden können.

● Der Ausdruck „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ (MdE)
wird durch die Bezeichnung „Grad der Schädigungsfol-
gen“ (GdS) ersetzt, der aus sich heraus das Kausalitätser-
fordernis zwischen der Schädigung und dem zu entschä-
digenden Gesundheitsschaden deutlich macht. Für den
Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ist eine ent-
sprechende Harmonisierung erforderlich, die in einem
gesonderten Gesetzgebungsverfahren erfolgen soll.

● Umsetzung der notwendigen Korrekturen und Anpassun-
gen im Sozialen Entschädigungsrecht und in Gesetzen,
die auf das Soziale Entschädigungsrecht unmittelbar Be-
zug nehmen.

III.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Gesetzent-
wurf auf Drucksache 16/6541 in seiner 66. Sitzung am
11. November 2007 beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP bei Stimmenthaltung
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN beschlossen, die Annahme des Gesetzentwurfs zu
empfehlen.

Die Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU begrüßten die
mit dem Gesetzentwurf verbundenen gesetzlichen Klarstel-
lungen insbesondere bezogen auf die Einfügung einer mate-
riellen Rechtsgrundlage für die sog. AHP sowie auf die Um-
setzung höchstrichterlicher Rechtsprechung. Zudem würden
Anliegen aus der Praxis aufgegriffen. Den Einwendungen
des Bundesrates werde Rechnung getragen. Allerdings müs-
se die ursprünglich vorgesehene Änderung des § 64 Abs. 2
BVG, mit der ein Doppelbezug in- und ausländischer Ren-
tenleistungen vermieden werden sollte, nochmalig geprüft
werden.

Die Fraktion der SPD begrüßt den Gesetzentwurf, da er den
Beteiligten Planungssicherheit biete. Gerade die Begriffs-
präzisierung bringe das Verhältnis des schädigenden Ereig-
nisses und der Schädigungsfolgen deutlich zum Ausdruck.
Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts an einen
veränderten Sprachgebrauch anzupassen, redaktionelle Kor-

setzentwurf grundsätzlich. Die Bundesregierung wurde aber
aufgefordert, die Sozialgesetzgebung weiter zu vereinfa-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/6985

chen. Exemplarisch für die überbordende Komplexität der
Gesetze wird auf den Änderungsantrag zum vorliegenden
Gesetzentwurf verwiesen, der über ein Jahr nach der Neu-
regelung des Merkzeichens b nachträglich eine in den Geset-
zen versteckte Vorschrift anpasst.

Die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. führten aus, dass
sowohl die redaktionellen Änderungen als auch die Über-
nahme der Gerichtsentscheidung weitgehend unproblema-
tisch und insofern zu begrüßen seien. Allerdings würden
Verschlechterungen für die Betroffenen im Rahmen der sta-
tionären Eingliederungshilfe hinsichtlich der Pflegezulage
und im Bereich der Heil- und Krankenbehandlungen gese-
hen. Daher könne dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt
werden.

Die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
vertraten die Auffassung, dass die Anhaltspunkte für die
ärztliche Gutachtertätigkeit grundsätzlich noch einmal über-
arbeitet werden müssten. Es wurde angeregt, im Bundesver-
sorgungsgesetz andere Begrifflichkeiten und ein anderes Be-
messungssystem einzusetzen.

B. Besonderer Teil

ten dringend erwartete Gesetzesvorhaben durch eine wegen
dieser Vorschrift zu erwartende Anrufung des Vermittlungs-
ausschusses durch den Bundesrat unnötig verzögert wird.

Zu Artikel 11 (Änderung des Neunten Buches
Sozialgesetzbuch)

Die vorgesehene redaktionelle Anpassung ist obsolet, da
§ 143 bereits durch Artikel 28 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes
zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der
mittelständischen Wirtschaft vom 7. September 2007 ent-
sprechend neu gefasst wurde.

Zu Nummer 3

Zu Buchstabe a

Zu Doppelbuchstabe aa

Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung, die bei
einer früheren Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetz-
buch versehentlich unterblieben ist.

Zu Doppelbuchstabe bb

Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung zur Anpas-

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundesversor-

gungsgesetzes)

In seinem Beschluss vom 21. September 2007 hat der Bun-
desrat mehrheitlich dafür votiert, den Änderungsvorschlag
der Bundesregierung zu streichen, und dazu verfassungs-
rechtliche und rechtssystematische Bedenken angeführt.

Durch die Streichung wird diesem Votum des Bundesrates im
vorliegenden Gesetzgebungsverfahren Rechnung getragen,
um zu verhindern, dass das von den obersten Bundesgerich-

sung an den neuen Sprachgebrauch in § 30 Abs. 1 des Bun-
desversorgungsgesetzes.

Zu Buchstabe b

Es handelt sich um eine notwendige redaktionelle Korrektur,
die bei der Änderung des § 145 Abs. 2 des Neunten Buches
Sozialgesetzbuch durch Artikel 6 des Gesetzes zur Ände-
rung des Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze vom
2. Dezember 2006 versehentlich unterblieben ist.

Berlin, den 7. November 2007

Jörg Rohde
Berichterstatter

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.