BT-Drucksache 16/6921

zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -146/5903- Wiedereinführung der Lebensstandardsicherung in der gesetzlichen Rente

Vom 6. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6921
16. Wahlperiode 06. 11. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst,
Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/5903 –

Wiedereinführung der Lebensstandardsicherung in der gesetzlichen Rente

A. Problem

Nach Auffassung der Antragsteller sind die Ergebnisse der aktuellen Studie der
OECD zum Leistungsniveau der Deutschen Rentenversicherung besorgnis-
erregend. Insgesamt liege das Sicherungsniveau im Alter in Deutschland auf
extrem niedrigem Niveau. Hier zeigten die Reformen der letzten Jahre ihre dra-
matischsten Auswirkungen. Der Alarmruf der OECD, „Deutschland sollte der
Rentenentwicklung für Geringverdiener besondere Aufmerksamkeit schenken
und einem Anstieg der Altersarmut vorbeugen“, dürfe nicht unerhört bleiben.
Dass Deutschland für Geringverdienerinnen und Geringverdiener mit einem
Rentenniveau von unter 40 Prozent nur wenig mehr als die Hälfte des OECD-
Durchschnitts zu bieten habe, sei für ein so reiches Land nicht akzeptabel. Die
OECD betone, dass der Nachhaltigkeitsfaktor sowie der Übergang zur nach-
gelagerten Besteuerung „das Niveau in der gesetzlichen Rente in Zukunft noch
weiter senken“ dürften. Die Situation spitze sich dramatisch zu.

Trotz dieser alarmierenden Zahlen der OECD halte die Bundesregierung an dem
von ihr begonnenen Reformweg fest, der (mit der so genannten Riester-Reform)
die Lebensstandard sichernde Zielsetzung der gesetzlichen Rentenversicherung
ohne Not aufgegeben habe.

B. Lösung

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, die Dämpfungsfaktoren der
gegenwärtigen Rentenanpassungsformel aufzuheben und bei der Bestimmung
des aktuellen Rentenwerts zurückzukehren zur Anpassung der Renten entspre-

chend der Entwicklung der Nettoarbeitsentgelte der Aktiven.

Ebenfalls aufgehoben werden soll die Deckelung des Beitragssatzes zur all-
gemeinen Rentenversicherung; als rentenpolitisches Sicherungsziel für so ge-
nannte Standarderwerbsbiografien – 45 Versicherungsjahre zu Durchschnitts-
entgelt – soll ein Sicherungsniveau vor Steuern in Höhe von 53 Prozent
festgeschrieben werden. Bei der Feststellung des Sicherungsniveaus vor Steu-
ern soll auf die rechnerische Kürzung der Entgelte der Aktiven um geförderte

Drucksache 16/6921 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Altersvorsorgeaufwendungen verzichtet werden. Schließlich soll die bislang
durch die Dämpfungsfaktoren und gesetzlichen Null-Runden bewirkte Renten-
niveausenkung über einen anpassungserhöhenden Rückholfaktor umgehend
wieder ausgeglichen werden.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kostenüberlegungen wurden nicht angestellt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6921

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/5903 abzulehnen.

Berlin, den 24. Oktober 2007

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Vorsitzender

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter

Runden bewirkte Rentenniveausenkung über einen anpas- sei der Antrag antiquiert und deshalb abzulehnen.

Berlin, den 24. Oktober 2007 Peter Weiß (Emmendingen)
Bericht des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen)

I.

Der Antrag auf Drucksache 16/5903 ist in der 109. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 6. Juli 2007 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie, den Ausschuss für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend sowie den Gesundheitsausschuss zur
Mitberatung überwiesen worden.

Die mitberatenden Ausschüsse haben in ihren Sitzungen am
24. Oktober 2007 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen, die Ab-
lehnung des Antrags zu empfehlen.

II.

Nach Auffassung der Antragsteller sind die Ergebnisse der
aktuellen Studie der OECD zum Leistungsniveau der Deut-
schen Rentenversicherung besorgniserregend. Insgesamt lie-
ge das Sicherungsniveau im Alter in Deutschland auf extrem
niedrigem Niveau. Hier zeigten die Reformen der letzten
Jahre ihre dramatischsten Auswirkungen. Der Alarmruf der
OECD, „Deutschland sollte der Rentenentwicklung für
Geringverdiener besondere Aufmerksamkeit schenken und
einem Anstieg der Altersarmut vorbeugen“, dürfe nicht
unerhört bleiben. Dass Deutschland für Geringverdienerin-
nen und Geringverdiener mit einem Rentenniveau von unter
40 Prozent nur wenig mehr als die Hälfte des OECD-Durch-
schnitts zu bieten habe, sei für ein so reiches Land nicht
akzeptabel. Die OECD betone, dass der Nachhaltigkeitsfak-
tor sowie der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung
„das Niveau in der gesetzlichen Rente in Zukunft noch wei-
ter senken“ dürften. Die Situation spitze sich dramatisch zu.

Trotz dieser alarmierenden Zahlen der OECD halte die Bun-
desregierung an dem von ihr begonnenen Reformweg fest,
der (mit der so genannten Riester-Reform) die Lebensstan-
dard sichernde Zielsetzung der gesetzlichen Rentenversiche-
rung ohne Not aufgegeben habe.

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, die Dämp-
fungsfaktoren der gegenwärtigen Rentenanpassungsformel
aufzuheben und bei der Bestimmung des aktuellen Renten-
werts zurückzukehren zur Anpassung der Renten entspre-
chend der Entwicklung der Nettoarbeitsentgelte der Aktiven.

Ebenfalls aufgehoben werden soll die Deckelung des Bei-
tragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung; als ren-
tenpolitisches Sicherungsziel für so genannte Standard-
erwerbsbiografien – 45 Versicherungsjahre zu Durchschnitts-
entgelt – soll ein Sicherungsniveau vor Steuern in Höhe
von 53 Prozent festgeschrieben werden. Bei der Feststellung
des Sicherungsniveaus vor Steuern soll auf die rechnerische
Kürzung der Entgelte der Aktiven um geförderte Altersvor-
sorgeaufwendungen verzichtet werden. Schließlich soll die
bislang durch die Dämpfungsfaktoren und gesetzlichen Null-

sungserhöhenden Rückholfaktor umgehend wieder ausgegli-
chen werden.

III.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 16/5903 in seiner 62. Sitzung am 24. Oktober
2007 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen, die An-
nahme des Gesetzentwurfs zu empfehlen.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD wiesen darauf hin,
dass sich der Antrag ausschließlich auf das umlagefinanzier-
te Rentenversicherungssystem beziehe. Das neue Alters-
sicherungssystem, das inzwischen systematisch aufgebaut
werde, basiere dagegen auf mehreren Säulen: auf der umla-
gefinanzierten gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen
Rente und der Riesterrente, die nicht umlagefinanziert seien.
Bei letzteren habe jeder Arbeitnehmer für sich persönlich
vorzusorgen. Zugleich werde dabei eine Belastung zukünf-
tiger Generationen vermieden. Ein solches Mischsystem sei
überdies zukunftssicherer als ein reines Umlagesystem. Be-
merkenswert sei auch, wie die Antragsteller die demogra-
phische Entwicklung ignorierten. Die OECD-Studie werde
dabei völlig selektiv verwendet.

Die Fraktion der FDP betonte, dass der Lösungsansatz des
Antrags eine Kampfansage an die jüngere Generation sei
und daher abgelehnt werde. Der OECD-Bericht bestätige
ausdrücklich, dass die Nachhaltigkeit gewährleistet sei. Die
Botschaft müsse lauten, dass die gesetzliche Alterssicherung
um zusätzliche private und betriebliche Vorsorge ergänzt
werden müsse. Dann sei auch eine Sicherung des Lebens-
standards möglich.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, dass ihr Antrag das Ziel
verfolge, die gesetzliche Rentenversicherung wieder zu ei-
nem Instrument zu machen, das vor Altersarmut schütze und
geeignet sei, den Lebensstandard zu sichern. Statt des Bei-
tragssatzdogmas müsse man wieder die Lebensstandardabsi-
cherung in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Selbst
bei gutem Einkommen schütze die gesetzliche Rentenversi-
cherung derzeit nicht mehr vor Altersarmut. Die Behaup-
tung, der Antrag führe zu höheren Belastungen der Arbeit-
nehmer, weise man zurück. Vielmehr gehe es darum, die
Arbeitgeber wieder paritätisch an der Finanzierung der Al-
tersvorsorge zu beteiligen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führte aus,
dass der Antrag eine Rückkehr zur Rentenpolitik früherer
Regierungen anstrebe. Die Vorschläge bedeuteten eine hohe
Belastung der jüngeren Generationen und der mittelstän-
dischen Betriebe. Auch sie kritisierten, dass die OECD nur
selektiv zitiert werde, was unseriös sei. Die OECD habe fest-
gestellt, dass die Reformen der vergangenen Jahre dazu bei-
getragen hätten, die finanzielle Nachhaltigkeit des Systems
spürbar zu erhöhen. Angesichts einer alternden Gesellschaft
Drucksache 16/6921 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Berichterstatter

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