BT-Drucksache 16/688

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/99- Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Katja Kipping, Kornelia Möller und der Fraktion DIE LINKE. -16/120- Angleichung des Arbeitslosengeldes II in den neuen Ländern an das Niveau in den alten Ländern rückwirkend zum 1. Januar 2005

Vom 15. Februar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/688
16. Wahlperiode 15. 02. 2006

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/99 –

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Katja Kipping, Kornelia
Möller und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/120 –

Angleichung des Arbeitslosengeldes II in den neuen Ländern an das Niveau
in den alten Ländern rückwirkend zum 1. Januar 2005

A. Problem

Zu Buchstabe a

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende hat zum Ziel, erwerbsfähige Hilfebe-
dürftige bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu unter-
stützen und den Lebensunterhalt zu sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Wei-
se bestreiten können.

Die unterschiedlichen Regelleistungen in den neuen und alten Bundesländern
lassen sich nicht mit dem Hinweis auf niedrigere Nettoeinnahmen, geringere Le-
benshaltungskosten und unterschiedliches Verbrauchsverhalten rechtfertigen,
da es unabhängig von Ost und West regionale Besonderheiten innerhalb des ge-
samten Bundesgebietes gibt.

Zu Buchstabe b

Die von der Bundesregierung angekündigte Angleichung des Arbeitslosen-
geldes II (ALG II) in den neuen Ländern ist zu einem zu späten Zeitpunkt vor-
gesehen.
B. Lösung

Zu Buchstabe a

Angleichung der Regelleistung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)
in den neuen Bundesländern an die Höhe der Regelleistung in den alten Bundes-
ländern.

Drucksache 16/688 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Im Zuge der Ausschussberatungen wurden unter anderem folgende wesentliche
Änderungen beschlossen:

– Erweiterung der Bedarfsgemeinschaft um Personen, die das 25. Lebensjahr
noch nicht vollendet haben.

– Zustimmung des Leistungsträgers als Voraussetzung für die Leistungsgewäh-
rung an Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und um-
ziehen wollen.

– Jugendliche, die ohne Zustimmung umziehen, erhalten bis zur Vollendung
des 25. Lebensjahres nur 80 Prozent der Regelleistung und keine Leistungen
für Unterkunft und Heizung. Auch die Erstausstattung der Wohnung wird oh-
ne die Zustimmung zum Umzug nicht übernommen.

– Ausschluss von Leistungen für EU-Bürger und ihre Familienangehörigen,
die zuvor nicht in Deutschland gearbeitet haben, sondern zur Arbeitsuche
nach Deutschland einreisen.

– Absenkung des Rentenversicherungsbeitrages für Arbeitslosengeld-II-Bezie-
her.

– Abschaffung der Rentenversicherungspflicht für erwerbstätige Arbeitslosen-
geld-II-Bezieher und Arbeitslosengeld-Aufstocker.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP

Zu Buchstabe b

Eine rückwirkende Auszahlung des angeglichenen ALG II in den neuen Län-
dern zum 1. Januar 2005.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten der öffentlichen Haushalte

Zu Buchstabe a

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Nach Schätzung der Bundesregierung sind auf Grund dieses Gesetzes (ein-
schließlich der Änderungen durch die Fraktionen der CDU/CSU und SPD) im
Jahr 2006 beim Bund in der Summe Minderausgaben in Höhe von insgesamt
rund 40 Mio. Euro, ab dem Jahr 2007 Minderausgaben von mehr als 2,5 Mrd.
Euro jährlich zu erwarten. Die Einzelschätzungen sind aus der nachfolgenden
Tabelle zu entnehmen:

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/688

Finanzielle Auswirkungen von Maßnahmen im SGB II (in Mio. Euro)
(+ Mehrausgabe/– Minderausgabe des Bundes)

Gerundet auf 10 Mio. Euro.

In den Schätzungen ist berücksichtigt, dass Einsparungen bzw. im Falle der
Regelleistungsanpassung Mehrkosten nicht allein beim Bund, sondern auch im
Bereich der Kommunen (als wegfallende oder zusätzliche Leistungen für Unter-
kunft und Heizung) entstehen, wovon wegen der Bundesbeteiligung an den
Wohnkosten wiederum 29,1 Prozent auf den Bund entfallen.

2. Vollzugsaufwand

Weitere Vollzugskosten, die durch die Angleichung der Regelleistungen eventu-
ell entstehen, können aber nicht näher spezifiziert werden.

Zu Buchstabe b

Kosten wurden nicht erörtert.

E. Sonstige Kosten

Keine

Maßnahme Inkrafttreten 2006 2007 2008 2009

1 Grundsätzliche Einbeziehung
der unter 25-Jährigen in die
Bedarfsgemeinschaft

ab 1. Juli 2006
zum Ende eines
Bewilligungs-
abschnitts

– 140 – 560 – 550 – 500

2 Einschränkung des Erstwohnungs-
bezugs von unter 25-Jährigen

ab 1. April 2006 – 20 – 40 – 50 – 60

3 Absenkung RV von 78 auf 40 Euro ab 1. Januar 2007 – 1 990 – 1 930 – 1 820

5 Abschaffung RV von erwerbstäti-
gen Leistungsbeziehern

ab 1. Januar 2007 – 150 – 150 – 140

6 Erhöhung Regelsatz Ost ab 1. Juli 2006 120 230 220 210

7 Summe Einsparungen – 40 – 2 510 – 2 460 – 2 310

Drucksache 16/688 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf – Drucksache 16/99 – in der nachstehenden Fassung
anzunehmen:

,Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz
beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch

Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende –
(Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954, 2955),
zuletzt geändert durch … (BGBl. I S. …), wird wie folgt geändert:

1. § 5 Abs. 2 Satz 2 wird aufgehoben.

2. § 7 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird Satz 2 durch folgenden Satz ersetzt:

„Ausgenommen sind Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus
dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, ihre Familienangehörigen sowie
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.“

b) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa) Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

„2. die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende
Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, wel-
ches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und der im
Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,“.

bb) Nummer 4 wird wie folgt gefasst:

„4. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in
den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das
25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die
Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus
eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.“

3. § 9 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 2 Satz 2 wird das Wort „minderjährigen“ gestrichen.

b) In Absatz 4 werden nach den Wörtern „bedeuten würde“ die Wörter
„; in diesem Falle sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen“ ge-
strichen.
4. In § 11 Abs. 1 Satz 3 wird das Wort „minderjährige“ durch die Wörter
„zur Bedarfsgemeinschaft gehörende“ ersetzt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/688

5. § 20 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 2 wird aufgehoben.

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein
stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist,
345 Euro. Die Regelleistung für sonstige erwerbsfähige Angehörige
der Bedarfsgemeinschaft beträgt 80 vom Hundert der Regelleistung
nach Satz 1.“

c) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

„(2a) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 erhalten Personen, die das
25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des
zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs. 2a umziehen, bis zur
Vollendung des 25. Lebensjahres 80 vom Hundert der Regelleistung.“

d) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 wird das Wort „Angehörige“ durch das Wort „Partner“
ersetzt.

bb) Satz 2 wird gestrichen.

6. § 22 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

„(2a) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben, umziehen, werden ihnen Leistungen für Unterkunft und Hei-
zung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebens-
jahres nur erbracht, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des
Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger
ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1. der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die
Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,

2. der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt er-
forderlich ist oder

3. ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.

Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zu-
sicherung abgesehen werden, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem
Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen.“

b) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

„Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden.“

c) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden,
können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung
der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage ge-
rechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfer-
tigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.
Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleis-
tungen sollen als Darlehen erbracht werden.“

d) Nach Absatz 5 wird folgender Absatz 6 angefügt:

„(6) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum

im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 1, 2
Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 569 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetz-

Drucksache 16/688 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

buchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger der Grund-
sicherung für Arbeitsuchende oder der von diesem beauftragten Stelle
zur Wahrnehmung der in Absatz 5 bestimmten Aufgaben unverzüg-
lich

1. den Tag des Eingangs der Klage,

2. die Namen und die Anschriften der Parteien,

3. die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,

4. die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend
gemachten Entschädigung und

5. den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits be-
stimmt ist,

mit. Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden.
Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach
dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähig-
keit des Mieters beruht.“

7. Dem § 23 werden folgende Absätze 5 und 6 angefügt:

„(5) Soweit Hilfebedürftigen der sofortige Verbrauch oder die soforti-
ge Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist
oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als
Darlehen zu erbringen. Sie können davon abhängig gemacht werden,
dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise ge-
sichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Abs. 2a werden Leistungen für Erstausstattun-
gen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die
Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat
oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.“

8. In § 24 Abs. 3 Nr. 3 wird das Wort „minderjährigen“ gestrichen.

9. § 40 Abs. 2 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Satz 1 gilt nicht in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Bu-
ches, des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Zehnten Buches sowie in Fällen,
in denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird.“

10. Nach § 67 wird folgender § 68 eingefügt:

㤠68
Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches

Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze

(1) Die §§ 7, 9, 11 und 20 Abs. 1, 3 und 4 in der bis zum 30. Juni 2006
geltenden Fassung sind weiterhin anzuwenden für Bewilligungszeiträu-
me (§ 41 Abs. 1 Satz 4), die vor dem 1. Juli 2006 beginnen.

(2) § 22 Abs. 2a Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 17. Februar 2006
nicht mehr zum Haushalt der Eltern oder eines Elternteils gehören.“

Artikel 2

Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch

Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – in
der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754,
1404, 3384), zuletzt geändert durch…, wird wie folgt geändert:
1. § 3 Satz 1 Nr. 3a zweiter Halbsatz wird wie folgt geändert:

a) In Buchstabe d wird das Komma durch das Wort „oder“ ersetzt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/688

b) Nach Buchstabe d wird folgender Buchstabe e angefügt:

„e) die versicherungspflichtig beschäftigt oder versicherungspflichtig
selbständig tätig sind, oder eine Leistung beziehen, wegen der sie
nach Satz 1 Nr. 3 versicherungspflichtig sind,“.

2. § 166 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 2a wird die Angabe „400“ durch die Angabe „205“ ersetzt.

b) Nummer 2b wird aufgehoben.

Artikel 3

Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch

In § 21 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe –
(Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, 3023), das
zuletzt durch … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, werden die Wörter „mit
Ausnahme von Leistungen nach § 34, soweit sie nicht nach § 22 Abs. 5 des
Zweiten Buches zu übernehmen sind“ gestrichen.

Artikel 4

Änderung des Bundeskindergeldgesetzes

In § 6a Abs. 1 Satz 1 des Bundeskindergeldgesetzes in der Fassung der Be-
kanntmachung der Neufassung vom 22. Februar 2005 (BGBl. I S. 458) wer-
den die Wörter „Kinder, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben“
durch die Wörter „unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr
vollendet haben“ ersetzt.

Artikel 5

Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. April 2006 in Kraft, soweit in den folgenden
Absätzen nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe b, Nr. 3 Buchstabe a, Nr. 4, 5 und 8 sowie
Artikel 4 treten am 1. Juli 2006 in Kraft.

(3) Artikel 2 tritt am 1. Januar 2007 in Kraft.‘;

b) den Antrag – Drucksache 16/120 – abzulehnen.

Berlin, den 15. Februar 2006

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Vorsitzender

Brigitte Pothmer
Berichterstatterin

Eine bundeseinheitliche Regelleistung fördere die Bereit-
gleichung der Regelsätze in den neuen Bundesländern. Da-
schaft der Arbeitsuchenden, eine Tätigkeit im gesamten

Bundesgebiet aufzunehmen, unabhängig von den bisher
regional unterschiedlichen Regelleistungen.

mit setze der Gesetzgeber ein politisches Signal der Einheit.
Die Regelung sollte schnellstmöglich Anwendung finden,
fordert der DGB. Ein Inkrafttreten erst zur Jahresmitte 2006
Drucksache 16/688 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Brigitte Pothmer

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisungen und Voten der mitberatenden Aus-
schüsse

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache
16/99 ist in der 11. Sitzung des Deutschen Bundestages am
19. Januar 2006 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales
zur federführenden Beratung und an den Innenausschuss,
den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,
den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zur
Mitberatung sowie an den Haushaltsausschuss gemäß § 96
GO-BT überwiesen worden.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache 16/120
ist in der 6. Sitzung des Deutschen Bundestages am 2. De-
zember 2005 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur
Beratung überwiesen worden.

Voten zum Gesetzentwurf auf Drucksache 16/99

Der Innenausschuss, der Ausschuss für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend und der Ausschuss für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung haben den Gesetzentwurf auf
Drucksache 16/99 in ihren Sitzungen am 15. Februar 2006
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP empfohlen, den Gesetzentwurf in der Fas-
sung der vorliegenden Änderungsanträge anzunehmen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

a) Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 16/99

Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch will die Bundesregierung die Regelleis-
tung beim Arbeitslosengeld II in den neuen Bundesländern
von 331 Euro auf 345 Euro anheben und damit an das
Niveau in den westlichen Bundesländern angleichen. Für
die öffentlichen Haushalte seien dadurch Mehrbelastungen
von rund 260 Mio. Euro jährlich zu erwarten, wovon etwa
220 Mio. Euro vom Bund und 40 Mio. Euro von den Kom-
munen übernommen werden müssten. Mit der bisherigen
Regelung unterschiedlicher Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts für Arbeitsuchende in Ost- und West-
deutschland sollten die Unterschiede in der Verbrauchs-
struktur und im privaten Konsumverhalten berücksichtigt
werden, heißt es in dem Entwurf. Der Ombudsrat, der die
Regierung bei der Umsetzung der Hartz-IV-Regelungen be-
rät, habe in seinem Zwischenbericht vom Juni 2005 darauf
hingewiesen, dass die um 14 Euro niedrigere Regelleistung
für die ostdeutschen Länder nicht mit Hinweis auf niedri-
gere Nettoeinnahmen, geringere Lebenshaltungskosten und
unterschiedliches Verbrauchsverhalten zu rechtfertigen sei.

b) Zu dem Antrag auf Drucksache 16/120

In der Vorlage fordert die Fraktion DIE LINKE., das ALG II
in den neuen Ländern rückwirkend zum 1. Januar 2005 an
das Niveau in den alten Ländern anzugleichen. Zur Begrün-
dung heißt es in dem Antrag, die Ankündigung der Bundes-
regierung, das ALG II in Ostdeutschland nicht vor dem
1. Mai 2006, aber auch nicht nach dem 1. Juli 2006 an das
Westniveau anzugleichen, sei nicht nachvollziehbar. Viel-
mehr sei eine rückwirkende Auszahlung zum 1. Januar 2005
im Interesse der betroffenen Menschen dringend nötig. Die
Angleichung des ALG II dürfe aber auch nur ein erster
Schritt sein; in einem zweiten müsse das ALG II für alle auf
420 Euro angehoben und mittelfristig in eine bedarfsorien-
tierte soziale Grundsicherung umgewandelt werden, wie sie
auch von den Sozialverbänden in Deutschland gefordert
werde.

Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.

III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung der
Vorlagen in seiner 7. Sitzung am 25. Januar 2006 aufgenom-
men und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzu-
führen. Sie erfolgte in der 10. Sitzung des Ausschusses am
13. Februar 2006.

Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverständige
haben an der Anhörung teilgenommen:

– Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

– Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
(BDA)

– Bundesagentur für Arbeit (BA)

– Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände

– Deutsche Rentenversicherung Bund

– Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

– Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege

– Detlef Schütt, Coesfeld

– Frank Jäger, Berlin

– Marlis Bredehorst, Köln.

Die Anhörungsteilnehmer haben schriftliche Stellungnah-
men abgegeben, die in der Ausschussdrucksache 16(11)103
zusammengefasst wurden.

Nachstehend werden die wesentlichen Aussagen der Ver-
bände, Institutionen und Einzelsachverständigen kompri-
miert dargestellt:

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt die An-
Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.

sei sehr spät. Die übrigen Regelungen im SGB-II-Ände-
rungsgesetz zielten darauf ab, das im Koalitionsvertrag ge-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/688

nannte Einsparvolumen in Höhe von 3,8 Mrd. Euro zu erzie-
len. Dies solle ausschließlich über Leistungskürzungen
realisiert werden, nicht jedoch durch Verbesserungen bei der
Eingliederung Arbeitsloser. Besonders negativ sei die
Absenkung des Versicherungsniveaus in der gesetzlichen
Rentenversicherung. Die ohnehin geringen Rentenanwart-
schaften von sog. Hartz-IV-Empfängern würden nochmals
halbiert. Altersarmut sei damit bei langjährigem ALG-II-Be-
zug vorprogrammiert. Zugleich werde durch den Entzug von
Steuermitteln ein finanzielles Loch in die Rentenversiche-
rung ab 2007 gerissen mit der Folge steigender Beiträge. Die
Ausdehnung der Bedarfsgemeinschaft auf volljährige Ju-
gendliche unter 25 Jahren, die im Haushalt ihrer Eltern
leben, und die Einschränkungen beim Erstwohnungsbezug
seien überzogen. Durch eine konsequente Anwendung des
bestehenden Rechts und einige Klarstellungen sei eine miss-
bräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen im Einzelfall
auch durch weniger schwerwiegende Eingriffe in das Leis-
tungsrecht möglich. Der Gesetzentwurf enthalte keine Rege-
lungen zur Verbesserung der Eingliederung Arbeitsloser und
zur Beseitigung von Problemen an der gesetzlichen Schnitt-
stelle SGB III/SGB II und beim Zusammenspiel der beteilig-
ten Behörden und Träger. Dabei würde eine bessere Einglie-
derungsförderung auch die finanzielle Gesamtbelastung
reduzieren. Dazu zähle auch eine Sicherstellung flankieren-
der sozialer Eingliederungsleistungen in der Praxis (z. B.
Kinderbetreuung, Vermeidung von Wohnungsverlusten).
Gerade im Bereich der Übernahme von Wohnungskosten
werde durch örtlich sehr unterschiedliche Regelungen ein
Verbleib in der bisherigen Wohnung in vielen Fällen gefähr-
det. Hier sollte eine Rechtsverordnung mit bundesweiten
Mindeststandards für mehr Rechtssicherheit sorgen.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
(BDA) hält die Zusammenführung von Arbeitslosen- und
Sozialhilfe im Rahmen von Hartz IV grundsätzlich für rich-
tig. Die neue Fürsorgeleistung bleibe aber nach wie vor mit
deutlichen Konstruktionsfehlern behaftet. Ziel der Reform
sei vor allem gewesen, Kosten und Bürokratie abzubauen
und im Rahmen einer umfassenden Aktivierungsstrategie er-
werbsfähige Hilfeempfänger besser zu fördern und zu for-
dern. Funktioniert habe seit der Einführung zu Beginn des
Jahres 2005 im Wesentlichen die Auszahlung der Leistung.
Die erhofften Wirkungen durch Aktivierung der Arbeitslosen
seien bisher weitgehend ausgeblieben. Ergebnisse seien viel-
mehr eine erhebliche Zunahme der Bedarfsgemeinschaften
und damit verbunden eine Kostenexplosion um etliche Mil-
liarden Euro. Es sei jetzt dringend erforderlich, bestehende
Anreizfehler zu beseitigen, Mitnahme- und Missbrauchsef-
fekte einzudämmen und das Kompetenzdurcheinander in den
Arbeitsgemeinschaften zu lösen. Mit dem vorliegenden Ge-
setzentwurf sowie mit den entsprechenden Änderungsanträ-
gen würden hierzu nur wenige erste Schritte unternommen.
Insgesamt blieben die Vorschläge deutlich hinter den Re-
formnotwendigkeiten zurück. In die richtige Richtung gehe
die geplante Verminderung der Anreize, als Jugendlicher
durch Auszug aus der elterlichen Wohnung erhöhte Leistun-
gen vom Staat zu erhalten. Mit der Einführung des Arbeits-
losengeldes II sei zu beobachten gewesen, dass gerade junge
Menschen mit Hartz IV dem Elternhaus den Rücken gekehrt
und eine eigene Wohnung bezogen hätten und alles durch das

schaft mit ihren Eltern einbezogen, sondern auch junge Er-
wachsene, wobei gleichzeitig die Erstattung der Unterkunfts-
kosten bei einem geplanten Auszug aus der elterlichen
Wohnung an die Zustimmung des Leistungsträgers gebunden
werde. Damit werde der im Jahr 2005 vielfach praktizierten
„Zellteilung“ und dem Ansteigen der Zahl der Bedarfsge-
meinschaften zumindest in dieser Richtung ein Riegel vorge-
schoben. Die vorgesehene Anhebung des Regelsatzes auf
einheitlich 345 Euro sei hingegen falsch. Sie lasse nicht nur
die geringeren Lebenshaltungskosten in den neuen Bundes-
ländern unberücksichtigt, sondern führe wegen der dort im
Durchschnitt niedrigeren Löhne auch zu verschärften Lohn-
abstandsproblemen verbunden mit geringeren Leistungsan-
reizen. Über den vorliegenden Gesetzentwurf einschließlich
Änderungsanträgen und den Koalitionsvertrag hinaus gebe
es weiteren dringenden Änderungsbedarf. Wenn mit
Hartz IV mehr Wirkung am Arbeitsmarkt erzielt werden
solle, müssten vor allem auch die bestehenden Anreizfehler
beseitigt werden. Die systemwidrigen Zuschläge nach dem
Bezug von Arbeitslosengeld (bis ins dritte oder sogar vierte
Jahr der Arbeitslosigkeit) setzten den falschen Anreiz, länger
in Arbeitslosigkeit und Transferbezug zu verharren, anstatt
alle Anstrengungen auf eine zügige Beschäftigungssuche
und -aufnahme zu richten. Sie sollten deshalb abgeschafft
werden.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bezieht sich in ihrer Stel-
lungnahme auf eine Reihe von einzelnen Regelungen. So
gehe sie im Artikel 1 Nr. 2a davon aus, dass die bisherige
Verwaltungspraxis hinsichtlich der Behandlung von minder-
jährigen Kindern, die selbst ein Kind haben oder zusammen
mit einem eigenen Partner im elterlichen Haushalt wohnen,
nach der geplanten Neuregelung auch auf die Kinder, die das
25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Anwendung fin-
den solle. Dies bedeute, dass Personen, die mit einem Partner
oder mit einem eigenen Kind im Haushalt der Eltern lebten,
eine eigene Bedarfsgemeinschaft bildeten. Eine andere Aus-
legung wäre im Verwaltungsvollzug nicht kommunizierbar,
insoweit bedürfe es einer gesetzlichen Klarstellung. Zur ge-
planten Angleichung des Arbeitslosengeldes II in den neuen
Ländern an das Niveau in den alten Ländern stellt die BA
fest, dass durch die geplante Gesetzesänderung in Artikel 1
Nr. 2 der insoweit unveränderte Wortlaut des § 20 Abs. 2
nunmehr Anlass zu Missverständnissen geben könnte, als da-
nach „allein stehenden“ Personen die volle Regelleistung von
345 Euro zustehe. Der Begriff „allein stehend“ sei gesetzlich
nicht definiert und werde unterschiedlich ausgelegt. Soweit
man ihn dahin gehend verstehe, dass „allein stehend“ gleich-
bedeutend damit sei, keinen Partner im Sinne des § 7 Abs. 3
Nr. 3 zu haben, könnte man folgern, dass auch Personen, die
das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten und bei ihren
Eltern wohnten, „allein stehend“ seien und die volle Regel-
leistung erhielten. Um Schwierigkeiten im Verwaltungsvoll-
zug zu vermeiden, werde daher eine gesetzliche Klarstellung
angeregt. Zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsan-
wendung – auch unter Einbeziehung der zugelassenen kom-
munalen Träger – wäre es aus Sicht der BA zudem hilfreich,
die Begriffe „allein stehend“ und „allein erziehend“ gesetz-
lich zu definieren. Unter der Voraussetzung einer erfolgrei-
chen Testphase und Produktivsetzung der Software A2LL
könne eine Regelsatzanpassung zum 1. Juli 2006 erfolgen.
staatliche Fürsorgesystem bezahlen ließen. Richtigerweise
würden jetzt nicht nur Minderjährige in die Bedarfsgemein-

Eine Angleichung des Regelsatzes zum 1. Januar 2005, wie
im Antrag der Fraktion DIE LINKE. vorgeschlagen, sei nicht

Drucksache 16/688 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

umsetzbar, da eine Parametrierung des Regelsatzes in A2LL
nur für die Zukunft vorgenommen werden könne. Im Übri-
gen lasse das System A2LL die Aufnahme „volljähriger Kin-
der, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben“ in
eine bestehende Bedarfsgemeinschaft nicht zu. Es müssten
funktionale Änderungen in der Software vorgenommen wer-
den, die zunächst abschließend fachlich zu spezifizieren wä-
ren. Erst dann könne von der BA eine Änderungsanforderung
für die Software erstellt werden, auf dessen Grundlage der
Auftragnehmer eine Aussage zum Realisierungszeitpunkt
treffen könne. Eine Realisierung sei nicht vor dem 1. Januar
2007 möglich, da die Projektplanung einschließlich des Auf-
setzens weiterer priorisierter Funktionalitäten bereits jetzt bis
in die zweite Jahreshälfte 2006 reiche. Eine Umgehungslö-
sung für einen Übergangszeitraum sei nicht möglich. Auch
andere Änderungen in der Software – wie etwa bei der Ver-
meidung von Doppelversicherungen in der Rentenversiche-
rung – bedürften entsprechenden Vorlaufs, die teilweise eine
Realisierung nicht vor dem 1. Juli 2007 zulasse.

Die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände
befürchtet erhebliche finanzielle Mehrbelastungen für die
Kreise und die kreisfreien Städte aufgrund der Erhöhung der
Regelsätze in den neuen Bundesländern. Insofern schließe
sie sich der Stellungnahme des Bundesrates vom Oktober
2005 an. Es sei zutreffend, dass mit der beabsichtigen Erhö-
hung der Regelleistung für die neuen Länder die nach § 20
Abs. 4 SGB II vorgesehene Anpassungssystematik durch-
brochen werde, wonach sich die Höhe der Regelleistung an
den Veränderungen des aktuellen Rentenwertes bzw. den
Anpassungen im SGB XII orientiere. Der Vorschlag des
Bundesrates, eine Entscheidung über die Änderung der Höhe
der Regelleistung bis zur Auswertung der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe (EVS) 2003 zurückzustellen, solle da-
her beachtet werden. Bei den geplanten Änderungen für
erwerbsfähige Hilfebedürftige unter 25 Jahren habe sie er-
hebliche Zweifel, ob hier die geeigneten Mittel gefunden
worden seien. Es erscheine nur der Ausschluss von Leistun-
gen als zielführend. Bei dem nun vorgesehenen Instrument
der Zusicherung werde ein erheblicher bürokratischer Auf-
wand gegenüber einem nur geringen Erfolg erwartet. Statt-
dessen werde eine Übernahme der bisherigen Regelungen
im Bundessozialhilfegesetz empfohlen. Die vorgeschlagene
Änderung des § 22 Abs. 5 SGB II werde in jedem Fall zu
Leistungsausweitungen im Bereich der Mietschuldenüber-
nahme führen, die von den Kreisen und kreisfreien Städten
als Träger der Leistungen für Unterkunft und Heizung zu
finanzieren seien. Sie erwarteten daher Mehrkosten für die
kommunalen Haushalte in derzeit nicht bezifferbarer Höhe.
Die Änderung des SGV VI zur Absenkung des Rentenver-
sicherungsbeitrages werde abgelehnt. Die niedrigere Ab-
sicherung dieses Personenkreises werde in vielen Fällen zu
einer Versorgungslücke im Alter beitragen, die vermutlich
zu entsprechend höheren Grundsicherungsleistungen der
kommunalen Träger führen werde. Gerade langzeitarbeits-
lose Personen könnten aufgrund ihrer unterbrochenen Er-
werbsbiographien und der Aufzehrung von anzurechnendem
Vermögen häufig keine existenzsichernden Rentenanwart-
schaften oder sonstige finanzielle Absicherungen für das
Rentenalter in ausreichendem Maße aufbauen. Damit wür-
den Lasten, die nach derzeitiger Rechtslage vom Bund zu

Die Deutsche Rentenversicherung Bund macht deutlich,
dass in der allgemeinen Rentenversicherung die Verminde-
rung des monatlichen Beitrags von 78 Euro auf rund 40 Euro
und der Wegfall der Versicherungspflicht für Arbeitslosen-
geld-II-Bezieher, die zugleich andere Versicherungspflicht-
tatbestände erfüllen, Beitragsausfälle in Höhe von rund
2,2 Mrd. Euro jährlich bewirkten. Insgesamt entspreche dies
etwa 0,2 Beitragssatzpunkten. Die Verringerung der monat-
lichen Beiträge führe zudem zu einer deutlichen Reduzie-
rung der Rentenanwartschaften der Versicherten. Werde
Arbeitslosengeld II ein Jahr lang bezogen, ergebe sich unter
Berücksichtigung des heutigen aktuellen Rentenwerts eine
Rentenanwartschaft von 4,28 Euro monatlich. Nach der vor-
gesehenen Änderung des § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI wären
es nur noch 2,19 Euro im Monat. Der Rentenanspruch aus
dem Bezug von Arbeitslosengeld II werde also fast halbiert.
Der geringere Beitrag werde sich auch auf die Höhe des Ge-
samtleistungswerts negativ auswirken und damit den Wert
der beitragsfreien Zeiten mindern. Bei denjenigen, die der-
zeit nicht nur wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II
rentenversicherungspflichtig seien, sondern auch aufgrund
anderer Versicherungspflichttatbestände, würden die aus
dem Bezug von Arbeitslosengeld II erwachsenden Renten-
anwartschaften nicht nur halbiert, sondern sie entfielen ganz.
Darüber hinaus habe die Rentenversicherung bereits bei Ein-
führung der Versicherungspflicht der Bezieher von Arbeits-
losengeld II dargelegt, dass mit den geringen Beiträgen nur
die Ansprüche auf die Altersrente finanziell abgedeckt wür-
den. Alle anderen Ansprüche, die mit diesen Beiträgen er-
worben werden, insbesondere die Ansprüche auf Rehabilita-
tionsmaßnahmen und Erwerbsminderungsrenten, seien da-
von nicht gedeckt. Die geplante Reduzierung der Beiträge
aus dem Arbeitslosengeld II werde diese Problematik weiter
verschärfen.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
führt aus, dass eine Differenzierung der Regelsätze nach
West- und Ostdeutschland nicht sinnvoll und eine Anpas-
sung daher gerechtfertigt sei. Denn die wesentliche Differen-
zierung der Lebenshaltungskosten dürfte bei Wohnung und
Miete liegen, die über die Kosten der Unterkunft gedeckt
würden und somit die Regelsätze nicht beeinflussten. Für die
monetären Anreizwirkungen, die von einer Anpassung der
Arbeitslosengeld-II-Regelsätze ausgehen, sei von besonde-
rer Bedeutung, wie hoch die dann erreichbaren Ansprüche in
Relation zum Einkommen seien, das in einer regulären Be-
schäftigung erzielbar wäre. Dies wäre in Ostdeutschland in-
sofern problematisch, als über 34 Prozent aller sozialversi-
cherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten hier weniger als
1 600 Euro brutto verdienten, 9 Prozent sogar weniger als
1 000 Euro. Mehrkosten durch die Gesetzesänderung ent-
stünden vor allem aus drei Gründen: Bei bisherigen ALG-II-
Beziehern erhöhten sich die Regelsätze bei Arbeitslosen-
geld II, Sozialgeld und Mehrbedarfszuschlägen, was zu Las-
ten des Bundes gehe. Außerdem erhöhten sich bei Bedarfs-
gemeinschaften, die aufgrund von Anrechnungen bisher nur
die Kosten der Unterkunft (KdU) erhielten, die KdU-Zah-
lungen und möglicherweise kämen Regelleistungen hinzu.
Dies gehe zu Lasten von Kommunen und Bund. Schließlich
erhielten Bedarfsgemeinschaften, deren Einkünfte bisher
knapp über der Bedarfsgrenze lagen, Anspruch auf einen Zu-
tragen seien, in die Zukunft und auf die Kreise und kreis-
freien Städte verlagert.

schuss zu den Kosten der Unterkunft. Dies gehe zu Lasten
der Kommunen. Sofern auch Ansprüche auf Zahlung von

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/688

Sozialversicherungsbeiträgen entstünden, gehe dies zu Las-
ten des Bundes. Die Einbeziehung in die Sozialversicherung
für bestimmte Haushaltstypen könnte einen Anreiz ausüben,
auch bei geringen Ansprüchen einen ALG-II-Antrag zu stel-
len.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
vertritt in ihrer Stellungnahme die Auffassung, dass die Aus-
weitung der Bedarfsgemeinschaft auf bis zu 24 Jahre alte,
unverheiratete Kinder nicht im Einklang mit geltendem Un-
terhaltsrecht stehe. Die Eltern hätten auch keine Einwir-
kungsmöglichkeiten auf das Erwerbsverhalten ihrer volljäh-
rigen Kinder. Sie würden mit einer Regelung, die über die
Einstandsvermutung des § 9 Abs. 5 SGB II hinausgehe,
überfordert, ohne in irgendeiner Weise die Bedürftigkeit oder
Erwerbstätigkeit ihrer Kinder beeinflussen zu können. Sie
müssten sogar damit rechnen, dass etwaige Sanktionen nach
§ 31 SGB II sich faktisch auch auf sie auswirkten. Eine der-
art weitgehende Einstandsregelung sei abzulehnen. Ebenso
sei die Ausweitung der Bedarfsgemeinschaft auf (nicht-)ehe-
liche Stiefelternverhältnisse strikt abzulehnen. Mit der ge-
planten Neuregelung werde die Neubildung von Familien-
strukturen verhindert. Partnerschaften würden nicht einge-
gangen, weil hieran die Einstandspflicht für die Kinder neuer
Partnerinnen oder Partner geknüpft wäre. Bei der Ost-/West-
Anpassung des Regelsatzes könne es nicht bleiben. In einem
weiteren Schritt müsse die EVS 2003 schnellstmöglich nach
den Vorgaben des § 28 SGB XII ausgewertet werden. Das
Ergebnis dieser Auswertung müsse dann noch in diesem Jahr
seinen Niederschlag in § 20 Abs. 2 SGB II finden. Die Ab-
schaffung der Rentenversicherungspflicht für erwerbstätige
ALG-II-Bezieher konterkariere alle sinnvollen und hoff-
nungsvollen Ansätze einer Kombilohndiskussion. Ebenso
abzulehnen sei die Absenkung des Bemessungsentgelts in
§ 166 SGB VI.

Detlef Schütt lehnt die Angleichung der Regelleistung in den
neuen Bundesländern unter Berücksichtigung der katastro-
phalen Lage der öffentlichen Haushalte, insbesondere auch
in den neuen Bundesländern, ab. Die Städte und Gemeinden
seien derzeit nicht in der Lage, die vorgesehenen 40 Mio.
Euro zu tragen. Ausdrücklich warnt der Sachverständige vor
den erheblichen personellen Belastungen durch den sich
ergebenden Vollzugsaufwand. Grundsätzlich begrüßt der
Sachverständige die im Änderungsantrag der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD vorgesehenen Regelungen, allerdings
schlägt er Spezifizierungen und Ergänzungen vor.

Frank Jäger begrüßt in seiner Stellungnahme die Anglei-
chung der Regelsätze; sie sei nach dem Antrag der Fraktion
die LINKE. vorzunehmen. Indessen schützten die Höhe der
Regelleistung und die Ausgestaltung der Alterssicherung im
SGB-II-Leistungssystem nicht vor Armut, in der Folge Al-
tersarmut, Ausgrenzung und Benachteiligung. Die SGB-II-
Regelung zur Sicherung des Wohnraums müsse nachgebes-
sert werden, damit die ursprüngliche Funktion des § 34
SGB XII erhalten bleibe. Die so genannte Klarstellung be-
züglich der Heranziehung von Stiefeltern zum Unterhalt der
in der Bedarfsgemeinschaft lebenden nicht leiblichen Kinder
schaffe erneut die Rechtsunsicherheit, die die Weisung des
damaligen Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit
zumindest vorläufig behoben habe. Hier werde eine Unter-

genannten Patchworkfamilien und deren Organisationen so-
wie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und
Sozialhilfeinitiativen (BAG-SHI) und andere wieder darauf
drängen müssen, dass die Betroffenen ihr Recht vor den So-
zialgerichten einklagten. Die unhaltbare Rechtssituation des
vergangenen Jahres werde so wiederbelebt, was in der Praxis
dazu führe, dass Leistungen rechtswidrig vorenthalten und
Familien überlastet und unter Umständen in die Trennung
getrieben würden. Die Aberkennung von bürgerlichen Rech-
ten und die Einschränkung der Selbstbestimmung und Frei-
zügigkeit von unter 25-jährigen Erwachsenen, die noch im
Elternhaus wohnen, lehne die BAG-SHI entschieden ab. Das
bedeute nicht nur eine ungerechtfertigte Benachteiligung
von erwachsenen Erwerbsfähigen und ihre Behandlung wie
Minderjährige, sondern würde auch deren Entwicklung in
einer wichtigen Lebensphase beeinträchtigen. Die vorliegen-
den Härtefallregelungen seien nicht dazu geeignet, existen-
zielle Notlagen und damit verbundene Obdachlosigkeit
wirksam zu verhindern, wenn junge Menschen auch ohne
Zustimmung der Behörden auszögen und mit Leistungen
weit unterhalb des Existenzminimums abgespeist würden.
Anstelle solcher Restriktionen solle die Bundesregierung
dringend dafür sorgen, dass die im SGB II hervorgehobene
Stellung der Eigenverantwortung auch durch eine ernst ge-
meinte Förderung in Form von Angeboten flankiert werde,
die den Betroffenen eine Zukunftsperspektive biete. Dazu
zählten insbesondere Ausbildung und Arbeitsplätze anstelle
von Ein-Euro-Jobs oder sinnentleerten Trainingsmaßnah-
men, die häufig darauf abzielten, Sanktionen zu provozieren.
Und anstelle weiterer Sonderbehandlung und Benachteili-
gung von unter 25-jährigen Jugendlichen und Erwachsenen
müsse die Sonderregelung bei der Sanktionierung in § 31
Abs. 5 SGB II sofort aufgehoben werden. Durch Druck auf
junge Menschen würden keine Ausbildungs- und Arbeits-
plätze geschaffen. Die im Änderungsantrag der Fraktionen
CDU/CSU und SPD vorgesehenen Verschlechterungen des
SGB II führten eine verfehlte Arbeitsmarktpolitik fort. Sie
bedeuteten für einige Gruppen unter den Erwerbslosen wei-
tere Benachteiligungen und Entrechtungen. Sie verschärften
die wirtschaftliche und soziale Situation von Familien – auch
so genannte Patchworkfamilien – und jungen Erwachsenen
noch weiter. Das Risiko der Arbeitslosigkeit werde weiter zu
Lasten von Familien privatisiert. Die Familienpolitik der
Bundesregierung orientiere sich einseitig an den Interessen
einkommensstärkerer Bevölkerungskreise, während sie die
familiären Beziehungen von ALG-II-Betroffenen geradezu
schädige.

Marlis Bredehorst hält in ihrer Stellungnahme u. a. das Be-
streben, die Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunter-
halts auf ein einheitliches Niveau in Deutschland festzule-
gen, für grundsätzlich begrüßenswert. Eine sachlich nicht
begründete und insoweit schematische Trennung der Höhe
von Sozialleistungen in den neuen und alten Bundesländern
sei abzulehnen. Allerdings verstoße die beabsichtigte zu-
künftige Angleichung der Regelleistung in den neuen Bun-
desländern an das heutige westdeutsche Niveau gegen die
aktuelle Systematik bei der Bemessung von sozialstaatlichen
Mindestleistungen: Nach § 20 Abs. 4 Satz 2 SGB II i. V. m.
§ 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII werde die Bemessung überprüft
und ggf. weiterentwickelt, wenn die Ergebnisse einer neuen
haltsverpflichtung konstruiert, die nach wie vor gegen das
BGB verstoße. In der Konsequenz würden die betroffenen so

Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorlägen. Wenn
der politische Wille zu bundeseinheitlichen Regelleistungen

Drucksache 16/688 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

bestehe, sei folglich das Verbrauchsverhalten aller in der
EVS erfassten (Einpersonen-)Haushalte unter Anwendung
der in der Verordnung zu § 28 SGB XII (Regelsatzverord-
nung) bestimmten Verfahrensschritte zu analysieren. Das Er-
gebnis sei dann der politischen Entscheidung über die Höhe
der Regelleistung zu Grunde zu legen. Mit den geplanten
Änderungen für den Bereich des so genannten Personenkrei-
ses U 25 würden Eltern vermehrt in die Pflicht genommen
werden, was aus Sicht der Praxis begrüßenswert sei. Sofern
Eltern selbst Leistungen nach dem SGB II bezögen, sei sie
auch eher unproblematisch. Es sei jedoch in der Praxis zu
erwarten, dass Eltern mit Einkommen/Vermögen in einigen
Fällen ihre Kinder keine Anträge stellen ließen, um ihre Ein-
kommens- und Vermögensverhältnisse nicht offen legen zu
müssen. In Einzelfällen werde dies zu einem erhöhten Dis-
kussions- und Erklärungsbedarf bei der Antragsbearbeitung
führen. Manche Eltern sähen keine Verpflichtung mehr für
ihre volljährigen Kinder. Wenn diese dann auch noch arbeits-
los seien und nichts täten, sei die Bereitschaft noch geringer.
Es könne in Einzelfällen dazu kommen, dass Eltern ihre voll-
jährigen Kinder „vor die Tür“ setzen, um der Regelung zu
entgehen oder Jugendliche vermehrt Streit zuhause hätten
und ausziehen wollten. Sinnvoll sei die geplante Regelung,
dass die Zustimmung des Leistungsträgers bei einem Aus-
zug aus dem Elternhaus darüber bestimme, ob unter 25-Jäh-
rige dann Leistungen erhielten.

IV. Beratungen und Abstimmungsergebnis
im federführenden Ausschuss

Nach der öffentlichen Anhörung am 13. Februar 2006 wurde
die Beratung der Vorlagen in der 12. Sitzung am 15. Februar
2006 fortgesetzt und abgeschlossen. Die von den Fraktionen
der CDU/CSU und SPD eingebrachten Änderungsanträge
auf Ausschussdrucksache 16(11)80 wurden durch die Ände-
rungsanträge auf Ausschussdrucksache 16(11)80neu ersetzt.
Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimment-
haltung der Fraktion der FDP angenommen.

Die Fraktion der CDU/CSU hob hervor, dass es hier um
Leistungen für Hilfebedürftige unter 25 Jahren gehe, die von
den Menschen erwirtschaftet werden müssten, die früh mor-
gens aufstünden und ihrer zum Teil harten Arbeit nachgin-
gen. Dies müsse im Grundsatz einmal wieder betont werden.
Die Bundesagentur für Arbeit sei jetzt aufgefordert, dem po-
litischen Willen des Gesetzgebers zu folgen und die Rege-
lungen, die zum 1. Juli 2006 in Kraft treten sollen, zu diesem
Datum auch umzusetzen.

Die Fraktion der SPD betonte, dass die Solidargemeinschaft
Familien unterstütze, wenn diese nicht aus eigener Kraft eine
Lösung erreichen könnten. Jugendliche unter 25 Jahren
könnten daher auch künftig ausziehen und eine eigene Be-
darfsgemeinschaft gründen, wenn sie beispielsweise auf-
grund von schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die
Wohnung der Eltern verwiesen werden können oder aber der
Bezug einer eigenen Wohnung zur Eingliederung in den
Arbeitsmarkt erforderlich ist. Durch eine Stichtagsregelung
werde erreicht, dass diejenigen Jugendlichen, die von zu
Hause ausgezogen sind und bereits heute in einer eigenen

künftig in der Summe nicht besser und auch nicht schlechter
gestellt als die Ehe- bzw. Lebenspartner einer Bedarfsge-
meinschaft, die beide zusammen 180 Prozent der Regelleis-
tung erhielten. Ein Alleinstehender erhalte 100 Prozent der
Regelleistung, komme ein Partner dazu, seien es 80 Prozent
mehr. Genauso wird künftig auch der Jugendliche unter 25
Jahren behandelt. Leben mehrere Personen in einer Bedarfs-
gemeinschaft, dann fielen die Generalkosten des Haushaltes
wie z. B. Versicherungen, Strom oder haushaltstechnische
Geräte nicht mehrfach, sondern nur einmal an. Dies habe die
bisherige Regelung nicht berücksichtigt.

Die Vertreter der Fraktion der FDP äußerten unter Verweis
auf die von der Bundesagentur für Arbeit zur Software-
umstellung in der Anhörung abgegebene Stellungnahme er-
heblichen Zweifel daran, dass die BA das Inkrafttreten der
getroffenen Regelungen zu dem im Gesetzentwurf vorgese-
henen Zeitpunkt des Inkrafttretens realisieren könne. Hier
seien ähnlich chaotische Zustände wie beim Inkrafttreten
von Hartz IV zu befürchten. Sie hofften im Übrigen, dass es
nicht zu neuerlichen Prozessrisiken komme durch unbe-
stimmte Rechtsbegriffe wie etwa den „schwerwiegenden
sozialen Gründen“ beim Auszug aus dem Elternhaus.

Die Fraktion DIE LINKE. machte deutlich, dass durch die
neue Regelung für unter 25-Jährige zwei Klassen junger Er-
wachsener geschaffen würden. Sie halte dies nach wie vor
für problematisch. Zudem sei zu fragen, wie die Senkung der
Rentenbeitragszahlung durch die Bundesagentur für Arbeit
in der Rentenkasse ausgeglichen werden solle.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begründete die
Ablehnung des Gesetzentwurfs insbesondere damit, dass er
es nicht ausschließe, dass unter 25-Jährige, die bereits nicht
mehr im elterlichen Haushalt lebten, im Fall erneuten Um-
zugs aufgrund der neu eingefügten Zustimmungserforder-
nisse wieder bei den Eltern einziehen müssten. Zudem sah
sie in diesem Zusammenhang Diskrepanzen zum Unterhalts-
recht; hier bestünde die Gefahr, dass „renitente“ Kinder von
den Eltern unangemessen gegängelt werden könnten.

Auf den Hinweis und die Frage, dass nach dem Wortlaut des
§ 22 Abs. 5 SGB II Schulden als Darlehen übernommen
werden sollen und ob durch diesen Wortlaut sichergestellt
sei, dass in Einzelfällen die Schuldenübernahme auch als
Beihilfe gewährt werden könne, bejahte die Bundesregie-
rung, es handele sich bei § 22 Abs. 5 SGB II um eine Soll-
Vorschrift. Dies bedeute, dass im Regelfall die Schulden als
Darlehen übernommen werden sollen. In begründeten Ein-
zelfällen sei es aber durchaus möglich, dass die Schulden-
übernahme als Beihilfe erfolge. Hierüber müsse der zustän-
dige persönliche Ansprechpartner entscheiden und seine
Entscheidung begründen.

Weiterhin erläuterte die Bundesregierung, die Stichtagsrege-
lung zum 17. Februar 2006 schreibe Besitzstandswahrung
für alle Fälle vor diesem Datum fest. Alle Umzüge von unter
25-Jährigen, die nicht unter die Stichtagsregelung fielen, be-
dürften der Zustimmung des Leistungsträgers. Der Fall
„schwerwiegender sozialer Gründe“ sei aus Berufsausbil-
dungsbeihilfe und Bafög bekannt und es gebe ausgewiesene
Rechtsprechung dazu. Bei den „sonstigen, ähnlich schwer-
wiegenden Gründen“ handele es sich um Einzelfälle wie
Wohnung wohnen, nicht in die Wohnung ihrer Eltern zu-
rückziehen müssen. Jugendliche unter 25 Jahren würden

etwa eine Schwangerschaft, bei denen der Leistungsträger
einen Entscheidungsspielraum habe.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/688

Im Ergebnis der Beratungen hat der Ausschuss für Arbeit
und Soziales mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimment-
haltung der FDP-Fraktion beschlossen, dem Deutschen Bun-
destag die Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/
99 in der Neufassung der angenommenen Änderungsanträge
zu empfehlen.

Der Ausschuss hat zudem mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen,
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags auf
Drucksache 16/120 zu empfehlen.

B. Besonderer Teil
Zum Gesetzestitel: Zur Begründung der einzelnen Vorschrif-
ten wird – soweit sie im Verlauf der Ausschussberatungen
nicht geändert oder ergänzt wurden – auf den Gesetzentwurf
auf Drucksache 16/99 verwiesen. Hinsichtlich des vom Aus-
schuss für Arbeit und Soziales vollständig neu gefassten Ge-
setzentwurfs ist Folgendes zu bemerken:

Zum Gesetzestitel

Die Umbenennung ist erforderlich, weil außer dem Zweiten
Buch Sozialgesetzbuch auch andere Gesetze geändert wer-
den.

Zu Artikel 1 (SGB II)

Zu Nummer 1 (§ 5)

Folgeänderung zur Änderung des § 22. Die Regelung des
§ 34 SGB XII zur Übernahme von Mietschulden wird in das
SGB II übernommen. Damit ist ein Verweis auf das SGB XII
nicht mehr notwendig.

Zu Nummer 2 (§ 7)

Zu Buchstabe a

Die bisherige Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz
war vielfach dahin gehend missverstanden worden, dass für
Ausländer die Verweisung auf § 8 Abs. 2 SGB II die allge-
meine Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II zum ge-
wöhnlichen Aufenthalt ersetzt. Mit der Änderung wird ent-
sprechend der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache
15/1516, S. 52) klargestellt, dass Ausländer ohne gewöhn-
lichen Aufenthalt in Deutschland vom Leistungsbezug aus-
geschlossen bleiben.

Im Einzelnen:

Der neu gefasste Satz 2 normiert einen Leistungsausschluss
für bestimmte Gruppen von Ausländern. Auch wenn bei
Ausländern die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen
vorliegen, das heißt sie zwischen 15 und unter 65 Jahre alt,
erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhn-
lichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben,
können dennoch die Leistungen nach diesem Buch durch
den neugefassten Satz 2 ausgeschlossen sein. Darüber
hinaus kommen dann für diese Personengruppe auch Leis-
tungen des SGB XII wegen § 21 Satz 1 SGB XII nicht in

Mit der Neufassung von Satz 2 wird Artikel 24 Abs. 2
i. V. m. Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie 2004/
38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
29. April 2004 umgesetzt. Hiernach können im nationalen
Recht Personen und ihre Familienangehörigen vom Bezug
sozialer Leistungen ausgeschlossen werden, wenn sich ihr
Aufenthaltsrecht allein auf den Zweck der Arbeitsuche grün-
det.

Betroffen von der Regelung sind vor allem EU-Bürger, die
von ihrem Recht auf Unionsbürgerschaft Gebrauch machen
und sich zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhal-
ten. Auch die Familienangehörigen eines erstmals in
Deutschland arbeitsuchenden EU-Bürgers sind dann vom
Bezug von Leistungen nach diesem Buch ausgeschlossen.

Der Begriff der Familienangehörigen ist in § 3 Abs. 2 des
Freizügigkeitsgesetzes/EU definiert:

Dabei lehnt sich der Wortlaut von Satz 2 erste Alternative an
§ 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU an: Nur in den Fällen, in
denen sich das Aufenthaltsrecht ausschließlich auf den
Grund „zur Arbeitsuche“ (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 zweite Alterna-
tive) stützt, sind der EU-Bürger und seine Familienangehöri-
gen vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen.
Nicht ausgeschlossen sind EU-Bürger, bei denen ein anderer
Grund nach § 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU greift. Damit
wird auch deutlich, dass beispielsweise Personen, die durch
eine Vorbeschäftigung in Deutschland Arbeitnehmerstatus
erlangt haben oder als Familienangehörige eines in Deutsch-
land erwerbstätigen EU-Bürgers ihren gewöhnlichen Auf-
enthalt in Deutschland haben, nicht vom Ausschluss erfasst
werden. Ebenfalls nicht von der Regelung erfasst sind EU-
Bürger, die als Familienangehörige eines Deutschen in die
Bundesrepublik Deutschland einreisen.

Vom Leistungsausschluss des neugefassten Satzes 2 erste
Alternative werden auch die Fälle des § 16 Abs. 4 des Auf-
enthaltsgesetzes erfasst: Ausländer, die sich nach erfolgrei-
chem Abschluss eines Studiums zum Zwecke der Suche
nach einer studienbezogenen Beschäftigung noch ein Jahr in
Deutschland aufhalten dürfen, müssen ihren Lebensunterhalt
eigenständig bestreiten.

Mit der 2. Alternative von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II wird der
bisherige Leistungsausschluss von Personen, die Leistungen
nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten, beibe-
halten.

Zu Buchstabe b

Nach geltendem Recht bilden nur minderjährige unverheira-
tete Kinder mit ihren Eltern eine Bedarfsgemeinschaft. Als
Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erhalten sie 80 Prozent
der Regelleistung. Sobald die Kinder volljährig werden, bil-
den sie eine eigene Bedarfsgemeinschaft und erhalten derzeit
100 Prozent der Regelleistung, auch wenn sie weiter bei den
Eltern wohnen. Die bisherige Regelung trägt nicht dem Um-
stand Rechnung, dass Kinder, die weiterhin im Haushalt der
Eltern leben, nicht die Generalkosten eines Haushalts, das
heißt die Bestreitung der zur allgemeinen Haushaltsführung
gehörenden Aufwendungen (z. B. Versicherungen, Strom,
haushaltstechnische Geräte), zu tragen haben. Deshalb wer-
den künftig auch volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr
Betracht, da sie dem Grunde nach leistungsberechtigt nach
dem SGB II ist.

noch nicht vollendet haben, in die Bedarfsgemeinschaft der
Eltern einbezogen. Dies geht mit einer Reduzierung des Re-

Drucksache 16/688 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gelbedarfes für diesen Personenkreis von derzeit 100 auf
80 Prozent einher.

Zu Nummer 3 (§ 9)

Zu Buchstabe a

Folgeänderung zur Einbeziehung von im Haushalt lebenden
Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
in eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern. Mit der Rege-
lung wird erreicht, dass Vermögen und Einkommen der
Eltern nicht wie bisher nur für den Lebensunterhalt minder-
jähriger Kinder, sondern künftig auch für den Lebensunter-
halt von Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollen-
det haben, einzusetzen ist.

Zu Buchstabe b

§ 9 Abs. 4 regelt die Hilfebedürftigkeit in einem besonderen
Fall. Schon bisher entsprach es nicht der Systematik des § 9
die Darlehensgewährung als Leistungsmodalität in Absatz 4
zu regeln. Die Regelung der darlehensweisen Gewährung
gehört systematisch in den § 23, wo sie nunmehr als
Absatz 5 eingestellt wird.

Zu Nummer 4 (§ 11)

Folgeänderung zur Einbeziehung von im Haushalt lebenden
Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
in eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern.

Zu Nummer 5 (§ 20)

Zu Buchstabe a

Folgeänderung zur Streichung des § 5 Abs. 2 Satz 2.

Zu Buchstabe b

Satz 1 entspricht dem bisherigen Entwurf.

Satz 2 ist eine Folgeänderung zur Einbeziehung von im
Haushalt lebenden Kindern, die das 25. Lebensjahr noch
nicht vollendet haben, in eine Bedarfsgemeinschaft mit den
Eltern.

Zu Buchstabe c

Folgeänderung zur Einbeziehung von im Haushalt lebenden
Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
in eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern.

Jugendliche sollen, wenn sie ohne Zusicherung des kommu-
nalen Trägers aus dem Haushalt der Eltern ausziehen, bis zur
Vollendung des 25. Lebensjahres die gleiche Regelleistung
(nämlich 80 Prozent der Regelleistung) erhalten, die ihnen
gewährt worden wäre, wenn sie weiterhin mit den Eltern
eine Bedarfsgemeinschaft gebildet hätten. Diese Regelung
soll zusammen mit der Neuregelung in § 22 Abs. 2a den An-
reiz vermindern, auf Kosten der Allgemeinheit eine eigene
Wohnung bei gleichzeitigem Bezug der vollen Regelleistung
zu beziehen.

Zu Buchstabe d

Die Änderung in Satz 1 ist eine Folgeänderung zur Einbezie-

schaft mit den Eltern. Auf diese Weise wird verhindert, dass
Jugendliche, die das 18. Lebensjahr vollendet haben anstelle
der vorgesehenen 80 Prozent der Regelleistung 90 Prozent
der Regelleistung erhalten.

Satz 2 wurde in Absatz 2 eingefügt.

Zu Nummer 6 (§ 22)

Zu Buchstabe a

Ursache hoher Kosten ist unter anderem der Erstbezug einer
eigenen Wohnung durch Personen, die entweder bislang we-
gen Unterstützung innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft
keinen Anspruch hatten oder als Teil der Bedarfsgemein-
schaft niedrigere Leistungen bezogen haben.

Künftig sollen Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben und erstmalig eine Wohnung beziehen wol-
len, vorher die Zustimmung des Leistungsträgers einholen
müssen. Liegt ein Härtefall nach Satz 2 vor, kann die Zusi-
cherung auch nach Abschluss des Mietvertrages eingeholt
werden, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem Grund
nicht zumutbar war, die Zusicherung vorher einzuholen.

Wird die Zustimmung nicht eingeholt, werden bis zur Voll-
endung des 25. Lebensjahres keine Leistungen für Unter-
kunft und Heizung gezahlt. Dies ist den Betroffenen auch zu-
zumuten, weil § 3 Abs. 2 SGB II vorsieht, dass Jugendliche
unverzüglich in eine Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgele-
genheit zu vermitteln sind. Der Leistungsausschluss wird da-
her im Regelfall von kürzerer Dauer sein.

Die Zustimmung des kommunalen Trägers zum Umzug soll
erteilt werden, wenn aus schwerwiegenden sozialen Grün-
den (vgl. § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III) ein Verweis des
Jugendlichen auf die elterliche Wohnung nicht möglich ist
oder wegen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit die Notwen-
digkeit des Umzugs gegeben ist.

Zu Buchstabe b

Der zuständige Leistungsträger soll eine Mietkaution grund-
sätzlich in Form eines Darlehens erbringen, da sich aus der
Natur der Mietkaution bereits ergibt, dass diese im Regelfall
an den Mieter zurückfließt. Insofern ist es im Regelfall nicht
gerechtfertigt, die Kaution dem Hilfebedürftigen endgültig
zu belassen.

Zu Buchstabe c

Die Übernahme von Schulden (Mietschulden und/oder Ener-
gieschulden), die für die Sicherung der Unterkunft unab-
weisbar ist, wird nun unmittelbar im SGB II und nicht mehr
durch Verweis auf Leistungen des SGB XII geregelt und
gewährleistet einen praktikablen Verwaltungsvollzug im
Rahmen des SGB II. Die Leistungen werden aus einer Hand
gewährt und Doppelzuständigkeiten vermieden. Die Rege-
lungen gewährleisten, dass das bisher in der Sozialhilfepra-
xis übliche Verfahren zur Übernahme von Schulden im Rah-
men des SGB II möglich ist.

Zu Buchstabe d

Folgeänderung zur Regelung der Schuldenübernahme im

hung von im Haushalt lebenden Kindern, die das 25. Lebens-
jahr noch nicht vollendet haben, in eine Bedarfsgemein-

SGB II. Die Regelung entspricht § 34 Abs. 2 SGB XII und
stellt sicher, dass der Träger der Grundsicherung für Arbeit-

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suchende Kenntnis von Räumungsklagen erhält. Durch die
Übernahme des § 34 Abs. 2 SGB XII wird gewährleistet,
dass Bezieher von Arbeitslosengeld II nicht schlechter ge-
stellt werden als Bezieher von Sozialhilfe.

Zu Nummer 7 (§ 23)

Mit der Anfügung des Absatzes 5 wird der zuständige Träger
der Grundsicherung für Arbeitsuchende ermächtigt, sich
Leistungen, die er darlehensweise gewährt, dinglich sichern
zu lassen.

Durch die Anfügung des Absatzes 6 soll verhindert werden,
dass Jugendlichen unter 25 Jahren, die ohne Zusicherung
durch den kommunalen Träger nach § 22 Abs. 2a umziehen,
eine Erstausstattung für die Wohnung gewährt wird.

Zu Nummer 8 (§ 24)

Folgeänderung zur Einbeziehung von im Haushalt lebenden
Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
in eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern.

Zu Nummer 9 (§ 40)

§ 40 Abs. 2 SGB II in seiner derzeitigen Fassung begünstigt
die verspätete Abmeldung bzw. Anzeige von bedarfsdecken-
dem Einkommen. § 40 Abs. 2 regelt als besondere Verfah-
rensvorschrift für die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leis-
tungen, dass 56 Prozent der an den Hilfebedürftigen gewähr-
ten Leistungen für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für
Heizung und Warmwasserversorgung, nicht vom Hilfebe-
dürftigen zu erstatten sind. Die Vorschrift ist eine Folge des
Wegfalls des Wohngeldes für Leistungsempfänger nach dem
SGB II. Als Kompensation soll der Teil der Unterkunftskos-
ten, der durchschnittlich der Leistung des Wohngeldes für
frühere Sozialhilfeempfänger entsprach, nicht zurückerstat-
tet werden müssen. Diese Regelung gilt nicht in Fällen, in
denen der Betroffene sich nicht auf schutzwürdiges Ver-
trauen in den Bestand des rechtswidrigen begünstigenden
Bescheides berufen kann (z. B. bei arglistiger Täuschung des
Leistungsträgers usw., vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X).

Nicht von dieser Sonderregelung erfasst sind die Fälle, in
denen verspätet bedarfsdeckendes Einkommen angezeigt
wird. In diesen Fällen gilt die eingeschränkte (für den Be-
troffenen günstige) Erstattungsregelung. Zeigt der Betrof-
fene die Änderung der Einkommensverhältnisse hingegen
rechtzeitig an, erfolgt eine sofortige Aufhebung wegen Weg-
falls der Bedürftigkeit. Im Ergebnis bedeutet dies, je später
ein bedarfsdeckendes Einkommen angezeigt wird, um so
besser ist der Leistungsempfänger gestellt. Durch die Neure-
gelung soll deshalb erreicht werden, dass die Begrenzung der
Erstattung auf 44 Prozent der Unterkunftskosten nicht auf
Fälle verspäteter Anzeige von bedarfsdeckendem Einkom-
men und bei teilweiser Aufhebung anzuwenden ist.

Zu Nummer 10 (§ 68)

Die Regelung des Absatzes 1 stellt sicher, dass der Verwal-
tung ausreichend Zeit für die erforderlichen Umstellungsar-
beiten beim Übergang zur neuen Rechtslage bei der Erweite-
rung der Bedarfsgemeinschaft um Jugendliche, die das
25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eingeräumt wird.

bildende Bedarfsgemeinschaft zu stellen. Die Stichtagsrege-
lung des Absatzes 2 stellt sicher, dass die Neuregelung des
§ 22 Abs. 2a nur für solche Jugendliche gilt, die nach dem
17. Februar 2006 (Beschluss des Deutschen Bundestages)
aus dem Haushalt der Eltern oder eines Elternteils ausgezo-
gen sind.

Zu Artikel 2 (SGB VI)

Zu Nummer 1 (§ 3)

Die Regelung dient der Vermeidung von Doppelversicherun-
gen von Personen, die bereits aus einem anderen Grund in
der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig
sind, insbesondere weil sie neben dem Bezug von Arbeitslo-
sengeld II versicherungspflichtig beschäftigt oder versiche-
rungspflichtig selbständig tätig sind oder Arbeitslosengeld
beziehen.

Zu Nummer 2 (§ 166)

Zu Buchstabe a

Die Regelung senkt entsprechend dem Koalitionsvertrag den
Beitrag für die gesetzliche Rentenversicherung der Bezieher
von Arbeitslosengeld II von 78 Euro pro Monat auf 40 Euro
pro Monat. Dies führt zu geringeren Leistungsansprüchen in
der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Beitrag gewähr-
leistet jedoch weiterhin, dass den Betroffenen der Anspruch
auf die Rente wegen Erwerbsminderung erhalten bleibt.

Zu Buchstabe b

Folgeänderung zu Nummer 1. Die in § 166 Abs. 1 Nr. 2b ge-
regelten Fälle dürften nur selten vorkommen. Aus Gründen
der Verwaltungsvereinfachung soll deshalb für diese Perso-
nen die allgemeine Regelung zur Rentenversicherung von
Arbeitslosengeld-II-Beziehern mit anderen beitragspflichti-
gen Einnahmen gelten.

Zu den Artikeln 3, 4 und 5

Zu Artikel 3 (SGB XII)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des
§ 22 Abs. 5 und 6 SGB II. Die Regelung des § 34 SGB XII
zur Übernahme von Mietschulden wird in das SGB II über-
nommen. Damit ist die Ausnahmeregelung des § 21, nach
der bisher Leistungen nach § 34 SGB XII auch an Leistungs-
bezieher nach dem SGB II möglich waren, nicht mehr not-
wendig.

Zu Artikel 4 (BKGG)

Entsprechend der Ausweitung der Bedarfsgemeinschaft im
Sinne des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch wird auch beim
Kinderzuschlag der Kreis der zu berücksichtigenden Kinder
um unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebens-
jahres erweitert.

Zu Artikel 5 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

Die Angleichung der Regelleistungen im Osten an das

Sobald für einen Angehörigen eines Haushaltes der Bewilli-
gungsabschnitt ausläuft, ist ein Neuantrag für die nun neu zu

Niveau der Regelleistungen im Westen tritt am 1. Juli 2006
in Kraft. Die Änderungen, die mit der Einbeziehung Jugend-

Drucksache 16/688 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

licher unter 25 Jahren in die Bedarfsgemeinschaft der Eltern
verbunden sind, können aufgrund der vorzunehmenden, um-
fassenden Programmierung im IT-System nicht vor dem
1. Juli 2006 erfolgen.

Die Absenkung der Beiträge zur Rentenversicherung kann
erst zum 1. Januar 2007 erfolgen, da ansonsten der Beitrags-
satz zur gesetzlichen Rentenversicherung für das Jahr 2006
nicht stabil gehalten werden könnte.

Berlin, den 15. Februar 2006

Brigitte Pothmer
Berichterstatterin

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