BT-Drucksache 16/6798

zu dem Antrag der Abgeordneten Jens Ackermann, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/3343- Dem Beruf des Rettungsassistenten eine Zukunftsperspektive geben - Das Rettungsassistentengesetz novellieren

Vom 24. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6798
16. Wahlperiode 24. 10. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Jens Ackermann, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/3343 –

Dem Beruf des Rettungsassistenten eine Zukunftsperspektive geben –
Das Rettungsassistentengesetz novellieren

A. Problem

Die Fraktion der FDP verweist in ihrem Antrag darauf, dass das seit 1989 gel-
tende Rettungsassistentengesetz im Hinblick auf den heutigen medizinischen
Stand „völlig überholt und mangelhaft“ sei. So fehle den Rettungskräften eine
klar zugewiesene Kompetenz. Die derzeitige Rechtslage zwinge die Rettungs-
kräfte, bis zum Eintreffen eines Notarztes bei der Anwendung von lebenserhal-
tenden Maßnahmen in einem rechtsfreien Raum zu agieren.

B. Lösung

Die Fraktion der FDP fordert eine Novellierung des Rettungsassistentengeset-
zes. Das Berufsbild des Rettungsassistenten müsse klar definiert werden. Es
müssten die notwendigen Bedingungen für eine patientenorientierte Notfallver-
sorgung geschaffen werden. Die Antragsteller regen an, die Vorschläge der
„Ständigen Konferenz für den Rettungsdienst“ aufzugreifen. Unter anderem
müsse eine klassische Berufsausbildung für Rettungsassistenten implementiert
werden.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Novellierung des Rettungsassistentengesetzes mit anderer Schwerpunktsetzung.

D. Kosten

Die Kosten werden in dem Antrag nicht spezifiziert.

Drucksache 16/6798 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/3343 abzulehnen.

Berlin, den 24. Oktober 2007

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Martina Bunge
Vorsitzende

Dr. Hans Georg Faust
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6798

Bericht des Abgeordneten Dr. Hans Georg Faust

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 16/3343 in seiner 73. Sitzung am 14. Dezember 2006
in erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an
den Ausschuss für Gesundheit sowie zur Mitberatung an den
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktion der FDP verweist in ihrem Antrag darauf, dass
das seit 1989 geltende Rettungsassistentengesetz im Hin-
blick auf den heutigen medizinischen Stand „völlig überholt
und mangelhaft“ sei. Das Berufsbild des Rettungsassisten-
ten sei bislang nur schlecht definiert und die Berufsbezeich-
nung missverständlich. Den Rettungskräften fehle eine klar
zugewiesene Kompetenz. Die derzeitige Rechtslage zwinge
die Rettungskräfte, bis zum Eintreffen eines Notarztes bei
der Anwendung von lebenserhaltenden Maßnahmen in ei-
nem rechtsfreien Raum zu agieren. Dabei steige angesichts
der Abnahme der Krankenhausdichte, vor allem im länd-
lichen Raum, die Notwendigkeit für die Rettungsassisten-
ten, die längere Anfahrtszeit der Notärzte überbrücken zu
müssen.

Die Fraktion der FDP fordert eine Novellierung des Ret-
tungsassistentengesetzes. Das Berufsbild des Rettungsassis-
tenten müsse klar definiert und die Berufsbezeichnung
müsse neu gefasst werden. Es müssten die notwendigen Be-
dingungen für eine patientenorientierte Notfallversorgung
geschaffen werden. Die Antragsteller regen an, die Vor-
schläge der „Ständigen Konferenz für den Rettungsdienst“
aufzugreifen. Unter anderem müsse eine klassische Berufs-
ausbildung für Rettungsassistenten implementiert werden.

III. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat in seiner 43. Sitzung am 24. Oktober
2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Beratung in seiner
41. Sitzung am 28. Februar 2007 aufgenommen. In seiner
48. Sitzung am 28. März 2007 hat er die Beratung fortge-
setzt und beschlossen, eine öffentliche Anhörung von Sach-
verständigen zu dem Antrag durchzuführen.

Die Anhörung fand in der 60. Sitzung am 4. Juli 2007 statt.
Als sachverständige Verbände waren eingeladen:

AOK-Bundesverband (AOK-BV), BKK Bundesverband
(BKK BV), IKK-Bundesverband (IKK-BV), Bundesver-

band der Landwirtschaftlichen Krankenkassen (BLK),
Knappschaft, See-Krankenkasse (See-KK), Verband der
Angestellten-Krankenkassen e. V./AEV-Arbeiter-Ersatzkas-
sen Verband e. V. (VdAK/AEV), Arbeiter-Samariter-Bund
Deutschland e. V. (ASB), Arbeitsgemeinschaft Rettungsas-
sistentenschulen Deutschland (AgRD), Berufsverband für
den Rettungsdienst e. V. (BVRD), BKS – Unternehmerver-
band privater Rettungsdienste e. V., Bundesärztekammer
(BÄK), Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der
Notärzte Deutschlands e. V. (BAND), Deutsche Kranken-
hausgesellschaft e. V. (DKG), Deutsche Lebens-Rettungs-
Gesellschaft e. V. (DLRG), Deutsche Rettungsflugwacht
e. V. (DRF), Deutscher Berufsverband Rettungsdienst
(DBRD), Deutscher Hilfsdienst e. V. (DH), Deutscher Land-
kreistag, Deutscher Städtetag, Deutsches Rotes Kreuz e. V.
(DRK), Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement
(INM), Johanniter-Unfall-Hilfe e. V., Kassenärztliche Bun-
desvereinigung (KBV), komba Gewerkschaft, Malteser
Hilfsdienst e. V., Ständige Konferenz für den Rettungs-
dienst, Verband Deutscher Rettungsassistenten und -sanitäter
e. V. (VDRS), ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft.

Außerdem waren als Einzelsachverständige Manfred Müller
und Prof. Dr. Peter Sefrin eingeladen.

Im Rahmen der öffentlichen Anhörung zu dem Antrag wur-
den vor allem die finanziellen Auswirkungen der geforder-
ten Verlängerung der Ausbildung der Rettungsassistenten
um ein Jahr, Vorstellungen zur Finanzierung einer Ausbil-
dungsvergütung für angehende Rettungsassistenten und die
Vergütung der Weiterbildung, die Frage der Abgrenzung der
Kompetenzen und die Übertragung ärztlicher Kompetenzen
auf nicht ärztliches Personal erörtert. Auf das Wortprotokoll
und die als Ausschussdrucksachen verteilten Stellungnah-
men der Sachverständigen wird Bezug genommen.

In seiner 64. Sitzung am 24. Oktober 2007 hat der Aus-
schuss seine Beratungen fortgesetzt und abgeschlossen. Als
Ergebnis empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.

Die Fraktion der CDU/CSU bezeichnete die Forderung der
Antragsteller nach einer Novellierung als legitim. Es sei tat-
sächlich an der Zeit, sich gemeinsam an eine Neujustierung
zu machen und dabei vor allem über die Definition des Be-
rufsbildes und die Kompetenzen zu diskutieren. Anders als
von der Fraktion der FDP dargestellt hätten die Rettungs-
assistenten allerdings bereits heute eine Notfallkompetenz
und der Beruf gehöre bereits zu den Heilberufen. Nach der
jüngsten Rechtsprechung bestehe zudem ein Vergütungs-
anspruch während der Ausbildung. Deshalb müsse der An-
trag aus sachlichen Gründen abgelehnt werden. Es sei jedoch
bereits geplant, zu gegebener Zeit den Entwurf einer Novelle
des Rettungsassistentengesetzes einzubringen. Bis dahin
müssten noch Vorarbeiten geleistet werden, auch in Gesprä-
chen mit den Ländern. Diskutiert werden müsse dabei über
den Erwerb von Zertifikaten hinaus auch die persönliche
Prüfung als individuellere Lösung für eine sachgerechte Ab-
grenzung der Kompetenzen.

Drucksache 16/6798 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Auch die Fraktion der SPD stellte fest, dass eine Gesetzes-
novelle dringend nötig sei, um den Veränderungen in der
Medizin Rechnung zu tragen. Zu den auch in der Anhörung
thematisierten Fragen gehörten die Dauer der Ausbildung,
das Verhältnis von theoretischer und praktischer Ausbil-
dung, die Abgrenzung der Kompetenzen, die im Antrag der
Fraktion der FDP fast nicht angesprochene Finanzierung, die
Berufsbezeichnung und die notwendigen Übergangsvor-
schriften, die im Dialog mit den Ländern geklärt werden
müssten. Hierfür müsse schnell eine Arbeitsgruppe einge-
setzt werden, damit eine Novelle zügig vorbereitet werden
könne.

Die Fraktion der FDP verwies auf Bemühungen zur Schu-
lung von Laien zur medizinischen Erstversorgung bei
Schlaganfall oder Herzinfarkt und zur Ausstattung großer
öffentlicher Räume mit Defibrillatoren. Dazu passe es nicht,
den entsprechend geschulten und sehr gut ausgestatteten
Rettungsassistenten die nötige, klar definierte Handlungs-
kompetenz vorzuenthalten. Im Übrigen stamme das Ret-
tungsassistentengesetz aus dem Jahr 1989. Seit dieser Zeit
habe sich in Bezug auf Forschung, Therapie und Diagno-
searten viel geändert. Zum Wohle der Bevölkerung und zur

Verbesserung der Situation von Notfallpatienten bedürfe es
deshalb eines Gesetzes, das diesen Veränderungen Rech-
nung trage.

Die Fraktion DIE LINKE. stimmte den in dem Antrag er-
hobenen Forderungen zu. Einige Punkte bedürften jedoch ei-
ner Präzisierung. Mit Blick auf die angekündigte Novelle,
die noch in dieser Legislaturperiode vorgelegt werden solle,
könne dann eine vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung
auf der Grundlage der in der Anhörung des Ausschusses ge-
wonnenen Erkenntnisse erfolgen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte eben-
falls die Notwendigkeit, auf die Entwicklungen in der Medi-
zin zu reagieren. Die Anhörung habe gezeigt, dass verschie-
dene zentrale Punkte noch besprochen werden müssten. So
sei die Frage der Abgrenzung der Kompetenzen schwierig
und kontrovers diskutiert worden. Wenn nicht auch die Aus-
bildung novelliert werde, bestehe zudem zukünftig mögli-
cherweise ein Mangel. Darüber hinaus stellten sich Fragen
nach einem differenzierten oder einheitlichen Berufsbild und
der Vergütung. Der Antrag gehe insofern nicht weit genug,
aber mit Blick auf die angekündigte Novelle enthalte man
sich der Stimme.

Berlin, den 24. Oktober 2007

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Hans Georg Faust
Berichterstatter

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