BT-Drucksache 16/6749

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/4552- Altersteilzeit fortentwickeln b) zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/4553- Rente mit 67 - Berichtspflicht zum Arbeitsmarkt nicht verwässern - Bestandsprüfungsklausel konkretisieren

Vom 19. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6749
16. Wahlperiode 19. 10. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus
Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE.
– Drucksache 16/4552 –

Altersteilzeit fortentwickeln

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus
Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE.
– Drucksache 16/4553 –

Rente mit 67 – Berichtspflicht zum Arbeitsmarkt nicht verwässern –
Bestandsprüfungsklausel konkretisieren

A. Problem

Zu Buchstabe a (Drucksache 16/5252)

Nach Auffassung der Antragsteller brauchen die Menschen nicht die Erhöhung
einer starren Regelrentenaltersgrenze, sondern die Möglichkeit, flexibel bis zur
Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand zu gehen. Unter den derzeit
herrschenden Arbeitsbedingungen und anhaltender Massenerwerbslosigkeit sei
eine Erhöhung des Regelrenteneintrittsalters auf 67 faktisch eine weitere Ren-
tenkürzung.

Es sei somit nicht akzeptabel, das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre zu erhöhen.
Die Arbeits- und Lebenssituationen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
würden immer differenzierter. Anhaltend hohe Erwerbslosigkeit, veränderte
Arbeitsbedingungen, gestiegene Anforderungen an Weiterbildung, veränderte
Arbeitsteilung innerhalb der Familie und unterschiedliche Lebensstile führten
dazu, dass immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer flexibel, auch
vor Vollendung des 65. Lebensjahres, in den Ruhestand gehen wollen oder
müssen. Deshalb sei es notwendig, die bestehenden Altersteilzeitregelungen,
insbesondere die im Jahr 2009 auslaufende geförderte Altersteilzeit (ATZ),
fortzuführen und weiterzuentwickeln.

Drucksache 16/6749 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zu Buchstabe b (Drucksache 16/5253)

Nach dem Altersgrenzenanpassungsgesetz soll die Bundesregierung ab dem
Jahr 2010 alle vier Jahre über die Beschäftigungs- und Arbeitsmarktsituation
älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berichten und eine Einschätzung
darüber abgeben, ob es bei der Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre
bleiben kann.

B. Lösung

Zu Buchstabe a (Drucksache 16/5252)

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, die aktuelle Regelaltersrente
mit Vollendung des 65. Lebensjahres beizubehalten und flexible Ausstiegsmög-
lichkeiten vor dem 65. Lebensjahr einzurichten bzw. zu erhalten. Dabei sollen
unter anderem die Altersteilzeitregelungen im Blockmodell oder im Teilzeit-
modell auch über den 1. Januar 2010 hinaus fortgeführt und die Altersteilzeit
aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit (BA) bei Stellenwiederbesetzung ge-
fördert werden.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/ CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE.

Zu Buchstabe b (Drucksache 16/5253)

Der Antrag fordert, dass der Deutsche Bundestag die vorgeschlagene Bestands-
prüfungsklausel mit dem Hinweis auf die gegenwärtige gesetzliche Regelung
ablehnt. Der Vorschlag würde den Antragstellern zufolge einen klaren Rück-
schritt gegenüber der im Jahr 2003 im Rahmen des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes
eingeführten Berichtspflicht nach § 154 Abs. 4 SGB VI bedeuten. Hiernach
soll vom Jahr 2008 an alle vier Jahre zuerst über die Arbeitsmarkt- und Sozial-
verträglichkeit der Anhebung der Regelaltersgrenze berichtet und anschließend
auf Grundlage dieser Erkenntnisse eine Entscheidung getroffen werden. Das
Hinausschieben der Berichtspflicht auf das Jahr 2010 und das Vorziehen der
eigentlich erst auf Grundlage dieses Berichts zu treffenden Entscheidung mach-
ten deutlich, dass die gravierenden beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitischen
Bedenken gegen die Rente ab 67 nicht hinreichend gewürdigt werden.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme der Anträge.

D. Kosten

Kosten wurden nicht ermittelt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6749

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Antrag auf Drucksache 16/4552 abzulehnen und

2. den Antrag auf Drucksache 16/4553 abzulehnen.

Berlin, den 9. Oktober 2007

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Vorsitzender

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter

Drucksache 16/6749 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen)

I.

Die Anträge der Fraktion DIE LINKE. auf den Drucksachen
16/4552 und 16/4553 sind in der 86. Sitzung des Deutschen
Bundestages am 9. März 2007 an den Ausschuss für Arbeit
und Soziales zur federführenden Beratung und an den Aus-
schuss für Gesundheit sowie den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen
worden.

Den Antrag auf Drucksache 16/4552 haben die mitberaten-
den Ausschüsse in ihren Sitzungen am 9. September 2007
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen, die Ableh-
nung des Antrags zu empfehlen.

In derselben Sitzung hat der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache
16/4553 abzulehnen. Der Ausschuss für Gesundheit hat be-
schlossen, kein Votum abzugeben.

II.

Zu Drucksache 16/5252

Nach Auffassung der Antragsteller brauchen die Menschen
nicht die Erhöhung einer starren Regelrentenaltersgrenze,
sondern die Möglichkeit, flexibel bis zur Vollendung des
65. Lebensjahres in den Ruhestand zu gehen. Unter den
derzeit herrschenden Arbeitsbedingungen und anhaltender
Massenerwerbslosigkeit sei eine Erhöhung des Regelrenten-
eintrittsalters auf 67 faktisch eine weitere Rentenkürzung.

Es sei somit nicht akzeptabel, das Renteneintrittsalter auf
67 Jahre zu erhöhen. Die Arbeits- und Lebenssituationen
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden immer
differenzierter. Anhaltend hohe Erwerbslosigkeit, verän-
derte Arbeitsbedingungen, gestiegene Anforderungen an
Weiterbildung, veränderte Arbeitsteilung innerhalb der Fa-
milie und unterschiedliche Lebensstile führten dazu, dass
immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer flexibel,
auch vor Vollendung des 65. Lebensjahres, in den Ruhe-
stand gehen wollen oder müssen. Deshalb sei es notwendig,
die bestehenden Altersteilzeitregelungen, insbesondere die
im Jahr 2009 auslaufende geförderte Altersteilzeit (ATZ),
fortzuführen und weiterzuentwickeln.

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, die aktuelle
Regelaltersrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres bei-
zubehalten und flexible Ausstiegsmöglichkeiten vor dem
65. Lebensjahr einzurichten bzw. zu erhalten. Dabei sollen
unter anderem die Altersteilzeitregelungen im Blockmodell
oder im Teilzeitmodell auch über den 1. Januar 2010 hinaus
fortgeführt und die Altersteilzeit aus Mitteln der Bundes-
agentur für Arbeit (BA) bei Stellenwiederbesetzung geför-
dert werden.

Zu Drucksache 16/4553

Nach dem Altersgrenzenanpassungsgesetz soll die Bundes-
regierung ab dem Jahr 2010 alle vier Jahre über die Beschäf-
tigungs- und Arbeitsmarktsituation älterer Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer berichten und eine Einschätzung
darüber abgeben, ob es bei der Anhebung der Regelalters-
grenze auf 67 Jahre bleiben kann.

Der Antrag fordert, dass der Deutsche Bundestag die vorge-
schlagene Bestandsprüfungsklausel mit dem Hinweis auf die
gegenwärtige gesetzliche Regelung ablehnt. Der Vorschlag
würde den Antragstellern zufolge einen klaren Rückschritt
gegenüber der im Jahr 2003 im Rahmen des RV-Nach-
haltigkeitsgesetzes eingeführten Berichtspflicht nach § 154
Abs. 4 SGB VI bedeuten. Hiernach soll vom Jahr 2008 an
alle vier Jahre zuerst über die Arbeitsmarkt- und Sozialver-
träglichkeit der Anhebung der Regelaltersgrenze berichtet
und anschließend auf Grundlage dieser Erkenntnisse eine
Entscheidung getroffen werden. Das Hinausschieben der
Berichtspflicht auf das Jahr 2010 und das Vorziehen der
eigentlich erst auf Grundlage dieses Berichts zu treffenden
Entscheidung machten deutlich, dass die gravierenden be-
schäftigungs- und arbeitsmarktpolitischen Bedenken gegen
die Rente ab 67 nicht hinreichend gewürdigt werden.

III.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Anträge der
Fraktion DIE LINKE. in seiner 58. Sitzung am 19. Septem-
ber 2007 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP sowie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. dem Deut-
schen Bundestag die Ablehnung der Drucksache 16/4552
empfohlen. Mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN hat er gleichfalls beschlossen, die Ableh-
nung des Antrags auf Drucksache 16/4553 zu empfehlen.

Die Fraktion der CDU/CSU wies darauf hin, dass die
zahlreichen Anträge der Fraktion DIE LINKE. alle das ein-
zige Ziel verfolgten, die Anhebung des Renteneintrittsalters
zu verhindern. Dabei würden auch völlig übertriebene
Behauptungen aufgestellt. Die Politik der Koalitionsfraktio-
nen sei auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtet. Dies
schließe auch ein, sich in jeder Hinsicht auf den demo-
graphischen Wandel einzustellen. Die Unterstellungen des
Antrags seien auch deshalb falsch, da die Politik der Koali-
tionsfraktionen der CDU/CSU und SPD bereits heute dazu
beigetragen habe, dass sich die Erwerbsquote der älteren
Arbeitnehmer deutlich nach oben entwickelt habe. Ange-
sichts der wirklichkeitsfremden Forderungen bleibe nichts
anderes übrig als die Anträge abzulehnen.

Die Fraktion der SPD unterstrich, dass frühere Frühver-
rentungsregelungen allzu oft von Unternehmen missbraucht
worden seien, um auf Kosten der Solidargemeinschaft per-
sonelle Strukturanpassungen vorzunehmen. Während man
sich so bequem älterer Arbeitnehmer entledigt habe, sei die
Einstellung junger Arbeitnehmer nur unzureichend vorge-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/6749

nommen worden. Man habe sich stattdessen generell das
Ziel gesetzt, die Beschäftigungsmöglichkeiten älterer Ar-
beitnehmer zu verbessern. Dazu gehöre auch, die Humani-
sierung der Arbeitsbedingungen wieder stärker ins Blickfeld
zu rücken. Die Frage sei nicht, wie man schneller in Rente
komme, sondern wie Arbeit so organisiert werden könne,
dass man dabei auch gesund bleibe. Die vorliegenden An-
träge böten auf diese Fragen keine Antworten und würden
dementsprechend abgelehnt. Außerdem ermögliche das gel-
tende Altersteilzeitgesetz auch über 2009 einen gleitenden
Übergang in den Ruhestand.

Die Fraktion der FDP hob hervor, dass die Frühverrentung
ein Irrweg gewesen sei, auch wenn man dafür eine Mitver-
antwortung trage. Früher als andere habe man jedoch erkannt,
dass dadurch lediglich ältere Menschen flächendeckend aus
dem Erwerbsleben gedrängt würden. Für die Fraktion der
FDP seien stattdessen flexiblere Ansätze notwendig. Arbeit-
nehmer müssten unter Berücksichtigung der erworbenen An-
wartschaften freier entscheiden können. Dazu gehörten durch
Wegfall von Hinzuverdienstgrenzen auch Kombinationen
von Erwerbseinkommen und Rentenbezug. Die Anträge der
Fraktion DIE LINKE. spiegelten das Denken von gestern
wider und würden daher abgelehnt.

Die Fraktion DIE LINKE. bekräftigte, dass sie eine Anhe-
bung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre für grundsätzlich

falsch hielten, da dies zu gravierenden sozialen Verwerfun-
gen führe. Abgesehen davon, dass bereits heute ein Großteil
der Arbeitnehmer aus Arbeitslosigkeit oder geringfügiger
Beschäftigung in die Phase des Rentenbezugs gehe, führe
die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters zu noch höheren
Abschlägen. Angesichts der realen Gegebenheiten sei es
dringend notwendig, die durch die Bundesagentur für
Arbeit geförderte Altersteilzeit über das Jahr 2009 hinaus
fortzuführen. Hinsichtlich des Antrags zur Berichtspflicht
weise man darauf hin, dass die bislang bestehenden Rege-
lungen weitergehender gewesen seien und die Neureglun-
gen bei Weitem unpräziser seien. Daher solle man zu den
früheren Regelungen zurückkehren.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betont, dass
sie die Verantwortung für die kommenden Generationen
ernst nähmen und auch als Oppositionsfraktion für die
Rente mit 67 einträten. Abgesehen davon, dass man schon
früher die Anreize zur massiven Frühverrentung kritisiert
habe, könne man es sich einfach nicht leisten, die Potentiale
älterer Arbeitnehmer zu verschwenden. Darüber hinaus
habe das Frühverrentungssystem enorme Folgekosten für
die aktiv Beschäftigten wie für die künftigen Generationen.
Deshalb lehne man den Antrag zur Altersteilzeit ab. Hin-
sichtlich des Antrages zur Bestandsprüfungsklausel enthalte
man sich der Stimme.

Berlin, den 9. Oktober 2007

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter

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