BT-Drucksache 16/6331

zu der zweiten Beratung des Antrags der Bundesregierung -Drucksache 16/6278, 16/6330 - Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte im Rahmen der "United Nations Interim Force in Lebanon" (UNIFIL) auf Grundlage der Resolutionen 1701 (2006) und 1773 (2007) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 11. August 2006 bzw. 24. August 2007

Vom 12. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6331
16. Wahlperiode 12. 09. 2007

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Elke Hoff, Dr. Karl Addicks,
Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Ulrike
Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Miriam
Gruß, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Detlef Parr, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Hermann
Otto Solms, Dr. Max Stadler, Florian Toncar, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

zu der zweiten Beratung des Antrags der Bundesregierung
– Drucksachen 16/6278, 16/6330 –

Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter Deutscher Streitkräfte im Rah-
men der „United Nations Interim Force in Lebanon“ (UNIFIL) auf
Grundlage der Resolutionen 1701 (2006) und 1773 (2007) des Sicher-
heitsrates der Vereinten Nationen vom 11. August 2006 bzw. 24. August
2007

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit fast einem Jahr ist die Deutsche Marine im Rahmen der Maritime Task
Force UNIFIL vor der Küste des Libanon im Einsatz. Ihr Auftrag besteht in der
Kontrolle der Seewege in diesem Bereich und der Verhinderung von Waffen-
schmuggel. Die von der Deutschen Marine geführte Maritime Task Force hat
bisher rund 9 000 Abfragen getätigt, aufgrund derer infolge von Verdachts-
momenten knapp 40 Schiffe durch libanesische Hafenbehörden näher unter-
sucht worden sind. In keinem Fall wurden geschmuggelte Waffen sichergestellt.
Die Deutsche Marine hat einen Auftrag erhalten, dessen Wirksamkeit aufgrund
mangelhafter Rahmenbedingungen von Beginn an zweifelhaft war. Im Rahmen
der ihnen gegebenen Möglichkeiten haben die Soldatinnen und Soldaten der
Bundeswehr ihren Auftrag professionell erfüllt.

Der Einsatz bewaffneter Streitkräfte ist jedoch das letzte Mittel, um ein politisch
motiviertes Ziel zu erreichen. Das politische Ziel des Einsatzes bewaffneter
Streitkräfte im Rahmen von UNIFIL ist es, eine ständige Waffenruhe zu erhalten
und zu einer langfristigen Lösung des Libanonkonflikts beizutragen. Dieses Ziel
ist nur zu erreichen, wenn der Libanon in die Lage versetzt wird, eigenständig
alle hoheitlichen Aufgaben wahrzunehmen. In diesem Zusammenhang wird die
bilaterale Hilfe der Bundesregierung an den Libanon zur Verbesserung der

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Grenzsicherung ausdrücklich begrüßt. Die internationale Hilfe sollte sich eben-
falls verstärkt hierauf konzentrieren.

Der Bericht des unabhängigen Expertenteams zur Einschätzung der Über-
wachung der libanesischen Grenze (LIBAT), den der Generalsekretär der Ver-
einten Nationen am 26. Juni 2007 veröffentlicht hat (2007/382), kommt u. a. zu
dem Ergebnis, „dass der gegenwärtige Stand der Grenzsicherheit nicht aus-
reiche, um Schmuggel, insbesondere Waffenschmuggel, auch nur ansatzweise
zu verhindern“. Ein derartiger Zustand ist nicht akzeptabel, da er die anerken-
nenswerten und auch erfolgreichen Bemühungen zur Krisenentschärfung der
UNIFIL-Soldaten zu See und an der Südgrenze des Libanon konterkariert.
Risikolose Waffenlieferungen auf kürzestem Landwege schließen einen risiko-
reicheren Schmuggel auf dem wesentlich längeren Seeweg aus. Daher kann das
Abfrage- und Überprüfungsergebnis der unter deutscher Führung operierenden
Maritime Task Force nicht überraschen.

Bereits vor der Mandatserteilung für die Teilnahme der Bundeswehr an UNIFIL
durch den Deutschen Bundestag am 20. September 2006 gab es Befürchtungen
bezüglich möglicher Zwischenfälle mit den israelischen Streitkräften. Nur we-
nige Wochen danach waren derartige Befürchtungen Realität. Glücklicherweise
kam es dabei nie zum Einsatz von Waffen. Obwohl seitens der israelischen Re-
gierung Ende 2006 versichert wurde, dass es zu keinen weiteren Zwischenfällen
kommen werde, und obwohl zwischenzeitlich die Möglichkeit einer schnellen
Kontaktaufnahme zwischen Israel und Deutschland eingerichtet worden war,
kam es im Frühjahr 2007 zu zwei weiteren Sicherheitsvorkommnissen.

In voller Anerkennung der Bemühungen von UNIFIL und der libanesischen
Regierung darf nicht verkannt werden, dass in den vergangenen zwölf Monaten
mit hoher Wahrscheinlichkeit eine umfangreiche Ergänzung oder sogar Auf-
stockung des Waffenarsenals der Hisbollah stattgefunden hat. Es ist zwar die
Waffenruhe eingehalten worden, von einem Schritt in Richtung langfristiger
Lösung des Libanonkonflikts kann aber noch nicht gesprochen werden. Es fehlt
an politischer Flankierung und politischen Perspektiven.

Der Libanon muss so stabilisiert werden, dass das Land ohne Einmischung
seiner Nachbarn die Sicherheit und Ordnung innerhalb seiner Grenzen gewähr-
leisten kann. Dazu braucht der Libanon umfassende Hilfe beim Wiederaufbau
seiner Infrastruktur. Im Laufe dieses Stabilisierungsprozesses muss alles unter-
nommen werden, um Waffenschmuggel jeder Art zu unterbinden.

Um unserer besonderen Verantwortung gegenüber Israel gerecht zu werden und
die konstruktive Zusammenarbeit mit den anderen Staaten im Nahen Osten zu
fördern, statt sie zu gefährden, sollte Deutschland einerseits den politischen
Friedensprozess forcieren und so zu einer dauerhaften Lösung beitragen, darü-
ber hinaus andererseits an führender Position humanitäre Hilfe und Wiederauf-
bauhilfe sowie Ausbildungs- und Ausrüstungshilfe für Grenzsicherungskräfte
und Polizei in der Konfliktregion, mit Schwerpunkt Libanon, leisten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Priorität auf die aktive Unterstützung des politischen Prozesses im Libanon
und der Region zu legen;

2. die Ausbildungs- und Ausrüstungshilfe für die libanesische Küstenwache
fortzuführen und auszubauen, um dem Libanon eine eigenständige seeseitige
Grenzsicherung zu ermöglichen;

3. die bereits jetzt erfolgreich praktizierte bilaterale Hilfe für den Libanon auf
dem Feld der landseitigen Grenzsicherung zu intensivieren;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6331

4. nach vorangehenden Gesprächen mit der libanesischen Regierung in der in-
ternationalen Gemeinschaft darauf hinzuwirken, schnell und ausreichend
Ausbildungs- und Ausrüstungshilfen für die libanesischen Grenzsicherungs-
kräfte bereitzustellen;

5. im internationalen Rahmen darauf zu drängen, die Aufstellung einer libane-
sischen mobilen Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Waffenschmuggels
massiv zu unterstützen;

6. nach Einvernehmen mit der libanesischen Regierung im Rahmen der Verein-
ten Nationen zu erwirken, dass möglichst bald eine eigenständige libane-
sische Grenzschutzbehörde geschaffen wird;

7. sich intensiv beim Aufbau einer solchen Grenzschutzbehörde einzubringen;

8. bei den Vereinten Nationen darauf zu drängen, dass die internationale Staa-
tengemeinschaft die libanesischen Grenzsicherungskräfte bei der Durch-
führung der Grenzüberwachung an der Ost- und Nordgrenze bis zur vollen
Funktionsfähigkeit der eigenen Grenzschutzbehörde im notwendigen Maße
unterstützt.

Berlin, den 10. September 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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