BT-Drucksache 16/6328

Einsatz von Handy-Wanzen

Vom 10. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6328
16. Wahlperiode 10. 09. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion DIE LINKE.

Einsatz von Handy-Wanzen

Wie „SPIEGEL ONLINE“ am 14. Juli 2007 berichtete, benutzt die deutsche
Polizei ferngesteuerte Handys, um Kriminelle abzuhören. Die Geräte würden
dazu so umprogrammiert, dass sie ausgeschaltet aussehen, in Wirklichkeit aber
Umgebungsgeräusche übertragen. Mehrere Landeskriminalämter setzten bereits
die Technik ein, bei der die Software der Mobiltelefone dazu so umprogram-
miert werde, dass die Freisprecheinrichtung aktiviert wird, ohne dass der Benut-
zer es merke. Das BKA, so ein Sprecher, verfüge ebenfalls über diese Fähigkei-
ten, wende sie laut „de.internet.com“ (14. Juli 2007) derzeit aber nicht an.

Im Zuge eines Prozesses gegen zwei mutmaßliche New Yorker Mafiosi wurde
bereits im letzten Jahr bekannt, dass das US-amerikanische FBI die Handys der
Angeklagten zu mobilen Wanzen umfunktioniert hatte, die auch dann noch ihren
Dienst taten, wenn die Geräte vermeintlich abgeschaltet waren (vgl.: „SPIEGEL
ONLINE“ vom 19. Dezember 2006). Laut „SPIEGEL-ONLINE“-Bericht seien
dabei Motorolas „Razr“ und ein Modell der 900er-Serie von Samsung zu Wan-
zen umgerüstet worden, wobei offensichtlich das sogenannte OTA (Over-The-
Air Programming) genutzt worden sei, das automatische Updates der Handysoft-
ware oder bestimmter Inhalte erlaubt.

Ziel des Einsatzes dieser Technik ist es also offensichtlich nicht primär, die
Telefongespräche des Handyträgers abzuhören, sondern das Mobiltelefon da-
rüber hinaus als tragbare Wanze zur mobilen Raumüberwachung und damit zum
Abhören einer unbegrenzten Zahl von Kontakten und Gesprächsteilnehmern
einzusetzen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Sicherheitsbehörden des Bundes einschließlich der Geheimdienste
setzen Mobiltelefone als Wanzen ein, und seit wann?

2. Auf welchen Rechtsgrundlagen erfolgten und erfolgen jeweils diese Maß-
nahmen?

3. Wer ordnet diese Art der polizeilichen und geheimdienstlichen Abhörmaß-
nahmen an, und wie werden diese kontrolliert?
4. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob in den einzelnen Bundeslän-
dern Mobiltelefone als Wanzen eingesetzt wurden und werden (wenn ja, bitte
nach Bundesländern, Dauer der Maßnahme, einsetzender Behörde und
Anlass aufschlüsseln)?

a) Wurden die Betroffenen nach Beendigung der Maßnahme über das Ab-
hören informiert?

Drucksache 16/6328 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
b) Besteht eine Rechtsgrundlage auf Informationspflicht gegenüber der ab-
hörenden Behörde?

c) Hören deutsche Sicherheitsbehörden auch EU-Ausländer und Dritt-
staatenangehörige ab?

Wenn ja, wie viele Personen waren/sind davon über welchen Zeitraum
betroffen, und erstreckt sich die Maßnahme ggf. auch über die deutschen
Grenzen hinaus?

5. Mit welcher Technik welcher Firmen werden die Handys als Wanzen ge-
nutzt?

6. Gibt es derzeit Programme im Bund und den Ländern zur Weiterentwick-
lung dieser Technik?

Wenn ja, welche Behörden und welche Firmen sind daran beteiligt, und in
welcher Höhe werden dabei Mittel aus den Bundeshaushalten 2005 bis 2008
eingesetzt?

7. Welche Mobiltelefonmodelle sind derzeit zum Einsatz als Wanze geeignet?

a) Arbeiten Mobiltelefonhersteller bei der Entwicklung von Handys, die als
Wanzen benutzt werden können, mit deutschen Sicherheitsbehörden zu-
sammen?

Wenn ja, welche Firmen sind dies?

b) Nutzen deutsche Sicherheitsbehörden Erkenntnisse aus der Zusammen-
arbeit von Mobiltelefonherstellern mit ausländischen Sicherheitskräften?

Wenn ja, von welchen?

8. Lassen sich mit dieser Technik auch andere auf dem Handy gespeicherte
Daten unbemerkt vom abgehörten Mobiltelefon abziehen, und wenn ja,
wurde und wird dies bereits praktiziert (bitte nach Datenart, Handymodell,
Behörde und Anzahl der Fälle aufschlüsseln)?

9. Wo und auf welcher Rechtsgrundlage wurden und werden die abgehörten
Gespräche und ggf. abgezapfte Daten wie lange gespeichert?

10. Sind der Bundesregierung Fälle nichtpolizeilicher Abhörmaßnahmen be-
kannt?

Wenn ja, welche?

11. Sind der Bundesregierung Möglichkeiten des Schutzes vor dieser Art des
Handymissbrauchs bekannt, und wenn ja, welche sind dies?

Berlin, den 5. September 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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