BT-Drucksache 16/6272

Sicherheit deutscher Atomkraftwerke sowie Sicherheitskultur der Atomkraftwerksbetreiber

Vom 24. August 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6272
16. Wahlperiode 24. 08. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, Bärbel Höhn,
Ulrike Höfken, Undine Kurth (Quedlinburg), Dr. Anton Hofreiter, Nicole Maisch,
Rainder Steenblock und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sicherheit deutscher Atomkraftwerke sowie Sicherheitskultur
der Atomkraftwerksbetreiber

Die Vorgänge rund um die Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel haben die
Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke und die Sicherheitskultur des Betrei-
bers Vattenfall erneut erheblich in Frage gestellt. Auch erscheint zweifelhaft, ob
die Aufsichtsbehörden in Bund und Land im vollen Umfang ihrer Aufsichts-
funktion nachgekommen sind.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Zählt die Bundesregierung die Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel zu
den „sichersten Atomkraftwerken der Welt“?

2. Lässt sich nach Auffassung der Bundesregierung eine Klassifizierung von
Atomkraftwerken als „die sichersten der Welt“ vornehmen, und wenn ja, auf
welcher wissenschaftlichen Grundlage?

3. Wie bewertet die Bundesregierung die Sicherheit der Atomkraftwerke Bruns-
büttel und Krümmel im Vergleich zu den neueren deutschen Siedewasser-
reaktoren der Baulinie 72 und zu den Druckwasserreaktoren der sogenannten
dritten und vierten Generation?

4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Vattenfall nicht geeignet sei,
Atomkraftwerke zu betreiben?

5. War aus Sicht der Bundesregierung Vattenfall am 28. Juni 2007 in der Lage,
Atomkraftwerke sicher zu betreiben?

6. Ist aus Sicht der Bundesregierung Vattenfall derzeit in der Lage, Atomkraft-
werke sicher zu betreiben, und wenn ja, gilt dies auch für die Beherrschung
von Krisensituationen wie umfassenden Störfällen, Sabotageakten oder An-
griffen auf die Kraftwerke?

7. Beabsichtigt die Bundesregierung die Beweislast dahingehend umzukehren,
dass die Atomkraftwerksbetreiber die Sicherheit ihrer Anlagen und eine aus-

reichende Sicherheitskultur sowie Fachkunde nachweisen müssen?

8. Falls ja, in welcher Form soll dies geschehen und welche Änderungen im
kerntechnischen Regelwerk und in der bisherigen Aufsichtspraxis würden
sich daraus ergeben?

Drucksache 16/6272 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

9. Gilt dies insbesondere bezüglich der Aussage des schleswig-hosteinischen
Staatssekretärs Dr. Hellmut Körner, dass fast alle Mängel der Kategorie K2
bereits am 6. September 2006 abgearbeitet worden sind?

10. Wie will die Bundesregierung die Atomaufsicht stärken?

11. Welche konkreten Auflagen wurden Vattenfall in jedem einzelnen Fall, der
zum Entzug der Betriebserlaubnis führen kann, zur Abhilfe auferlegt?

Welche Konsequenzen wurden für den Fall in Aussicht gestellt, dass die
Auflagen nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt würden?

12. Welche Fristen wurden Vattenfall dazu jeweils gesetzt, damit Vattenfall
nachbessern kann?

Wie ist der Stand der Abarbeitung?

13. Teilt die Bundesregierung die Aussagen, des schleswig-holsteinischen
Staatssekretärs Dr. Hellmut Körner, die dieser am 6. September 2006 im
Bundestagsausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur
„Mängelliste“ und zum Stand deren Abarbeitung insbesondere hinsichtlich
der offenen Fragen der Kategorie „K2“ getätigt hat?

14. Was hat die Bundesregierung unternommen und will sie unternehmen, um
die Zuverlässigkeit und Fachkunde Vattenfalls als Betreiber von Atomkraft-
werken sicherzustellen?

15. Berücksichtigt die Bundesregierung dabei auch den internen Bericht
Vattenfalls zum Atomkraftwerk (AKW) Forsmark?

16. Teilt die Bundesregierung die von Vattenfall in der Pressemitteilung vom
19. Juli 2007 vertretenen Behauptungen, dass Vattenfall keine – bewussten –
Fehlinformationen vorzuwerfen seien?

17. Falls ja, wie erklärt sich die Bundesregierung die Tatsache, dass Vattenfall
mehrfach Fehlinformationen gegeben hat und welche Schlüsse zieht die
Bundesregierung daraus für die Zuverlässigkeit Vattenfalls?

18. Welche Untersuchungsberichte der schwedischen Atomaufsichtsbehörde
SKI zu den Störfällen in schwedischen Atomkraftwerken im Allgemeinen
und Forsmark im Besonderen hat die deutsche Atomaufsicht ins Deutsche
übersetzen lassen, um daraus Erkenntnisse für die deutschen Atomkraft-
werke sowie über die Sicherheitskultur der Betreiber zu gewinnen?

19. Hat die deutsche Atomaufsicht diese Übersetzungen gegebenenfalls öffent-
lich gemacht bzw. beabsichtigt sie, dies zu tun, und wenn nicht, warum
nicht?

20. Sieht die Bundesregierung Parallelen in der Sicherheitskultur Vattenfalls in
Schweden und in Deutschland?

Konkrete Fragen zum Atomkraftwerk Krümmel

21. Welche Gründe gab es für die automatische Reaktorschnellabschaltung und
hätte diese auch bei einem auslegungsgemäßen Verhalten der Anlage statt-
gefunden?

22. Falls nein, wieso hat sich die Anlage nicht auslegungsgemäß verhalten?

23. Teilt die Bundesregierung die Bewertung, dass es sich um einen gravieren-
den Systemfehler handelt, wenn der Schalter zwischen brennendem Trans-
formator und Generator eingeschaltet bleibt?

24. Wenn ja, beabsichtigt die Bundesregierung daraus folgend, die gesamte

Eigenbedarfsversorgung auf Systemfehler hin zu untersuchen, sowie zu
prüfen, ob der Vorfall zu Schäden in der Stromversorgung geführt hat?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6272

25. Welche Fehler wurden in den letzten zehn Jahren bei Steuerungsprozessen
entdeckt?

26. Ist hinreichend geklärt, warum sich zwei Speisewasserpumpen gegenseitig
falsche Informationen geliefert haben, wodurch ein sicherheitsrelevanter
ungeplanter Druckverlust im Kühlsystem des Reaktors auftrat?

27. Wieso wurden die Ventile überhaupt per Hand geöffnet, obwohl sie sich in
den Minuten vorher schlossen, und öffneten sich die gleichen Ventile auto-
matisch und auslegungsgemäß?

28. Wie viele Personen haben sich zu Beginn des Brandes in der Leitwarte des
Atomkraftwerks Krümmel aufgehalten und aus welchem Grund befanden
sich diese dort?

29. Wie viele Personen hielten sich während des Störfalls im Reaktorgebäude
auf und wie viele gingen davon, zu welchem Zweck in die Leitwarte?

30. Waren unter den Personen auch welche, die nicht Mitarbeiter des Atom-
kraftwerkes sind?

31. Wussten nach Erkenntnissen der Bundesregierung der Schichtleiter und der
Reaktorfahrer zu jedem Zeitpunkt, was bei einem Störfall zu tun ist?

32. Ist die Luftversorgung des Reaktorleitstandes auch für den Fall sicher-
gestellt, dass es sowohl außerhalb als auch innerhalb des Reaktors zu
Bränden und umfassender Rauchentwicklung kommt?

33. Wieso hatte nur der Reaktorfahrer in der Leitwarte eine Atemschutzmaske
angezogen, obwohl auch die anderen Personen von den Rauchgasen Kennt-
nis genommen haben müssen?

34. Sind und waren die Löscheinrichtungen – darunter die Löschwassertanks –
aus Sicht der Bundesregierung ausreichend dimensioniert?

35. Falls nein, was veranlasst die Bundesregierung, um eine angemessene
Dimensionierung der Löscheinrichtungen zu garantieren?

36. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Kurzschluss und damit
der Brand durch geeignete Prävention hätte vermieden werden können?

37. Was tut die Bundesregierung dafür, dass die Brand-Prävention deutlich ver-
bessert wird?

38. Sind die Monitoringsysteme vor dem Hintergrund hinreichend überprüft
worden, dass es nach dem kurzen totalen Stromausfall (1,7 Sekunden – ein
für bestimmte Störfälle eingeplantes Ereignis) zu einem Teilversagen der
Anlagenüberwachung mit erheblichem Datenverlust kam und die genaue
Ursache noch unklar zu sein scheint?

Wenn ja, welche Erkenntnisse liegen hierzu vor?

39. War aus Sicht der Bundesregierung das Atomkraftwerk Krümmel am
28. Juni 2007 sicherheitstechnisch in einem guten Zustand?

40. Sind alle Alarmsituationen im Atomkraftwerk Krümmel mit allen Mit-
arbeitern hinreichend trainiert worden?

41. Ist aus Sicht der Bundesregierung das Personal in dem Atomkraftwerk
Krümmel ausreichend qualifiziert und trainiert, um das Atomkraftwerk
auch in Störfällen beherrschen zu können?

42. Wie bewertet die Bundesregierung die Sicherheitskultur und Fachkunde im
Atomkraftwerk Krümmel?

43. Sind am Atomkraftwerk Krümmel Nebelwerfer installiert?

Drucksache 16/6272 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

44. Falls nein, bis wann beabsichtigt der Betreiber diese zu installieren und was
tut die Bundesregierung, um die Installation beschleunigt durchführen zu
lassen?

45. Welche weiteren Maßnahmen hält die Bundesregierung für geeignet, um
einem Terroranschlag mit einem Flugzeug begegnen zu können, und sind
diese Maßnahmen in Krümmel bereits ergriffen worden?.

46. Kam es beim Bau des Reaktors oder beim Transport von Reaktorteilen zu
Beschädigungen unter anderem an Reaktorkernbestandteilen?

47. Liegt der Bundesregierung der IAEO (International Atomenergie Organisa-
tion)-Bericht von 1987 vor, in dem Krümmel im Vergleich zu anderen
Siedewasserreaktoren die höchste anlageninterne Kontaminierung attestiert
wurde?

Falls ja, stellt sie diesen Bericht der Öffentlichkeit zur Verfügung, wenn
nein, warum nicht?

48. Welche Ursachen sieht die Bundesregierung für diese Kontaminationen?

49. Kam es in dem Atomreaktor Krümmel schon vor, dass sich Brennelemente
gegenseitig beschädigt haben?

Falls ja, welche Parallelen zieht die Bundesregierung zu ähnlichen Vor-
fällen, im ehemaligen Atomkraftwerk Würgassen?

50. Welche Nutzungsdauer haben die Brennelemente im Atomkraftwerk
Krümmel im Vergleich zu anderen deutschen Siedewasserreaktoren?

51. Was sind aus Sicht der Bundesregierung die Ursachen des Reaktorbrandes?

52. Kann aus Sicht der Bundesregierung die Erhöhung der Anlagenleistung des
Atomkraftwerks Krümmel mit dazu beigetragen haben, dass der Transfor-
mator überlastet wurde und zu brennen anfing?

53. Welche Rolle kann das Alter des Transformators gespielt haben?

54. Welchen Einfluss können externe Spannungsschwankungen gespielt haben?

55. Welche weiteren Anlagenteile des Atomkraftwerks könnten durch die
Erhöhung der Leistung ebenfalls überbeansprucht werden?

56. Gab es beim Wechsel der Brennelemente in der Vergangenheit Pannen wie
Abstürze von Brennelementen, von Teilen von Brennelementen oder Zu-
sammenstöße von Brennelementen?

Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Teile davon noch auf dem
Boden liegen?

57. Ist die Qualität der betreffenden Dübel und deren korrekte Anbringung
relevant für die Fähigkeit des Atomkraftwerks Erschütterungen ohne
sicherheitsgefährdende Auswirkungen standzuhalten, die zum Beispiel in
Folge des Absturzes eines großen Flugzeuges entstehen können?

58. Welche der in Krümmel aufgetretenen Pannen hätten bei genügender
Prävention verhindert werden können, und welche der Pannen hätten nicht
verhindert werden können?

59. Gibt es Hinweise darauf, dass Vattenfall von den aufgetretenen Mängeln in
Krümmel bereits vorab Kenntnis hatte, deren Beseitigung aber entweder gar
nicht in Erwägung zog oder erst zu einem späteren Zeitpunkt beabsichtigte?

60. Liegen der Bundesregierung Hinweise vor, dass Nachrüstungen und prä-
ventive Maßnahmen aus Kostengründen nicht durchgeführt wurden, wie
dies in Schweden bei dem bekannt gewordenen internen Vattenfall-Papier

anhand der Erfahrung mit Forsmark belegt ist?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/6272

61. Wozu dient der Schornstein des Atomkraftwerks Krümmel?

Welche Gase werden darüber abgeleitet?

62. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das technische Eigenpersonal in
Krümmel in dem Jahrzehnt bis 2005 um über zehn Prozent reduziert wurde?

63. Falls ja, wie schätzt die Bundesregierung diese Entwicklung ein?

Könnte dies zu einer Unterbesetzung wichtiger Funktionen geführt haben,
und somit zu den deutlich gewordenen Mängeln beim Management der
Störfälle der letzten Zeit beigetragen haben?

64. Besteht mittlerweile vollständige Klarheit über Ausmaß und Ursachen des
Fehlverhaltens der Bedienungsmannschaft?

65. Liegen hierzu mittlerweile die notwendigen Informationen des Betreibers
zur vollständigen Zufriedenheit der Aufsichtsbehörde vor?

66. Hat aus Sicht der Bundesregierung die schleswig-holsteinische Sozial-
ministerin Dr. Gitta Trauernicht am 29. Juni 2007 sowohl korrekt und voll-
umfänglich über die ihr vorliegenden Informationen seitens Vattenfalls
berichtet als auch wahrheitsgemäß über den Zeitpunkt, seit wann ihr diese
Informationen über die Vorgänge vom 28. Juni 2007 im Atomkraftwerk
Krümmel vorlagen?

67. Welche Daten hat die Atomkraftwerk-Fernüberwachung direkt an das
Kieler Sozialministerium übermittelt?

Konkrete Fragen zum Atomkraftwerk Brunsbüttel

68. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass das Atomkraftwerk Bruns-
büttel abgeschaltet bleibt, bis sämtliche Mängel der Kategorie K2 der Liste
offener Punkte beseitigt sind, und falls nein, wieso nicht?

69. Hat die Bundesregierung prüfen lassen, ob Punkte der Kategorie K2 der
Liste offener Punkte möglicherweise falsch eingeordnet wurden?

Und wenn ja, zu welchen Erkenntnissen kam sie?

70. Wie bewertet die Bundesregierung, dass die Punkte der Kategorie K2 der
Liste offener Punkte per Definition zwar „kurzfristig zu beseitigen“ sind,
sich deren Beseitigung aber bereits seit Jahren hinzieht?

71. Beabsichtigt die Bundesregierung, in der gesamten Atomkraftanlage die
Steuerungen der Systeme zu überprüfen und fehlende redundante Absiche-
rungen in der Steuerung bzw. in der Signalgebung umgehend nachrüsten zu
lassen?

72. Ist die Luftversorgung des Reaktorleitstandes auch für den Fall sicher-
gestellt, dass es sowohl außerhalb als auch innerhalb des Reaktors zu
Bränden und umfassender Rauchentwicklung kommt?

73. Sind im Atomkraftwerk Brunsbüttel Nebelwerfer installiert?

74. Falls nein, bis wann beabsichtigt der Betreiber diese zu installieren und was
tut die Bundesregierung, um die Installation beschleunigt durchführen zu
lassen?

75. Für wie problematisch hält es die Bundesregierung, dass der kleinvolumige
und dünne Sicherheitsbehälter des Atomkraftwerks bei größeren Störfällen
durch Überdruck besonders leicht versagen könnte und bei einer Kern-
schmelze innerhalb von Minuten durchschmelzen würde?

76. Wo genau trat der Kurzschluss auf, hatte er Auswirkungen auf die Strom-

versorgung des Atomkraftwerks oder hätte er potenziell Auswirkungen
haben können?

Drucksache 16/6272 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

77. Wie weit ist die Stromversorgung des Atomkraftwerks von der Stelle des
Kurzschlusses entfernt?

78. Welches sind die Ursachen für den Kurzschluss in der Schaltanlage?

79. Hätte ein vergleichbarer Kurzschluss auch in der Stromversorgung des
Atomkraftwerks auftreten können?

80. Welche Leitungen, Bauteile usw. haben durch den Kurzschluss Schaden
genommen, und sind diese Untersuchungen abgeschlossen?

81. Warum ist bei der Reaktorabschaltung in Brunsbüttel der Steuerstab nicht
ganz eingefahren?

82. Wie wird sichergestellt, dass dieses nicht noch einmal passieren kann und
dann möglicherweise nicht noch mehr Steuerstäbe betroffen sind?

Sind die Steuerstäbe bzw. der Einfahrmechanismus seit dem Vorfall un-
tersucht worden, wenn ja, mit welcher Prüfmethode und mit welchem
Ergebnis?

83. Welche Probleme sind in der Turbine aufgetreten, als das Kraftwerk vom
Netz genommen und heruntergefahren wurde?

84. Waren diese Probleme aus Erfahrungen in Brunsbüttel oder aus anderen
Anlagen bekannt?

85. Hat es in den letzten Jahren in Brunsbüttel bereits Probleme mit der Tur-
bine gegeben?

86. Warum war die Schraube an einem Ventil der Pumpe nicht festgezogen,
sodass Öl aus einem Ventil der Turbine austreten und einen Schwelbrand
entzünden konnte?

87. Wann ist diese Schraube das letzte Mal überprüft, geschraubt, gewartet
worden?

88. Lag ein – alterungsbedingter – Materialfehler vor?

89. In welchem Umfang und welchen Zeitabständen werden Schrauben auf-
grund dieser Panne nun auf ordnungsgemäße Festigkeit überprüft?

90. Wann genau wurde der Schwelbrand im Bereich der Turbine bemerkt?

91. Wie ist der Brand entdeckt worden (visuelle Inspektion oder Brandmelde-
einrichtung)?

92. Sind in diesem Bereich Brandmelder oder Brandbekämpfungsanlagen in-
stalliert, wenn ja, haben diese auslegungsgemäß funktioniert?

93. In welcher Entfernung zum Brandort befinden sich in diesem Bereich
Kabelstränge oder andere Brandlasten?

94. Wo befinden sich die Abdeckungen, in denen Risse im Nachgang zum
Vorfall entdeckt wurden, und welchen Zweck erfüllen diese?

95. Wodurch haben sich die Risse erweitert?

96. Wodurch sind die Risse entstanden, und seit wann ist dieses bekannt?

97. Wann sollen diese Risse behoben werden?

98. Wie lang bzw. tief waren die Risse vor dem Ereignis am 28. Juni 2007, und
wie lang bzw. tief sind sie jetzt?

99. Was kann bei einem Versagen der Abdeckungen schlimmstenfalls passie-
ren?

100. Welche konkreten Mängel wurden vor dem Wiederanfahren behoben, und

welche Prüfmaßnahmen fanden statt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/6272

101. Welche weiteren Reparaturen bzw. Überprüfungen sind zu welchem Zeit-
punkt geplant?

102. Sind in Folge des Kurzschlusses am 28. Juni 2007 weitere Pannen auf-
getreten oder weitere Schäden entdeckt worden?

103. Wie weit sind die Umsetzungen des Sicherheitsmanagementsystems und
welche Erfahrungen konnten bisher gesammelt werden?

104. Wie bewertet die Bundesregierung die Störanfälligkeit bzw. die verhältnis-
mäßig hohe Anzahl an meldepflichtigen Ereignissen?

105. Wie bewertet die Bundesregierung die Sicherheitskultur und Fachkunde
im Atomkraftwerk Brunsbüttel?

106. Welche Rolle spielten die Ergebnisse der Untersuchungen der Gesellschaft
für Reaktorsicherheit (GRS) im Abwägungsprozess des Risikos des Wie-
deranfahrens angesichts der Tatsache, dass die GRS Ende letzten Jahres
eine Probabilistische Sicherheits-Analyse der Stufe 2 für die drei kleinen
Siedewasserreaktoren der Baulinie ‘69 (Brunsbüttel, Isar-1 und Philipps-
burg 1 mit dem Ergebnis durchführte, dass im Falle einer Kernschmelze
die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sei, dass das Containment versage?

107. Sind nach den Ergebnissen der Untersuchung der GRS die Katastrophen-
schutzpläne für die Umgebung von Brunsbüttel überprüft bzw. überarbei-
tet worden?

Wann ist dieses andernfalls das letzte Mal geschehen?

108. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass das technische Eigenpersonal
in Brunsbüttel in dem Jahrzehnt bis 2005 um über zehn Prozent reduziert
wurde?

109. Falls ja, wie schätzt sie diese Entwicklung ein?

Könnte dies zu einer Unterbesetzung wichtiger Funktionen geführt haben,
und somit zu den deutlich gewordenen Mängeln beim Management der
Störfälle der letzten Zeit beigetragen haben?

110. Wie kooperativ war der Betreiber hinsichtlich der Überprüfung von
Dübeln durch die Aufsichtsbehörde?

111. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass Vattenfall die am 1. Juli 2007
aufgetretenen Ereignisse nicht am 2. Juli 2007 der Aufsichtsbehörde mit-
teilte?

112. Wieso wurden erst über ein halbes Jahr nach Bekanntwerden der gravie-
renden Mängel der Dübel in den Atomkraftwerken Biblis A und Biblis B
die Dübel in Brunsbüttel untersucht?

Weitere Fragen zu Atomkraftwerken

113. Für welche Atomkraftwerke liegen Listen offener Mängel vor?

Wann wurden diese jeweils erstellt?

Bis wann sollen die Mängel jeweils abgearbeitet sein?

114. Befürwortet es die Bundesregierung, dass die aus den periodischen Sicher-
heitsüberprüfungen hervorgegangenen „Mängellisten“ der Öffentlichkeit
zur Verfügung stehen sollten?

115. Falls ja, was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um die Atomkraft-
werksbetreiber zu veranlassen, diese Listen zu veröffentlichen?

Drucksache 16/6272 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

116. Hat die Bundesregierung bereits mit allen Atomkraftwerksbetreibern
Gespräche geführt, um diese zu einer freiwilligen Veröffentlichung zu
bewegen?

117. Falls ja, wann und mit welchem Ergebnis?

Falls nein, warum nicht bzw. bis wann beabsichtigt sie dies zu tun?

118. Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, eine Veröffentlichung gesetz-
lich vorzuschreiben, und wenn ja, will sie diese nutzen?

119. Wie schätzt die Bundesregierung die Sicherheit des Containments der
Atomkraftwerke Isar-1 und Philippsburg 1 ein?

120. Beabsichtigt die Bundesregierung die gewonnen Erkenntnisse und Maß-
nahmen, die sich aus den Störfällen rund um Brunsbüttel und Krümmel
ergeben haben, auf alle anderen Atomkraftwerke zu übertragen und bei
jedem Atomkraftwerk für die Technik sowie für die Schulung der Mit-
arbeiter Konsequenzen zu ziehen?

121. Welche Maßnahmen sind konkret geplant?

122. Falls ja, was konkret tut sie, um diese Maßnahmen umzusetzen?

123. Wann sollen diese Maßnahmen jeweils beginnen, und wann sollen sie
abgeschlossen sein?

124. Falls nein, wieso nicht?

125. Wie ist der Stand der Abarbeitungen der einzelnen Mängellisten sämt-
licher deutscher Atomkraftwerke – vor allem hinsichtlich der Mängel der
Kategorien K1 und K2?

126. In welchen deutschen Atomkraftwerken gab es wann Wasserstoffexplo-
sionen?

127. Wurde nach bekanntgewordenen Wasserstoffexplosionen in deutschen
oder ausländischen Atomkraftwerken in allen deutschen Atomkraftwer-
ken Schlussfolgerungen gezogen und im erforderlichen Maße in allen An-
lagenbereichen Vorsorge getroffen?

128. Wieso reichten die Erfahrungen aus anderen Atomkraftwerken und die
Veränderungen in Brunsbüttel nicht aus, die Wasserstoffexplosionen in
Brunsbüttel von 1999 und 2001 zu verhindern?

129. Gibt es ein Papier der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) vom Mai
2002 in dem die Gutachter darauf hinweisen, dass der Betreiber des Atom-
kraftwerks Brunsbüttel und die Behörde bereits wiederholt – und zuletzt
am 31. Mai 2000 anlässlich der Explosion vom 17. September 1999 – of-
fiziell auf die Problematik möglicher Wasserstoffexplosionen hingewiesen
worden seien?

130. Besteht aus Sicht der Bundesregierung die Gefahr, dass es bei Spülungen,
die dem Zweck dienen, Wasserstoffansammlungen zu beseitigen, zur Zün-
dung des Wasserstoffs und somit zur Explosion kommen kann?

131. Waren aus Sicht der Bundesregierung die Atomkraftwerke Biblis A und
Biblis B vor dem Zeitpunkt ihrer Stilllegung wegen fehlerhafter Dübel
sicher – auch hinsichtlich der Möglichkeit von Erdbeben sowie von Ter-
rorangriffe etwa durch große Flugzeuge (sogenannte EVA-Ereignisse –
Einwirkung von außen)?

132. Falls ja, wieso sind diese seitdem stillgelegt?

133. Falls nein, zieht die Bundesregierung daraus Schlüsse über die grundsätz-

liche Sicherheit?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/6272

134. Bei welchen Atomkraftwerken wurde bis jetzt keine vollständige Über-
prüfung der sicherheitsrelevanten Dübel durchgeführt?

135. Bis wann sollen alle sicherheitsrelevanten Dübel in sämtlichen Atomkraft-
werken überprüft worden sein?

136. Gibt oder gab es im Atomkraftwerk Gundremmingen B Hinweise, dass
undichte Brennelemente nicht entdeckt oder sogar verschwiegen wurden?

137. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung Unterschiede in der Sicherheit ein-
zelner Atomkraftwerke in Deutschland oder sind aus Sicht der Bundes-
regierung alle Atomkraftwerke gleich „sicher“?

138. Umfasst der Begriff des Restrisikos aus Sicht der Bundesregierung auch
die Gefahr terroristischer Anschläge?

139. Wurde die Vernebelung von Atomkraftwerken bereits getestet?

140. Falls ja, bei welchen Atomkraftwerken und bei welchen Windstärken?

141. Ist es vorgesehen, sämtliche Atomkraftwerke mit Nebelwerfern auszustat-
ten?

Falls ja, bis wann?

142. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass in zwölf deutschen Atomkraft-
werken ein erhöhtes Risiko für gefährliche Brände im Reaktorgebäude in-
nerhalb des Containments (Sicherheitsbehälter) besteht, weil sich dort un-
günstigerweise große Ölbehälter befinden um die Hauptkühlmittelpumpen
zu schmieren, die den Primärkreislauf der Atomkraftwerke umwälzten?

143. Falls ja, wie schätzt die Bundesregierung die Anordnung dieser Ölinven-
tare innerhalb des Containments aus brandschutztechnischer Sicht ein?

144. Für welchen Zeitraum nach Inbetriebnahme der Atomkraftwerke stehen
die „Voreil-Proben“ zur Überprüfung der Versprödung der Reaktordruck-
behälterwände zur Verfügung?

145. Beabsichtigt die Bundesregierung in allen Atomkraftwerken Videoüber-
wachungen für die Leitstände einzuführen?

146. Falls nein, wieso nicht?

147. Falls ja, bis wann, und wer kontrolliert die Aufzeichnungen?

Fragen zur Energieversorgungssicherheit

148. Wie viele der 17 in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke waren am
Abend des 28. Juni 2007 in Deutschland nicht in Betrieb, und wie viele am
20. Juli 2007 und am 24. Juli 2007?

149. Wer trägt die Kosten für die Regelenergie?

150. Wurde die Stromqualität oder die Energieversorgungssicherheit durch den
Wegfall der Kapazitäten über den augenblicklichen Zeitpunkt des Weg-
falls hinaus beeinträchtigt?

151. Falls ja, wie, falls nein, wieso nicht?

152. Geht die Bundesregierung davon aus, dass Probleme in der Energieversor-
gung entstünden, wenn eine vergleichsweise große Anzahl von Atom-
kraftwerken in den nächsten Jahren im Rahmen des bestehenden Atom-
gesetzes vom Netz genommen würden?

Drucksache 16/6272 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

153. Wie bewertet die Bundesregierung Überlegungen, die Laufzeit von älteren
Reaktoren auf jüngere Reaktoren zu übertragen, angesichts der Auf-
fassung des für die Reaktoraufsicht zuständigen Bundesministers für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel, dass ältere
Reaktoren weniger sicher seien als jüngere Reaktoren?

Berlin, den 24. August 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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