BT-Drucksache 16/627

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/396- Vorverlegung des Fälligkeitstermins für Sozialabgaben rückgängig machen und strukturelle Reformen in der Rentenversicherung einleiten

Vom 10. Februar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/627
16. Wahlperiode 10. 02. 2006

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Heinz-Peter Haustein, Birgit
Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/396 –

Vorverlegung des Fälligkeitstermins für Sozialabgaben rückgängig machen und
strukturelle Reformen in der Rentenversicherung einleiten

A. Problem

Die Vorverlegung des Fälligkeitstermins in der Sozialversicherung verursacht
gesamtwirtschaftliche Schäden, indem den Unternehmen durch einen 13. Sozial-
abgabenbeitrag im Jahr 2006 über 20 Mrd. Euro an Liquidität entzogen werden
und viele Unternehmen den vorgezogenen Zahlungstermin nur durch zusätzliche
Kreditaufnahme finanzieren können. Außerdem werden den Unternehmen zu-
sätzliche Bürokratiekosten auferlegt und auf verfassungsrechtlich bedenkliche
Weise in das Eigentum der Unternehmer eingegriffen.

B. Lösung

Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Fälligkeitszeitpunkt für Sozial-
abgaben auf den gesetzlichen Stand vom 31. Dezember 2005 zurückzuverlegen
und die Defizite der Rentenversicherung durch strukturelle Reformen zu be-
seitigen.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP

C. Alternativen

Keine
D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/627 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag – Drucksache 16/396 – abzulehnen.

Berlin, den 8. Februar 2006

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Vorsitzender

Katja Kipping
Berichterstatterin

termine der Löhne zu legen, sei verfassungsrechtlich gegen das größere Übel – eine Erhöhung des Versicherungs-

bedenklich. Es handele sich hier um einen nicht erforder-
lichen Eingriff in das Eigentum der Unternehmer nach Arti-
kel 14 des Grundgesetzes. Um die Existenz der Sozial- und

beitrages – habe abwägen müssen. Allerdings sei sie weniger
optimistisch als die Bundesregierung, was die Kompensation
der Erhöhung des Rentenversicherungsbeitrages ab 1. Januar
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/627

Bericht der Abgeordneten Katja Kipping

I. Überweisungen und Voten der mitberatenden
Ausschüsse

Der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/396
ist in der 14. Sitzung des Deutschen Bundestages am
26. Januar 2006 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales
zur federführenden Beratung und den Haushaltsausschuss,
den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie
den Ausschuss für Gesundheit zur Mitberatung überwiesen
worden.

Der Haushaltsausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie, der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend und der Ausschuss für Gesundheit
haben die Vorlage in ihren Sitzungen am 8. Februar 2006 be-
raten und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP empfohlen, den Antrag ab-
zulehnen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In ihrem Antrag fordert die Fraktion der FDP die Bundes-
regierung auf, die Vorverlegung des Fälligkeitstermins für
Sozialabgaben wieder rückgängig zu machen und stattdes-
sen strukturelle Reformen zur Konsolidierung der Renten-
versicherung einzuleiten. Im letzten Jahr hätten die Fraktio-
nen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
beschlossen, den Fälligkeitstermin von 2006 an um bis zu
20 Tage vom 15. des Folgemonats der Lohnauszahlung auf
den drittletzten Bankarbeitstag des Monats vorzuverlegen,
in dem die Löhne ausgezahlt werden. Dadurch würden den
sozialen Sicherungssystemen etwa 20 Mrd. Euro zuflie-
ßen. Allein die Rentenversicherung habe schätzungsweise
9,6 Mrd. Euro Mehreinnahmen in diesem Jahr. Den Unter-
nehmen würden durch einen 13. Sozialabgabenbeitrag in
diesem Jahr über 20 Mrd. Euro an Liquidität entzogen. Fer-
ner würden ihnen dauerhafte Zinsbelastungen in Höhe von
etwa 2 Mrd. Euro aufgebürdet. Viele Unternehmen könnten
den vorgezogenen Zahlungstermin nur durch eine zusätz-
liche Kreditaufnahme finanzieren, für die eine Zinsbelas-
tung von 10 Prozent angenommen werden müsse. Als Folge
sei mit Tausenden von Insolvenzen, einem Investitionsrück-
gang und einem weiteren Abbau der sozialversicherungs-
pflichtigen Beschäftigung zu rechnen. Die Gesamtbelastun-
gen der Unternehmen in Höhe von über 22 Mrd. Euro in
diesem Jahr stünden somit den Bemühungen der Regierung
entgegen, die Binnennachfrage zu beleben und die Investi-
tionstätigkeit anzuregen. Die Fraktion der FDP argumen-
tiert weiter, die Vorverlegung der Fälligkeit auf den dritt-
letzten Bankarbeitstag und damit vor die Auszahlungs-

Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.

III. Beratungen und Abstimmungsergebnis
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung
der Vorlage in seiner 9. Sitzung am 8. Februar 2006 auf-
genommen und abgeschlossen.

Die Fraktion der FDP betonte, dass der Unmut der von der
Verlegung des Fälligkeitstermins in der Sozialversicherung
besonders betroffenen mittelständischen Unternehmen groß
sei; ihr Antrag bleibe also topaktuell. Zur Begründung sei im
Wesentlichen anzuführen, dass es mildere Mittel gegeben
hätte, um die Existenz der Rentenkasse zu sichern. Man hätte
nicht die Unternehmen 2006 mit einem Liquiditätsverlust
von über 20 Mrd. Euro belasten müssen, dem noch die zu-
sätzliche Zinsbelastung von etwa 2 Mrd. Euro hinzugerech-
net werden müsse. Zudem verursache die Vorverlegung der
Sozialabgaben erhebliche Bürokratiekosten, denn in der Pra-
xis handele es sich um ein komplexes Verfahren, das nicht
mit der einfachen Fortführung der Berechnungen erledigt
sei.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD hoben hervor,
dass es dem Antrag an Alternativvorschlägen mangele, wie
die Defizite in der gesetzlichen Rentenversicherung in den
Jahren 2005 und 2006 abzufangen seien, ohne Renten-
beitragserhöhungen zu beschließen. An den von der Fraktion
der FDP geforderten Strukturreformen arbeite die Bundes-
regierung, wie die Ankündigung der langfristigen Anhebung
der gesetzlichen Regelaltersgrenze gezeigt habe; für kurz-
fristige Liquiditätsprobleme könnten aber keine strukturel-
len Veränderungen vorgenommen werden, da diese nur lang-
fristig wirkten. Eine Erhöhung der Rentenversicherungsbei-
träge wäre unverantwortlich gewesen; wenn die Fraktion der
FDP dies wolle, hätte sie damit ja den Bundestagswahlkampf
bestreiten können.

Die Fraktion DIE LINKE. machte deutlich, dass sie den
vorliegenden Antrag ebenfalls ablehne, weil das Begehren
und seine Begründung falsch seien. Die Vorverlegung des
Fälligkeitstermins für Sozialabgaben korrigiere letztlich die
bisherige Praxis, die einen Liquiditätsentzug bei der Sozial-
versicherung bedeutet habe. Die im Antrag enthaltene For-
derung nach strukturellen Reformen sei derart unbestimmt,
dass man an dieser Stelle keine Grundsatzdebatte über die
Sozialversicherungssysteme führen wolle.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begründete ihre
Ablehnung des Antrags insbesondere damit, dass man das
kleinere Übel – das Vorverlegen des Fälligkeitstermins –
vor allem der Rentenkasse zu sichern, gebe es mildere Mit-
tel, so die Fraktion.

2007 durch die Absenkung des Beitragssatzes zur Arbeits-
losenversicherung angehe.

Drucksache 16/627 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Im Ergebnis der Beratungen hat der Ausschuss mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP beschlossen, dem Deutschen Bundestag die
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/396 zu empfeh-
len.

Berlin, den 8. Februar 2006

Katja Kipping
Berichterstatterin

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