BT-Drucksache 16/6058

Betäubungs- und arzneimittelrechtlicher Behandlungen von Salvia divinorum (Salbei) und anderen biogenen Drogen

Vom 10. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6058
16. Wahlperiode 10. 07. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Anna Lührmann, Elisabeth
Scharfenberg, Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Betäubungs- und arzneimittelrechtliche Behandlung von Salvia divinorum (Salbei)
und anderen biogenen Drogen

Der Gebrauch von Naturdrogen stellt nach Medienberichten ein auch in Deutsch-
land verbreitetes Phänomen dar. Über genaue Konsumzahlen und Prävalenzraten
liegen bislang keine Erkenntnisse vor. Dies gilt auch für Salvia divinorum (Zau-
bersalbei).

Salvia divinorum ist eine in Mexiko heimische Pflanze, aus der seit Jahrtausen-
den psychoaktive Zubereitungen für den rituellen Gebrauch hergestellt werden.
Medienberichten zufolge wird diese Pflanze auch in Europa und Nordamerika
vor allem von jungen Erwachsenen konsumiert.

Inzwischen gibt es Gerichtsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Arznei-
mittelgesetz gegen mehrere Personen, die Salvia divinorum nach Deutschland
eingeführt haben. Dabei geht es insbesondere um die Frage der möglicherweise
willkürlichen Definition von Salvia divinorum als Arzneimittel sowie um die
Frage, welche nationalen und europäischen Vorschriften zur Abgrenzung ange-
wendet werden. Umstritten ist auch, ob Salvia divinorum überhaupt eine phar-
makologische Wirkung besitzt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Konsumen-
tinnen und Konsumenten biogener Drogen in Deutschland (bitte nach Prä-
valenzraten darstellen)?

Wenn die Bundesregierung keine Kenntnisse dazu hat, beabsichtigt sie ge-
gebenenfalls entsprechende Erhebungen zu veranlassen?

b) Welche Erkenntnisse über die Struktur (soziodemographischen Daten) der
Konsumentenkreise von biogenen Drogen hat die Bundesregierung?

c) Welche Möglichkeiten existieren nach Kenntnis der Bundesregierung ins-
besondere für Jugendliche, sich über die Konsumrisiken von biogenen
Drogen zu informieren, und existieren hierzu spezifische Präventions-
medien und suchtpräventive Interventionsangebote zum Beispiel seitens
der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)?

2. a) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Lebenszeitpräva-
lenz, die Jahresprävalenz und die Monatsprävalenz des Konsums von Sal-
via divinorum?

Drucksache 16/6058 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Existieren Erhebungen zu den Konsummustern des Konsums von Salvia
divinorum in Deutschland?

c) Welche Informationen besitzt die Bundesregierung bezüglich der Bezugs-
quellen für Produkte auf Basis von Salvia divinorum in Deutschland?

3. a) Sind der Bundesregierung Konsumrisiken beim Konsum von Salvia divi-
norum bekannt?

Wenn ja, ist eine toxische oder letale Dosis von Salvia divinorum oder sei-
nen Inhaltsstoffen festgestellt worden?

b) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Fälle von gesundheit-
lichen Schädigungen im Zusammenhang mit dem Konsum von Salvia
divinorum in Deutschland?

c) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über von Salvia divinorum
abhängige Konsumentinnen und Konsumenten?

Wenn sie welche hat, wurde bereits ein Therapiebedarf festgestellt?

d) Wie hoch wird das Abhängigkeitsrisiko beim Konsum von Salvia divino-
rum seitens der Bundesregierung eingeschätzt?

4. Wie viele Pflanzenarten mit psychoaktiven Inhaltsstoffen sind der Bundes-
regierung bekannt, die nicht dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterstellt
sind, und wie viele davon entstammen der einheimischen Pflanzenwelt?

5. a) Wie und wo ist der Genussmittelbegriff definiert?

b) Welche nationalen und europäischen Rechtsvorschriften kommen bei der
Abgrenzung von Lebensmitteln einschließlich der Genussmittel von den
Arzneimitteln zur Anwendung?

c) Wie lautet die derzeit gültige Definition des Lebensmittelbegriffs, und auf
welche europäische Rechtsvorschrift wird dabei Bezug genommen?

d) Welche Produktkategorien sind vom Lebensmittelbegriff explizit ausge-
schlossen?

e) Welche Arzneimitteldefinition (§ 2 Arzneimittelgesetz oder europäische)
ist bei der Abgrenzung der Lebensmittel von den Arzneimitteln in Zwei-
felsfällen auch von deutschen Gerichten anzuwenden?

f) Ist der Begriff des „Rauschmittels“ in nationalen Rechtsvorschriften be-
stimmt?

Wenn ja, wie und wo wird der Begriff „Rauschmittel“ definiert?

g) Wie lässt sich nach Auffassung der Bundesregierung der Begriff des
„Rauschmittels“ von dem Begriff des Betäubungsmittels, des Arzneimit-
tels und des Genussmittels abgrenzen?

6. a) Wie ist nach Auffassung der Bundesregierung die toxikologische Wirkung
in Abgrenzung zur pharmakologischen Wirkung definiert?

b) Welche Rolle spielt die toxikologische Wirkung bei der Beurteilung des
Produktstatus bzw. des Vertriebsstatus (u. a. Verkehrsfähigkeit) eines bio-
logisch wirksamen Produktes?

7. a) Ist die Bundesregierung der Empfehlung des Sachverständigen-Ausschus-
ses für Apothekenpflicht nach § 53 Arzneimittelgesetz (AMG) nachge-
kommen und hat Salvia divinorum der Apothekenpflicht unterstellt?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6058

b) Wurde seitens des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte
(BfArM) eine arzneiliche Zweckbestimmung von Salvia divinorum fest-
gestellt, wenn ja, worin liegt diese begründet?

8. a) Gibt es ein Prüfverfahren zur Aufnahme von Salvia divinorum in eine
Anlage des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG)?

Wenn ja, in welchem Stadium befindet es sich, und in welche Anlage des
BtMG soll Salvia divinorum aufgenommen werden?

b) Gibt es bezüglich des Prüfverfahrens zu Salvia divinorum ein wissen-
schaftliches Gutachten?

Wenn ja, wie werden darin die Konsumrisiken durch Salvia divinorum
bewertet?

c) Welche Sachverständigen werden vor der Entscheidung nach § 1 Abs. 2
des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) über die Unterstellung von Salvia
divinorum unter das BtMG angehört, und nach welchen Kriterien werden
diese ausgewählt?

d) Hat sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in der
Vergangenheit gegen eine Unterstellung von Salvia divinorum unter das
BtMG ausgesprochen?

Wenn ja, mit welcher Begründung?

e) Welche Tatsachen können nach Ansicht der Bundesregierung eine Unter-
stellung von Salvia divinorum unter das BtMG begründen?

9. Welchen Produktstatus besitzen nach Auffassung der Bundesregierung Pro-
dukte auf Basis von Salvia divinorum?

10. a) Welche eigenen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Strafverfah-
ren gegen Personen, die Salvia divinorum in Deutschland in den Verkehr
gebracht haben?

b) Hat die Bundesregierung oder haben ihr nachgeordnete Behörden in
diesem Zusammenhang Stellungnahmen zum Produktstatus von Salvia
divinorum abgegeben?

Wenn ja, mit welchem Inhalt?

11. a) Gibt es nach Auffassung der Bundesregierung auf der Grundlage der evi-
denzbasierten Medizin Anwendungsmöglichkeiten von Salvia divino-
rum als Arzneimittel?

b) Bei welchen medizinischen Indikationen kommen Produkte auf Basis
von Salvia divinorum zur Anwendung?

c) Existieren in der Bundesrepublik Deutschland Fertigarzneimittel auf
Basis von Salvia divinorum?

Berlin, den 10. Juli 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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