BT-Drucksache 16/6051

Waffenfunde bei Rechtsextremen

Vom 9. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6051
16. Wahlperiode 09. 07. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Kersten Naumann, Sevim Dag˘delen
und der Fraktion DIE LINKE.

Waffenfunde bei Rechtsextremen

Umfangreiche Sprengstofffunde bei der neonazistischen Kameradschaft Süd
und konkrete Pläne für einen Anschlag auf die Grundsteinlegung des jüdischen
Gemeindezentrums in München machten im Jahr 2003 die Gefahr des Rechts-
terrorismus erneut drastisch deutlich. Auch nach der Verhaftung und Verur-
teilung der Münchner Neonazis kam es in den letzten Jahren bundesweit immer
wieder zu Waffenfunden bei Rechtsextremen. So stellte die Polizei bei Razzien
gegen Rechtsextreme im niedersächsisch-westfälischen Grenzgebiet am
26. April 2007 neben Gewehren und Schlagwaffen auch Photos von Wehrsport-
übungen in einem paramilitärischen Sommercamp sicher. Die Bilder zeigten
auch Scheinhinrichtungen (http://www.redok.de/content/view/650/36/).

Derartige Wehrsportübungen veranstaltet laut einem Bericht des 3Sat-Magazins
Kulturzeit insbesondere auch die Heimattreue Deutsche Jugend HDJ (http://
www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/109039/index.html).

Ende November letzten Jahres fand die bayerische Polizei bei der Durch-
suchung von 15 Gebäuden im Raum Rosenheim 55 Kurz- und Langwaffen, dar-
unter Maschinengewehre (http://www.focus.de/politik/deutschland/razzia_nid_
40098.html). In Nordhessen stellte die Polizei nach einem brutalen Neonazi-
überfall auf den Vorsitzenden eines Jugendclubs und dessen Begleiter in den
Wohnungen mehrerer Rechtsextremisten Schreckschusspistolen, Messer, Schlag-
stöcke, Pfefferspray sowie Sturmhauben sicher (http://www.hr-online.de/
website/fernsehen/sendungen/index.jsp?rubrik=3058&key=standard_document_
29102682&msg=15662).

Immer häufiger kommt es zu Anschlägen gegen Büros, Autos und Wohnungen
linker Politiker. Bereits zum vierten Mal gab es am 17. Mai 2007 im thüringi-
schen Apolda einen Anschlag auf die Firma einer Stadträtin der Linkspartei, die
sich im Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus Weimarer Land engagiert.
Name und Adresse der Politikerin tauchten zuvor auf einem Flugblatt der neo-
nazistischen Kameradschaft Apolda mit der Aufforderung auf, ihr die Meinung
persönlich zu sagen (http://jena.antifa.net/?cat=17).

Ein Brandanschlag auf die Kreisgeschäftsstelle der Linkspartei im brandenbur-

gischen Oranienburg wurde Anfang Juni durch einen wachsamen Spaziergänger
verhindert. Der Initiator des Anschlages war ein polizeibekannter Rechtsextre-
mist (http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10948567/62249/).

Anfang Juni brannte der Wagen der Stadträtin Ina Korntreff im sachsen-an-
haltinischen Wolfen nach einem Anschlag aus. Mitte April war bereits im Haus-
flur der Stadträtin ein „Scheiterhaufen“ aus Wahlplakaten entzündet worden
(http://www.mlpd.de/zweiter-brandanschlag-auf-mlpd-stadtratin-ina-korntreff/).

Drucksache 16/6051 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Auch auf das Wahlkreisbüro der Bundestagsabgeordneten Kersten Naumann
wurde am 31. März 2007 von Anhängern der rechten Szene in Bad Franken-
hausen ein Anschlag verübt, so dass die Schaufensterscheibe zu Bruch ging. Die
Polizei bestreitet dies, obwohl Zeugen und Aufkleber mit rechtem Inhalt die Tat
belegen (Thüringer Allgemeine, 3. April 2007). Bereits zum zweiten Mal inner-
halb von zwei Monaten schmissen in der Nacht zum 22. Mai Rechtsextreme die
Fenster des Wahlkreisbüros der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke in Dort-
mund ein (http://www.ulla-jelpke.de/news_detail.php?newsid=516).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Waffenfunde gab es in den letzten fünf Jahren bei Rechtsextremis-
ten und Neonazis (bitte nach Fundort und Art der Waffen aufschlüsseln)?

2. Bei welchen rechtsextremen Gruppierungen bzw. Spektren kam es zu Waf-
fenfunden bzw. sieht die Bundesregierung einen Trend zur Bewaffnung
(z. B. Kameradschaften, NPD, Naziskinheads)?

3. Zu welchen Zwecken dienten diese Waffen nach Erkenntnissen der Bundes-
regierung (z. B. Anschlagsvorbereitung, Selbstschutz, Statussymbole)?

4. Bei wie vielen Überfällen von Rechtsextremisten kamen Waffen zum Ein-
satz und welcher Art waren diese Waffen?

5. Wie viele Verstöße gegen das Waffengesetz durch Rechtsextreme innerhalb
der letzten fünf Jahre sind der Bundesregierung bekannt?

6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Verwicklung von
Neonazis und Rechtsextremisten in den Waffenhandel?

7. Wie viele Funktionäre und Mandatsträger der NPD haben nach Erkenntnis-
sen der Bundesregierung einen Waffenschein?

8. Welche Erkenntnisse gibt es über Waffenbesitz oder Waffenfunde bei Mit-
gliedern der Heimattreuen Deutschen Jugend?

9. Inwieweit sieht die Bundesregierung einen Trend der rechtsextremen Szene
zur Bewaffnung?

10. Wie viele und welche Brandanschläge und sonstige gewaltsamen Aktionen
mutmaßlicher Rechtsextremisten auf Büros, Wohnungen und Fahrzeuge in
den letzten fünf Jahren sind der Bundesregierung bekannt?

a) Welcher Schaden entstand bei diesen Anschlägen?

b) In wie vielen Fällen kamen durch solche Anschläge Menschen zu Scha-
den bzw. war eine Gefährdung nicht auszuschließen?

c) Wie viele und wie oft waren NPD-Mitglieder in solche Anschläge ver-
wickelt?

11. Inwieweit hält die Bundesregierung Brandanschläge und sonstige Gewalt-
taten gegen politische Gegner für eine generelle Strategie der rechtsextre-
men Szene?

12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Teilnahme deutscher
Rechtsextremisten an Wehrsportübungen oder paramilitärischen Camps im
In- und Ausland?

a) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Teilnahme von
Mitgliedern der Heimattreuen Deutschen Jugend an Wehrsportübungen
oder Wehrsportcamps?

b) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Teilnahme von
NPD-Mitgliedern an Wehrsportübungen oder Wehrsportcamps?
c) Gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung eine Kooperation zwi-
schen NPD und Heimattreuer Deutscher Jugend im Bereich Wehrsport?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6051

13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine Vernetzung deut-
scher Rechtsextremisten mit ausländischen Gruppierungen bei der Waffen-
beschaffung und dem Wehrsporttraining?

14. Falls die Bundesregierung zu den vorangegangenen Fragen keine Erkennt-
nisse hat: Teilt sie die Ansicht der Fragesteller, dass Waffenfunde bei
Rechtsextremisten eine Angelegenheit sind, die über die Zuständigkeit der
Landesbehörden weit hinausgeht und von der Bundesregierung genauestens
registriert werden müssen, und welche Konsequenzen will sie ziehen?

15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2000 über die
Herausbildung rechtsterroristischer Strukturen in Deutschland?

16. Welche weiteren Maßnahmen will die Bundesregierung treffen, um dieser
Gefahr des Rechtsterrorismus zu begegnen?

Berlin, den 6. Juli 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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