BT-Drucksache 16/6013

zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/4486- Bildungszugang von Kindern und Jugendlichen stärken - Finanzierung von Schüler- und Schülerinnenbeförderung im SGB II ermöglichen

Vom 6. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6013
16. Wahlperiode 06. 07. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/4486 –

Bildungszugang von Kindern und Jugendlichen stärken – Finanzierung von
Schüler- und Schülerinnenbeförderung im SGB II ermöglichen

A. Problem

In der Mehrzahl der Bundesländer werden die Kosten der Schüler- und Schüle-
rinnenbeförderung nicht vollständig und nicht für den gesamten Zeitraum des
Schulbesuches bis zum Abitur bzw. bis zum Abschluss einer beruflichen Erst-
ausbildung erstattet. Diese Kosten sind für Kinder von Leistungsbeziehenden
des Arbeitslosengeldes II sowie des Sozialgeldes durch die Regelsätze der bun-
desweiten Sicherungssysteme des SGB II (Zweites Buch Sozialgesetzbuch) und
SGB XII nicht abgedeckt.

B. Lösung

Die Bundesregierung wird aufgefordert, mit einer Initiative die Länder an ihre
Verantwortung für eine sozial ausgewogene Finanzierung der Schülerbeförde-
rung zu erinnern. Zudem Änderung des SGB II dahingehend, dass die Fahrtkos-
ten zur Schule oder zur Ausbildungsstätte zukünftig bei der Berechnung des Ein-
kommens nach § 11 Abs. 2 SGB II berücksichtigt und die Mehrkosten durch die
Schülerbeförderung als individuell nachzuweisender Mehrbedarf in § 21 SGB II
anerkannt werden. Analoge Regelungen für das SGB XII und das Asylbewer-
berleistungsgesetz.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/6013 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/4486 abzulehnen.

Berlin, den 4. Juli 2007

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Vorsitzender

Karl Schiewerling
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6013

Bericht des Abgeordneten Karl Schiewerling

I. Überweisung und Voten der mitberatenden
Ausschüsse

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache
16/4486 ist in der 97. Sitzung des Deutschen Bundestages
am 10. Mai 2007 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales
zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend und den Ausschuss
für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur
Mitberatung überwiesen worden.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage in seiner Sitzung am 4. Juli 2007 beraten und
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzu-
lehnen.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat die Vorlage in seiner Sitzung am
4. Juli 2007 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag ab-
zulehnen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktion DIE LINKE. macht in ihrem Antrag darauf
aufmerksam, dass in der Mehrzahl der Bundesländer die
Kosten der Schülerbeförderung nicht vollständig und nicht
für den gesamten Zeitraum des Schulbesuchs bis zum Abi-
tur bzw. bis zum Abschluss einer beruflichen Erstausbil-
dung erstattet würden. Obwohl die Regelungen von Bun-
desland zu Bundesland unterschiedlich seien, zeichneten sie
sich fast alle durch eine unzureichende Finanzierung der
Schülerbeförderung aus. Dies sei ein Problem für Kinder
von ALG-II-Beziehern, weil diese Kosten nicht durch
die Regelsätze abgedeckt seien. Hintergrund sei, dass es
hier keine kinder- und jugendspezifische Bedarfsermittlung
gebe. Die finanzielle Absicherung höherer Schulbildung
oder auch der beruflichen Erstausbildung werde damit
deutlich erschwert, soziale Mobilität verhindert und letzt-
lich einer weitergehenden gesellschaftlichen Polarisierung
Vorschub geleistet. Abhilfe solle zum einen durch eine
Initiative der Bundesregierung geschaffen werden, die Bun-
desländer an ihre Verantwortung zu erinnern und bundes-
weit koordinierte Mindestregelungen anzuregen mit dem
Ziel einer möglichst weit gehenden Übernahme der Kosten
der Schülerbeförderung durch die Länder. Soweit eine
solche Regelung nicht bestehe, solle die Bundesregierung
zum anderen das SGB II, SGB XII und Asylbewerberleis-
tungsgesetz dahingehend ändern, dass zukünftig Mehrkos-
ten durch die Schülerbeförderung übernommen werden
können.

Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.

III. Beratung im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung
der Vorlage in seiner 57. Sitzung am 4. Juli 2007 aufgenom-
men und abgeschlossen.

Im Ergebnis der Beratungen hat der Ausschuss mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN beschlossen, dem Deutschen Bundestag die
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4486 zu empfeh-
len.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, auch wenn nicht alle
Bundesländer der Aufforderung nachkämen, die Schülerbe-
förderung zu organisieren, oder dies unterschiedlich bewerk-
stelligten, sei es dann nicht automatisch eine Bundesangele-
genheit. Es sei und bleibe eine Aufgabe der Länder, darüber
zu entscheiden. Die Länderzuständigkeit für Bildung sei
gerade ausdrücklich im Rahmen der Föderalismusreform I
geregelt worden. Es bestehe keine Veranlassung, hier das
SGB II heranzuziehen.

Die Fraktion der SPD hob hervor, dass es in letzter Zeit
immer wieder den Wunsch der Fraktion DIE LINKE. gege-
ben habe, das SGB II mit zusätzlichen Aufgaben zu be-
frachten: etwa für Lernmittel, Teilnahme am Mittagessen in
Ganztagsschulen und Inanspruchnahme an kommunalen
Sportangeboten – und nun für Fahrtkosten zu den weiterfüh-
renden Schulen. Wer dies fordere, entlasse die Länder aus
ihrer Verantwortung. Diese hätten die Zuständigkeit für den
Bereich Bildung in der Föderalismusreform für sich rekla-
miert und sich durchgesetzt. Die Länder müssten daher dafür
Sorge tragen, dass die Lernmittelfreiheit gewährleistet werde
und der Transport zur Schule sichergestellt sei. Man könne
Aufgabe und finanzielle Verantwortung nicht voneinander
trennen. Deshalb werde dieser Antrag abgelehnt.

Die Fraktion der FDP erläuterte, dass der so genannte
Schulnetzplan in den Landkreisen aufgestellt werde. Dort
würden auch die Schülerbeförderungssatzungen erstellt; es
seien also nicht nur die Kreistage, sondern auch die Bürger-
meister dafür verantwortlich, wer was bezahle. Dies regle je-
der Landkreis unterschiedlich. Einkommensschwache Eltern
seien in vielen Landkreisen befreit von einer Zuzahlung. Im
Übrigen ist es so, dass in Deutschland jeder die gleichen Bil-
dungschancen habe, alles andere werde als Gespenst an die
Wand gemalt.

Die Fraktion DIE LINKE. machte deutlich, dass man die
Länder nicht aus ihrer Verantwortung entlassen wolle. Daher
sei die Bundesregierung auch zuallererst aufgefordert, die
Länder mit einer Initiative an ihre Verantwortung für eine
sozial ausgewogene Finanzierung der Schülerbeförderung
zu erinnern. Aber der Bund habe die Aufgabe sicherzustel-
len, dass allen Kindern und Jugendlichen Zugang zu Bildung
gleichberechtigt ermöglicht werde. Dazu gehörte auch die
Schaffung der materiellen Voraussetzungen, um die Ange-
bote zu realisieren.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begründete
ihre Zustimmung damit, dass die Zuständigkeit der Länder
völlig unstreitig sei. Aber es sei die Frage zu stellen, ob der

Drucksache 16/6013 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bund auch die Hände in den Schoß legen dürfe, wenn Bil-
dungszugänge nicht wahrgenommen werden könnten, weil
manche Länder ihrer Verpflichtung nicht nachkämen. Hier
müsse in Form einer „Nothilfe“ über das SGB II Abhilfe ge-
schaffen werden können.

Berlin, den 4. Juli 2007

Karl Schiewerling
Berichterstatter

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